Givat Haviva ist eines der größten, ältesten und führenden Institute, das sich in Israel für jüdisch-arabische Verständigung einsetzt, den kulturellen und religiösen Pluralismus fördert, für demokratische Werte und Frieden wirkt und die Vergangenheit des jüdischen Volkes in erzieherischer Arbeit der Jugend von heute nahe bringt.
Givat Haviva wurde im Jahre 1949 als das nationale Erziehungszentrum des Kibbuz Artzi Verbandes gegründet. Der zentrale Campus von Givat Haviva umfasst 15 ha und liegt in der Scharon-Ebene, ziemlich genau in der Mitte zwischen Haifa und Tel Aviv.
Heute bietet Givat Haviva einer vielfältigen Bevölkerung formelle und nicht formelle Erziehungsprogramme an. Givat Haviva gewann unter anderen die Anerkennung von Akademikern, Lehrer, Pädagogen und Sozialarbeitern auf Grund der erzieherischen Arbeit die hier geleistet wird. Im Besonderen wird Givat Haviva für den Einsatz der Mitarbeiter und deren Verpflichtung Wissen und kulturellen Pluralismus zu vermitteln, geachtet. Zehntausende Menschen nehmen jährlich an den verschiedenen Seminaren, Kursen und Workshops, die in Givat Haviva abgehalten werden, teil. Manche kommen nur für einen Tag, andere bleiben ein volles, intensives Studienjahr.
Die Themen, auf die sich das Institut spezialisiert, reichen von jüdisch-arabischer Koexistenz bis zur Geschichte des Nahen Ostens, die Wurzeln des Zionismus, arabische Sprache und Kultur, die Geschichte des Holocausts und des jüdischen Widerstandes bis zur Geschichte der Kibbuz- und Arbeiterbewegung in Israel. Die im Januar 2001 eröffnete Friedensbibliothek in Givat Haviva enthält Millionen von Dokumenten und bietet über 120.000 Bände in 5 Sprachen an. Das Archiv und die Bibliothek dienen nicht nur den Studenten und Lehrern des Campus, sondern auch Forschern und Doktoranden aus der ganzen Welt.
Givat Haviva - eine Brücke zwischen zwei Völkern
Seit dem Ausbruch der zweiten Intifada im Oktober 2000 haben sich viele die Frage gestellt, wie es mit dem Friedensprozess weitergeht. Israel und Palästina stecken heute - und wohl nicht zum letzten Mal - in einer Sackgasse. Trotzdem sind sich die Friedensinstitute wie Givat Haviva einig, dass der Frieden vor allem von unten wachsen muss. Erst, wenn die Menschen in der Region sich begegnen wollen, fängt der Prozess der Verständigung und des Vertrauens zueinander langsam an. Dies erfordert eine geduldige Erziehungsarbeit, die auch im Oslo-B Abkommen vertraglich vereinbart wurde. Nur: Diese Forderungen müssen dann auch in die Praxis umgesetzt werden, wenn auf beiden Seiten geschossen wird, wenn sich das politische Klima verschlechtert, und es scheint, dass frühere Versuche der Annäherung keine Resultate eingebracht haben.
Krisenzeiten können auch Gelegenheiten für bessere und intensivere Zusammenarbeit bieten. So hat sich gerade die langjährige Zusammenarbeit mit den israelischen Palästinensern in Givat Haviva bewährt und bewiesen, dass die tägliche Friedensarbeit, die Zivilgesellschaft in Israel zu stärken und Brücken zwischen Juden und Arabern zu bauen, stärker ist als die wechselnde politische Lage. In all den 40 Jahren seit der Gründung des jüdisch-arbischen Zentrums für den Frieden in Givat Haviva hat diese Zusammenarbeit nicht einen Tag geruht und geht auch heute weiter.
Givat Haviva ist Trägerin des UNESCO Preises für Friedenserziehung 2001
Über Anis Hamadeh Anis Hamadeh ist Musiker, Schriftsteller und Essayist und lebt in Hamm. Den Nahen Osten kennt der deutsch-palästinensische Islamwissenschaftler seit vielen Jahren u.a. durch intensive Reisen, im Februar war er auf einer Lesereise durch Ägypten. Die Freiheit und Selbstbestimmung der Palästinenser ist ihm ein wichtiges Anliegen, das er auch literarisch umsetzt. Er ist engagiert und streitbar; für ihn gibt es keinen Konflikt, den man nicht lösen kann. Anis Hamadeh hat circa zehn Bücher geschrieben und einhundert Lieder. Er ist Redakteur der Seiten anis-online.de. Siehe auch den folgenden Abschnitt.
Als mich das Duo Rubin vor einem halben Jahr gefragt hat, ob ich bereit sei, den palästinensischen Part für eine Benefizveranstaltung zu Gunsten palästinensischer und israelischer Kinder im Rahmen der Friedens- und Dialogarbeit von Givat Haviva zu übernehmen, habe ich natürlich Ja gesagt. Denn zwei Dingen - so sie wirklich ernsthaft gewünscht werden - darf man sich nicht verweigern: dem Frieden und dem Wohl der Kinder. So lernte ich Ithay Khen und Gabriella Gonda-Khen kennen. Nermin Sharkawi aus Berlin hatte das vermittelt.
In der Zeit unserer Vorbereitungen und Proben lernten wir mehr voneinander; ich besuchte sie einige Male in Berlin und übernachtete auch in ihrem Haus. Ithay ist als Israeli geboren und hat Verwandte in Israel, Gabriella ist Jüdin mit ungarischem Hintergrund. Ich bin Deutscher mit einem Vater, der in der Westbank nahe Jenin geboren und aufgewachsen ist und beschäftige mich so lange und so intensiv mit diesen Wurzeln, dass ich Begriffe wie "Deutsch-Palästinenser" oder "arabischer Deutscher" nicht als falsch empfinde. In arabischen Ländern werde ich meist als Araber identifiziert, auch das stört mich nicht. Ich bin auch Araber. Sowieso Weltbürger.
Durch meine Network-Arbeit habe ich bereits einige Israelis und Juden (Anm.: Da sich jüdische Identität sehr häufig in einem Bekenntnis zu Israel äußert, sehe ich hier fließende Grenzen) kennen gelernt, nette und weniger nette, doch dieses Projekt ist auch für mich etwas Neues. Über Politik haben wir anfangs fast gar nicht gesprochen. Vielmehr habe ich meinem Instinkt vertraut, da Ithay in Kenntnis auch meiner kritischen Schriften auf mich zugekommen war. Im Verlauf unserer Begegnung geschah etwas Seltsames: Wir merkten einerseits, dass wir ohne viele Probleme miteinander umgehen können und andererseits, dass unsere politischen Vorstellungen durchaus voneinander abweichen.
So haben wir recht unterschiedliche Geschichtsbücher und auch unsere Einstellungen gegenüber staatlichen Ordnungen und Maßnahmen - nicht nur in Bezug auf Israel - sind nicht kongruent. Angesichts der extremen Situation in Palästina/Israel und der Welt könnte das zu einer unversöhnlichen Distanz führen. Diese spüren wir aber nicht. Es ist, als würde uns etwas trennen, das nicht zu uns gehört, das wir also nicht ins Zentrum unseres Verhältnisses stellen müssen.
Die Musik des Duo Rubin finde ich wunderschön, ebenso wie auch meine Kunst von den Beiden respektiert und geschätzt wird. Die Motivationen ihres persönlichen Lebens teile ich in vielen, wichtigen Dingen. Kulturelle Unterschiede halten wir alle drei nicht für problematisch, oft sogar für anregend. Und der Wille zum Frieden und zur Verständigung eint uns.
Dabei ignorieren wir die politische Lage keineswegs, das Gespräch darüber bricht nicht ab. Ich bin mit den Einstellungen des Spektrums der israelischen Linken einigermaßen vertraut und kenne auch den Unterschied zu anderen Spektren der israelischen Gesellschaft. In einer Weise beruhigen mich Ithay und Gabriella und geben mir Hoffnung, weil sie offen sind, neugierig, kreativ und frei. Manches, was ich hörte, tat mir auch Weh, weil ich andere Informationen habe und bekomme, umgekehrt mag es ähnlich sein. Diese Punkte könnte ich an dieser Stelle ausformulieren und auf den Punkt bringen, aber ich habe kein Bedürfnis danach. Es geht hier um etwas anderes.
Wenn wir ein gemeinsames Geschichtsbuch hätten, dann wäre diese Grauzone verschwunden. Es wird eines Tages ein solches Buch geben. Und es wird eines Tages Frieden geben.