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MOHAMMED AHMED'S ROOM

Mohammed Ahmed stammt aus Bagdad und lebt seit den 70er-Jahren in Deutschland. Diese Seite ist dreigeteilt: Im oberen Abschnitt sind einige seiner großformatigen Bilder zu sehen, im mittleren auch, aber eingebettet in eine Reportage, und im unteren Abschnitt steht eine Foto-Ausstellung über das Projekt MOAB. Kontakt: mudi45 at hotmail.com, Homepage www.mohammed-ahmed.de

Mohammed Ahmed is from Baghdad and has lived in Germany since the 1970s. This page is divided into three sections: In the upper section are some of his large format pictures, in the middle also, but embedded in a reportage, and in the lower section you find a photo exhibition about the MOAB project. Contact: mudi45 at hotmail.com, Homepage www.mohammed-ahmed.de



1- Al caBush killing for Dow_Co. / Öl auf Leinwand 200x200cm
© Mohammed Ahmed (2003)


2- Erschaffung Bin Ladens(a) / Öl auf Leinwand 200x200cm
© Mohammed Ahmed (2002)




3- Erschaffung Bin Ladens(b) / Öl auf Leinwand 200x200cm
© Mohammed Ahmed (2002)




4- Enduring freedom / Öl, US-Reis, Uranium 238 auf Leinwand 200 x 200 cm
© Mohammed Ahmed (2002)




5 – die Anbetung / Öl auf Leinwand 200 x 200 cm
© Mohammed Ahmed (2001)




6-David und die Weltordnung / Öl auf Leinwand 200 x 200 cm
© Mohammed Ahmed (2002)




7- Greencard / Öl auf Leinwand
© Mohammed Ahmed (2002)




8- Großmutter aller Schlachten / Öl auf Leinwand 200x200cm
© Mohammed Ahmed (2003)




9- Zuckerblut und Peitsche / Öl auf Leinwand 95 x 160 cm
© Mohammed Ahmed (2001)




10 – Awe and Order / Öl auf Leinwand 165 x 95 cm
© Mohammed Ahmed (2003)




11 – Das alte Europa zwischen Deutschland, Lybien und Kuba / Öl auf Leinwand 200 x 200 cm
© Mohammed Ahmed (2003)




12 – The United States of Bananas / Chiquita-Bananen, Aldi-Tüten und Nagellack auf Leinwand 145 x 200 cm
© Mohammed Ahmed (2003)

„Die Erschaffung Bin Ladens“
Besuch beim irakisch-deutschen Künstler Mohammed Ahmed
während des Attac-Ratschlags in Aachen (17.-19.10.03)
Faible für Symbole

Es war ein seltsames Gefühl, neben Bin Laden zu schlafen. Nein, nicht dem echten, das wäre zu viel verlangt. Nur ein verfremdetes Relief-Bild von ihm. Aber was heißt „nur“, immerhin ist das Bild exakte zwei mal zwei Meter groß und nimmt einen beträchtlichen Teil der dennoch gemütlichen Küche ein. Hinter Bin Laden lehnen weitere Bilder im selben Format. Mohammed Ahmed malt groß. Auch der Flur-Raum in der Mitte seiner an einen orientalischen Flohmarkt erinnernden Wohnung ist möbliert, jedoch mit Schränken, nicht mit Bildern. Eines der Zimmer, in die man fast mühelos gelangt, ist sein Atelier. Dort an den Wänden steht der Hauptteil seiner gigantischen Gemälde, auch einige kleinerformatige, mit Formen, Werkstoffen und Farben experimentierende unpolitische Frühwerke.

Ich war in Aachen, um am Herbst-Ratschlag von Attac, der internationalen kritischen Bewegung, teilzunehmen, und verband dies mit dem Besuch bei Mohammed Ahmed, der schon lange in dieser Stadt im äußersten Westen Deutschlands lebt. Seit 1982. In dem Jahr, als ich selbst mit Sechzehn für ein Jahr nach Bagdad gereist bin, ist der um ein Jahr jüngere Mohammed nach Deutschland emigriert. Eine seiner beiden Schwestern habe er 17 Jahre lang nicht gesehen, erzählt er bei einer Cola in der Küche. Seine Familie habe erst viel später ausreisen können. Heute wohnt seine Mutter, um die er sich kümmert, unten im selben Haus in einer eigenen Wohnung. Der Vater hat in Deutschland nur noch kurz gelebt, da er krank war. Mohammeds Schwestern sind ebenfalls in der Stadt. Derzeit sind sie damit beschäftigt, fünfzig befüllbare Jeanshosen-Taschen mit Reißverschlüssen herzustellen für eine neue US-Flaggen-Installation des Maestro.

Den Donnerstag Abend über habe ich Zeit, mir die Bilder erklären zu lassen und darüber zu diskutieren. Einige kenne ich von den Pics, die ich online gestellt habe, nachdem ich Mohammed Ahmed im Juni in Düsseldorf kennen gelernt hatte, auf der Release-Party von Kulturattac. Die Pics bieten allerdings kaum mehr als den Hauch einer Idee von der Wucht, die einem in der Originalgröße entgegenschlägt. Auch sind Reliefstrukturen dabei, aus Mengen erhärteter Ölfarbe geformt, die auf den Bildchen nicht erkennbar sind.

Er hat ein Faible für nationale und kulturelle Symbole, das fällt überall auf. Die amerikanische Flagge hat es ihm besonders angetan. Auch die irakische. Kürzlich hat er eine aus ca. dreitausend farbigen Gummibärchen hergestellt, auf ein Brett geklebt. Ein typischer Fall. Von einer Wand zur anderen klappt der Maler mit der Woody-Allen-Brille seine schwer wiegenden Objekte um, Holz an Holz, dann wieder Oberfläche an Oberfläche. Das wahrscheinlich monumentalste Album Aachens. Da ist das Europa-Bild. Auf dem Stier sitzend, eine weiße Fahne haltend, die rote Europa, als Hintergrund die Flaggen von Kuba, Libyen und Deutschland. Ein klassischer Stoff, in frappierend neuem Gewand. Wie ist die weiße Fahne zu deuten, als Kapitulation oder als Besinnung zum Frieden? Beides steckt darin.

Mohammeds Mythenwelt ist eklektisch und dabei authentisch. Er wählt hauptsächlich Symbole, die man in der ganzen Welt kennt, und vermischt dabei alle Kulturen und Zeiten. Es ist schwer, solche beladenen und schwerfälligen Symbole auch noch mit Humor zu verbinden. Mohammed Ahmed gelingt dies. Das knallgelbe Ölgemälde „Die Anbetung“ etwa zeigt einen altägyptischen Priester, der vor einem leeren Altar kniet, während an den Wänden statt der Hieroglyphen die Firmenlogos von MacDonalds, Deutsche Bank, Shell, Deutsche Post, Daimler Chrysler, Wella, und Dutzender anderer Firmen gemalt sind.

„Eine Zeit lang habe ich viele Firmenlogos gesammelt“, gesteht der Künstler, während er fast allen verwendeten Logos auf den Bildern die Namen zuordnet. Ich kenne davon etwa die Hälfte. Doch er hat schon Recht, dies sind die neuen Mythen und Pseudo-Helden. Die in die Geschichte eingehen als Global Players oder dergleichen. Auch auf dem Bild “David und die Weltordnung“ schwirren diese Logos wie ein Goliath um den (echten) Helden David. Zwei mal zwei Meter groß.

Mohammed hat sich nach einem Design-Studium ganz auf die Kunst konzentriert und in den letzten Jahren Dutzende von Exponaten geschaffen, die zu einem eigenen Stil zusammengewachsen sind just in der Zeit, als sein Geburtsland Irak zum Kriegsschauplatz avancierte. Doch gehört Mohammed Ahmed nicht zu den intellektuellen, text-bezogenen politisch Involvierten, auch nicht zu den partei-bezogenen, sondern zu den reinen Individualisten.

Beim Attac-Ratschlag

Zum Attac-Ratschlag gehen wir zu Fuß von seiner Wohnung. Er findet in einer Schule statt. Rucksack- und andere Menschen strömen aus verschiedenen deutschen Städten ein wie in einen Bienenstock. Elmar Altvater, Mitbegründer der Grünen, hält den Eröffnungsvortrag. Das inhaltliche Hauptthema des Ratschlags ist der Niedergang des Sozialstaates. Wie schafft man Veränderungen? Mohammed und ich stimmen in vielen Dingen überein. Mit den Begriffen „Establishment“ und links/rechts verbinden wir beide nicht (mehr) viel.

Mohammed entdeckt im Foyer eine aufgebaute Peep-Show, in der man Szenen zum Thema „Deutschland heute“ sehen kann. Das ist ganz nach seinem Geschmack und er hatte diese Idee selbst auch schon, ebenso wie er zu Hause einen Spielautomaten aufbewahrt, von dem er die Symbole entfernt und durch eigene Bilder ersetzt hat. Am Liebsten sähe er den in einer richtigen Spielhalle, denn er ist Real-Künstler. Kunst ragt für ihn ins Leben und steht nicht daneben.

Die Debatten verfolgt er nicht allzu konzentriert. Ich bin hauptsächlich wegen des Nahost-Themas gekommen, denn Attac ist auch Teil der Friedensbewegung und sieht einen Zusammenhang zwischen Globalisierung und Krieg. Das Thema Nahost steht auf der Tagesordnung und ich diskutiere mit Leuten. Mohammed nähert sich solchen Problemen nicht diskursiv, sondern durch Verdichtung. Wie in dem zweiteiligen Ölgemälde „Erschaffung Bin Ladens“. Frei nach Michelangelos „Erschaffung Adams“ sieht man darauf einen Bin Laden mit athletischem roten Relief-Körper in einer US-Flagge sitzen, die Hand in der berühmten Art ausgestreckt, und auf dem zweiten Bild Gott, ebenfalls vor der Flagge, der seine Hand wie zur Berührung in Richtung Bin Ladens hält.


Erschaffung Bin Ladens (a und b) / Öl auf Leinwand, je 200x200 cm © Mohammed Ahmed (2002)

Man könnte es für eine Ästhetisierung des Bösen halten, darin liegt die Provokation des Bildes. Jedoch wird dieser mögliche Pathos einer falschen Heldenverehrung aufgefangen von der Ironie der Aussage und der Form. So gut funktioniert das, dass man die „Erschaffung Bin Ladens“ in jedem altehrwürdigen Aachener Gebäude ausstellen könnte, vermutlich ohne dass jemand viel Anstoß daran nehmen würde. Zu faszinierend und gleichzeitig harmlos ist der Eindruck, den dieses Werk vermittelt. Man denkt auch daran, dass die USA Bin Laden früher selbst unterstützt hatten, so wie sie Saddam auch unterstützt hatten, und so empfindet man das Bild als in Ordnung. Es moralisiert nicht, entscheidet nicht, sondern verbindet Symbole aus vielleicht vier Kulturen im Versuch, eine neue daraus zu machen. Eine andere. Mohammed Ahmed sagt dazu: „Vielleicht hat auf dem Original gar nicht Gott Adam erschaffen, sondern umgekehrt Adam Gott.“ Er stellt alles in Frage, ist ein Zweifler.

Ich verstehe, warum ich mit Mohammed Ahmed so gut zurechtkomme. Wir teilen das Konzept einer Weltkultur und wir schaffen Mythen, um dorthin zu gelangen. Jede neue Kultur beginnt mit Mythen. Mit mehrdeutigen Bildern und Geschichten, halb Traum halb Nachricht, suchend, leidenschaftlich, stiftend, beginnend. Wohl auch deshalb haben wir beide off-scene angefangen, denn was wir suchten, war nicht im Trubel einer Kunstszene zu finden, sondern im eigenen Ich.

Politische Kunst

Am Sonnabend komme ich erst spät und ziemlich ausgepowert vom Attac-Ratschlag zurück in die Wohnung. Es hat Konflikte gegeben. Hauptsächlich ging es darum, wie wir als Deutsche Israel kritisieren können und dürfen. In dieser Frage herrscht große Verwirrung. Ich habe gehört, dass wir angesichts unserer Geschichte vorsichtig sein müssen, aber es geht dabei nicht um Argumente, sondern um nicht hinterfragbare emotionale Rücksichtnahmen. Mir kommt es vor, als sei es noch immer kein common sense, dass in der Nazizeit vor allem Menschen ermordet und erniedrigt wurden. Dass es um den Menschen und sein Recht geht, bevor es um irgendwelche Gruppenzugehörigkeiten geht. Die Bürgerrechtlerin Felicia Langer denkt auch so. Sie war eingeladen und hat aus einem ihrer Bücher gelesen.

Mohammed hört mir zu. Ich berichte ihm von einer jungen Frau auf dem Attac-Ratschlag, die in einem Gespräch gefordert hat, dass die Palästinenser eine „Entnazifizierung“ durchführen sollten, damit man mit ihnen wieder verhandeln könne. So etwas bringt mich auf die Palme. „Araber und Muslime werden gerne mal verdächtigt, den Holocaust nicht genügend zu berücksichtigen. Besonders von Europäern“, meint Mohammed augenzwinkernd und holt ein weiteres seiner Bilder hervor.

Es heißt „Wiedergutmachung“ und zeigt in der Mitte einen sechszackigen gelben Stern vor blauem Hintergrund, umgeben von Symbolen. „Das sind die Logos der Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben“, sagt Mohammed. Sehr gut! denke ich. Das finden bestimmt auch die Attacies bemerkenswert. Das Bild fasziniert mich. Und so etwas von einem Iraker! Inzwischen spreche er deutsch ebenso wie arabisch, meint er und erzählt mir davon, wie er mit Fünfzehn und ohne ein Wort deutsch in ein Gymnasium gesetzt wurde und sechs Monate lang erst einmal kaum etwas verstand. Kopfüber in eine fremde Kultur ...

Kunst, die ins Leben hineinragt ... Mir fällt eine Fernsehsendung ein über einen Indianerstamm von den westlichen Inseln Kanadas. In deren Sprache gibt es kein Wort für „Kunst“. Scheint ein interessanter Stamm zu sein, denke ich, während mein Blick über die vielen Objekte streift, die wohl Kunst, aber nicht von Alltagsgegenständen abgegrenzt sind. Wir sitzen in seinem Wohnzimmer, essen Pistazien und surfen im Internet. Dort auf dem Schreibtisch zum Beispiel steht ein gerahmtes Foto. Es sieht aus wie ein Familienfoto, zeigt aber das bekannte Motiv des weinend die Straße herunterlaufenden nackten Vietnam-Napalm-Mädchens.

Mit solchen Durchbrechungen von ästhetischen Grenzen experimentiert der Künstler, jedoch nicht in den monumentalen Gemälden. Es ist ihm ein Anliegen, die doch so oft beschworene Scheinwelt des Konsums deutlich zu zeigen und zu entlarven. Da ist etwa das Bild des irakischen Säuglings, dessen Kopf im oberen Bereich zerschossen wurde. Mohammed hat es leicht verfremdet und auf eine Merci-Pralinen-Schachtel geklebt. Mir gefällt das, weil es den Kontrast der Öffentlichkeiten verdeutlicht. Da ist ein Element dabei, das man Punk nennen könnte, etwas Spielverderberisches, das seine Berechtigung allein durch die politische Situation erhält und in einer schönen bzw. weniger lackierten Welt nicht notwendig wäre.

Mohammed Ahmeds Kritik ist auf keine bestimmte Gruppe beschränkt. Von den patriarchalen Strukturen in der Arabischen Welt etwa hält er nichts. Auch die anderen Iraker und Araber in Aachen haben keine bevorzugte Position bei ihm. Als er irakische Banknoten sammelte und zu Kunst umfunktionierte, erntete er meist Kopfschütteln. „Die Iraker können das Konterfei von Saddam nicht mehr sehen, dabei vergessen sie, dass es sich um historische Momente handelt, die verarbeitet werden müssen.“ Er fand eine Technik, mit der er das Bild eines Dinar-Scheins auf ein Papiertaschentuch übertragen konnte. Was den Islam angeht, so hält der Künstler ihn für durchaus kompatibel mit der kapitalistischen Demokratie des Westens, ohne dass dies notwendigerweise etwas Gutes sein muss.

Die Geschichte der Beziehungen zwischen Bagdad und Aachen ist lang und reicht bis in die frühe Abbasidenzeit und damit die Epoche des Kalifen Harun al-Raschid um 800 n.Chr. zurück. Ausstellungen weisen darauf hin. Mohammed Ahmed ist eine moderne und aufgeklärte Manifestation dieser Geschichte. Jemand, der lernen musste, unterschiedliche Traditionen, Symbole und Riten zu verbinden. Jemand, der die Spannungen zwischen den Kulturen in sich auflösen will und muss. Jemand, der von Bagdad nach Aachen kam.



Reportage von Anis, 02.11.2003

Greencard / Öl auf Leinwand 200x200 cm
© Mohammed Ahmed (2002)


Mohammed Ahmed erklärt dem Krieg den Krieg:

MOAB
Mutter aller Bomben

„Einen satirisch-bitteren Protest gegen den 'US-Imperialismus' hatte sich der in Aachen lebende irakische Künstler Mohammed Ahmed ausgedacht und vor dem Dom die 'Mutter aller Bomben' aufgebaut: 900 Cola-Dosen, aufgetürmt zu einer drei Meter hohen Plastik in Form einer Bombe. Jede Dose stand für einen im Krieg verstorbenen Menschen. Gleichzeitig waren die gelb bemalten Dosen eine Anspielung auf die im Krieg verwendeten Streubomben.“

(Aus dem Artikel: „'Mutter aller Bomben' vorm Dom. Ein Künstler erinnert vor dem Kölner Dom an den Beginn des Irak-Kriegs vor einem Jahr.“
In taz Köln, 22.03.04, S. 1, Oliver Minck)

(Text auf dem Pfeil vom Bild rechts: „Interactive MOAB“)

1 Beschreibung des Events

Ort: Köln, Domplatz
Zeit: 20.03.2004, 12 Uhr mittags

Beschreibung des Objekts: Die interaktive „Mutter aller Bomben“ (MOAB) ist eine Blechkonstruktion von ca. 3 m Höhe, die eine Fusion aus der größten nicht nuklearen Bombe der US-Armee mit der Clusterbombe (=Streubombe) darstellt.

Der Künstler: Der Künstler und Konstrukteur der interaktiven MOAB Mohammed Ahmed wurde 1967 in Bagdad geboren und lebt seit zweiundzwanzig Jahren in Deutschland.

Der Anlass: Zum einjährigen Jubiläum der Bombardierung seiner Heimat und seines ehemaligen Wohnblocks wird der deutsch-irakische Künstler Mohammed Ahmed (Aachen) vor dem Kölner Dom die Mutter aller Bomben präsentieren und lädt Sie herzlich dazu ein.

Bemerkung: Embedded journalists sind dabei so willkommen wie Friedensaktivisten, menschliche Schutzschilder und Katastrophentouristen. Für das leibliche Wohl wird nicht gesorgt. Stattdessen gibt es Coca-Cola. In daily humanitarian rations. Aus Dosen ohne Pfand.

Erlös: Der aus dem Verkauf der MOAB-Dosen geht als Spende an die Hilfsorganisation APN www.apn-ev.org [Link erloschen, 2023], die Projekte im Irak und anderen Kriegsgebieten organisiert.



2 Die Herstellung

Ort: Aachen

Zeit: Zuvor

Aktion: Mohammed Ahmed entwickelt und baut die MOAB mit verschiedenen Werkzeugen. Der Profi verwendet dabei einen Arbeitsanzug in modischer Farbe sowie Lärmschutzapplikaturen.

Dauer der Aktion: Lange. Jede einzelne Dose musste hergerichtet, der Bauplan entworfen und ausgeführt werden. Wie die Bilderleiste zur Rechten zeigt, bedurfte es zudem mehrerer Arbeitsstätten.

Leidensfaktor: Hoch, Zitat Mohammed Ahmed: „Wir mussten 900 Colas trinken. Anfangs war es noch in Ordnung, aber irgendwann beschwerten sich meine Familie und meine Freunde.“

Der Sinn: Aus der Begleitbroschüre: „Die aus ca. 900 zu einer Rakete zusammenmontierten Coladosen spielen mit ihrer modifizierten Gestalt und gelben Farbe sowohl auf die Streubomben als auch auf die während des Afghanistankrieges abgeworfenen Nahrungsmittelrationen an. (Tragischerweise wurden diese oft von Kindern miteinander verwechselt.)“

Der Sinn II: Aus der Begleitbroschüre: „Jede dieser Dosen steht für einen im Krieg leidenden, verletzten oder verstorbenen Menschen und enthält ein Foto von ihm, symbolisch dafür, dass man in den Medien zwar die Bombe, aber nicht die Opfer sieht. Bei der Performance steigt ein Teil der Opferbilder in die Luft, als Darstellung der Befreiung ihrer Seelen.“

Der Hintergrund: Aus der Begleitbroschüre: „Die Coladosen erhalten in diesem Zusammenhang eine ambivalente Bedeutung als Kultobjekt, Nahrung, Mutter, Sarg und Waffe und stehen als Metapher für unser Verfangensein in einem kapitalistischen System. Es stellt sich die Frage, ob dieses System aufrecht erhalten werden kann, ohne Kriege zu führen.“

Anis Online Kommmentar: Mit diesen Faktoren sind die Erfordernisse einer vernünftigen Satire vorbildlich erfüllt, da kann man nix sagen.



3 Der Grundbaustoff

(a)

(b)

(c)

Der Grundbaustoff ist eine leere (pfandpflichtige) Dose der Marke Coca Cola™, durch Anstrich verfremdet. Vorderansicht siehe (a), originale Unteransicht siehe (b). In der Vergrößerung (c) wird deutlich: Verfallsdatum (Vergessdatum) der Opfer im November 2004, passend zur Präsidentschaftswahl in den USA. Dazu der Künstler: „Da die Hersteller der echten, kriegerischen MOAB sich meistens nicht die Mühe gegeben haben, ihre Opfer zu registrieren, habe ich sie an ihrer Stelle in Listen eingetragen. Jede Dose, jedes Opfer erhält darin eine Kollateralnummer, und es wird vermerkt, wann das Vergessdatum dieser Menschen sein wird und welcher Vernichtungsart sie anheim fielen. Manche der Bilder werden gestempelt und zum Trocknen an eine Leine gehängt, bevor sie durch die unterschiedliche Art und Weise ihres Verkaufs an Passanten symbolisch bestattet werden.“

4 Vorläuferprojekt: Die Mutter aller Flaggen

Hintergrund: Das Vorläuferprojekt „Die Mutter aller Flaggen“ enthielt bereits den Grundbaustoff der Coladose, siehe oben Nr.3 (a-c). Diese Flagge ist 4,1x2,6 m gross. Die blaue Seite besteht aus 50 Taschen aus Jeans mit Reißverschlüssen. In jeder Tasche befindet sich ein kleines Objekt, das auf ein Verbrechen der USA hinweist.

Aktualität: Das Projekt „Die Mutter aller Flaggen“ war bereits abgeschlossen. Aufgrund der täglichen Ereignisse in der Welt werden die Objekte allerdings je nach US-amerikanischer Entwicklung aktualisiert. Das Projekt besteht also weiterhin.

Einige Namen der Objekte:

- Demokratiebanane
- Guantanamopuppe
- Rumsi-Burger
- Nuclear Sushi
- Spieß Bethlehem
- Agent Orange
- Bärchenfalle
- Peacewurst
- Freedom Fries
- L32-Tüten
- RAF Women
- UNO-Knochen
- Berlos-Merci


Optische Dokumentation: Auf den Bildern rechts sehen Sie einige dieser Exponate.

5 Einbürgerung

Bild: „Die Einbürgerung“
© Mohammed Ahmed 2004

Dieses aktuelle Bild ist für den Weltbürger Mohammed Ahmed eine Art Pass. Das gehört jetzt nicht unmittelbar zum Thema, aber mittelbar.

Diese Seite wurde hergestellt von Anis im April 2004.



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