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DIANAS ROOM
Artikel von Diana al-Jumaili aus Leipzig

- „Sie haben das beschmutzt, was für uns von größter Reinheit war.“ Türkische Soziologin Pinar Selek nach acht Jahren freigesprochen (21.07.06)

- Und es gibt sie doch? Zur Rolle der UN im israelisch-libanesischen Krieg 2006 (07.08.2006)

- Gastbeitrag: Professor Georg Meggle, Leipzig: "Was steckt hinter dem Libanonkrieg?" (07.08.2006)

- Palästina vor Neuwahlen – die Hamas gescheitert? (18.10.2006)



Diana al-Jumaili
ad-lib@web.de
„Sie haben das beschmutzt, was für uns von größter Reinheit war“
Türkische Soziologin Pinar Selek nach acht Jahren freigesprochen
von Diana al-Jumaili, 21. Juli 2006
9. Juli 1998

Unweit der Galata-Brücke und neben der Yeni Valide Moschee liegt die „größte Apotheke der Welt“. Die kleinen Geschäfte im Istanbuler Gewürzmarkt bieten Gewürze, Kräuter, Tee, Süßigkeiten, Pistazien und andere Leckereien feil. Der Basar ist ein beliebtes Ziel für Touristen. Am 9. Juli 1998 stehen besonders viele Menschen am Eingang des Marktes und suchen Schutz vor einem heftigen Regenschauer. Plötzlich detoniert eine Gasflasche. Sieben Menschen sterben, mindestens 118 Personen werden zum Teil schwer verletzt. DPA berichtet: „Bombenexperten schlossen einen Anschlag vorläufig aus. Sie hätten nichts gefunden, was auf einen Sprengkörper hindeutet, sagten sie nach Abschluß ihrer Untersuchungen ... Aus einer von mehreren Gasflaschen in dem Erfrischungsstand sei Gas ausgeströmt und explodiert, sagte der Istanbuler Polizeipräsident Hasan Özdemir.“1

Kurze Zeit später wird die Soziologin und Schriftstellerin Pinar Selek festgenommen und von der Antiterrorabteilung der Polizei verhört. Pinar Selek wurde 1971 in Istanbul geboren. Nach ihren Studien in Ankara und Paris arbeitete sie mit Straßenkindern, recherchierte zur Gewalt gegenüber Transsexuellen und Transvestiten in Istanbul, übersetzte ein Buch des Zapatista Marcos in Türkische. Für ihr Buch „Wir haben keinen Frieden geschlossen“ (Originaltitel: Barisamadik), in dem sie die militärischen und gesellschaftlichen Gründe für den andauernden Kriegszustand in der Türkei untersucht, führte sie einige Interviews mit PKK-Mitgliedern. Für deren Namen interessiert man sich nun in den Verhören. Den offiziellen Grund ihrer Verhaftung erfährt Pinar Selek erst nach einem Monat aus den Nachrichten: Bei der Explosion im Basar habe es sich um einen Bombenanschlag im Auftrag der PKK gehandelt, an dem sie gemeinsam mit anderen beteiligt gewesen sein soll.

Obwohl mehrere unabhängige Gutachten eine defekte Gasflasche als Ursache der Explosion feststellen, muss Pinar Selek zweieinhalb Jahre ihres Lebens als angebliche Bombenattentäterin im Gefängnis erleiden. Frau Selek berichtet später in ihrer Verteidigungsrede von den Verhörmethoden.2 Sie wurde an ihren auf dem Rücken zusammengebundenen Armen aufgehängt (sog. Palästinenserhaken), der dadurch ausgerenkte Arm wurde danach auf brutale Weise wieder eingerenkt. Man ließ sie nicht schlafen und folterte sie am Kopf. Beharrlich erklärten ihr die Beamten, sie würde in Kürze Selbstmord begehen und auch ihre Mutter werde sterben.3 „Die größte Folter war die Drohung, falls ich nicht das täte, was sie wollen, die Straßenkinder und die Transvestiten zu holen, sie zu foltern und vor den Medien bloß zu stellen.“4 Zeilen, die sie später schreiben wird, lassen tiefe Wunden erkennen. „Ich bereue, mein Herr. Ich bereue sogar sehr. Warum? Damit ich ein paar Jahre weniger sitzen muss. Oder vielleicht auch nur, um in ein besseres Gefängnis verlegt zu werden. Tatsächlich, ich bin dazu bereit, auf mein eigenes Leben zu spucken, um nicht in eines dieser dunklen Löcher gesteckt zu werden. Es reicht schon, wenn Sie mich nicht in dieses unendliche Nichts der Isolation werfen. Ich kann nicht unter diesen verschärften Bedingungen leben, die an die Stelle der Todesstrafe gesetzt worden sind! ... Ich habe doch gesagt, dass ich bereue. Habe gespuckt auf meine Träume. Lasst mich endlich zufrieden. Gebt mir wenigstens die Erlaubnis, wie eine Kakerlake zu leben.“5 Im Dezember 2000 wird sie freigelassen, Mitangeklagte bleiben weiter in Haft. Trotz der massiven Verletzungen während der Haftzeit engagiert sich Frau Selek seit ihrer Freilassung wieder sehr in der türkischen Frauen- und Friedensbewegung, ist Mitbegründerin der Frauenkooperative Amargi, organisiert Frauentreffen und setzt sich für andere Gewaltopfer ein. Doch der Prozess gegen sie und drei weitere Angeklagte wird vor dem 12. Schweren Strafgericht in Istanbul fortgesetzt. Der Prozess ist seit über sechs Jahren anhängig, mehrere entlastende Gutachten werden erstellt, belastende Zeugenaussagen widerrufen. Und dennoch fordert die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung am 28. Dezember 2005 eine lebenslange Freiheitsstrafe für die Angeklagten. Frau Selek droht eine lebenslange Haft für eine Tat, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht begangen hat.

Doch es formiert sich eine Bewegung, die sich für einen fairen Prozess einsetzt. Öffentlichkeit, die einen Prozess begleitet, kann für die Angeklagten lebensrettend sein. Türkische Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen bezeugen in einem Aufruf, „dass Pinar Selek eine feministische, antimilitaristische Gewaltgegnerin und Forscherin ist. Wir sind davon überzeugt, dass sie mit den Anschuldigungen, die ihr seit Jahren zur Last gelegt werden, nicht zu tun hat“6. Mit einer weiteren Petition wenden sich weit mehr als hundert Einzelpersonen und Organisationen aus über zwanzig Ländern an die Öffentlichkeit und fordern ein rechtsstaatliches Verfahren.7 Zu den UnterzeichnerInnen gehören auch bekannte Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik. Gegen 283 Intellektuelle aus der Türkei, darunter Yasar Kemal und Orhan Pamuk, wird wegen der Unterstützungserklärung für Pinar Selek Strafanzeige gemäß § 215 („Loben eines Straftäters“) und § 288 („Versuch der Beeinflussung der Justiz“) des türkischen Strafgesetzbuches gestellt.8 Die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Feleknas Uca nimmt den Fall Pinar Selek zum Anlass für eine Anfrage an die Europäische Kommission, welche Möglichkeiten diese sieht, die justiziellen Grundrechte in der Türkei zu stärken.9 In ihrer Antwort verweist die Kommission lediglich darauf, dass die Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit, Funktions- und Leistungsfähigkeit der Justiz zu den Kernelementen der Politischen Kopenhagener Kriterien gehören. Bei den weiteren Verhandlungen über den Beitritt der Türkei zur EU achte man auf die Fortschritte bei der Umsetzung der Kriterien.

Im Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung vor dem 12. Schweren Strafgericht in Istanbul-Besiktas am 17. Mai 2006 ergreift Pinar Selek das Wort – nicht um sich zu verteidigen, sondern um von ihrem Kampf um ihre Würde, ihre Persönlichkeit, von ihrer Suche nach Freiheit gegen den jahrelangen Druck zu berichten.10 Sie erzählt vom Aufbau ihres Ateliers für StraßenkünstlerInnen. In diesem Atelier erwachten Menschen, die zunächst nicht wussten, wie sie gemeinsam arbeiten und dem Druck und der Diskriminierung standhalten sollten, mit der Kunst zu neuem Leben, fingen an zu blühen und Wurzeln zu schlagen. Die Türen standen jederzeit offen, obdachlose Transvestiten und Straßenkinder, Drogenabhängige und Prostituierte fanden Zuflucht. Als Pinar Selek beschuldigt wird, an der Explosion am Misir-Basar mitschuldig zu sein, wird das Atelier als Bombenwerkstatt diffamiert und aufgelöst. Eine Transvestitin klagt: „Ein Traum kann eben nicht ewig dauern. Unserer hat schon lange gedauert. Ich habe immer gesagt, irgendetwas wird passieren, das kann nicht lange gut gehen. Aber so etwas habe ich natürlich nicht erwartet. Ich habe viel erlebt und gedacht, dass ich mich an alles gewöhnt habe, aber ich kann mich nicht erinnern, dass mich jemals etwas so sehr erschüttert hat. Sie haben das beschmutzt, was für uns von größter Reinheit war. Als ob sie unser Baby ermordet haben. Das Leben ist fürchterlich. Wenn man versucht, etwas Gutes zu tun, ziehen sie es in den Schmutz. Es gibt keinen Ausweg und keine Rettung. Ich habe Angst.“11

Obwohl sich die Transvestiten und Straßenkinder vor nichts so fürchten wie der Polizei, kommen sie vom ersten Prozesstag an immer zum Gericht. Die Hauptverhandlung wird von vielen Menschen beobachtet: Schriftsteller, Menschenrechtler, Pressevertreter, Vertreterinnen von Frauenorganisationen. Auf dem Weg zum Verhandlungssaal wird am 17. Mai 2006 der Chefredakteur der türkischen Tageszeitung Ülkede Özgür Gündem, Herr Hüseyin Aykol festgenommen.

Im Fortsetzungstermin am 26. Mai 2006 erscheinen von den fünfzehn Angeklagten vier, darunter Pinar Selek, und über dreißig Verteidiger. Erneut sitzen bekannte Persönlichkeiten mit im Verhandlungssaal, darunter der Schriftsteller Yasar Kemal und Feleknas Uca, Abgeordnete des Europa-Parlaments. wiederholt verweist die Verteidigung auf die wissenschaftlichen Gutachten, wonach Ursache der Explosion im Misir-Basar eine defekte Gasflasche war und keine Bombe. Wieder wird die Hauptverhandlung vertagt.

8. Juni 2006 Am 8. Juni 2006 verkündet das 12. Schwere Strafgericht in Istanbul-Besiktas sein Urteil. Das Gericht erklärt, es gäbe keine konkreten Beweise, ob die Explosion durch einen Bombenanschlag oder durch eine defekte Gasflasche verursacht wurde. Der Anklagepunkt „Unterstützung einer illegalen Organisation“ gegen Pinar Selek und weitere Angeklagte wird wegen Verjährung nicht weiter verfolgt. Drei der insgesamt fünfzehn Angeklagten werden wegen „Mord im Auftrag der PKK“ in einem anderen Fall zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, zwei weitere zu jeweils 12,5 Jahren und einer zu fünf Monaten.12

Pinar Selek ist unschuldig. Doch ist sie frei?

Im Juni 2005 trat in der Türkei ein neues Strafgesetzbuch in Kraft, welches verschiedene positive Veränderungen mit sich brachte. Frauen sollen beispielsweise besser vor Gewalt geschützt werden. Doch das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nicht verwirklicht. Am 28. Juni 2006 verabschiedete das Parlament in Ankara ein Anti-Terrorgesetz, das sein Zustandekommen im Wesentlichen der Militärführung zu verdanken hat. Polizei und Armee erhalten umfangreiche zusätzliche Vollmachten, mit neuen Straftatbeständen wird der Terrorismusbegriff erweitert, die Rechte Festgenommener und Verurteilter werden eingeschränkt. Menschenrechtler, Juristen- und Verlegerverbände befürchten eine weitere Einschränkung der Menschenrechte, der Meinungs- und Pressefreiheit.13

Nach dem Jahresbericht 2006 von amnesty international negierten Polizisten, Staatsanwälte und Richter auch 2005 die einschlägigen internationalen Menschenrechtsnormen. Paragraph 301 des Strafgesetzbuches n. F., wonach die Herabwürdigung des Türkentums, der türkischen Republik und der Staatsinstitutionen strafbar ist, wurde mehrfach missbraucht, um Schriftsteller, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Intellektuelle einzuschüchtern und von Kritik abzuhalten. Gleiches gilt für Bestimmungen des Presserechts, um eine öffentliche Berichterstattung über Gerichtsverfahren zu erschweren. Auch im Jahre 2005 wurde durch Beamte mit Polizeibefugnissen gefoltert und misshandelt. „Zu den geschilderten Methoden zählten die Verabreichung von Schlägen, Todesdrohungen, Schlafentzug und die Verweigerung von Wasser und Nahrung ... Darüber hinaus setzte die Polizei regelmäßig in exzessiver Weise Gewalt gegen Demonstranten ein, insbesondere gegen Angehörige linker Gruppierungen, Anhänger der pro-kurdischen Partei DEHAP, Studenten und Gewerkschafter.“14 Ein effektiver Rechtschutz bleibt den Betroffenen in vielen Fällen verwehrt. Fehlerhafte, einseitige und äußerst langwierige Ermittlungen und Gerichtsverfahren zu Vorwürfen über Folterungen und Misshandlungen belegen nach amnesty international das fehlende Interesse der Justizorgane an einer Aufklärung dieser Taten. Nach wie vor herrsche ein allgegenwärtiges Klima der Straffreiheit. Staatlichen Gremien zur Überwachung der Menschenrechtssituation fehlen die Ressourcen und Vollmachten, um Rechtsverstöße unabhängig und effektiv zu untersuchen und zu veröffentlichen.

Das Strafgericht hat Pinar Selek freigesprochen, doch sie ist nicht frei – nicht frei, sich für ein friedliches Zusammenleben von Türken und Kurden, für die Rechte von Minderheiten und Schwachen einzusetzen. Noch immer muss sie damit rechnen, für ihr Engagement strafrechtlich belangt zu werden. Nicht nur die Europäische Kommission sollte darauf achten, dass Justizgrundrechte und Menschenrechte eingehalten werden. Nicht nur von der Türkei. Wir alle sind dazu aufgerufen aufzustehen, wenn Menschenrechte verhandelbar werden, beispielsweise im sog. Kampf gegen den Terrorismus. Nicht nur in der Türkei.

Leipzig, 03. Juli 2006

Diana Al-Jumaili
Leipzig


1: http://rhein-zeitung.de/on/98/07/09/topnews/istanbul.html (04.04.2006) (zurück)
2: https://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2006/05/02.htm (03.06.2006) (zurück)
3: Pinar Seleks Mutter, die trotz schwerer Herzprobleme zu einer Brücke zwischen ihrer Tochter, dem Gefängnis und der Gesellschaft wurde, erlag ihrer Herzschwäche noch während des Verfahrens. (zurück)
4: https://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2006/05/02.htm (03.06.2006). Siehe auch Müjgan Arpat: Ein völlig absurder Prozess!, http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/selek/index.htm (30.03.2006). (zurück)
5: Pinar Selek: Ich bereue..., http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/frauen/frauenbuero/34.htm (01.04.2006) (zurück)
6: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/selek/index.htm (30.03.2006) (zurück)
7: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/selek/index.htm (30.03.2006) (zurück)
8: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/pressekurdturk/2006/14/03.htm (03.06.2006) (zurück)
9: http://www.europarl.eu.int/QP-WEB/applivation/home.do?SELECT_TAB=qo_param&language=DE (30.03.2006) (zurück)
10: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2006/05/02.htm (03.06.2006) (zurück)
11: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2006/05/02.htm (03.06.2006) (zurück)
12: https://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/selek/index.htm (10.06.2006) (zurück)
13: APA/dpa am 29.06.2006, hier nach: http://derstandard.at (03.07.2006) (zurück)
14: amnesty international: Jahresbericht 2006, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2006, S. 465 (zurück)

Und es gibt sie doch?
Zur Rolle der UN im israelisch-libanesischen Krieg 2006

von Diana al-Jumaili, 07. August 2006

Nach Angaben der World Health Organization (WHO) wurden seit dem 12. Juli 2006, dem Beginn des israelisch-libanesischen Krieges, 907 Libanesen ermordet und über 3293 verletzt. Mehr als 913.760 Libanesen wurden vertrieben, darunter schätzungsweise 405.000 Kinder.1 In der Nacht zum 4. August 2006 hat Israel die letzten Verbindungswege zwischen Syrien und dem Libanon zerbombt. Hilfsorganisationen suchen verzweifelt nach Wegen, dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente zu den von der Außenwelt Abgeschnittenen vor allem im Süden Libanons zu bringen. Tausende Familien verfügen bei über 30 Grad Celsius nicht über Trinkwasser. Die Treibstoffvorräte gehen zur Neige; vor den Tankstellen bilden sich lange Schlangen.
Israels berichtet von 36 ermordeten Zivilisten und 58 toten Soldaten.2
In den besetzten Gebieten Palästinas kämpfen 1,4 Mio. Menschen, die Hälfte davon Kinder, bei katastrophalen humanitären Bedingungen ums Überleben. Seit dem 28. Juni wurden 175 Palästinenser ermordet, darunter wahrscheinlich 40 Kinder und acht Frauen. Allein im Gaza-Streifen wurden 620 Menschen verletzt.3

Doch es sterben nicht nur Menschen, sondern auch Hoffnungen.

Jan Egeland4 drückt es am 28. Juli 2006 so aus:

„The Middle East is at a crossroads. My fear is that more violence, more missiles, more terror, and more destruction creates more anger, more hatred, and more disillusioned youths, and ultimately leads to less security throughout the region. Civilians on all sides are the losers of this endless cycle of violence.“5

Doch in diesem endlosen Kreislauf der Gewalt verlieren auch immer mehr die Vereinten Nationen. Schon oft hat die UN in Krisensituationen versagt. Aber nur selten wurde sie von einer Kriegspartei so demontiert, wie derzeit von Israel, unterstützt durch die USA.

Israel hat die Vereinten Nationen schon lange nicht mehr ernst genommen: Sechsundvierzig Empfehlungen der Generalversammlung und anderer Organisationen der UN hat Israel ignoriert. Vierzig Resolutionen, die Israels Verhalten verurteilen sollten, sind am Veto der USA gescheitert.6 In den arabischen Staaten sind die Vereinten Nationen aufgrund der doppelten Standards, mit denen man sie und Israel behandelt und die Resolutionen gegen die einzelnen Länder durchsetzt, zumindest umstritten.

Angesichts der aktuellen massiven Gewalt, den Ermordungen, den Vertreibungen und der Zerstörung jeder Infrastruktur im Libanon wirkt die UN nicht nur hilflos – sie ist selbst Angriffen hilflos ausgesetzt. Die Vereinten Nationen handeln nicht mehr, sie sind nur noch „tief erschüttert“. Egal, wie viele Appelle der Generalsekretär und andere Persönlichkeiten der UN an den Sicherheitsrat, an die Staatengemeinschaft, an die Welt richten: Vetos, taube Ohren, blinde Augen lassen den Horror geschehen, der sich zynisch Selbstverteidigung nennt. So müssen wir nicht nur humanitäre und ökologische Katastrophen gegenwärtigen, sondern auch die Beerdigung einer Organisation, die einst angetreten war,

„den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen“ (Art. 1 Nr. 1 der UN-Charta)

und so „künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die ... unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat“ (Präambel zur UN-Charta).

Zur Unterstützung dieser Thesen werden nachfolgend einige Ereignisse des israelisch-libanesischen Krieges dokumentiert:

Dienstag, den 18. Juli 2006 UN-Generalsekretär Kofi Annan trifft in Brüssel den EU-Kommissionspräsidenten José Barroso, um die Lage im Nahen Osten, insbesondere den israelisch-libanesischen Krieg zu diskutieren. Annan fordert ein schnelles Handeln der Europäer. Er schlägt vor, den Einsatz der UN-Stabilisierungstruppe als Puffer zwischen Israel und Libanon auszuweiten. Laut Barroso haben bereits mehrere EU-Staaten ihre Bereitschaft erklärt, Soldaten zur Stabilisierung der Lage im Nahen Osten zu entsenden. Die Stabilisierungstruppe solle „deutlich größer“ sein als die derzeitige Beobachtermission UNIFIL7 mit ca. 2000 Soldaten.

„Let me say that the force will be larger the way I see it. Obviously it's a Council decision. It will be much larger than the 2, 000 man force we have there. They will have a different concept of operation and hopefully a different mandate from the Security Council that will allow them to operate in the south and help stabilize the situation whilst it gives the government of Lebanon time to organize itself and organize and prepare ... eventually, extend its authority throughout the territory including the south, and then give also time for them to sort out the question of the disarmament of the militia.“8

Der israelische Botschafter in Deutschland, Schimon Stein, weist die Pläne von UN-Generalsekretär Kofi Annan zu einer UN-Friedenstruppe in Nahost zurück. Schon am Montag kündigte Ministerpräsident Ehud Olmert eine Fortsetzung der Kämpfe im Libanon an. Israel werde nicht ruhen, bis die Hisbollah-Miliz keine Bedrohung mehr für sein Land sei, sagte Olmert im israelischen Parlament. Die Offensive im Libanon sei ein „Akt der Selbstverteidigung in seiner wesentlichsten Natur“. Er werde „niemals sein Einverständnis dazu geben, im Schatten der auf seine Bürger gerichteten Raketen zu leben“.9

Eine Woche später: Dienstag, den 25. Juli 2006

Vorher:



UN patrol base in El- Khiam, East of South Lebanon, which received a direct areal bomb hit from IDF where four UN Observers lost their life. Southern Lebanon, July 2006. UN Photo10
Nachher:

UN patrol base in El- Khiam, East of South Lebanon, which received a direct areal bomb hit from IDF where four UN Observers lost their life. Southern Lebanon, 27 July 2006. UN Photo11

Während deutsche Politiker noch darüber debattieren, ob eine Teilnahme deutscher Soldaten an der vorgeschlagenen UN-Stabilisierungstruppe im Hinblick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts opportun ist, greifen israelische Jets sechs Stunden lang einen Stützpunkt der UNIFIL im südöstlichen Khiam an. Nach eigenen Aussagen haben die Blauhelmsoldaten den Israelis zehn Mal gefunkt, sie sollten mit ihren Attacken aufhören. Bei dem „offenbar absichtlichen Angriff“ (Annan) wurden die vier Militärbeobachter der UNTSO12 Du Zhaoyu, Paeta Hess-Von Kruedener, Hans-Peter Lang und Jarno Makinen ermordet.

Der Nachrichtensender CNN berichtet:

„The timeline provided CNN by a U.N. officer in Lebanon showed the first bomb exploded about 200 yards from the U.N. outpost at 1:20 p.m. Tuesday, prompting the first call by the UNIFIL observers to their designated contact with the Israeli military. The officer said they were assured by the Israeli liaison that he would stop the attacks.

A series of about nine more bombs hit within 100 to 400 yards from the observers over the next several hours, with a call to the Israeli military following each explosion.

The U.N. base at Noqoura lost contact with the outpost at 7:40 p.m., apparently the time of the direct hit, the officer said.“13

Annan verurteilt den Angriff scharf:

„I am shocked and deeply distressed by the apparently deliberate targeting by Israeli Defence Forces of a UN Observer post in southern Lebanon that has killed two UN military observers, with two more feared dead.

This coordinated artillery and aerial attack on a long established and clearly marked UN post at Khiyam occurred despite personal assurances given to me by Prime Minister Ehud Olmert that UN positions would be spared Israeli fire. Furthermore, General Alain Pellegrini, the UN Force Commander in south Lebanon, had been in repeated contact with Israeli officers throughout the day on Tuesday, stressing the need to protect that particular UN position from attack.

I call on the Government of Israel to conduct a full investigation into this very disturbing incident and demand that any further attack on UN positions and personnel must stop.“14

Auf einer Pressekonferenz am 26. Juli 2006 in Rom erklärt Annan:

„The shelling of the UN position, which is long-established and clearly marked, started in the morning and went on till after 7:00 p.m., when we lost contact.“15

Jane Holl Lute, UN Assistant Secretary-General for Peacekeeping Operations, berichtet:

Obwohl das IDF mehrfach aufgefordert wurde, die Angriffe einzustellen, hat Israel diese auch noch während der Rettungsarbeiten fortgesetzt.16

Alvaro de Soto, United Nations Special Coordinator for the Middle East Peace Process, sagt am 30.07.2006 in Jerusalem:

„The men we lost last Tuesday came from different nations, but worked together to carry out the difficult mission entrusted to them by the United Nations. They were also fathers, husbands, sons, brothers, friends and colleagues. They died at their post. All of us, their colleagues, must mourn them deeply, but must also be proud of their example. The United Nations will be forever in their debt...

The men who died on Tuesday at Patrol Base Khiyam were the eyes of the world, reporting in detail about military and militia actions in southern Lebanon, the most dangerous theatre of a conflict that has now engulfed the whole country, as well as a large part of northern Israel.“17

Der israelische Botschafter in Deutschland Shimon Stein bedauert auf N24 zwar den Vorfall, zeigt sich jedoch vor allem von Annans Worten betroffen:

„Diese Äußerung ist eine Verleumdung, die wir wirklich nicht akzeptieren können.“

Ebenso Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Dan Gillerman:

„Ich bin überrascht von dieser voreiligen und falschen Behauptung des Generalsekretärs“.18

Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora fordert, die UN-Mission nach einem Waffenstillstand zu verstärken und mit einem geänderten Mandat zu versehen, damit diese auch humanitäre Hilfe leisten könne.19

Die UNIFIL weist darauf hin, dass in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli 2006 eine UN-Station im Gebiet von Marwahin von einer Granatsalve der Hisbollah beschossen wurde. Es gab keine Verletzte und keine Zerstörungen. Seit Ausbruch der Kriegshandlungen sind nach UNIFIL-Angaben vier Militärbeobachter und ein Angehöriger der internationalen Zivilbediensteten der UNIFIL sowie dessen Ehefrau ermordet worden. Außerdem wurden vier Soldaten aus Ghana, ein Soldat aus Indien und ein Militärbeobachter durch feindliches Feuer verwundet.20

Donnerstag, den 27. Juli 2006 Australien zieht nach dem Angriff auf die UN-Beobachter zwölf seiner Soldaten aus dem unmittelbaren Krisengebiet ab. Nach Ansicht des australischen Verteidigungsministers Brendan Nelson sei es dort zu gefährlich.21

Die Nichtverurteilung Israels auf der Nahost-Konferenz der italienischen Regierung in Rom am Mittwoch interpretiert der israelische Justizminister Haim Ramon als Erlaubnis, die Angriffe auf den Libanon fortzusetzen. Um eigene Verluste bei den Bodentruppen zu verhindern, sollte – so sagt Ramon – die israelische Luftwaffe zunächst die Dörfer im Südlibanon dem Erdboden gleichmachen. Israel habe den Zivilisten im Südlibanon genügend Zeit gegeben, um das Gebiet zu verlassen. Deshalb könne nun jeder, der sich noch in den Dörfern aufhält, als Unterstützer der Hisbollah angesehen werden. Alle, die sich jetzt noch in Südlibanon befinden, sind Terroristen.

„`We received yesterday at the Rome conference permission from the world... to continue the operation,` Israeli Justice Minister Haim Ramon said.

Mr Ramon – a close confidant of Israeli Prime Minister Ehud Olmert – said `everyone understands that a victory for Hezbollah is a victory for world terror`.

He said that in order to prevent casualties among Israeli soldiers battling Hezbollah militants in southern Lebanon, villages should be flattened by the Israeli air force before ground troops moved in.

He added that Israel had given the civilians of southern Lebanon ample time to quit the area and therefore anyone still remaining there could be considered a Hezbollah supporter.

`All those now in south Lebanon are terrorists who are related in some way to Hezbollah,` Mr Ramon said.“22

In einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen sagt der Martin van Crefeld, international bekannter Militärhistoriker an der Hebräischen Universität Jerusalem:

„Wir können die Hisbollah nicht auslöschen. Aber wir können ihr schwere Verluste beibringen und libanesisches Territorium einnehmen, um es als Verhandlungsmasse zu nutzen. Nebenbei können wir einigen unserer lieben Nachbarn, etwa Syrien, zeigen, daß es uns nur einige Stunden kostet, ihr Land in eine Ruinenlandschaft zu verwandeln. Ein Sprichwort besagt: `Was man mit Gewalt nicht erreichen kann, erreicht man vielleicht mit etwas mehr Gewalt.`“ 23

Freitag, den 28. Juli 2006 UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland fordert von Israel eine 72-stündige Waffenruhe. Diese Zeit sei nötig, um ältere Menschen, Kinder und Verwundete aus dem Krisengebiet zu bergen und die Zivilisten mit dem Nötigsten zu versorgen. Israel lehnt die Waffenruhe ab: sie sei nicht nötig, das eigentliche Problem sei die Hisbollah. Die Hisbollah verhindere die Hilfslieferungen in den Süden Libanons.

Ein Hilfskonvoi aus dem Dorf Rmeisch nach Tyrus wird von einer israelischen Rakete getroffen. Das Geschoss schlug neben dem Wagen der deutschen N24-Reporterin Katrin Sandmann und ihrer Kollegen ein. Zwei arabische Mitarbeiter des Nachrichtenkanals wurden verletzt. Der Konvoi bestand unterschiedlichen Angaben zufolge aus 40 bis 150 Fahrzeugen. Er sollte Kranke und Alte aus dem umkämpften Dorf in Sicherheit bringen.

Eine Verurteilung des israelischen Angriffs auf die UNIFIL-Beobachter durch den UN-Sicherheitsrat als „inakzeptabel“ scheitert an den USA. Die Mitglieder des Sicherheitsrates zeigten sich lediglich „tief schockiert und erschüttert“. Der israelische UN-Botschafter Gillerman bezeichnete die Erklärung als „sehr ausgewogen und fair“. Eine Beteiligung der UN an der Untersuchung des Vorfalls lehnt Gillerman ab.

Aufgrund des fortgesetzten Beschusses sieht die UN sich gezwungen, ihre unbewaffneten Beobachter aus dem unmittelbaren Grenzgebiet zu Israel abzuziehen. Die Beobachter werden im südlibanesischen Naqoura am Mittelmeer stationiert.24

Die Situation erinnert an den Anschlag auf das Hauptquartier der Vereinten Nationen in Bagdad am 19. August 2003. Dabei kamen 22 UN-Mitarbeiter und Besucher ums Leben, darunter der UN-Sonderbeauftragte für den Irak, Sergio Vieira de Mello. Erst fünf Tage zuvor, am 14. August, war mit Resolution 1500 des UN-Sicherheitsrates die United Nations Assistance Mission for Iraq (UNAMI) eingerichtet worden. Zwar entschied Annan nach dem Attentat, seine Mitarbeiter zunächst in Bagdad zu belassen. Da sich die Sicherheitslage aber immer weiter verschlechterte, musste im November 2003 das gesamte internationale Personal der UN nach Jordanien verlegt werden.25

Eine junge Irakerin schreibt am 20. August 2003 in ihrem Internetblock:

„Sergio de Mellos Tod ist eine Katastrophe. Wir sind alle ein bisschen benommen. Es schien, als wäre er seit vielen Monaten das Beste gewesen, was dem Irak passierte. Obwohl die Vereinten Nationen den Krieg nicht verhindern konnten, hat die Aussicht auf jemanden wie de Mello den Leuten so etwas wie eine schwache Hoffnung gegeben. Man hatte das Gefühl: Nein, die Amerikaner können in Bagdad nicht Amok laufen, ohne dass die internationale Staatengemeinschaft davon erfährt … Bei uns waren die Vereinten Nationen oder ausländische Botschaften nie das Ziel von Bombenanschlägen, egal wie verfahren die Lage war. Die UNSCOM (Sonderkommission der UN) war hier in der Tat unbeliebt, aber sie stand unter Schutz. Als Besatzungsmacht ist Amerika für die Sicherheit und den Schutz dessen verantwortlich, was von diesem Land noch übrig ist. Es ist verantwortlich für die Sicherheit und den Schutz aller internationalen humanitären Organisationen, die ins Land gekommen sind, um den Menschen zu helfen. Die Amerikaner haben sich auf schreckliche Weise vor dieser Pflicht gedrückt. Jemand wie Sergio de Mello hätte etwas Besseres verdient.
Ich bin entsetzt. Wenn jemand wie de Mello nicht beschützt werden konnte, oder einfach nicht beschützt wurde – was passiert dann mit den Millionen Menschen im Irak, die Schutz brauchen? Wie konnte so etwas zugelassen werden? Irgendein Nachrichtensender hat eben berichtet, Bremer sei beim Erhalt der Nachricht weinend zusammengebrochen. Wieso eigentlich? Es war nicht sein Verlust... verloren hat nur der Irak.“26

Wenn nicht einmal UN-Soldaten, die an den Raketenangriffen der Hizbollah auf Israel nun überhaupt keine Schuld tragen, vor Angriffen der israelischen Luftwaffe sicher sind – was passiert dann mit den hunderttausenden anderen Unschuldigen, Kindern, Frauen, Männern, Alten, Kranken im Libanon?

Sonntag, den 30. Juli 2006, gegen 1.00 Uhr nachts im südlibanesischen Dorf Qana In einem primitiven Bunker schlafen 63 Zivilisten, darunter mehr als 27 Kinder. Die anderen sind Frauen, Alte, Behinderte. Bomben reißen sie aus dem Schlaf. Der Bunker wird getroffen. Über 50 Menschen sterben, die meisten davon sind Kinder.27

Im Internetblog Beirut Journal erscheinen folgende Zeilen:

„Qana – Sunday July 30th , 2006 Only to let you know that these are 55 civilians, all killed, 20 of them are kids between 7 months and 12 years old. Only to let you know that a number of these children are handicapped, they were hit in the last Qana massacre in 1996. Only to let you know CNN and BBC are hosting IDF spokespeople who tell the world that these civilians were warned to leave, but they just didn't. Only to let you know the air strikes took place at 1:00 am, all they people were sleeping, in their pyjamas, bare feet, in a shelter. The house was hit twice. Twice. To make sure they will all die. Only to let you know that despite the fact that we're animals, but it would have been impossible for animals to sleep had there been any shelling from anywhere close , as the IDF alleges. Only to let you know you free media won't show you these pictures. Only to let you know that this is not the first time this happens , and I can promise you it won't be the last time. .. H..“28

Die amerikanische Außenministerin Rice hält sich zum Zeitpunkt des Massakers im Libanon auf. Sie wird von der libanesischen Regierung aufgefordert, abzureisen. Regierungschef Sinoria in Beirut: „Es gibt jetzt keinen Raum mehr für Diskussionen, bis es eine sofortige bedingungslose Waffenruhe gibt.“29

Voller Wut stürmen hunderte Libanesen das Hauptquartier der UN in Beirut. Fensterscheiben gehen zu Bruch. Auch in Gaza-Stadt stürmen Palästinenser ein Gebäude der UN. Die Hamas kündigt einen verstärkten Widerstand gegen Israel an.

Kofi Annan fordert den UN-Sicherheitsrat auf:

„Action is needed now, before many more children, women and men become casualties of a conflict over which they have no control.

Therefore, I reiterate my call for an immediate cessation of hostilities, to allow desperately needed humanitarian relief to reach the victims. While that is happening, we can work together on the political framework needed for a lasting ceasefire and a sustainable solution: the strengthening of Lebanon's government, the disarming of all militias, and the implementation of all Security Council resolutions, including 1559 and 1680. I will work with you in the development and deployment of a stabilisation force to support the Government of Lebanon in its decision and responsibility to extend its authority throughout the country.

I know there are differences among the Council's members about the precise sequence of actions needed. I beg you to set those differences aside, and come together on the most urgent point – the immediate cessation of hostilities...

Let me conclude, Mr. President, by stating very clearly and briefly that the authority and standing of this Council are at stake. People have noticed its failure to act firmly and quickly during this crisis. Today's events at ESCWA were in part an expression of that frustration. For the sake of the people of the region and of this Organization, I urge you to act, and to act now.“30

Eine Verurteilung Israels für das Massaker in Qana scheitert am Veto der USA.

Mittwoch, den 2. August 2006

Ehud Olmert sagt im Interview für die Süddeutsche Zeitung:

„Wir haben nie um eine Waffenruhe gebeten. Wir mögen es zwar nicht, dass jeden Tag 180 Raketen auf unsere Köpfe fallen. Aber die Hisbollah stellt für Israel keine Bedrohung mehr dar. Wir haben nicht um Mitleid und um einen Stopp des Raketen-Beschusses gebeten, sondern gesagt: Zur Hölle mit euch! Wir werden mit den härtesten Maßnahmen auf euch reagieren … Wir kämpfen ohne zu zögern, unerbittlich und mit allen Mitteln. Niemand kann uns stoppen. Wir kämpfen hart und konsequent.“ 31

Diese Chronik ist nicht vollständig. Sie könnte detaillierter sein und kann fortgesetzt werden. Sie beantwortet nicht, warum Israel, die USA und die westlichen Staaten, die die Vereinten Nationen dominieren, alles unternehmen, um sie zu schwächen. Die Chronik gibt keine Empfehlungen, wie die UN gestärkt werden kann. Dies alles könnten Themen weiterer Artikel sein.

Aber: Eine starke UN, welche die ihr in der Charta gestellten Aufgaben auch erfüllen kann, könnte eine bedeutende Rolle für einen wirklichen Frieden im Nahen Osten spielen. Jede westliche Armee, die auf libanesischem Boden die israelischen Grenzen schützen soll, wird als Besatzungsmacht angesehen und bekämpft werden. Mit noch mehr Gewalt wird Israel nur eine Ruhe an seinen Grenzen erreichen: Friedhofsruhe nach einer weiteren Nakba.32

Jede Form von Gewalt ist ungeeignet, Frieden zu schaffen.

Auf dem Weg zum Frieden braucht die Welt keine UN, die nur empfiehlt und nicht beschließt. Und wenn sie beschließt, dann nur das, was die USA und andere Westmächte mit ihrem Veto nicht verhindern bzw. was sie ihr diktieren. Wenn die UN nur Legitimations- und Vollzugsorgan westlicher Interessen sein soll – dann ist es besser, sie wird zu Grabe getragen.

Vereinte Nationen im Sinne ihrer Charta jedoch, die ihren Auftrag ernst nehmen, sich nicht verhalten, als würden sie Vereinte Staaten von Amerika heißen, und die ohne Ansehen der Macht, die Kriegsverbrechen begeht, und ohne Ansehen der Menschen, die leiden, handeln – diese könnten uns helfen, die Welt tatsächlich friedlicher zugestalten.

Friedlicher wird der Nahe Osten nicht durch weitere Opfer und Gewalt. Der Weg zum Frieden könnte stattdessen mit einem KSZN-Prozess – einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten – beginnen.

Diana Al-Jumaili
Leipzig, den 6. August 2006


1: Report der WHO vom 05.08.2006: http://www.who.int/hac/crises/intam 12. Juli 2006 ernational/middle_east/en/index.html (06.08.2006) sowie Sabine Dolan: Latest violence cuts off most humanitarian access to Lebanon, http://www.unicef.org/emerg/index_35232.html (05.08.2006). Siehe auch: http://www.emro.who.int/eha/lebanon.htm. (zurück)
2: Laut Haaretz vom 06.08.2006: http://www.haaretz.com/hasen/spages/746936.html (06.08.2006), siehe auch: Israelisches Außenministerium, http://www.mfa.gov.il/mfa. Wie viele Menschen aus dem Norden Israels geflohen sind, ist nicht bekannt. UNIFIL schätzt ihre Zahl auf 200.000. (zurück)
3: Siehe: Statement on Gaza by United Nations Humanitarian Agencies working in the occupied Palestinian territory, 3. August 2006, http://www.mfa.gov.il/mfa (05.08.2006). (zurück)
4: Untergeneralsekretär für Humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator (OCHA) der UN. (zurück)
5: Statement of Mr. Jan Egeland to the UN-Security Council, 28. Juli 2006, https://ochaonline.un.org (03.08.2006). (zurück)
6: Zahlen nach Eduardo Galeano: Wie lange noch? In: Neues Deutschland, 61. Jg., Nr. 181, 05./06.08.2006, S. 1. (zurück)
7: United Nations Interim Force in Lebanon, Mandat: Überwachung des Waffenstillstandes in Libanon seit 1978. Am 31.05.2006 bestand die Truppe aus 1.990 Soldaten, unterstützt von 50 Militärbeobachtern der UNTSO und einem internationalen Zivilpersonal von 95 sowie 304 einheimischen Zivilisten. Weitere Informationen siehe: http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unifil/index.html. (zurück)
8: Kofi Annan auf der Pressekonferenz in Brüssel am 18.07.2006, http://www.un.org/apps/sg/offthecuff.asp?nid=907 (30.07.2006). (zurück)
9: http://www.n24.de/politik/ausland/index.php/n2006071719273100002 (30.07.2006). (zurück)
10: Bildquelle: http://www.un.org/Depts/dpko/photos/unifil/index.html (30.07.2006). (zurück)
11: Bildquelle: http://www.un.org/Depts/dpko/photos/unifil/index.html (30.07.2006). (zurück)
12: United Nations Truce Supervision Organization. Weitere Informationen: http://www.un.org/Depts/dpko/missions/untso/index.html (30.07.2006). (zurück)
13: http://www.cnn.com/2006/WORLD/meast/07/26/mideast.observers/index.html (30.07.2006). (zurück)
14: http://www.un.org/apps/sg/sgstats.asp?nid=2149 (30.07.2006). (zurück)
15: http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=19314&Cr=leban&Cr1= (03.08.2006). (zurück)
16: http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=19314&Cr=leban&Cr1= (03.08.2006). (zurück)
17: Mr. Alvaro de Soto, United Nations Special Coordinator for the Middle East Peace Process, am 30.07.2006 in Jerusalem, http://www.un.org/apps/sg/sgstats.asp?nid=2151 (30.07.2006). (zurück)
18: http://www.n24.de/politik/ausland/index.php/a2006072610180897053 (30.07.2006). (zurück)
19: Information und Zitate nach Neues Deutschland, 61. Jg., Nr. 173, 27.07.2006, S. 1. (zurück)
20: UNIFIL, press release.26July'06.doc, http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unifil/pr010.pdf (03.08.2006). (zurück)
21: Nach: Neues Deutschland, 61. Jg., Nr. 174, 28.07.2006, S. 1. (zurück)
22: BBC News am 27.07.2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/5219360.stm (31.07.2006). (zurück)
23: "Israel wird Nasrallah überleben". Matrin van Crefeld über den Kampf gegen Hamas und Hisbollah, in: Jüdische Allgemeine, 61. Jg., Nr. 30, 27.07.2006, S. 2. (zurück)
24: Nach: Neues Deutschland, 61. Jg., Nr. 175, 29./30.07.2006, S. 1. (zurück)
25: Nach: Der Fischer Weltalmanach 2005, S. 210. (zurück)
26: Riverbend: Bagdad Burning. Ein Tagebuch, Residenz Verlag, St. Pölten – Salzburg, 2006, S. 13. Riverbends Internet Blog aktuell: http://riverbendblog.blogspot.com (6.8.2006). (zurück)
27: Weitere Informationen: The Independent vom 31.07.2006: http://news.independent.co.uk/world/middle_east/article1204845.ece (31.07.2006) und Bilder des Massakers unter: http://www.informationclearinghouse.info/article14273.htm (31.07.2006). Andere Quellen berichten später von 28 Toten. (zurück)
28: http://beirutjournal.blogspot.com (31.07.2006). (zurück)
29: Neues Deutschland, 61. Jg., Nr. 176, 31.07.2006, S. 1. (zurück)
30: http://www.un.org/apps/sg/sgstats.asp (30.07.2006). (zurück)
31: Ehud Olmert: Niemand kann uns stoppen, in: Süddeutsche Zeitung, 62. Jg., Nr. 178, 4.8.2006, S. 5. (zurück)
32: Die Palästinenser nennen ihre Vertreibung und Flucht aus Palästina nach der israelischen Staatsgründung am 14. Mai 1948 Nakba. (zurück)

Was steckt hinter dem Libanonkrieg?
von Professor Georg Meggle, 07.08.2006

Was steckt hinter dem neuen Libanonkrieg? Was sind die wirklichen Kriegsgründe? Was die finalen Kriegsziele? Die bisherigen offiziellen Erklärungen taugen nicht viel. Eine bessere Erklärung betrachtet diesen Krieg im größeren Kontext:

  • Der Libanonkrieg ist ein Vorab-Präventivkrieg zum bevorstehenden direkten Präventivkrieg gegen den Iran: Mithilfe des Libanonkriegs wollen die USA & Israel ihre Ausgangsposition im Krieg gegen den Iran optimieren.

  • Die geplante UN-Stationierung von Truppen (inklusive von Truppen aus NATO-Staaten) im Libanon ist eine wesentliche Komponente dieser Strategie.

Man beachte: Im Folgenden geht es nicht um die Moral des Libanonkrieges, nur um dessen rationale Erklärbarkeit, d.h. seine Verstehbarkeit. (Zur Moral siehe den Telepolis-Artikel Ein Recht auf Notwehr? von Bettina Köthke vom 26.07.2006. Zu der hier vorausgesetzten Prämisse, wonach „Bomben auf den Iran?“ keine offene Frage mehr ist, siehe meinen eigenen Telepolis-Artikel vom 18.01.06.)

1 Unglaubwürdige Kriegsgründe

Die bisher vorgebrachten offiziellen Kriegsgründe sind, wie dieser Abschnitt 1 zu begründen sucht, nicht glaubwürdig. Sie passen insbesondere nicht zur Art und Weise, wie Israel diesen Krieg führt.

1.1 Läuft die israelische Kriegsmaschinerie schlicht Amok? Das wäre möglich. Aber das vertrüge sich nicht mit der Tatsache, dass dieser Krieg schon seit Jahren vorbereitet worden war.

Die Kriegsvorbereitungen laufen bereits seit dem Mai 2000, d.h., seit dem letzten Rückzug Israels aus dem Libanon:

„In a sense, the preparation (for the Lebanon assault) began in May 2000, immediately after the Israeli withdrawal when it became clear that the international community was not going to prevent Hezbollah from stockpiling missiles and attacking Israel. By 2004, the military campaign was scheduled to last about three weeks … and, in the last year or two, it's being simulated and rehearsed across the board.“

(So Gerald Steinberg, Senior Research Associate am BESA Center for Strategic Studies; zitiert nach Stephen Lendman, The Crime of Lebanon and Palestine. Are Iran and Syria Next?, 24.07.06: www.informationclearinghouse.info/article14169.htm )

Zudem waren die Pläne für diese Invasion, wie der San Francisco Chronicle (21. Juli 2006) berichtet, spätestens seit letztem Jahr mit Israels Verbündeten, primär den USA, besprochen, wenn nicht abgestimmt worden:

„More than a year ago, a senior Israeli army officer began giving PowerPoint presentations, on an off-the-record basis, to U.S. and other diplomats, journalists and think tanks, setting out the plan for the current operation in revealing detail. … It is a long-planned war to increase Israel's ascendancy over Hizbullah and its patrons.“ (Zitiert nach War Times, info@war-times.org 30.07.06, 23:27)

Und Wesley Clark, der US-General, der 1999 den NATO-Angriff auf Serbien-Montenegro dirigiert hatte, berichtet in seinem Buch Winning Modern Wars, 2003, dass im Pentagon schon im November 2001 an einem Fünf-Jahres-Plan gearbeitet wurde, der insgesamt Kriege gegen sieben Länder vorsieht: „beginning with Iraq, then Syria, Lebanon, Libya, Iran, Somalia und Sudan“ (S. 130).

1.2 Sicher ist jedenfalls, dass sich dieser neue Libanonkrieg nicht allein als eine direkte israelische Reaktion auf die Tötung von drei und die Gefangennahme von zwei israelischen Soldaten durch die Hisbullah-Miliz an der Grenze zum Libanon am 11. Juli 2006 verstehen lässt. (Genau so wenig, wie sich erst zwei Wochen zuvor (25. Juni 2006) die Wiederbesetzung des Gazastreifens allein als eine unmittelbare Reaktion auf die Gefangennahme eines israelischen Soldaten durch die Hamas erklären lässt.)

Das sehen inzwischen auch Vertreter Israels so. Auch öffentlich:

„Hätte Israel die Aktion gegen Hisbullah auch ohne die Entführung der beiden Soldaten begonnen?“

Diese Frage der LVZ (Leipziger Volkszeitung) vom 25.07.06 beantwortet Ilan Mor, stellvertretender Botschafter Israels in Deutschland, mit einem klaren: „Ja, davon bin ich überzeugt.“ (Zitiert nach dem Newsletter der Botschaft des Staates Israel – Berlin, vom Mittwoch, 26. Juli 2006: newsletter@berlin.mfa.gov.il ) Der Christian Science Monitor (01.08.06) bringt es perfekt auf den Punkt:

„Hisbullah created this crisis. Israel is defending itself. … this is pure analytical nonsense.“ (www.informationsclearinghouse.info/article14323.htm )

Mit anderen Worten: Die Gefangennahme der zwei Soldaten war nicht Kriegsgrund, vielmehr lediglich der – allenfalls für die ersten Tage als ‚medialer Grund' nutzbare und vielleicht (vgl. 1.1 oben) gar willkommene – Auslöser für den bereits vorher feststehenden Krieg.

1.3 Wenn diese Gefangennahme der Kriegsgrund wäre, dann wäre Israels Kriegsreaktion darauf nicht nur irgendwie unverhältnismäßig, sondern absolut unverhältnismäßig. Jeder Versuch, das Ausmaß der israelischen Gewalt gegen den Libanon allein mit Verweis auf die Gefangennahme zweier Soldaten zu rechtfertigen, wäre – und ist – von A bis Z unglaubwürdig. (Unglaubwürdig vor allem dann, wenn Israel tatsächlich Wert darauf legt, die gefangenen Soldaten auch lebendig wieder zu bekommen.)

Mit von Anfang an unglaubwürdigen Erklärungen sollten wir uns nicht abspeisen lassen. Vor allem in Kriegszeiten nicht. 1.4 Einen weiter reichenden Grund formuliert Ilan Mor in dem bereits zitierten Interview so:

„Denn die Hisbullah hat sich mit Hilfe Irans und Syriens im Südlibanon immerhin als Staat im Staat etabliert. Es musste also eine adäquate Antwort auf diese Herausforderung geben.“

Auch das allein klingt aber unglaubwürdig: Israels Armee vernichtet zur Zeit weniger die Hisbullah als den Libanon selbst. Die Zerstörung des Libanon – ein „adäquates“ Mittel, um seine Souveränität wieder herzustellen? Das wäre nicht weniger absurd als die US-Strategie aus dem Vietnamkrieg, Dörfer durch deren Zerstörung vom Vietkong zu ‚befreien'.

1.5 Bei den (prima vista) plausibelsten Kriegsgründen geht es um die direkte Bedrohung Israels durch die primär im Südlibanon agierende Hisbullah-Miliz, speziell durch deren (aus dem Iran stammende und über Syrien gelieferte) zahlreiche Raketenwaffen. Es sollen – die Schätzungen variieren sehr stark – zwischen ein paar Tausend und mehr als 20 000 (gewesen) sein. Die meisten dieser Raketen sind kleinen Kalibers und, anders als die High-Tech-Geräte auf der anderen Seite, höchst zielungenau.

//Foto //

Der neue Libanon-Krieg ist, so dessen plausibelste offizielle Standardbegründung, Israels Reaktion auf diese Raketen.

1.6 Israels Reaktion auf diese Raketen – das kann viererlei heißen, je nachdem, ob Israels Angriffe

(i) Israels Vergeltung (bzw. Rache) für die über die letzten Jahre hinweg immer wieder erfolgten Raketenabschüsse der Hisbullah auf israelisches Gebiet oder
(ii) eine Reaktion auf die jüngsten Einsätze dieser Waffen vor dem 12. Juli sein sollen; oder ob sie
(iii) einem unmittelbar bevorstehenden Angriff mit diesen Raketenwaffen zuvorkommen sollten; oder ob sie
(iv) eine Vorabreaktion schon allein auf den Besitz dieser Waffen, also auf den potentiellen Einsatz dieser Waffen sein sollten, d.h. eine Reaktion auf deren bloßes Bedrohungspotential.

1.6.1 Zu (i) – Vergeltungsakt für frühere Angriffe. So werden die israelischen Angriffe auf den Libanon zwar oft präsentiert. Die Hisbullah-Aktion vom 11. Juli war dann sozusagen nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mit Vergeltung allein würde sich aber das Ausmaß der ausgeübten israelischen Gewalt nie und nimmer erklären lassen, jedenfalls nie und nimmer glaubhaft.

1.6.2 Zu (ii) – Klassischer Verteidigungsfall. Der Neue Libanon-Krieg kann von Seiten Israels auch keine Reaktion auf den Einsatz dieser Raketen sein. Vor der Gaza-Eskalation (mit Beginn am 25. Juni 2006) war die Lage im Norden Israels relativ ruhig, von wenigen kleineren Zwischenfällen abgesehen. In größerem Maße wird Nord-Israel erst nach seinem Angriff auf den Südlibanon mit Hisbullah-Raketen beschossen.

1.6.3 Zu (iii): Der neue Libanon-Krieg ist auch kein (traditioneller) Präventivkrieg gegen die Bedrohung Israels durch die Hisbullah. Von einem unmittelbar bevorstehenden größeren Raketen-Schlag der Hisbullah auf Israel konnte keine Rede sein. Das muss auch Israel klar gewesen sein.

Zwar hatte die Hisbullah den Einsatz ihrer Raketen tatsächlich angedroht – aber nur als Vergeltung für Angriffe. Für die Hisbullah dürften diese Waffen eher ein Mittel der Abschreckung israelischer Angriffe gewesen sein, nicht so sehr Erstangriffs-Waffen – von dem Psychoterror ihres sich über Jahre erstreckenden sporadischen Einsatzes abgesehen.

1.6.4 Zu (iv): Strategien können sich ändern. Auch die der Hisbullah. Was – so würde die entsprechende Frage vor dem Libanonkrieg gelautet haben – was, wenn deren Raketen massiv zu einem Angriff auf Israel eingesetzt würden? Was dann?

Würde Israel warten müssen, bis die Hisbullah ihre Raketenwaffen abschießt, wäre es für deren Abwehr zu spät. Diese Raketen – fast ausschließlich kleinere Kurz- und Mittelstreckenraketen – sind wegen ihrer kurzen und niedrigen Flugbahn auch von der besten (d.h., amerikanisch-israelischen) Raketenabwehr nicht erfassbar. Also, so sagt die militärische Sicherheitslogik: nicht-abzuwarten ist besser. Also: Ein umfassender Präventivschlag ist vernünftig.

1.7 Dieser Logik zu folgen, liegt in Israels Lage nahe. Zudem hat Israel mit Präventivaktionen bisher beste Erfahrungen gemacht hat. Das mit Blick auf den Iran derzeit relevanteste Musterbeispiel für einen Präventivschlag ist Israels Zerstörung des irakischen Atomreaktors Osirak I im Juni 1981. Zwar folgte auf diesen Präventivschlag ein weltweiter Aufschrei der Empörung. Aber das ist Schnee von gestern. Heute gilt dieser Angriff (zumindest aus westlicher Perspektive) als das Paradigma für eine gerechtfertigte Prävention. Immerhin hat diese Aktion Saddam Husseins Griff nach der Atomwaffe verhindert

1.8 Zwischen diesem Präzedenzfall von 1981 und dem jetzigen Libanon-Krieg gibt es aber große Unterschiede. Der hier wichtigste: Für die Zerstörung des irakischen Atomreaktors Osirak I reichte tatsächlich eine einzige präzise gesteuerte und genau terminierbare Aktion. Die Hisbullah hingegen und deren Waffen sind über den ganzen Südlibanon, Südbeirut und Teile der Bekaa-Ebene verteilt. Kann die Erwartung, dass man sich mit Hilfe einer begrenzbaren Präventivoffensive – zunächst primär der Luftwaffe, dann zusätzlich der Bodentruppen – auch eines solchen verstreuten Bedrohungspotentials entledigen könne, überhaupt realistisch sein?

Nicht, wenn man die geographischen und ethnischen Besonderheiten des Südlibanon kennt. Das Gebiet ist perfektes Guerillaland (felsige Berge mit zahlreichen Schluchten); die Hisbullah-Miliz selbst: der sprichwörtliche Mao-Tse-Tung-Fisch im Wasser einer weitgehend shiitischen Bevölkerung. Die Israelis kennen diese Besonderheiten nur allzu gut. Oder sollten sie etwa völlig vergessen haben, dass sie im letzten Libanonkrieg das gleiche Ziel (bei einem noch sehr viel schwächeren Gegner) nicht einmal in 18 Jahren geschafft hatten? Das scheint mir ganz ausgeschlossen. (Vgl. freilich das Zitat von 1.1 oben: „the military campaign was scheduled to last about three weeks“. Zu diesem Widerspruch siehe 1.9 unten.)

War die Ankündigung zu Beginn der Offensive, die Hisbullah innerhalb von 3 Wochen vernichtend schlagen zu können, nur eine akzeptanzheischende Propaganda? Ihr Hauptzweck war wohl der, unter allen Umständen zu verhindern, dass Israels Verbündete den zu erwartenden verbalen Forderungen der Weltöffentlichkeit nach einer Beendigung der Offensive zu rasch nachgeben würden. Zu rasch wofür? (Inzwischen bin ich überzeugt: Zu rasch besagt hier: Ehe sich ‚die Welt' davon überzeugen lässt, dass die Stationierung von ‚robusten' Truppen an der Südgrenze des Libanon notwendig ist. Vgl. unten 4.5 – 4.11)

1.9 Es gibt freilich – worauf dankenswerterweise wiederum Ilan Mor in seinem LVZ-Interview hingewiesen hat – einen wichtigen Unterscheid zwischen der Zeit des vorigen Libanonkrieges und heute:

(i) „Israel hatte damals 1982-2000 das Risiko, vom libanesischen Territorium aus bedroht zu werden, reduziert, aber nicht vollständig beseitigt“. (ii) „Heute haben wir … eine veränderte Situation – dahingehend, dass das Verständnis für die israelische Politik gewachsen ist. Nach dem 11. September verstehen viele europäische Regierungen – die amerikanische ohnehin – , dass Israel nicht nur sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnimmt, sondern dass es sich bei der jetzigen Aktion um klare Terrorismusbekämpfung handelt.“

Kriege gegen Terroristen, so heißt das im Klartext, unterliegen nicht den gleichen Beschränkungen wie normale Selbstverteidigungskriege. Das hat Europa im letzten Libanonkrieg noch nicht so gesehen. Jetzt – nach dem 11. September 2001 – ist das anders. Jetzt braucht sich Israel (auch aus europäischer Sicht) nicht mehr an die Beschränkungen zu halten, die schuld daran waren, dass nicht schon damals das Hisbullah-Bedrohungsrisiko möglichst stark minimiert werden konnte.

1.10 Auch diese Sicht erklärt zwar einiges, aber wiederum nicht, warum Israel das damals Versäumte gerade jetzt nachholt. Warum ist Israel gerade jetzt dazu bereit, einen Krieg gegen die Hisbullah bzw. gegen den Libanon zu eröffnen – was ja auch heißt, gerade jetzt seine eigene Bevölkerung der Gefahr größerer Gegenschläge von Seiten der Hisbullah auszusetzen?

Gibt es (aus israelischer Sicht selbst, wohlgemerkt) etwas, was uns auch diesen Aspekt erklärt?

1.11 Die Liste so genannter hier eventuell relevanter „Hidden Agendas“ könnte lang sein. Hier nur ein Auszug:

(i) Die Rückkehr der israelischen Armee in den Gazastreifen und die Eröffnung der Libanonfront stehen in enger Verbindung. Palästina steht derzeit nicht mehr im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Soll das so sein? Sollen hinter dem Rücken der Weltöffentlichkeit in Palästina weitere Fakten geschaffen werden, die … die was bewirken?
(ii) Bereitet sich Israel auf weitere Annexionen vor?
(iii) Will Israel im Libanon den Machtfaktor spielen, den vor der Zedernrevolution im letzten Jahr Syrien gespielt hatte?
(iv) Bereitet sich Israel auch auf einen Krieg gegen Syrien vor? Etc.

Spekulationen, gewiß. Was aber nicht heißt, dass sie nicht auch zutreffen könnten. Wir werden es ja bald sehen.

1.12 Jedenfalls: Irgendetwas Größeres, einen umfassenderen Kontext, brauchen wir, damit uns der neue Libanonkrieg auch aus israelischer Sicht als verstehbar (= als subjektiv rational) erscheint. Und zwar nicht ein geschönter Libanonkrieg, sondern genau der, der jetzt geführt wird. Mit anderen Worten: Gesucht ist eine rationale Erklärung, die sogar dem hässlichsten Aspekt dieses neuen Krieges – d.h., der unübersehbaren Diskontierung so genannter Kollateralschäden – möglichst weitgehend Rechnung trägt.
Gibt es einen Kontext, der verständlich macht, warum Israel diese hässliche Seite selber bewusst in Kauf nimmt? Ja, es gibt ihn: i

2 Der Iran-Krieg

Für eine ausführlichere Begründung zu diesem Abschnitt 2 siehe: Bomben auf den Iran?, Telepolis, 18.01.06

2.1 Der Libanon-Krieg ist nicht nur ein direkter Präventivkrieg gegen die Bedrohung durch die Hisbullah; er ist vor allem ein indirekter Präventivkrieg gegen eine aus israelischer Sicht sehr viel größere Bedrohung: nämlich gegen die durch den Iran. Eine einzige iranische A-Bombe auf Tel Aviv – und der Staat Israel ist Vergangenheit. Der anti-israelische Iran ist dabei, sich die Voraussetzungen für den Bau einer solchen Bombe zu verschaffen. Also... Für Israel ist die Entwicklung von Nuklearwaffen durch den Iran ein casus belli.

2.2 Für die USA auch. Für diese auch noch aus weiteren Gründen: Ein Iran mit Nuklearwaffen

  • gefährdet die Realisierung des ganzen Konzepts eines Neuen Mittleren Ostens, d.h. einer politischen und wirtschaftlichen Neuordnung des größeren Mittleren Ostens nach US-amerikanischen Vorstellungen.
  • beeinträchtigt damit auch den Kern der ganzen Geopolitik der USA (z.B.: den Aufstieg Chinas können die USA nur dann bremsen, wenn der Iran über die Verwendung seiner Öl- und Erdgasvorkommen nicht selber verfügen kann. Hat der Iran erst einmal Atomwaffen, ist seine Erpressung nicht mehr so einfach.)
  • bedeutet für den ganzen Westen den Terrorismus-Albtraum schlechthin. (Nuklearwaffen in den Händen des Iran bedeuten über kurz oder lang auch: Nuklearwaffen in Händen von Terroristen.)

Aus jedem dieser Punkte folgt der militärischen Logik zufolge ein weiteres „Also...“.

2.2 Aus der Sicht des Iran spricht umgekehrt alles dafür, sich die Option der nuklearen Wiederaufbereitung – und damit auch der (Möglichkeit der eigenständigen) nuklearen Bewaffnung – nicht nehmen zu lassen. Ohne diese Option sind die Souveränität und der wirtschaftliche wie geopolitische Aufstieg des Iran bedroht. Also...

Ein Krieg der USA und Israels gegen den Iran ist militärlogisch unvermeidlich. Bomben auf den Iran? Das ist keine offene Frage mehr.

3 Der Libanon-Krieg als Teil des Iran-Kriegs

3.1 Was hat der jetzige Libanon-Krieg mit dem bevorstehenden Iran-Krieg zu tun? Einiges.

Der Libanon-Krieg, so meine zentrale These, ist nur verstehbar unter der Voraussetzung, dass Israels Führung weiß, dass der Iran-Krieg bereits beschlossene Sache ist. Wobei dieses Wissen wohl kaum besondere kognitive Fähigkeiten verlangt, dürfte Israel an diesem Beschluss doch selbst mitgewirkt haben – mit Sicherheit aber über diesen Beschluss zumindest vorab informiert worden sein.

3.2 Meine Begründung für diese These ist – wie bei Schlüssen auf die beste Erklärung auch sonst – die übliche abduktive. Das heißt: Mit dieser These werden zentrale Aspekte des Libanonkriegs sehr viel einleuchtender, kohärenter und durchsichtiger als ohne sie. Die These liefert uns auch eine prognostische Perspektive dafür, wie es mit diesem Krieg in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen wird.

Der Erkenntniswert dieser Perspektive lässt sich an der Realität überprüfen. Die LeserInnen dieses Beitrags müssen und sollten dieser einfachen These nicht blind Glauben schenken. Sie mögen sie im Sinne einer Arbeitshypothese in den kommenden Wochen mit scharfem Blick selbst überprüfen.

3.3 Die durch alle bisher betrachteten potentiellen und offiziellen Kriegsgründe nicht beantwortete Frage ist diese:

Warum ein Krieg gegen die Hisbullah und den Libanon (und Palästina) gerade jetzt?

3.4 Nun, wenn Israel (weiterhin einfach als Kurzformel für: Israels politisch-militärische Führung) weiß, dass in Bälde Bomben auf den Iran fallen werden, welche Vorkehrungen sollte Israel dann rationaliter treffen?

3.5 Wie wird der Iran auf den Angriff der USA und/oder Israels (und evtl. weiterer williger Angreifer) reagieren?

Das hängt gewiss davon ab, (a) wer Angreifer sein wird und (b) welche der diversen Angriffsoptionen ‚umgesetzt' werden.

Ad (a): Drücken nur israelische Kampfpiloten, U-Boot-Offiziere etc. auf die Abschussknöpfe? Oder nur amerikanische? Oder beide gemeinsam? Auch wieder englische? Weitere?

Ad (b): Geht es, um nur die Extreme zu benennen, ‚nur' um die Option „Modell Osirak“ (vgl. oben 1.7) oder ist, wie schon einmal als ultima ratio, sogar das Hiroshima-Modell ‚auf dem Tisch'?

Wichtig ist hier primär dies: Bei all diesen Optionen – vom Hiroshima-Modell einmal abgesehen – ist eine Reaktion des Iran vorab ganz und gar sicher: Er wird auf die 50 Millionen Dollar setzen, die er, wie es heißt, jährlich in die Hisbullah investiert hatii – und durch den Einsatz von deren Milizen den Norden Israels ‚destabilisieren'. Das ist/war so sicher wie bei uns das Amen in der Kirche. Die Raketen der Hisbullah sind/waren nicht nur die Abschreckungswaffe der Hisbullah; sie sind/waren auch als Abschreckungsmittel gegen einen israelisch-amerikanischen Angriff gegen den Iran konzipiert – und indirekt vielleicht auch zur Abschreckung eines Angriffs auf Syrien, Irans derzeitigen Verbündeten.

3.6 Also: Je näher der Irankrieg (bzw. ein Krieg gegen Syrien) rückt, desto vernünftiger ist es aus Israels Sicht, diese iranische Zweitschlagswaffe Hisbullah noch unbedingt vorher auszuschalten. Und zwar möglichst rasch und radikal.

Denn es ist klar, wie der Iran das Vergeltungspotential dieser Waffe, solange diese nicht völlig zerstört ist, zu maximieren versucht sein könnte: Durch deren Aufrüstung auch mit nicht-konventionellem Vernichtungsmaterial (Bio, Chemo, Nuklear). Das Risiko, solches Material auch einem Verbündeten (zumal einem nicht-staatlichen wie der Hisbullah-Miliz) zu überlassen, mag ‚selbst einem Land wie dem Iran' in normalen Zeiten als zu groß erscheinen; aber sobald es weiß, dass ihm seine zuverlässigste Zweitschlagwaffe insgesamt genommen werden soll, wird dieses Weitergaberisiko nicht mehr viel zählen. Also: Wenn und sobald Israel erst einmal begonnen hat, die iranisch-hisbullahnische Abschreckungswaffe zu zerstören, muss es diese Zerstörung auch möglichst vollständig und möglichst rasch zu Ende bringen.

Mit Blick auf den bevorstehenden Irankrieg ist der neue Libanonkrieg, Israels „strategische Überraschung“ (Josef Joffe in DIE ZEIT, Nr. 31, 27.07.2006, S. 5), voll verständlich.

3.7 Militär-logisches Lemma: Kommt es zu einem Konflikt zwischen einer Chance zur Vernichtung bzw. zumindest Schwächung des Feindes einerseits und Kollateralschaden-Risiken anderseits, wird in dieser Zeitdrucksituation immer die erste Alternative (Vernichtung) gewinnen. Das ist keine Rechtfertigung für Kana; nur dessen rationale Erklärung.

3.8 Warum gerade jetzt? Das Netz um den Iran zieht sich weiter zusammen. Nach dem bekannten Muster ist vor dem Krieg selbst noch der UN-Sicherheitsrat-Countdown angesagt. Der UN-Sicherheitsrat hat Ende Juli Teheran zur Aussetzung der Urananreicherung eine Frist bis Ende August gesetzt und droht bereits mit Sanktionen.

Der Generaldirektor der IAEA wird aufgefordert, bis 31. August einen Bericht darüber vorzulegen, ob Iran eine „vollständige und dauerhafte“ Aussetzung vorgenommen habe. Für den Fall, daß Iran dem nicht nachkommt, bringt der Rat seine Absicht zum Ausdruck, „angemessene Maßnahmen“ nach Artikel 41 Kapitel VII der UN-Charta zu ergreifen. (FAZ, 01.08.06, S. 1.)

Der Iran hält das für „nicht konstruktiv“ (a.a.O.) und lehnt diese Resolution ab (FAZ, 07.08.06, S. 1). Wir kennen das Procedere. Einige Wochen, vielleicht gar Monate werden mit ihm ins Land ziehen. Wieder wird der Anschein erweckt, den Mächtigen läge alles daran, den ultima-ratio-Fall zu verhindern; aber wieder könnte jeder, der sich für solche Dinge wirklich interessiert, erkennen, dass es darauf, ob der Sicherheitsrat einem Angriff auf den Iran zustimmt oder nicht, letztlich nicht ankommt. Die USA haben auch für den Iran-Fall schon mehrfach klar genug zu verstehen gegeben: Wir machen das notfalls auch alleine – auch ohne den Sicherheitsrat. Die USA haben ihre UN-Position – immer noch ohne explizite Zustimmung des Senats – entsprechend gut besetzt: Ihr Vertreter bei der UNO, John Bolton, ist zum einen deren entschiedenster Gegner und zum anderen zugleich einer der rührigsten Vertreter der Pro-Iran-Kriegs-Fraktion.

Auch Teheran könnte also, was auch Israel annehmen dürfte, zunehmend schließen, dass der Angriff auf Iran unvermeidbar ist. Damit nimmt wiederum der Präventionszeitdruck für Israel zur vorherigen Ausschaltung der iranisch-hisbullahnischen Zweitschlagoption zu. Genau darum: Prävention spätestens jetzt.

4 Die Lage

Wie stellt sich der bisherige Verlauf des Libanonkrieges dar – und zwar einerseits ohne die Iran-Perspektive und andererseits mit dieser? Und was ist von dieser Perspektive aus gesehen für den weiteren Verlauf dieses Krieges zu erwarten?

4.1 Ohne diese Perspektive ist dieser Krieg für Israel (und damit auch für die USA) bisher ein Fiasko. Von den offiziell verkündeten Kriegszielen (Gefangenenbefreiung; vollständige bzw. nahezu vollständige bzw. nachhaltige Vernichtung der Hisbullah und deren Infrastruktur) hat Israel bisher keines erreicht. Weitgehend zerstört hingegen ist die wirtschaftliche, politische und auch soziale Infrastruktur des Libanon – nicht die Hisbullah.

4.2 Mit der Irankriegs-Perspektive ergibt sich ein differenzierteres Bild. Aus deren Sicht ist das finale Kriegsziel die Verbesserung der (israelischen – und so auch amerikanischen) Ausgangsposition für den bevorstehenden Krieg gegen den Iran. Allgemeiner: Verbessert werden soll die Ausgangsposition Israels für die mit den geplanten Kriegen verknüpfte Gesamttransformation des Erweiterten Neuen Mittleren Ostens. Konnte Israel mit dem Libanonkrieg diese Ausgangsposition verbessern?

4.3 Die primär mit Blick auf den Irankrieg größte strategische Bedrohung für Israel war und ist: direkt vom Libanon aus durch für die israelische Raketenabwehr nicht abwehrbare Hisbullah-Raketenwaffen größerer – insbesondere: auch Tel Aviv erfassender – Reichweite bedroht zu werden, insbesondere durch Raketen mit nicht-konventionellen Sprengköpfen.

Absolut vorrangiges Kriegsziel des Libanonkriegs ist demnach die nachhaltige Eliminierung bzw. möglichst weitgehende Minimierung dieser Gefahr. (Absolut deshalb, weil an diesem Ziel die Existenz Israels hängt; vgl. 2.1.)

Vollständig erreicht wäre dieses absolut vorrangige Ziel genau dann, wenn

(a) (a.1) alle derartigen Raketen zerstört sind oder
(a.2) von ihnen das Kernland Israels nicht mehr erreicht werden kann, und wenn
(b) der weitere Nachschub solcher Raketen in den Libanon ausgeschlossen ist.

Was auch immer die weiteren Kriegsziele Israels sein mögen, Israels Libanonkrieg ist in dem Maße bezüglich seines absolut vorrangigen Kriegszieles erfolgreich als dieser Krieg diese Bedingungen (a) und (b) realisiert.

Man beachte: Dieses absolut vorrangige Kriegsziel kann erreicht werden, auch wenn keines der offiziellen (zum Teil schwächeren, zum Teil sehr viel mehr fordernden) Kriegsziele erreicht ist. Mit anderen Worten: Das Erreichen des absolut vorrangigen Ziels schließt das Fiasko (4.1) nicht aus. Man darf also aus dem Fiasko des Libanonkrieges nicht auf dessen Misserfolg schließen. Es kann sogar sein, dass aus rein militär-logischer Sicht der Erfolg (bezüglich des absolut vorrangigen Zieles) das Fiasko voraussetzt.iii Die Bedingung (b) – Unterbindung des Nachschubs – umfasst auch die Zerstörung möglicher Nachschubwege (Straßen, Brücken und Häfen), auch derer, die außerhalb des Südlibanon liegen, vielleicht auch solche in Syrien. iv

4.4 Lemma 2: Das absolut vorrangige Kriegsziel wiegt auch das Fiasko auf. Auch diese Folgerung aus dem Lemma 1 (von 3.7 oben) ist keine Rechtfertigung, nur wieder eine rationale Erklärung.

4.5 Ist Israels Libanonkrieg bezüglich seines absolut vorrangigen Zieles ein Erfolg? Ist insbesondere die Bedingung (a) erfüllt?

Ad (a.1): Sind alle bis Tel Aviv reichenden Hisbullah-Raketen zerstört? Das weiß derzeit wohl niemand. Aber es ist sicher, dass sich die israelischen Luftangriffe auf die Stellungen dieser Raketen konzentriert haben. Diese Raketen und deren Stellungen sind ihrer Größe wegen gut identifizierbar; und so ist anzunehmen, dass der weitaus größte Teil dieser Waffensysteme zerstört sein wird. Ex post wird sich der Libanonkrieg bezüglich (a.1) als ein beträchtlicher israelischer Erfolg herausstellen. Insofern hat Israel – bezüglich dieser Raketenbedrohung – seinen Ausgangspunkt für den Irankrieg ohne Zweifel verbessert.

Gegenüber diesen Raketen mittlerer Reichweite sind die sehr viel zahlreicheren kleineren (zum Teil im Handgepäck transportierbaren) Raketengeschosse zwar schwer zu identifizieren; sie sind aber, selbst alle zusammen, nicht wirklich eine Gefahr für die Existenz Israels. Das Wort Raketen bezieht sich im Folgenden nur noch auf Raketen im ersteren, unvergleichlich gefährlicheren Sinne. Konzentrieren wir uns nur noch auf diese.

Ad (a.2): Israel ist ein Eine-A-Bombe-Reicht-Land. (So schon in 2.1 oben.) Das erklärt, zusätzlich zur Erinnerung an den Holocaust, sein maximales Sicherheitsbedürfnis. Und dieses erklärt wiederum, weshalb Israel alles tut, um seine Sicherheit gegenüber der Bedrohung durch die Hisbullah-Raketen nicht nur durch deren Zerstörung zu maximieren, sondern – da eine vollständige Verifikation, dass wirklich alle Raketen zerstört sind, unmöglich ist – auch durch die Durchsetzung eines Sicherheitsstreifens zwischen Israel und dem Libanon. Dieser muss so definiert sein, dass sichergestellt ist, dass etwaige nördlich davon stationierte Raketen der Hisbullah für das Kernland Israels keine Bedrohung mehr darstellen. Dieser Sicherheitsstreifen müsste sich im Südlibanon derzeit mindestens von der Grenze Israels bis zum Litani-Fluß erstrecken. Erst mit diesem Sicherheitskordon wäre für Israel das absolut vorrangige Kriegsziel erreicht.

Mindestens der Südstreifen des Südlibanon (= das Gebiet südlich des Litani-Flusses) muss bis zum Irankrieg bzw. Syrienkrieg frei von Hisbullah-Raketen sein. Kurz: Zum Start des Irankriegs muss garantiert sein: Keine Feind-Raketen südlich des Litani.

4.6 Zur Erfolgsbedingung (b) – Nachschubblockade: Noch mal sei daran erinnert, dass die Extremgefährdung Israels nicht in den Raketen zu sehen ist, die die Hisbullah jetzt hat, v sondern in den nicht-konventionellen Sprengköpfen, mit denen deren (noch vorhandene oder nachgelieferte) Raketen in der Anfangsphase des Irankriegs versehen werden könnten. (Vgl. oben 3.6.) Das vor allem muss die Blockade des Nachschubs für die Hisbullah ausschließen können – und zwar, der Größe des Bedrohungspotentials wegen, mit Sicherheit. Und vor allem aus diesem Grund hat die Kontrollierbarkeit bzw. Blockade des Hisbullah-Nachschubs absolute Priorität. Sie ist wichtiger als die Tötung von Hisbullah-Kämpfern.

4.7 Israels strategisches Problem im Libanonkrieg liegt darin, dass es bezüglich der Bedingungen (a.2), Einrichtung eines von Hisbulla-Raketen freien Sicherheitsstreifens, und (b), Raketen-Nachschubblockade, deren Erfüllung nicht (alleine) durchsetzen kann. Zwar ist die israelische Luftüberlegenheit bezüglich des Libanon eine absolute vi ; aber angesichts der Besonderheiten des Südlibanon reichen die Mittel dieser Überlegenheit (Kampfflugzeuge, Drohnen, Cruise Missiles etc.) für eine effektive Kontrolle der Aktivitäten auf dem Boden (und unter der Erde) nicht aus. Auch die Kontrolle der Grenzen des Sicherheitsstreifens ist nicht aus der Luft zu gewährleisten. Schlussfolgerung: Ohne den Einsatz von Bodentruppen ist selbst das absolut vorrangige Kriegsziel Israels nicht erreichbar.

4.8 Eine erneute Besetzung des Südlibanon also? Das muss für Israel nach den Erfahrungen aus dem letzten Libanonkrieg ein Albtraum sein. Und auch wenn, wie uns Ilan Mor im eingangs schon mehrfach erwähnten LVZ-Interview (oben 1.9) erinnert hat, Israel inzwischen dank des 11. September alle Mittel des Anti-Terrorkrieges unbegrenzt zur Verfügung stehen, so würde selbst der so genannte Westen, außer Amerika und Deutschland vielleicht, deren Einsatz doch (noch) nicht zeitlich unbegrenzt akzeptieren. Kurz: Eine sich hinziehende Besetzung von Teilen des Südlibanon wäre für Israel ein echtes Problem.

Zudem: Je näher der Iran/Syrien-Krieg rückt – und Entsprechendes gilt dann erst recht während des Krieges – , desto mehr werden die Soldaten Israels gewiss verstärkt zur Beruhigung der schon bisher besetzten Gebiete benötigt. Und ebenso sicher wird spätestens dann auch die befürchtete Dritte Front (Selbstmordattentate in Israel) erneut explodieren, was eine verstärkte militärische Inlandssicherung notwendig machen wird.

Somit steht Israel vor einem Dilemma. Einerseits: Der Irankrieg ist zur Prävention gegen eine atomare Bedrohung Israels notwendig (siehe oben 2.1). Diese Prävention wiederum erzwingt: Keine Feind-Raketen südlich des Litani (4.5). Dieses absolut vorrangige Ziel des Libanonkrieges ist aber, andererseits, über längere Zeit – und speziell im Kontext des Irankrieges selbst – mit den eigenen Truppen nicht realisierbar.

4.9 Für dieses Dilemma gäbe es aber eine geradezu geniale Lösung: eine Stellvertreter-Besatzung. So wie etwa in den von den USA besetzten Ländern die Besatzung selbst mehr und mehr von den Armeen der so genannten „Vasallenstaaten“ der USA übernommen wird. vii (Siehe Afghanistan; siehe Irak – obwohl dort die Unterstützung arg bröckelt.) Im Idealfall wird die völkerrechtliche Akzeptanz einer solchen Besatzung durch ein UN-Mandat bewirkt. Afghanistan hat derzeit eine solche ideale Besatzung; der Irak nicht.

4.10 Eine UN-mandatierte Besatzung, das wäre aus der Perspektive Israels die ideale Lösung auch für den Libanonkrieg – sofern zu deren Mandat gehört: Keine Hisbullah-Raketen südlich des Litani ! Das fordert aber ohnehin schon die UN-Resolution 1551 von 2004, die sogar die vollständige Entwaffnung der Hisbullah im gesamten Libanon verlangt.

4.11 Wichtig für die USA und Israel ist mit Blick auf die Irankriegs-Perspektive, dass diese Lösung noch vor dem Irankrieg implementiert ist. Denn nur dann ist der Hauptzweck des Libanonkrieges erfüllt: Im Krieg gegen Iran (und Syrien) wird Israels Nordgrenze von UN-mandatierten Truppen geschützt.

Kein Wunder also, dass der entsprechende franko-amerikanische Vorschlag für die anstehende UN-Resolution über ein Ende der Feindseligkeiten im Libanon in Israel Begeisterung ausgelöst hat. Eine Nachrichtenagentur kommentierte gar den Text des Abkommens: Das ist ein Sieg Israels. (www.hagalil.com/archiv/2006/07/abkommen.htm) Und SPIEGEL ONLINE ergänzt: Ein Sieg für die USA. (www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,druck-4 … )

4.12 Natürlich muss auf diesen UN-Schutz Israels voll Verlass sein. Was gewisse Folgerungen für die Zusammensetzung der betreffenden Schutztruppe hat.

  • Welche Nationen sollten in dieser Truppe vertreten sein?
  • Welche auf keinen Fall?
  • Truppen aus welchen Ländern machen sich akzeptanzmäßig gut?
  • Welche Nation führt das Kommando?

Auch für diese Fragen dürfte die hier skizzierte Perspektive, die den Libanonkrieg als Vorbereitungskrieg für den bevorstehenden Irankrieg (Syrienkrieg inklusive) betrachtet, heuristisch von Nutzen sein. Vielleicht auch für die Fragen, die sich derzeit von selbst stellen:

  • Warum spielten und spielen, was die angekündigten UN-Resolutionen angeht, vor allem die USA und England so radikal auf Zeit?
  • Warum fordert auch der derzeitige Text für die UN-Resolution zwar eine Ende der Feindseligkeiten, nennt für diese aber keine deadline?
  • Ist mit Blick auf die Irankriegs-Perspektive eine für die USA und Israel ideale Schutztruppe wirklich wünschenswert? Macht diese Truppe nicht den Irankrieg – und den Krieg gegen Syrien – noch wahrscheinlicher?

Ob sich diese und weitere Fragen nun besser mit oder ohne den Iran-Kriegs-Kontext beantworten lassen, das möge jeder jetzt lieber selbst überprüfen. Wer versteht den Libanonkrieg?


i: Natürlich kann es für die Erklärung des Libanonkrieges bzw. der jetzigen Kriegsführung mehrere solcher (miteinander verträglicher und sich gegenseitig verstärkender) erklärenden Kontexte geben. Von den in der obigen Hidden Agenda genannten ist im Iran-Kontext der letzte (Krieg gegen Syrien) wohl der relevanteste. (zurück)
ii: Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Hisbollah vom 02.08.2006 11:24 sogar monatlich. (zurück)
iii: Nicht diskutieren will ich hier die nahe liegende Frage, mit Blick auf welche weiteren Kriegsszenarien im Mittleren Osten die Zerstörung der Infrastruktur des Libanon für die USA und für Israel tatsächlich ein strategischer Startvorteil wäre. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass diese Zerstörung von Israel selbst lediglich als ein Kollateralschaden angesehen wird. (zurück)
iv: In der Tat verstehe ich das Ausmaß der Zerstörung des Libanon als ein Indiz dafür, dass außer dem Krieg gegen den Iran auch ein Krieg gegen Syrien bevorsteht bzw. zumindest, je nach (Nicht-)Entgegenkommen Syriens eine realistische Option ist. Vgl. die Prognose des pakistanischen Generals Hameed Gul, dass Amerika im Oktober 2006 Iran und Syrien gleichzeitig angreifen werde: http://www.onlinenews.com.pk/details.php?id=100487. (zurück)
v: Wobei unterstellt ist: (a) Selbst wenn jetzige Hisbullah-Raketen Tel-Aviv erreichen könnten, so wäre dort der Schaden nicht sehr viel größer als der bereits in Haifa bewirkte. (b) Die Hisbullah verfügt derzeit noch über keine nicht-konventionellen Raketensprengköpfe. Beide Voraussetzungen könnten falsch sein. (a) zum Beispiel dann, wenn unter den noch vorhandenen Raketen solche sind, die zielgenauer sind als die bereits eingesetzten – und so zum Beispiel bereits in Haifa durch Treffer auf die dortigen Raffinerien unvorstellbaren Schaden bewirken könnten. Und (b) zum Beispiel dann, wenn über Iraq bzw. Syrien noch Restbestände von Saddams riesigem Giftgasarsenal besorgt werden konnten. (zurück)
vi:  – nicht nur bezüglich des Libanon, sondern letztlich bezüglich des ganzen Nahen Ostens, und unter Berücksichtigung der USA-Air Force auch bezüglich des ganzen weiteren Mittleren Ostens und darüber weit hinaus. (zurück)
vii: So von Zbigniew Brzezinski, dem m.E. immer noch klügsten aller amerikanischen Geostrategen. (zurück)

Palästina vor Neuwahlen – die Hamas gescheitert?
von Diana al-Jumaili, 18. Oktober 2006

Sollten die Palästinenser in Kürze aufgerufen werden, ein neues Parlament zu wählen, dann hätten Israel, die USA, Europa und ihre lokalen Verbündeten ihr vorrangiges Ziel erreicht. Kaum waren die Hymnen auf die „freien, fairen und sicheren Wahlen“1 verklungen und der erste Schock über den Sieg der Liste „Veränderung und Reform“ (Hamas) überwunden, da begannen sie mit vereinten Kräften, den Sturz der gewählte Regierung vorzubereiten. Bis zuletzt weigerten sie sich, die Regierung als gewählten Repräsentanten des palästinensischen Volkes anzuerkennen. Und Israel könnte behaupten, die Palästinenser hätten ihre „Unfähigkeit“ „bewiesen“, einen eigenen Staat zu regieren und demokratische Strukturen aufzubauen.

Die lokalen Verbündeten, insbesondere Mahmud Abbas und seine Fatah konnten und wollten ihre Wahlniederlage vom Januar 2006 auch nach Monaten nicht akzeptieren. Der Westen suggerierte den abgewählten Fatah-Führern, der Boykott der Hamas-Regierung würde diese über kurz oder lang in die Knie zwingen; sie brauchten nur auf Neuwahlen zu warten und sollten sich schon entsprechend vorbreiten.

Was haben die in ihrer Ablehnung der Hamas Verbündeten erreicht?

Für die Menschen in Palästina bedeutet das vergangene Jahr vor allem eines: Die ungerechte Besatzung wurde um ein weiteres Jahr verlängert, ohne deren Beendigung nur einen kleinen Schritt näher zu kommen. Menschen wurden umgebracht, Hoffnungen starben.

Nach einem Bericht von UNICEF wurden in diesem Jahr (in neun Monaten) in der Westbank und in Gaza bereits 91 Kinder ermordet. Das ist fast doppelt so viel wie im gesamten letzten Jahr. Bereits die Jüngsten leiden an wachsendem Stress aufgrund der täglichen Gewalt und Angst. „Sie sind konfrontiert mit regelmäßigen Militäreinsätzen, Artilleriefeuer, Zerstörung von Häusern, Checkpoints auf ihrem Schulweg. Als Ergebnis sehen wir eine weite Verbreitung von Zeichen von Stress wie Unruhe, Ess- und Schlafstörungen und Konzentrationsschwächen in der Schule“, sagt Anne Grandjean von UNICEF.2

Gaza wurde zum israelischen Freiluft-Gefängnis.3 Fast die Hälfte der Bewohner des Gazastreifens leben unterhalb der Armutsgrenze, 80 % sind arbeitslos. Obwohl sich Israel im November 2005 verpflichtet hatte, die Checkpoints offen zu halten und so auch den Export von Gütern aus Gaza zu ermöglichen und obwohl Mahmud Abbas bei der feierlichen Eröffnung des Grenzüberganges Rafah am 25. November 2005 dies noch als „Durchbruch, der Bewegungsfreiheit und wirtschaftlichen Aufschwung verspreche“ feierte, waren die Checkpoints mehr zu als auf. Seit Ende Juni sind Rafah (Personen) und Karni (Waren) nur unregelmäßig an wenigen Tagen für einige Stunden geöffnet – ohne dass vorher jemand weiß, wann dies sein wird. Menschen können Gaza nicht verlassen; andere können nicht hinein. Ein Gefängnis eben. Der Export kam vollständig zum Erliegen, selbst dringend benötigte Hilfslieferungen der UN können oft nicht passieren und müssen tagelang auf die Grenzöffnung warten. „Das System der Schließungen (der Grenzübergänge, Al-J.) ist der Hauptgrund für die humanitäre Krise in der Westbank und im Gazastreifen“, erklärt das UN-Büro für die Koordination Humanitärer Angelegenheiten.4 Nach Beginn der Gaza-Offensive „Sommerregen“ und der Bombardierung des einzigen Elektrizitätswerkes in Gaza am 28. Juni haben private Haushalte – wenn überhaupt – nur für einige Stunden Strom. Krankenhäuser sind auf kraftstoffbetriebene Generatoren angewiesen. Wenn die Treibstoffvorräte knapp werden – auch, weil Lieferungen die Grenze wegen geschlossener Übergänge nicht passieren können – drohen ihnen dunkle Gänge und nicht funktionierende Geräte. Zwischen dem 28. Juni und dem 24. August wurden in Gaza 202 Menschen getötet, darunter 44 Kinder.5 Tausende Palästinenser mussten ihre Häuser verlassen. Schätzungsweise 280 Gebäude, inklusive Häuser, Werkhallen, Gewächshäuser u. a. wurden vom israelischen Militär zerstört.6 Hilfsorganisationen der UN warnen seit Monaten vor humanitären Katastrophen. Doch Kassandra bleibt weiterhin ungehört.

Auf der politischen Ebene wurde vor allem deutlich, was die sog. demokratischen Staaten von der Demokratie halten, wenn die Wahlen ein anderes als das gewünschte Ergebnis zeitigen: Demokratie ist für die politisch Mächtigen nur so lange die beste Regierungsform die sie kennen, wie sie ihren Zwecken dient. Die Wahl der vom Westen geschmähten Hamas war ein „unverzeihlicher Fehler“. Demokratie in Palästina, im Nahen Osten bedeutet nach westlicher Lesart nicht, frei wählen zu dürfen und selbstbestimmt zu leben, sondern das zu tun, was dem Westen und Israel hilft, ihre Interessen weiterhin durchzusetzen.

Der „unverzeihliche Fehler“ der Palästinenser wird bestraft. Der Regierung, die bereits leere Kassen übernahm, wurden sämtliche monetären Grundlagen entzogen. Am 19. Januar stellt Israel die Überweisung von Mehrwertsteuern und Zöllen an die Autonomiebehörde ein. Die den Palästinensern zustehenden und von Israel zurückgehaltenen Steuern und Zölle belaufen sich auf ca. 50 Mio. US-Dollar monatlich.7 Die EU beschließt am 7. April, ihre Kontakte und ihre direkten Hilfszahlungen an die Palästinenserbehörden einzustellen. Von der Einstellung der Zahlungen sind nicht nur die über einen Treuhandfonds der Weltbank geleisteten Direkthilfen von 70 Millionen Euro pro Jahr betroffen, sondern auch alle anderen Projekte, die sich ohne Zusammenarbeit mit der Regierung nicht realisieren lassen. Bisher erhielt die Autonomiebehörde im Jahr ca. 500 Millionen Euro von der EU. Die Autonomiebehörde muss am 9. April ihre Zahlungsunfähigkeit verkünden. Die Regierung der Vereinigten Staaten verbietet am 14. April amerikanischen Bürgern und Organisationen Geschäftskontakte mit der Hamas-Regierung. Die Anordnung des Handelsministeriums beruhe auf den Regeln im Kampf gegen den Terrorismus. Auch Ausländer, sie sich nicht an die Vorgaben halten, müssen mit Sanktionen rechnen. Daraufhin brechen arabische Banken ihre geschäftlichen Kontakte zur Hamas ab. Bereits am 5. April hatten die israelischen Banken Hapoalim und Leumi ihren Dienst für die Autonomiebehörde quittiert. Zur Begründung verwiesen sie auf mögliche Klagen in Amerika und Israel wegen des Kontakts zu einer Terrororganisation. Auch palästinensische Privatkonten sind davon betroffen.

Neben der wirtschaftlichen Blockade wurden Minister und Abgeordnete der Hamas verhaftet, am Zugang zu Parlamentssitzungen gehindert und bedroht. Regierungseinrichtungen und das Parlamentsgebäude wurden nicht von israelischen Raketen, sondern auch von Anhängern der Fatah zerstört. Die Angestellten der Ministerien, Schulen u. a. öffentlichen Einrichtungen – zumeist Fatah-Anhänger – hatten zum Teil schon seit März (also noch unter der Fatah) kein Lohn erhalten. Mit Streiks wiesen sie nicht nur auf ihre tatsächlich missliche Lage hin, sondern untergruben systematisch die Handlungsfähigkeit der Regierung. Zwischen der Regierung, der Hamas und ihren Anhängern einerseits und Abbas, der Fatah und deren Anhängern andererseits tobt ein Machtkampf – vom Westen kräftig geschürt.

Die von den Palästinensern gewählte Regierung wurde und wird systematisch demontiert.

Wem werden die Palästinenser bei Neuwahlen ihre Stimme geben? Werden sie resigniert die abgewählte Fatah auf die Regierungsbank hieven oder werden sie „jetzt erst recht“ die Liste der Hamas wählen oder bleiben sie dieses Mal gleich zu Hause?

Doch nichts wird „dem Zufall“, d. h. der freien Wahl der Palästinenser überlassen:

Nach Berichten des Nachrichtenmagazins Reuters8 haben die Vereinigten Staaten mit Blick auf mögliche vorgezogene Neuwahlen in den palästinensischen Gebieten begonnen, die politischen Widersacher der Hamas mit bis zu 42 Millionen US-Dollar auszustatten. Die Förderung der Alternativen zur Hamas schließe Finanzierungshilfen für die Umstrukturierung der Fatah von Mahmud Abbas ein, ebenso wie Ausbildung und strategische Ratschläge für Politiker und säkulare Parteien, die der Hamas gegenüber stehen. „Dieses Projekt dient der Zielsetzung, demokratische Alternativen zu autoritären oder radikal-islamistischen politischen Optionen zu schaffen“, zitiert Reuters ein offizielles Dokument der USA. Beamte und Berater der USA erklären, der Plan soll ohne großes Aufsehen ausgeführt werden, um die Palästinenser, die Hilfe bekämen, zu schützen. Einigen von ihnen sei bereits von Hamas-Führern vorgeworfen worden, mit Washington und Israel zu kollaborieren. „Wir arbeiten nicht mit Knallfröschen und Neonzeichen, um Aufmerksamkeit auf uns zu lenken“, sagt ein Mitarbeiter eines Unternehmens, das im Auftrag des U.S. State Department mit der Fatah zusammen arbeitet. Amerikanisches Geld würde auch eingesetzt, um „watchdog“-Gruppen und lokale Journalisten zu ermuntern, Hamas-Aktivitäten zu beobachten. Mit bis zu 5 Millionen Dollar würden private palästinensische Schulen unterstützt, um eine Alternative zu dem von der Hamas kontrollierten öffentlichem Schulsystem anzubieten. In dem Dokument wird der größte Teil des Programms als neu bezeichnet.
Auf Fragen von Reuters antwortet der Konsul der Vereinigten Staaten, General Jacob Walles: „Es gibt nichts neues hier. Die USA hat seit vielen Jahren Programme in der Westbank und in Gaza durchgeführt, um die Entwicklung von politischen Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen zu unterstützen.“ Die Reuters vorliegenden Dokumente verweisen jedoch wiederholt auf neue Programme, die erst kürzlich begonnen haben. „Wir fördern keine bestimmte Partei. Tatsächlich arbeiten wir mit jeder Partei so lange zusammen, wie sie sich nicht einer Terrororganisation angeschlossen hat.“ Es würde keine direkte Finanzierung von Parteien geben, betonte Walles.
Nach Reuters erhält Abbas Hilfe aus Washington, um seine Präsidentengarde als mögliches Gegengewicht zur Hamas zu vergrößern. Bereits bei den Wahlen im Januar 2006 habe die USA versucht, die Fatah-geführte PA zu unterstützen.

Fathi Hammad, politischer Führer der Hamas, nannte das amerikanische Geld Teil eines Komplotts, um die von der Hamas geführte Regierung zu Fall zu bringen. „Das ist eine Herausforderung, der wir uns bewusst sind und wir werden ihr entgegen treten“, sagte er Reuters.

Das Washingtoner „National Democratic Institute“ (NDI)9 sagte, kürzlich haben Gespräche mit Führern der Fatah und anderer Parteien begonnen, wie sie ihre Ergebnisse in Wahlen verbessern könnten. Michael Murphy, Leiter der Operationen von NDI in der Westbank und Gaza, sagte, im aktuellen Fokus waren interne Parteireformen. Aber das Programm, in enger Zusammenarbeit mit dem State Department, würde ebenso nach Wegen suchen, wie der Fatah und anderen geholfen werden kann, ihre Botschaften an die Wähler zu bringen.

Das amerikanische „International Republican Institute“ (IRI)10, welches ebenfalls seit Jahren in der Westbank und in Gaza arbeitet, erhielt kürzlich Geldmittel für ein neues Programm, um verschiedene palästinensische, unabhängige Parteien auszubilden und ihnen strategische Ratschläge zu geben, obwohl gesagt wird, Politiker würden keine direkte finanzielle Hilfe erhalten.

„Wir hämmern ihnen ein, dass sie jetzt mit der Organisation beginnen müssen“, sagte Scott Mastic, stellvertretender Direktor der Abteilung Mittlerer Osten und Nord Afrika des IRI. „Es könnte eine neue Wahl geben. Dies sollte ihnen Anreiz sein, anzufangen sich zu bewegen und zusammenzuarbeiten.“

Nach den Dokumenten, die Reuters vorliegen, sollen folgende Programme finanziert werden:

- Reform der demokratischen Parteien – 6 Millionen Dollar
Mit dem vom NDI geführten Projekt sollen interne Reformen und ein wachsender Einfluss von Reformern in den „demokratischen Parteien“ unterstützt werden.

- Hilfe für unabhängige demokratische Führer – 4 Millionen Dollar
Das Projekt wird vom IRI geführt und soll die Unterstützung der „unabhängigen demokratischen Führer“ durch die Basis stärken und der Koordination zwischen den Oppositionsparteien, die keine Verbindung zu „Terroristischen Vereinigungen“ haben, dienen.

- Sicherung und Ausweitung der Demokratie – 5,3 Millionen Dollar
Unterstützung von Bürger-Überwachungsgruppen und Gesetzgebern, die nicht mit der Hamas verbunden sind, um das von der Hamas dominierte Parlament zu beobachten und dafür zu sorgen, dass es rechenschaftspflichtig bleibt
Das Programm würde auch politischen Führern außerhalb der Hamas auf der lokalen Ebene mit Rat und anderer Unterstützung helfen, um zu zeigen, dass Führer, die an Reformen glauben, auf dieser Ebene erfolgreich sein können

- Neue Zivilgesellschaft und Reformprogramme – 3,3 Millionen Dollar
Von der US Agentur für Internationale Entwicklung als ein völlig neues Programm beschrieben; zur Förderung lokaler Nichtregierungsorganisationen außerhalb der Ballungsgebiete

- Ausweitung der Medienplattform für Demokraten – 3,48 Millionen Dollar
Ein neues Programm zur Erhöhung der Kapazitäten einer nicht genannten privaten Rundfunkstation, um „moderaten Stimmen eine dauerhafte Plattform zur Verfügung zu stellen“.

- Unterstützung unabhängiger Medien – 2 Millionen Dollar
Ein neuer Medienpreis, um Journalisten zu „investigativem Journalismus“ mit Zielrichtung auf die Aktivitäten der Hamas-Regierung zu ermuntern
Journalisten werden Ausbildung, Rat, Ausrüstung und „andere Arten von materieller Unterstützung“ erhalten.

- Bildungsprogramme – 6,18 Millionen Dollar
Unterstützung von Privatschulen, um eine grundlegende Ausbildung „alternativ zu dem Hamas kontrollierten Bildungssystem“ anzubieten. Dies könnte direkte Zuschüsse für Schulen und für bis zu 5.000 Schüler beinhalten. Es würde ebenso Stipendien für Universitätsprofessoren ohne Verbindung zur Hamas umfassen.

- Allgemeines Hilfsprogramm
mit dem Ziel, die Palästinenser mit Informationen über die US-Hilfe zu versorgen und so zu versuchen, die Argumentation von „einigen Extremisten“ zu widerlegen, die USA habe die Palästinenser ihrer Not überlassen

- Unterstützung bei Notwasser und Abwassersystem
Hilfe für Wasser- und Abwasserprojekte in Stadtverwaltungen, die nicht von der Hamas kontrolliert sind

Diese Programme sind nicht dazu bestimmt, die Not der Palästinenser zu lindern, auch wenn die Zahlungen für die Empfänger willkommen und sehr hilfreich sind. Dass die Palästinenser auch ohne westliche Unterstützung in der Lage sind, basisdemokratisch zu agieren, hat nach Helga Baumgarten (Politikwissenschaftlerin an der Universität Birzeit, Palästina) zum Beispiel die Hamas bewiesen: Die neu gekürten Minister suchten den Kontakt gerade auch zur kritischen Szene und ließen „sich stundenlang bereitwillig mit Fragen bombardieren ..., von Linken wie von Hamas-Anhängern, von Männern wie Frauen ... Auf Podiumsveranstaltungen konnte man regelmäßig ein buntes Gemisch der konträrsten Meinungen erleben, die meist in ziviler Form ausgetauscht und diskutiert wurden ... Die Aufgeschlossenheit der Abgeordneten und Minister hob sich positiv ab von den Erfahrungen der palästinensischen Bürger mit dem alten Parlament, dessen ‚Stars' und ‚Diven' im Laufe der Zeit nicht mehr viel Interesse für ihre Wähler und ihre Wahlkreise aufbrachten. Wie anders agierten da die neu gewählten Abgeordneten in den ersten Monaten ihrer Legislaturperiode.“11

Oberstes Ziel der o. g. Projekte ist die Demontage der Hamas und die Spaltung der palästinensischen Gesellschaft. Es liegt in der Macht der Palästinenser, sich entzweien zu lassen oder gemeinsam für einen souveränen und lebensfähigen Palästinenserstaat zu streiten, in dem sie souverän, gleichberechtigt und in Frieden leben können. Khalil as-Sakakini (christlicher Araber, Pädagoge, Schriftsteller und Unterstützer der arabischen Nationalbewegung) bemängelte schon in den 1930er Jahren, dass das politische Parteiengezänk den nationalen Kampf der Palästinenser schwächt: „Partei X lehnt Partei Y ab, nicht um das Land vor einer Gefahr zu bewahren, sondern um der anderen Partei Ehre und Einfluss vorzuenthalten… Wir sind eine Nation, die gar nicht leben will.“12 Sollte er (immer noch) recht haben?

Zum Weiterlesen:

Richard Galpin: Cash crisis 'risks Palestinian collapse', 26.02.2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/4752890.stm
Helga Baumgarten: Hamas. Der politische Islam in Palästina, Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen / München, 2006 B´tselem, The Israeli Information Center For Human Rights In The Occupied Territories: www.btselem.org


1: Die Berichte der Wahlbeobachter sind auf der Internetseite www.elctions.ps abrufbar. (zurück)
2: UN News vom 5.10.2006: Palestinian child deaths in conflict with Israel already nearly double that auf 2005, http://www.un.org (13.10.2006). (zurück)
3: Helga Baumgarten: Gaza: Das Reservat wird zum Gefängnis gemacht, Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten (Inamo), Heft 47, Jg. 12, Herbst 2006, S. 35 – 38. (zurück)
4: UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA); UN-News: Israeli obstacles to free movement in Palestinian territories mount, UN reports, 12.10.2006, www.un.org (16.10.2006). (zurück)
5: In derselben Zeit starb ein israelischer Soldat, 26 Israelis wurden verwundet. Quelle: OCHA-opt: Situation Report Gaza-Strip, 7-24 August, s. u. (zurück)
6: UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs in the occupied Palestinian territory (OCHA-opt): Situation Report Gaza-Strip, 7-24 August, http://www.humanitarianinfo.org/oPt (16.10.2006). (zurück)
7: Quelle: Richard Galpin, Cash crisis risks Palestinian collapse, BBC News, 26.02.2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/4752890.stm (17.10.2006). (zurück)
8: Die Daten und Zitate wurden den folgenden Artikeln entnommen: Adam Entous: U. S. starts plan to help Hamas opponents, Reuters am 13.10.2006, http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/L13224595.htm (14.10.2006) und FACTBOX-U.S. seeks to bolster Hamas rivals, Reuters am 13.10.2006, http://today.reuters.co.uk/news/CrisesArticle.aspx?storyId=L12935127 (14.10.2006). (zurück)
9: Das „National Democratic Institute for international Affairs“ hat seinen Hauptsitz in Washington. Ziel des weltweiten Einsatzes ist nach eigenem Bekunden die Stärkung und Verbreitung der Demokratie. Vorstandsvorsitzende ist Madeleine Albright, erste Außenministerin der USA unter Bill Clinton (1997 bis 2001). Auf seiner Homepage beschreibt des NDI seine Tätigkeit in der Westbank und in Gaza wie folgt: „The Institute's political party development program in the West Bank and Gaza is a long-term initiative that aims to create awareness of the role and function of political parties in the democratic political process. In response to logistical challenges and requests to broaden the reach of its program, NDI developed a political party technical assistance website (http://ndi-wbg.org) designed specifically for those seeking to strengthen the role of parties in Palestinian political life. The site features comprehensive summaries of NDI program activities and materials and includes information on topics such as organizing and planning for voter registration, message development and delivery, and increasing women's political participation.“ Homepage des NDI: http://www.ndi.org (zurück)
10: Das „International Republican Institute“ (IRI) mit Hauptsitz in Washington ist nach eigenen Angaben derzeit in siebzig Ländern, darunter Iran, Kuba, Syrien, Venezuela, aktiv. Zum Vorstand gehören u. a. Senator John McCain und Paul Bremer. Mit dem „Freedom Award 2006“ wird IRI die Gattin des derzeitigen US-Präsidenten, Frau Laura Bush, und den Präsidenten Liberias, Ellen Johnson-Sirleaf, für ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie ehren. Homepage des IRI: http://www.iri.org (zurück)
11: Helga Baumgarten: Hamas. Der politische Islam in Palästina, Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen / München, 2006, S. 190, 191. (zurück)
12: Khalil as-Sakakini: So bin ich, oh Welt, S. 13 ff., hier zitiert nach: Tom Segev: Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, Siedler Verlag, München, 2006, S. 401. (zurück)

 
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