Es war ein veritabler Eklat, als Anis Hamadeh im Januar seine Stelle am Institut für Orientalistik verlor. Zwei Tage, nachdem Dozent Hamadeh eine Satire an seine Tür genagelt hatte, rieten ihm jene, die an den Hebeln der Macht zu sitzen vermeinten, dringend zur Abnahme. ,,Sie haben Ihre Macht, ich die meine", erwiderte indes Hamadeh und schnürte sein Bündel. Es war nicht der erste Rückschlag, den der Dichter, Musiker und Maler einstecken musste. Er begegnet ihm mit widerständigem Optimismus. Mit Gedichten, Prosa und Songs. Sein Bühnenabend Geht nicht, gibt's nicht wird daraus eine Auswahl treffen mit Lustigem, Lyrischem und Politischem. Eine kleine Auswahl. Das Werkverzeichnis des 34-jährigen Vielschreibers Hamadeh steht zur Zeit bei Nummer 390. Davon stammen 306 Titel allein aus den vergangenen drei Jahren. Zuvor war Hamadeh Student. Depressionen führten ihn zu der Erkenntnis, |
dass einige Talente brach liegen. Die Familie sah das wachsende Künstlertum des Sohnes mit Unbehagen: ,,Die wollten mich in die Klapse stecken." Psychiatrische Interventionen hielt Hamadeh jedoch für unangebracht und verließ Hamburg, Familie, Freunde. Seitdem versiegt der Strom nicht. CDs mit Liedern zur Gitarre, eine Videokassette, Hefte, Gedichtband und Textsammlung erschienen im Selbstverlag und auf der homepage www.anis-online.de. Bambus ist ein typisches Hamadeh-Format. Ein Bambus füllt eine Seite im Format DIN A 4. Bambus ist biegsam, essbar, zum Häuserbau verwendbar und ,,hört sich einfach gut an". Wenn Anis Hamadeh sieben Texte zusammen hat, bündelt er sie zu einem Bambus-Heft. Zehn davon werden zu einem Bambus-Buch. Die erste Lieferung erschien vor einem Jahr. Eine Bambusrute kann auch schmerzhaft sein. Vieles sind zeitkritische Satiren. |
Der Verehrer von Salinger und Hesse mag zuweilen an der Grenze zum Kitsch liegen. ,,Aber wenn der Text aus einer tiefen Inspiration kommt, verliert Kitsch jede Bedeutung." Ein Glaube an die schöpferische Kraft lässt vieles zu: einen Rap wie ein holdes Frühlingslied, das er an Schulen und Kirchen verschickte. So auch manche Bilder. Wie meditativ mäandern sich unendliche Striche zu einer Form. Der Schreibprozess ist für ihn spirituell, ,,ein wenig wie Trance". Nach manch gelungenem Text ,,musste ich heulen vor Glück". Gk
Keine Lust auf psychiatrische Interventionen: Anis Hamadeh. Foto gk | |