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ESSAY (31)
Was denn nun: Gewalt oder Gewaltlosigkeit?
Essay über die Stellung gewaltloser Strategien

Anis Hamadeh, 19.03.2015

Inhalt: Intro – Das Glaubenssystem der Gewalt – Schwarze Panther – Gewaltloser Widerstand – Der Fall Palästina – Die Zeiten haben sich schon lange geändert – Das Glaubenssystem des Friedens


Auf der einen Seite nehmen gewalttätige Konflikte und ein allgemeiner Friedenspessimismus seit dem Elften September zu, auf der anderen Seite gibt es einen offenbar unumkehrbaren Trend zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe,1 einen globalen Trend zur Anerkennung von Kriegsdienstverweigerung2 sowie zunehmende internationale Verflechtungen in der Online-Welt, für die das gewaltlose Miteinander von großer wirtschaftlicher, kultureller und menschlicher Bedeutung ist.

In der Gewaltproblematik sind wir hin- und hergerissen: Manchmal argumentieren wir für Gewalt, dann wieder dagegen. Unsere Filmhelden sind oft Gewalttäter, nach unseren Werten befragt nennen wir aber friedliche, ganz so, als handele es sich nicht um inkompatible Glaubenssysteme, die man nicht einfach nebeneinander stehen lassen kann. Wir können uns auch nicht mit der Komplexität des Gewaltbegriffs herausreden, denn es reicht völlig aus, sich zunächst am Offensichtlichen zu orientieren: Tötungen, Kriege, physische Gewalt, stark empfundene Gewalt, offensichtliche Gewalt. Wenn 1 % der Erdbevölkerung mehr besitzt als die übrigen 99 %, dann ist offensichtlich, dass hier eine Art von Gewalt vorliegt. Wir spüren das. Gehen wir die Sache also leicht und geradeaus an, um einen klaren Blick auf die zu Grunde liegenden Glaubenssysteme werfen zu können.

Das Glaubenssystem der Gewalt

In der Tierwelt stellt sich die Frage nach dem Glaubenssystem der Gewalt nicht. Ohne Fressen und Gefressen-Werden gäbe es die uns bekannte Tierwelt erst gar nicht. Menschen hingegen haben ein Problem: Sie können denken. (Dies ist übrigens wahrscheinlich das beste Argument für Vegetarismus.) Und wer es kann, der praktiziert es auch hin und wieder und benötigt für diese zusätzliche, abstrakte Welt Orientierungspunkte. Diese nenne ich in ihrer Gesamtheit ein Glaubenssystem. Es hat mehr mit einem Wertesystem und einer Lebensphilosophie zu tun als mit Religion und meint auch keinen Gegensatz zur Wissenschaft.

Die Kernpunkte des Glaubenssystems der Gewalt habe ich in früheren Essays als „Schwarzes Schaf“- oder Verräter-Theorie bezeichnet: Sobald ein Beteiligter erfolgreich Gewalt anwendet, widerlegt er die Gewaltlosigkeit. Also muss er abgeschreckt werden. – Ich fasse hier einige über die Jahre gesammelte Ergebnisse zusammen, die sich im Wesentlichen auf die Grundlagenforschung des Berkeley-Professors George Lakoff stützen, den ich seit seinem Essay „Metaphor and War: The Metaphor System Used to Justify War in the Gulf“ als Anglist an der Uni Hamburg studierte.
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So what will it be: Violence or Nonviolence? Essay on the Status of Nonviolent Strategies
Anis Hamadeh, March 19, 2015

Content: Intro – The Belief System of Violence – Black Panthers – Nonviolent Resistance  – The Case of Palestine – Times Have Changed Long Ago – The Belief System of Peace


On the one hand, violent conflicts and a general peace pessimism have increased since 9/11, on the other hand, there apparently is an irreversible trend toward the worldwide abolition of the death penalty,1 a global trend toward the recognition of conscientious objection2 as well as increasing international interdependences in the online world in which nonviolent cooperation is of prominent significance in terms of economics, culture and humanity.

We are undecided in the violence issue: At times we argue in favor of violence, then again against it. Our movie heros often are violent perpetrators, but asked about our values we name peaceful ones, just as if this was not about incompatible belief systems one cannot simply equalize by adopting both of them. Even the complexity of the concept of violence cannot serve as an excuse, for at the outset it fully suffices to stick to the obvious: killings, wars, physical violence, strongly felt violence, obvious violence. When 1 % of the world population owns more than the remaining 99 % then this obviously is some sort of violence, we can feel that. So let's keep it easy and straightforward in order to get a clear focus on the underlying belief systems.

The Belief System of Violence

In the animal kingdom, the question of a belief system of violence does not occur. It's eat or be eaten, otherwise there would not be the animal kingdom as we know it to begin with. Humans, however, have a problem: They can think. (This, by the way, is probably the best argument for vegetarism.) And when you can you will exercise this ability from time to time and need orientational landmarks for this additional, abstract world. These in their entirety I call a belief system. It is about values and the philosophy of life rather than about religion; neither does it imply to mean an opposite of science.

In previous essays I called the quintessence of the belief system of violence the "black sheep" or traitor theory: As soon as someone uses violence successfully he refutes nonviolence and therefore must be deterred. – I am summarizing some findings of several years of dealing with the subject, largely drawing on the fundamental research of Berkeley professor George Lakoff who I studied as a student of Anglistics at the Uni Hamburg ever since his essay "Metaphor and War: The Metaphor System Used to Justify War in the Gulf".
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Dieser akademische Zweig heißt „Kognitive Linguistik“ und beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Sprache, Denken und Bewusstsein. Der Pionier Lakoff wies nach, dass wir in Metaphern denken und nur so überhaupt denken können. Das abstrakte Phänomen Zeit zum Beispiel können wir uns nur als etwas konkret Gehendes oder Reifendes oder Materielles vorstellen. Wenn sich mehrere Metaphern zu einem Ganzen kombinieren, nennt er das ein „Szenario“.

Ähnlich wie damals während des ersten Golfkriegs analysierte Lakoff vor weniger als zwei Jahren Obamas Syrienpolitik. Es lohnt sich, den ganzen Artikel zu lesen und seine Ausführungen zur „Strenger Vater“-Metapher. Hier in Übersetzung die Kernthese und das Fazit des Artikels:


Deterrence of the black sheep / Abschreckung des Schwarzen Schafes

This academic branch is called "Cognitive Linguistics" and deals with the relationship between language, thought and awareness. Pioneer Lakoff established that we think in metaphors and cannot do without them. Thus we can, for example, only conceptualize the abstract phenomenon of time in terms of something concretely moving in space or something riping or something material. When metaphors combine to a set he calls this a "scenario".

Similar to the time during the first Gulf War, Lakoff less than two years ago analyzed Obama's Syria policy. It is worth while reading the whole article with its details about the "Strict Father" metaphor. Here are main point and conclusion of the article:

„Metaphern können töten, wie ich in meinem ursprünglichen 'Metaphor and War'-Artikel 1991 schrieb, kurz bevor der Golfkrieg begann. Warum Metaphern töten können? Weil die Metaphern in der Sprache das metaphorische Denken widerspiegeln, das unsere Argumentationen und damit unsere Handlungen strukturiert, sowohl im Alltag als auch in der Politik. In der Politik kommen sie selten isoliert vor. Für gewöhnlich erscheinen sie als Teil eines kohärenten Begriffssystems – üblicherweise eines Moralsystems. (...) Es ist wesentlich, dass wir uns all dessen bewusst werden. Das Denken in Metaphern und Szenarios ist nicht zwangsläufig falsch. Konzeptionelle Metaphern und Szenarios lassen wirkliche Rückschlüsse zu, die auf die Zustände in der Welt passen mögen oder auch nicht. Amerika wird handeln oder durch Nichthandeln handeln. In jedem Fall wird es echte Konsequenzen geben. Wir müssen die Metaphern und Szenarios, die zu diesen Konsequenzen führen, im Auge behalten.“4

Das heißt auch: Wenn alle glauben, dass Gewalt das stärkste Mittel ist, dann wird Gewalt tatsächlich zum stärksten Mittel. Ich spreche hier nicht von den Ausnahmesituationen der konkreten Selbstverteidigung. Auch ist klar, dass ein unbewaffnetes Dorf keiner bewaffneten Armee standhält, wenn diese angreift. Vielmehr geht es hier um die Art, wie wir denken, denn das ist es, was zu den großen Katastrophen führt: unpassende Szenarios, Feindbilder, zweierlei Maß, Missverständnisse, Ängste, Abstraktionen und unreflektiertes Machtstreben.

Glaubenssysteme sind – Lakoff geht an anderer Stelle in diesem Artikel darauf ein – kohärent, also in sich schlüssig. Das ist ja gerade ihre Funktion, das Bereitstellen einer entlastenden Ordnung der Dinge. Will man dem vorherrschenden Friedenspessimismus also begegnen, reicht es nicht, Argumente abzuwägen. Vielmehr gilt es ebenso zu berücksichtigen, in welchem Glaubenssystem die Argumente eingebettet sind und wie dieses einzuschätzen ist. Ein Beispiel: Ein Professor der Politikwissenschaft an einer Berliner Universität antwortet auf die Frage, warum er sich eine Welt ohne Töten nicht vorstellen kann, mit nur einem Wort: „Hitler!“5 Vielen von uns schießen hier tausend Gedanken durch den Kopf und wir werden uns schnell darüber einig sein, dass man ein mehrbändiges Buch darüber verfassen kann, was hinter diesem simplen Ausspruch steht. Dieses Buch repräsentiert genau das zu Grunde liegende Glaubenssystem mit seinen Szenarien und Metaphern. Die Bewusstmachung und das daraufhin mögliche Hinterfragen von Glaubenssystemen ist einer der Aspekte, bei denen die kognitive Linguistik eine Schnittmenge mit Friedensstudien bildet.

Ein weiterer Aspekt ist, dass man alternative Szenarien erkunden kann. Auch dazu ein Beispiel, das ich wegen seines verblüffenden Effekts gern verwende: Als die Entwickler von Malpinseln sich nicht mehr auf die Borsten des Pinsels, sondern auf die Zwischenräume zwischen den Borsten konzentrierten, erkannten sie neue Möglichkeiten, um bessere Pinsel herzustellen. Indem sie sich den Pinsel als eine Pumpe vorstellten, fanden sie außerhalb des gewohnten Denkrahmens kreative Lösungen.6

Schwarze Panther

Kürzlich gewann der Dokumentarfilm „The Black Panthers: Vanguard of the Revolution“ von Stanley Nelson einen Preis beim berühmten Sundance Film Festival in den USA. Es wird kein Zufall sein, dass dieses Thema heute attraktiv ist. Vielleicht gibt es Umfragen darüber, wer eher für Martin Luther King und wer zu Malcolm X hält, dem Wegbereiter der Panther. Unbestritten ist wohl, dass die beiden Persönlichkeiten zwei Pole markieren, an denen sich Glaubenssysteme scheiden. James Cone bietet in seinem Buch über die beiden7 tiefe Einsichten in die unterschiedlichen Glaubenssysteme, versinnbildlicht in Kings „Traum“-Szenario und Malcolm X' "Albtraum"-Szenario. In Diskussionen über die anhaltenden Ereignisse in Ferguson und anderswo werden ebenfalls Fragen gestellt, die diese Kluft betreffen. Betrachten wir also die signifikante Aussage einer Black-Panther-Aktivistin, Kathleen Cleaver, aus einem kürzlich gegebenen Interview mit Amy Goodman von Democracy Now!, und analysieren wir das zu Grunde liegende Glaubenssystem etwas genauer, wenn sie über Martin Luther King sagt:

„Wir hatten allerdings das Problem mit ihm, dass wir Schwarze die permanente Unterdrückung ertragen und uns in Vergebung üben und angesichts der mörderischen Brutalität des Vietnamkriegs selber friedfertig bleiben sollten. Das war nicht gerade die Art von Botschaft, die junge Leute hören wollten. Als dann die Black Panthers an die Öffentlichkeit gingen und über Selbstverteidigung sprachen, wollten Scharen von jungen Leuten genau das. Und ich dachte, das war das Beste, das ist das Beste – wir folgten Robert Williams. Der sagte, wenn du von einem Weißen konfrontiert wirst, der denkt, er sei etwas Besseres, und wenn du bewaffnet bist, dann muss er sich überlegen, ob er sein überlegenes Leben riskieren will, um dir dein unterlegenes Leben wegzunehmen. Wenn du eine Waffe trägst, kannst du ihn in diese Lage bringen. In neun von zehn Fällen wird er es nicht tun und damit hört die Gewalt auf. Deshalb waren wir der Ansicht, dass Selbstverteidigung eine Methode war, Gewalt zu reduzieren, und dazu stehe ich.“8

"Metaphors can kill, as I wrote in my original Metaphor and War paper in 1991 on the eve of the Gulf War. Why can metaphors kill? Because metaphors in language are reflections of metaphorical thought that structures reasoning, and thus our actions, both in everyday life and in politics. In politics, they are rarely isolated. They usually come as part of a coherent system of concepts -- usually a moral system. (...) It is vital that we be made aware of all this. Metaphorical and scenario-based thinking is not necessarily false. Conceptual metaphors and scenarios have real inferences that may or may not fit the world. America will act, or act by not acting. There will be real-world consequences in either case. We need to keep track of the metaphors and scenarios that lead to those consequences."4

This also means: If everybody believes that violence is the strongest means then violence will indeed become the strongest means. I do not speak about exceptional situations of concrete self-defense here. It also goes without saying that an unarmed village will not withstand an armed army when it is attacking. Rather, this is about the way we think, for this is what leads us into the big catastrophes: unfitting scenarios, bogeyman images, double standards, misunderstandings, fears, abstractions and careless mind games.

Belief systems are coherent, i.e. they follow a consistent logic – Lakoff stresses that elsewhere in the same article. For this is their very function, the provision of an exonerating order of things. So in order to challenge the prevailing peace pessimism it is not enough to just evaluate arguments. We also have to consider the belief system in which the arguments are embedded and to assess it. An example: A professor of Political Science from a university in Berlin answers the question why he cannot imagine a world without killing by saying only one word: "Hitler!"5 Many of us will at this point sense lots of associations coming up and will easily agree that it is possible to pen a book in several volumes about what in detail is behind this simple declaration. This very book represents the underlying belief system with its scenarios and metaphors. Bringing belief systems to awareness and thus being able to question them is one of the ways in which cognitive linguistics overlaps with peace studies.

Another overlap is the possibility to explore alternative scenarios. Here is an example I enjoy sharing for its stunning effect: When paintbrush designers diverted their attention from the bristles of the brush and instead focused on the spaces between the bristles they discovered new ways of designing better paintbrushs. By conceptualizing the brush as a pump they found creative solutions outside the usual frame of thinking.6

Black Panthers

Recently, the documentary "The Black Panthers: Vanguard of the Revolution" by Stanley Nelson was awarded at the famous Sundance Film Festival in the USA. It won't be a coincidence that the topic is attractive today. Maybe there are polls about who rather supports Martin Luther King and who Malcolm X, forerunner of the Panthers. In any case, it appears to be an undisputed fact that the two personalities manifest two poles that separate belief systems. James Cone, in his book about the two,7 offers profound insights into the diverging belief systems, epitomized in King's "dream" scenario and Malcolm X's "nightmare" scenario. The discussions about the ongoing events in Ferguson and elsewhere raise questions concerning this gap, too. So let's take a closer look at a significant statement by Black Panther activist Kathleen Cleaver, given recently in an interview with Amy Goodman from Democracy Now!, and analyze the underlying belief system a little further, when she says this about Martin Luther King:

"That was one of the issues we had, that it was too much the black people should absorb all the punishment, and we should be forgiving, and we should want to be peaceful in the face of murderous brutality in the middle of the Vietnam War. Well, that wasn’t really a message that a lot of young people cared for. And so, when the Black Panthers came out and started talking about self-defense, droves and droves of young people wanted to do that. And I thought that was the best—that’s the best—we followed Robert Williams. And he said, if you are confronted by a racist who believes himself superior, then he has—and you’re armed—he has to consider, does he want to risk his superior life to take your inferior life? And if you have a gun, you can put him in that position. And nine times out of ten, he doesn’t, and that’s the end of the violence. So we believed self-defense was a way to put a reduction into violence, and I accept that."8

Das Schlüsselwort hier ist „Selbstverteidigung“, ein deutlicher Euphemismus für die Bedrohung einer Person mit der Waffe und die Bereitschaft zu schießen. Sei es der richtige Weg oder nicht, zunächst einmal müssen wir die Dinge beim Namen nennen, um uns klar zu machen, wovon wir überhaupt reden. „Selbstverteidigung“ wird hier als Antithese zu „friedfertig“ gebraucht; in diesem Denkrahmen ist der Begriff „gewaltloser Widerstand“ ein Widerspruch in sich. Interessant ist auch die relative Nähe zur Welt der Mode, in Ausdrücken wie „Avantgarde“ (im Titel der Doku), „Botschaft“, die Leute „wollten“ es, „du kannst“. Das klingt alles sehr sexy, als wollten die Panther gerade ins Studio gehen und mit Jimi Hendrix einen groovy Song einspielen.

Was hier unter den Tisch fällt ist zum Beispiel, was eigentlich passiert, wenn es mal nicht so läuft wie in neun von zehn Fällen und inwiefern das verantwortbar ist. Auch dass die Bewegung ihre Legitimation von verrückten kalifornischen „Open Carry“-Waffengesetzen bezog, geht ein wenig unter, ebenso wie die Tatsache, dass die Panther der Gewalt am Ende immer mehr abschworen,9 ähnlich wie bei späteren Befreiungsorganisationen wie der IRA, der PLO oder heute der PKK.

Der Vorwurf des Romantisierens, den Friedenspessimisten gern ins Feld führen, trifft also nicht nur die naiven Blumenkinder, sondern auch die andere Seite, die den Ballermann einfach cool findet. Auch sollte man vorsichtig sein, nicht zum Fazit zu gelangen, dass „guter Cop“ Martin und „böser Cop“ Malcolm in ihrer Kombination erfolgreich sind und dass diese schizophrene Konstellation die Lösung ist. Schaut man etwas genau hin, merkt man, dass es letztlich eine Entscheidung zu Gunsten Malcolms wäre.

Der Glaube, dass Gewalt im Spiel sein muss, um Gewalt zu beenden, ist paradox. Ist das auch beim Glauben an gewaltlosen Widerstand der Fall?


Rev. Martin Luther King Jr. and Malcolm X in a Harlem hotel room in February 1965 /
Martin Luther King Jr. und Malcolm X in einem Harlemer Hotelzimmer im Februar 1965

The key word here is "self-defense", an obvious euphemism for threatening someone at gunpoint, being prepared to shoot this person. Be it the right method or not, at first we have to call a spade a spade in order to make clear to ourselves what we are really talking about. "Self-defense" in the context at hand is used as an anti-thesis of "peaceful"; in this frame of thinking the concept "nonviolent resistance" is a contradiction in terms. Interesting is also the relative closeness to the world of fashion in expressions like "vangard" (in the docu title), "message", people "wanted" it, "you can". All this sounds very sexy, as if the Panthers were just about to go to the studio to record a groovy song with Jimi Hendrix.

Marginalized in this account is, for example, the question of what will happen when things go differently from nine times out of ten and the scope of responsibility in this case. Also marginalized is the fact that the movement derived its legitimacy from some crazy Californian "open carry" gun laws, as well as the fact that the Panthers toward the end increasingly renounced violence,9 in a way similar to later liberation organizations like the IRA, the PLO or today the PKK.

So when peace pessimists reproach naive flower children of romanticism they can just as well extend the reproach to the other party, the one that thinks totin' a gun is simply cool. One should also be cautious not to draw the conclusion that "good cop" Martin and "bad cop" Malcolm are successful in their combination and that such a schizophrenic constellation is the solution. When you look a bit closer into the matter you will find that this, in the end, would be a decision in favor of Malcolm.

The belief that violence is needed to end violence is paradoxical. Is this also true for the belief in nonviolent resistance?


Gewaltloser Widerstand

Das folgende längere Zitat ist zusammengeschnitten aus mehreren Statements eines aktuellen Interviews mit dem palästinensischen Aktivisten Saeed Amireh aus dem unter Besatzung stehenden Dorf Ni'lin, das sich zusammen mit 35 anderen Dörfern seit etwa sieben Jahren strategisch gegen die Mauer, Siedler, Wasserdiebstahl, Besatzungsarmee und Häuserzerstörungen wehrt.

„(Wir verglichen) die Resultate der zweiten Intifada mit der ersten gewaltlosen Intifada und kamen zu dem Schluss, gleichwohl wir unter Besatzung sind und das Recht besitzen, uns mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu wehren, auch bewaffnet, dass nur der gewaltlose Widerstand Erfolg gegen die israelische Besatzung verspricht. Außerdem ist Israel die fünftgrößte Militärmacht und Nuklearmacht der Welt. Wirfst du einen Stein, feuern sie mit einem M-16-Gewehr. (...) Der gewaltlose Widerstand hatte weltweit Erfolg, angefangen mit der indischen Revolution angeführt von Gandhi und der Revolution in Südafrika unter der Führung von Mandela. (...) Unser Feind ist der Zustand der Besatzung. Während unserer Proteste rufen wir die israelischen Soldaten dazu auf, sich dem Armeedienst zu verweigern, denn wir glauben fest daran, dass unter der Militäruniform ein Mensch mit einem Gewissen steckt. Und manchmal wirkt dies. (...) Israel reagiert mit unterschiedlichsten Methoden, um diesen Protest zu unterdrücken. Es werden Ausgangssperren verhängt. Es finden zwei bis drei Mal wöchentlich nächtliche Razzien und Verhaftungen statt. Es werden Belagerungsringe um unser Dorf gezogen, so dass wir von der Außenwelt abgeschnitten sind. Fünf unserer Dorfbewohner wurden innerhalb eines Jahres getötet, darunter ein neunjähriges Kind. Über 700 Bewohner wurden verhaftet und sind bis heute nicht auf freien Fuß. (...) Es gibt einen Geheimbericht, der durch 'WikiLeaks' öffentlich wurde, wonach israelische Soldaten sich gegenüber ihren Vorgesetzten beschwerten, dass sie mit den 'Gandhianern' nicht zurecht kämen und um Erlaubnis baten, uns zu erschießen, obwohl wir inzwischen von Kameras und internationalen Helfern begleitet werden. (...) Wir und Israel streiten darum, wer den längeren Atem hat. (...) Wir haben gelernt, unseren Zorn zu kontrollieren und ihn in etwas Kreatives umzuwandeln. Unsere Bewegung ist nicht schwach, sie ist sehr mächtig. (...) Die Welt wacht auf und erhöht den Druck auf Israel. Man beginnt, Produkte aus den Siedlungen zu boykottieren. (...) Wir wünschen uns Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und gleiches Recht für beide Seiten, dann werden wir Frieden erreicht haben. (...) Wir bitten die Deutschen, uns dabei zu helfen, indem sie den Druck auf die deutsche Regierung erhöhen, Palästina als Staat anzuerkennen und aufhören, Israel weiterhin mit Waffen zu beliefern, die uns töten. Und wir bitten die Deutschen darum, unsere gewaltlose Bewegung vor Ort zu unterstützen, sodass wir weiter hiersein dürfen und nicht transferiert werden. Auch sollten die deutschen Medien zeigen, was hier bei uns vor Ort passiert, statt über den Nahostkonflikt stets abstrakt zu berichten. Wir planen als Nächstes, ein Medienzentrum mit Computern und Kameras zu errichten. Wir wollen unsere Jugendlichen im Filmen und Online-Stellen unserer Aufzeichnung ausbilden, denn wir haben gelernt, dass die Kamera unsere stärkste Waffe ist.“10

Dieses dokumentarische Zeugnis habe ich aus zwei Gründen ausgewählt: Zum einen ist es authentisch und nicht theoretisch, zum anderen legt es den Finger auf die seit Längerem wohl größte Herausforderung des globalen Friedenscamps überhaupt, nämlich Palästina. Saeed macht auf einen wichtigen Punkt aufmerksam, und zwar dass Öffentlichkeit stärker sein kann als Gewalt. Dieses Phänomen ist uns bei genauerer Betrachtung keineswegs neu, denn wir kennen zum Beispiel investigativen Journalismus und wissen von Watergate bis WikiLeaks, wie erfolgreich er sein kann. Nehmen wir das Mikroskop zur Hand, erkennen wir sogar, dass ausnahmslos alle unsere Rechtssysteme, ob im Westen oder im Osten, willkürlicher Gewalt eine kodifizierte öffentliche Ordnung entgegenstellen, denn dafür wurden sie gemacht. Jedes Gesetz dient auf gewisse Weise der Konfliktschlichtung und Gewaltvermeidung und wenn die betroffene Öffentlichkeit das auch glaubt, bedarf es nicht einmal der gewaltsamen Ahndung von Gesetzesverstößen, etwa in Form von Demonstrationen des staatlichen Gewaltmonopols. Das ist gar nicht so weit hergeholt, denn wir akzeptieren die Gesetze ja weitgehend. Außerdem glauben wir auch daran, dass Geld funktioniert, und sehen kaum einen Anlass, das monetäre System zu hinterfragen. Warum glauben wir, dass ein Papierlappen den Gegenwert von, sagen wir: zwei vollen Arbeitstagen darstellen kann? Ist das realistisch? Nun, es funktioniert. Also wieso soll Gewaltlosigkeit dann nicht funktionieren können?

Auch für die „Gandhianer“ in Palästina, die auf eine lange Tradition zurückblicken können,11 die bis ins Osmanische Reich zurückreicht, steht Selbstverteidigung ganz oben auf der Liste. Logisch, denn sie werden konkret bedroht. Gleichzeitig sind sie sich sehr bewusst darüber, dass sie im globalen Mainstream oft nicht als Menschen, sondern als Terroristen gesehen werden und dass dies der Hauptgrund dafür sein könnte, dass die globale Öffentlichkeit in diesem Fall keine klare Entscheidung für die Menschenrechte und das internationale Recht fällen kann. Es ist keineswegs zynisch, wenn ich darauf hinweise, dass Saeeds Bericht Elemente eines „Spiel“-Szenarios enthält, mit Wettkämpfen über den längeren Atem, Aktionen und Reaktionen und der Abwägung Erfolg versprechender Strategien. Diese Analyse mag kalt und krass wirken, wenn man bedenkt, dass da immer wieder Menschen von der Armee getötet und böse verletzt werden, auch jetzt im Moment. Doch ist es nur folgerichtig, dass Anhänger gewaltloser Strategien in Szenarien denken, die dem sozialen Miteinander entspringen, ihrem Bezugspunkt. In diesem Denkrahmen spielt die Vorstellung von Solidarität eine große Rolle. Zusammenfassend kann man das Szenario so beschreiben, dass es um eine Zurechtrückung von Rollenzuweisungen mit Hilfe der Öffentlichkeit geht.


Nonviolent Resistance

The following longer quote is an edited collection of statements from a current German interview given by the Palestinian activist Saeed Amireh from the village of Ni'lin that is under occupation. Together with 35 other villages it has been systematically challenging the wall, settlers, water theft, occupation army and house demolitions for about seven years.

"(We compared) the results of the second Intifada with the first unarmed Intifada and found that although we are people under occupation having the full right to resist by all means even the armed one, we could see that the unarmed non-violent resistance of the first Intifada was more successful against the Israeli occupation. Moreover, Israel is the fifth strongest military and nuclear power in the world! If you use a stone, they use an M 16! (...) The non-violent movement has shown a great worldwide success, from the Indian revolution led by Gandhi to South Africa's revolution with Nelson Mandela! (...) Our target is the whole occupation. However, during the protests we call on Israeli soldiers to refuse to serve in the army because we believe that behind this military uniform there is a human being with a conscience, and sometimes it works. (...) Israel has used several tactics of suppression against us to lead us to despair by imposing curfews. We experience two or three Israeli night raids and arrests a week and blockings of the entrance of the village which is the only exit for us. Five of our people were killed in less than a year, including a 9-year-old boy, and over 700 people were and still are arrested. (...) There was a secret report exposed by WikiLeaks in July 2012 showing Israeli soldiers complain, and the commanders say: 'We don't do well with Gandhi' and asking for permission to shoot us even though there were cameras and international activists among us. (...) Israel is playing with us with a long breath. (...) We must control our anger and push it in the right direction. Our struggle isn’t a weak one! It's very powerful! (...) The world is waking up, and pressure is increasing on Israel, many countries refuse to enter settlements products to its markets. (...) We wish for freedom, justice, security and full equal rights on both sides, then peace will be fulfilled. (...) We ask the free German people to help us with pressuring the German government to make it recognize Palestine and stop funding Israel with weapons that kill us. And we ask all freedom people of Germany to help us and support our non-violent movement on the ground so that we keep on existing and reisisting the systematic transfer. And to push on the German media and news papers to show the reality of what's going on in our everyday life, not just taking the Palestine case on a high level of politics. We need to create a media center with computers and cameras to train youth in filming, editing and posting online, because the camera is our strongest weapon here."10

I chose this testimony for two reasons: On the one hand it is authentic rather than theoretical, on the other hand it focuses on what has been for quite a while the probably biggest challenge of the global peace camp altogether, namely Palestine. Saeed makes the important point here that publicity can actually be stronger than violence. When we take a closer look we will find that this phenomenon is by no means new to us, for we know, for example, investigative journalism and its potential success from Watergate to WikiLeaks. When we resort to the microscope we will even realize that exceptionless all of our legal systems, be they in the East or in the West, counter arbitrary violence by means of a codified public order, for this is what they were made for. Every law in a way serves the end of conflict settlement and violence avoidance, and once the involved public adopts the belief in these laws there will not even be a need for violent penalties to compensate for breeches of the law, manifest e.g. in demonstrations of the stately monopoly of power. This is not at all far-fetched for we largely do accept the laws. Moreover, we believe that money functions, too, and hardly see a reason to question the monetary system. What makes us believe that a paper rag can be the equivalent of, say, two full working days? Is that realistic? Well, it works. So why should nonviolence not work then?

The "Gandhists" in Palestine stand in a long tradition of nonviolent resistance11 reaching back to the times of the Ottoman Empire, and they, too, have self-defense on top of their list. Obviously, as they are being threatened in practise. At the same time, they are very aware of the fact that the global mainstream often regards them as terrorists and not as human beings and that this may be the main reason for the global public to be unable to make a clear decision in accordance with the human rights and international law in this specific case. It is by no means cynical when I point to the fact that Saeed's account bears elements of a "game" scenario, with competitions about the longer breath, action and counter-action and the evaluation of promising strategies. This analysis may sound cold and crass in view of an army that again and again kills and badly wounds people, even right now. Yet, it is only consequent for adherents of nonviolent strategies to think in terms of scenarios that stem from social togetherness, i.e. from their point of reference. In this conceptual frame the notion of solidarity plays a significant role. In summary, the scenario can be described as the correction of role assignments with the help of the public.


The Palestinian village Ni'lin in the West Bank / Das palästinensische Dorf Ni'lin in der Westbank

Der Fall Palästina

Wie gewaltloser Widerstand funktioniert und was man selbst machen kann, ist nicht das Problem.12 Das Problem ist der Friedenspessimismus, dessen hohe Stellung nicht aus der Luft gegriffen ist. Vieles ist in der Vergangenheit schiefgegangen, sonst wären wir heute nicht mit so zahlreichen gewaltsamen Konflikten in der Welt konfrontiert. Die Palästinafrage ist seit Jahrzehnten eine der wichtigsten davon. Heute, nach ungefähr fünfzehn Jahren Erfahrung mit den neuen, nicht-frontalen Medien und der erleichterten Kommunikation über fast alle Grenzen hinweg zeigen sich die Strukturen der Problematik besser denn je, auch weil sich Israels Handlungen immer akzentuierter und konsequenter manifestieren. Hier trennen sich zwei Medienwelten und zwei grundsätzliche Lebensanschauungen; hier können wir auch unser großes kollektives Versagen studieren und uns bewusst machen, wie gigantisch viele Energien an einer einzigen Stelle gebunden sein können. Was, wenn die tausenden und abertausenden Aktivisten in aller Welt, die sich so vehement für die Grundrechte der Palästinenser einsetzen, Zeit für die Schlichtung anderer Konflikte hätten?

Man kann davon ausgehen, dass die Mehrheit der denkenden Bevölkerung in Europa – also auch in Deutschland – inzwischen verstanden hat, dass es in Israel und Palästina nur eine Armee gibt, nicht zwei, und dass diese hochgerüstet ist, zum Beispiel mit etwa drei Milliarden Dollar jährlich von den USA.13 Auch dass Palästina immer kleiner wird, während die Atommacht Israel wächst, ist nur sehr schwer zu übersehen, und die Blockade in Gaza geht uns an die Nieren. Wir wissen das, obwohl unsere frontalen Medien sich große Mühe geben, Israel nicht „zu sehr“ zu kritisieren. (Der amerikanische Mainstream scheint bedauerlicherweise sogar noch weit schlechter informiert zu sein als wir.) Weniger Menschen im Westen ist hingegen bekannt, welche Friedenslösung Israel vorschwebt und welche Landesgrenzen Israel offiziell angibt, denn da ist keine Friedenslösung und da sind auch keine definierten Grenzen. Aber was ist mit dem gut ausgearbeiteten Terror-Szenario, das uns so wichtig ist? Nun, dieses Terror-Szenario überdeckt beispielsweise das Recht auf bewaffneten Widerstand, das völkerrechtlich gesehen auf das besetzte Palästina durchaus zutrifft. Außerdem wird dieses Szenario benutzt, um „den Feind“ zu dämonisieren. Wenn Gaza gleich Hamas, dann sind 500 tote Kinder offenbar kaum der Rede wert.

Die neuen Medien sind nach wie vor eine große Chance für die Erfüllung gewaltlosen Strebens nach Gerechtigkeit, natürlich auch in Palästina. Zu den positiven Trends unserer Zeit gehört die zunehmende Infragestellung der frontalen Medien, da unsere glorreiche freie Presse ihren eigenen journalistischen Prinzipien in zentralen Punkten kaum gerecht wird, was nur von außen konstatiert werden konnte. Dieses Außen ist mit dem globalen Internet nun zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte gegeben und fünfzehn Jahre lang getestet. Um zu verstehen, dass die frontalen Medien bei Themen, die die Staatsräson, also die ideologische Basis der Elite, betreffen, alles andere als objektive Beobachter oder Berichterstatter sind, kann man die Sachlage leicht selbst überprüfen, etwa mit dem, was ich den "Palästina-Medientest" nennen möchte:

Der Palästina-Medientest

Lesen Sie eine Woche lang die alternativen Palästina-Nachrichten auf der Website www.theheadlines.org [nicht mehr aktiv] und vergleichen Sie sie mit dem, was Ihre üblichen Medien – Tageszeitung, TV-Nachrichten, Internetportale – berichten und vor allem mit dem, was sie nicht berichten. Selbst mit geringen Englischkenntnissen werden Sie feststellen, dass es sich um zwei Welten handelt, die nicht beide stimmen können. Die auf der Website gesammelten Schlagzeilen aus Palästina entstammen weitgehend glaubwürdigen Quellen, auch israelischen.14 Verfolgen Sie sieben Tage lang die Details der ständig wiederkehrenden Nachrichten über Tötungen, Folter, Verhaftungen, Hauszerstörungen, Olivenbaumentwurzelungen, Siedlergewalt, Entführungen, Razzien, Ausgangssperren, Landraub, Wasserraub, Erniedrigung und blanken Rassismus. Am Besten schreiben Sie Ihre Ergebnisse auf, ein Prozess, während dessen sich Erkenntnisse verdoppeln können.

Der Medientest gibt uns wichtige Aufschlüsse darüber, warum dieser Konflikt so hartnäckig ist: Er wird nach unterschiedlichen, ja inkompatiblen Kriterien dargestellt. So fallen in der Mainstream-Berichterstattung rechtliche Erwägungen wie UNO-Beschlüsse oder Maßgaben des internationalen Rechts, der Menschenrechte und der Genfer Konventionen fast ganz weg, was auffällig ist. Die frontalen Medien halten – aus welchen Gründen auch immer – die Assymmetrie des Konflikts dadurch aufrecht, dass sie die Handlungen der herrschenden Gruppe meistens auf bloße Reaktionen auf „Terror“ und „Ängste“ verkürzen. Jedes Jahr am 20. Juni gedenkt die standardisierte Weltöffentlichkeit der Millionen Flüchtlinge, die es gibt, und ist dabei peinlich bemüht, möglichst nicht über die Palästinenser zu sprechen, die weltweit die größte Gruppe von Flüchtlingen ausmachen. Wenn ein amtierender israelischer Außenminister im Wahlkampf dazu aufruft, illoyale arabische Bürger mit einer Axt zu köpfen, weil „wir hier sonst nicht überleben würden“, dann bleibt der globale Aufschrei aus.15 Erstaunlich, oder? Und wenn ein großer Aufschrei aufkommt, wie etwa im letzten Sommer, als Israel im Gazastreifen im Namen aller Juden und mit jüdischen Symbolen nicht weniger als einen Genozid16 begangen hat, dann erleben wir dringende Warnungen vor ... einem neu aufkommenden Antisemitismus. Immer, wenn Israel zur Rechenschaft gezogen wird, hört man diesen obszönen Antisemitismusvorwuf. Im Verhältnis von Israel und Palästina finden wir alles, was wir über die Funktionsweise großer Konflikte und ihre Ähnlichkeit mit mafiösen Strukturen wissen müssen.

Sind uns diese Mechanismen in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenspiel erst einmal bewusst geworden, stellt sich ein gesundes Misstrauen gegenüber der frontalen Öffentlichkeit ein und dem, was uns Journalisten, Politiker, Lehrer und dergleichen erzählen wollen. Auf Facebook kursierte eine Nachricht, nach der man beim politischen Mordopfer Nemzow Putins Personalausweis gefunden hat. Diese Satire fasst die derzeitige kritische Wahrnehmung von Medien und Politikern ganz gut zusammen. Man kann leicht Ungereimtheiten in der Art und Weise entdecken, wie die frontale Öffentlichkeit mit der Ukraine-Krise umgeht, mit dem lächerlichen „Krieg gegen den Terror“ oder mit den Aufständen in den Ländern, in denen die USA und ihre Alliierten nach 9/11 mit gewaltsamen Mitteln Regierungswechsel durchgesetzt haben.


The Case of Palestine

The way nonviolent resistance works and the ways we can spring into action are not the problem.12 The problem is peace pessimism, and it does not prevail out of thin air. A lot went wrong in the past, otherwise we would not be confronted with so numerous violent conflicts in the world today. The Palestine question is one of the most important ones and it has been for decades. Today, after about fifteen years of experience with the new, non-frontal media and with enhanced forms of communication almost without borders the structures of the problem are showing more than ever, also because Israel's actions manifest themselves in an increasingly accentuated and consequent manner. Two media worlds separate here and two fundamental philosophies; and we can also study our big collective failure here and ponder about how gigantically much energy can be absorbed in a single place. What if the thousands and thousands of activists who all over the world are so vehemently engaged for the basic rights of the Palestinians were free for concerning themselves with the settlement of other conflicts?

It can be taken for granted that the majority of the thinking population in Europe – including Germany – has understood by now that there is only one army in Israel and Palestine, not two, and that this army is highly armed, for example with about three billion annual dollars from the USA.13 The fact that Palestine gets smaller and smaller while the nuclear power Israel grows, is very hard not to notice, either, and the Gaza siege got under our skin. We know these things despite the fact that our frontal media does its best not to criticize Israel "too much". (The American mainstream unfortunately seems to be even less informed by far than we are.) However, less people in the West are aware of Israel's peace plan and how it defines its country borders because there is no such plan, and there are no such definitions. But what about the sophisticated terror scenario that means so much to us? Well, this terror scenario hushes up the right of armed resistance, for instance, which, from an international law perspective, quite applies to occupied Palestine. Besides, this scenario is used to demonize "the enemy". If Gaza equals Hamas, then 500 dead children apparently hardly are important.

The new media still is a great opportunity for fulfilling the nonviolent quest for justice, also in Palestine, of course. One of the positive trends of our time is the increasing questioning of the frontal media, as our glorious free press in core issues hardly lives up to its own journalistic principles, something that could only be stated from the outside. This outside now, for the first time in human history, exists with the global internet and has been tested for fifteen years. In order to understand that frontal media behavior in issues concerning the reason of state, i.e. the ideological basis of the elite, is everything but objective observation or reporting, you can easily examine the matter yourself, for example by means of what I choose to call the "Palestine media test":

The Palestine Media Test

Read for one week the alternative Palestine news on the website www.theheadlines.org [no longer active] and compare it with what your usual media – daily paper, TV news programs, internet portals – report and especially with what they don't report. You will not fail to find two worlds that cannot both be right. The Palestine headlines collected on this website largely have credible sources, among them Israeli ones.14 Take seven days to follow the details of the repetitive news about killings, torture, arrests, house demolitions, olive tree uprooting, settler violence, abductions, raids, curfews, land theft, water theft, humiliation and outright racism. The best you can do is write down your findings, a process in which insights sometimes double.

The media test provides us with important information about why this conflict has been so pertinacious: It is portrayed according to different, even incompatible sets of criteria. Legal considerations like UN resolutions or norms of international law, the human rights and the Geneva Convention are conspiciously missing almost completely in mainstream media. The frontal media – for whatever reasons – is instrumental in keeping the assymmetry of the conflict by reducing most of the actions of the ruling group to being mere reactions on "terror" and "fears". Every year on June 20 the standardized world public commemorates the millions of refugees that we have, meticulously avoiding to speak about the Palestinians who constitute the largest group of refugees in the world. When an acting Israeli foreign minister in his election campaign calls for the beheading of disloyal Arab citizens with an axe for "otherwise we won't survive here", it goes without a global outcry.15 Amazing, isn't it? And when a big outcry is about to be formulating, like last summer, when Israel, in the name of all Jews and with Jewish symbols, committed not less than a genocide 16 in the Gaza Strip, then we can witness urgent warnings against ... a newly upcoming anti-Semitism. Whenever Israel is called to responsibility you will hear this obscene reproach of anti-Semitism. In the Israel Palestine relation we find everything we need to know about the way big conflicts function and its similarity to mafia structures.

Once these mechanisms in their entirety and their interplay are brought to our awareness we will sense a suspicions vis-á-vis the frontal public, in the things journalists, politicians, teachers and the like want to sell us. On Facebook, news circulated according to which Putin's identity card was found with the assassined political dissident Nemzow. This satire summarizes the current critical view on media and politicians rather well. We can easily detect inconsistencies in the way the frontal public deals with the Ukraine crisis, with the ridiculous "war on terror" or with the uprisings in those countries the US and its allies brought about violent regime changes in the wake of 9/11.

Das Paradebeispiel Palästina weist uns aber auch auf eine der größten Niederlagen des zeitgenössischen gewaltlosen Widerstands hin: das Versagen beim Angriff auf die Mavi Marmara im Mai 2010. Einen Zustand wie im besetzten Gazastreifen gibt es anderswo auf der Welt nicht und kein Gesetzbuch kann so etwas Unmenschliches auch nur ansatzweise rechtfertigen. Die Katastrophe von Gaza 2014 – tausende Menschen, erst eingesperrt, dann totgeschossen als kollektive Bestrafung für nichts – hätte verhindert werden können, hätten wir nicht vier Jahre zuvor gründlich versagt, als die ersten Boote nach Gaza bereits einen erfolgreichen Weg zur gewaltlosen Aufhebung der Blockade bewiesen hatten.

Gewaltloser Widerstand braucht Solidarität. Dass selbst das barbarische Massaker in Gaza uns nicht so weit aufgerüttelt hat, dass wir unsere Positionen und Handlungen ändern, zeigt, dasss wir offenbar nicht genügend verwertbare Lehren aus dem letzten Weltkrieg gezogen haben, der mit seiner Judenermordung aufgrund seiner Einzigartigkeit eher in unsere Dogmatik als in unsere Geschichte eingeordnet wurde. Halten wir aber eines sicher fest: Die Gewaltlosigkeit funktioniert schon. Wir sind es, die nicht funktionieren.


Huwaida throwing roses: In August 2008, the first boats broke the siege of Gaza nonviolently. (All drawings by Anis) / Huwaida wirft Rosen: Im August 2008 durchbrachen die ersten Boote gewaltlos die Belagerung von Gaza. (Alle Zeichnungen von Anis)

Moreover, prime example Palestine also reminds us of one of the harshest defeats in contemporary nonviolent resistance: the failures during the attack on the Mavi Marmara in May 2010. Nowhere in the world will you find a state comparable to the one in the occupied Gaza Strip, and there is no law code that can remotely justify such an inhumane condition. The catastrophe of Gaza 2014 – thousands of people first caged, then shot dead in a collective punishment for nothing – could have been prevented had we not blatantly failed four years earlier when the first boats to Gaza had already proved a successful way for the nonviolent lifting of the siege.

Nonviolent resistance needs solidarity. The fact that not even the barbarian massacre in Gaza stirred us in a way causing us to change our positions and actions shows that we have apparantly been unable to draw sufficient lessons from the last World War which, with its mass killings of Jews was filed under dogmatism rather than under history because of its uniqueness. Let us just understand one thing clearly: Nonviolence works. It is we who don't work.

Die Zeiten haben sich schon lange geändert

Der Friedenspessimismus ist ungebrochen. In den USA mag er 1969 mit den Morden begonnen haben, die mit Charles Manson assoziiert werden. In Deutschland markiert der gesellschaftliche Abstieg Petra Kellys um 1987 einen Wendepunkt. Dazwischen liegt das Jahr 1977, in dem Elvis starb und in dem sich die Punkmusik etablierte, der erste öffentliche authentische Ausdruck von Friedenspessimismus und Nihilismus. Was also machen wir heute in diesem sauren Biotop mit all unseren neuen Bildungswegen und Kommunikationsmitteln?

Wenn jemand Ragtime-Fingerpicking spielen lernen möchte, geht er oder sie auf eine Videoplattform wie YouTube. Kochrezepte findet man auch leicht online, und für schnelles Wissen gibt es Wikipedia. Anregungen für kreative Basteleien und Alltagshilfen posten die Facebook-Freunde, Apps und GPS machen das Leben leichter und die ZDF-Dokumentationen über Wissenschaft und Natur sind wirklich besser geworden. Zu jedem beliebigen Thema findet man mit wenigen Mausklicks Informationen, Texte, Filme, Bilder, was man will. Die derzeitigen globalen Trends zum Selbermachen, Upcyceln und kreativ sein in der eigenen kleinen Welt sind diesem neuen Lebensstil geschuldet, der kaum Geld kostet und der wahrscheinlich einer Menge Leute zum ersten Mal die Gelegenheit gibt, angstfrei eine Sache zu lernen, die sie schon immer interessiert hatte. Man stelle sich das Potenzial all derer vor, die sich in der Schule wegen der dort herrschenden Gruppendynamik nicht entfalten konnten, obwohl sie Talente hatten, die sie vielleicht gar nicht erst kennen lernen konnten.

Die Zeiten haben sich geändert. Der heutige Schachweltmeister Magnus Carlsen bekam seinen Titel mit nur 22 Jahren und war da bereits seit neun Jahren Großmeister. Das übersteigt alle historischen Präzedenzen, ähnlich wie einige moderne Wetterphänomene. In vielen afrikanischen und arabischen Ländern liegt das Durchschnittsalter bei unter zwanzig Jahren, halb so viel wie in der westlichen Welt und Japan.
17 In China entsteht jedes Jahr eine neue Großstadt und dass uns demnächst das Öl ausgeht, gibt uns einen kreativen Ansporn. Dass der technische Fortschritt gewohnt schnell vonstatten geht, darüber denken wir schon gar nicht mehr nach und die globale Logistik war noch nie so gut wie jetzt.

Vor allem aber ist die Welt so nah zusammengerückt wie nie zuvor in der Geschichte. Die Unwissenheit über Gesellschaften in anderen Ländern ist potenziell bedeutend geringer als früher. („Potenziell“, weil das bewusste und unbewusste Weitertragen von Feindbildern in der Öffentlichkeit nicht ohne Folgen bleibt.) Online können wir zum Beispiel die französische Presse von heute lesen und uns über die aktuellen Zustände in Ni'lin über die Dorf-Website informieren. Sprachkurse gibt es ebenfalls online und die witzigsten Werbespots eines jeden Landes sowieso. Gesellschaften können einander wesentlich besser einschätzen als früher und subtiler aufeinander einwirken. Im Bereich der Friedensarbeit eröffnet dies fundamental neue Ansätze und Möglichkeiten. Die Karten sind neu gemischt.

Das Glaubenssystem des Friedens

Was können wir tun, wenn ein Papst sich wiederholt für das Schlagen von Kindern ausspricht? Was, wenn ein Amerikaner behauptet, die Massaker von Hiroshima und Nagasaki seien kein Fehler gewesen? Was, wenn unsere Freunde töten? Das Glaubenssystem des Friedens ist gar nicht so verschieden vom Selbstverständnis der frontalen Öffentlichkeit, wenn man vom doppelten Maßstab und der Heuchelei absieht. Wenn wir wissen, dass eine bestimmte Zeitung Feindbilder in die Gesellschaft trägt, dann sollten wir sie nicht dadurch akzeptieren, dass wir sie kaufen oder gedankenlos zitieren. Politiker, die aus Karrieregründen Gewalt tolerieren, sollte man nicht respektieren, siehe etwa die Sigmar-Gabriel-Story nach seinem Besuch in al-Khalil/Hebron vor drei Jahren, als er die Zustände zunächst anprangerte, dann aber zurückruderte und kleinlaut erklärte, er würde sich von jetzt an besser mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland abstimmen.19 Kurz darauf ist er Vizekanzler geworden. Und Oberst Klein, der eine Hauptverantwortung am Luftangriff von 2009 bei Kunduz trägt, bei dem viele Zivilisten starben, wurde nicht geächtet, sondern kürzlich zum Brigadegeneral befördert.

Times Have Changed Long Ago

Peace pessimism still prevails. In the US it may have started with the 1969 killings associated with Charles Manson. In Germany, the year 1987 marks a turning point when the politician Petra Kelly started losing her position in society. In between lies the year 1977 in which Elvis died and in which punk music was the first public authentic expression of peace pessimism and nihilism. So what are we today doing in this acetous habitat with all our new means of education and communication?

If one wants to learn how to play ragtime fingerpicking he or she can simply turn to a video platform like YouTube. Cooking recipes are easy to find online, too, and for quick facts there is Wikipedia. Facebook friends post inspirational ideas for creative designs and helpful solutions for everyday problems, apps and GPS make life easier, and the BBC documentaries have really improved in giving insights about science and nature. For any given subject one can find information within the range of a few mouse-clicks: texts, films, pictures, whatever is wanted. The current global trends of do-it-yourself, upcycling and be-creative-in-your-small-world are based on this new way of life that hardly costs any money and that probably supplies a lot of people with the first chance to fearlessly learn something they had always wanted to learn. Imagine the potential of all those people who were unable to unfold in school due to the prevailing group dynamics there, despite the fact that they may have had talents they did not even know they could discover.

The times have changed. Today's world champion of chess, Magnus Carlsen, got his title when he was only 22, and even then he had already been grandmaster for nine years. This exceeds all historic precedence, similar to recent wheather phenomena. The average age in many African and Arab countries is under twenty, half of what it is in the western world and Japan.
17 China produces one big new city per year, and running out of oil makes us inventive. Technological progress in the usual speed has become something we don't even think about anymore, and global logistics have never been so effective.

But most importantly of all: The world has come so close together like never before in history. Ignorance of societies in other countries potentially is less by far than in former times. ("Potentially", because the conscious and unconscious promotion of bogeyman and hate scenarios in the public does not remain without an effect.) Online we can read, for instance, the French press of today and inform ourselves about the current condition in Ni'lin via the village website. Language courses are online, too, and the funniest ads from all countries, of course. Societies can much better assess each other than in former times and affect each other more subtly. In peace work, this opens up fundamentally new approaches and possibilities. It's a whole new ball game.

The Belief System of Peace

What can we do when a pope repeatedly promotes the beating of children? What if an American claims the massacres of Hiroshima and Nagasaki were no mistakes? What, when our friends kill? The belief system of peace is not so much different from the self-depiction of the frontal public, aside from the double standards and the hypocrisy. When we know that a specific newspaper promotes hatred then we should not accept it by buying or carelessly quoting it. Politicians, who tolerate violence, should not be respected, like Sigmar Gabriel and his story after visiting al-Khalil/Hebron three years ago. At first he harshly criticized the situation in the city, then he quickly rowed back and sheepishly announced he would from now on seek a closer cooperation with the Central Council of the Jews in Germany.19 Shortly after that he became German Vice Chancellor. And German Colonel Klein, one of the main responsibles for the Kunduz airstrike in 2009, leading to the death of many civilians, was not ostracized, but recently advanced to the title of brigadier general.

Machen wir uns deutlich, dass wir einem Freund eher dann gratulieren, wenn er mit einem großartigen Song im Fernsehen war als dann, wenn er einen großartigen Song geschrieben hat. Die übertrieben große Rolle der Medien wirkt sehr subtil auf uns. Mitleid sollten wir haben mit den verlorenen Seelen, die ohne Rückgrat in den frontalen Medien eine abstruse Staatsräson vertreten, weil sie sonst vielleicht ihren Job verlieren.

Es lässt sich beobachten, dass die Israel-Palästina-Problematik in der frontalen Öffentlichkeit nach wie vor mit dem Vokabular der Achtziger und Neunziger Jahre erklärt wird, was antiquiert und deplatziert wirkt. Gleichzeitig, nach Netanjahus Wiederwahl, wird die Situation weiter eskalieren. Wenn die Gräuel des letzten Sommers nicht ausgereicht haben, um die Welt zum Einlenken zu bewegen, was muss dann erst geschehen? Dieser Gedanke ist angsteinflößend, doch wir müssen uns mit den Tatsachen konfrontieren. Ein optimistischer Ausblick auf einen bevorstehenden Paradigmenwechsel ist nicht angebracht. Alles, was man sagen kann, ist, dass sich die äußeren Umstände geändert haben.

Hier endet der Essay bereits. Ich möchte Ihnen zum Schluss nur noch einen kleinen Gedanken mit auf den Weg geben. Erinnern Sie sich an die obige Geschichte über den Pinsel und dass man statt auf die Borsten auf die Räume zwischen den Borsten geachtet hat? Lassen Sie uns kurz ins alte Ägypten gehen, ich möchte Ihnen etwas zeigen ...


Abydos Cemetery / Friedhof von Abydos

Let us realize that we will congratulate a friend more readily when he was on TV with a great songs rather than when he wrote a great song. The exaggeratedly big role of the media has very subtle effects on us. Pity is the feeling we should have for the lost souls who backbonelessly represent an abstruse state ideology in the frontal media because they could lose their jobs if they didn't.

It can be observed that the Israel Palestine issue in the frontal public is still being presented with the vocabulary of the eighties and nineties which appears rather obsolete and out of place. At the same time, after Netanyahu's reelection, the situation will further escalate. If the atrocities of last summer were not enough for the world to reconsider, then what is needed to be happening? This thought is frightening, nevertheless we have to face facts. There is no reason at all for an optimistic outlook on an impending paradigm change. Everything that can be said is that the external circumstances have changed.

This actually is the end of the essay. I just want to give you one little thought for the road. Remember the above story about the paintbrush when the focus shifted from the bristles to the spaces in between? Let's go to ancient Egypt for a moment, I want to show you something ...

Rechts sieht man eine Zeichnung des Friedhofs von Abydos, zwischen Asiut und Luxor am Nil gelegen. In der oberen rechten Ecke sind Gräber aus der vordynastischen Zeit, einfach gestaltet, sogar die für die letzten Herrscher. Dann ist da ein qualitativer Sprung um das Jahr 3000. Es war eine Zeit, von der bekannt ist, dass sie florierend und friedvoll war. Ägypten war vereinigt. In einem Dokumentarfilm erklärt der Archäologe Professor Günter Dreyer dazu folgendes: „Die Energie, die vorher in die Unterwerfung Unterägyptens ging, war nun nicht mehr erforderlich. Die konnte woanders hinfließen, und hier fließt sie in Architektur.“18 Zwischen die Borsten sehen, das bedeutet auch, dass man untersuchen kann, was im Falle des Fehlens von Gewalt möglich ist, sei es auf der gesellschaftlichen oder der persönlichen Ebene.

On the left you see a drawing of the Abydos cemetary, located on the Nile between Asyut and Luxor. In the top right corner there are graves from the pre-dynastic period, simply made, even those of the last rulers, and then there is a qualitative leap around the year 3000. It was a time known to have been prosperous and peaceful. Egypt was united. In a documentary, the archeologist Professor Günter Dreyer explains: "The energy that before was neccessary to submit lower Egypt could flow elsewhere. In this case into architecture."18 To look between the bristles also means that we can examine the possibilities of life in the absence of violence, be it on the social or on the personal level.


Fußnoten:
1. Siehe www.amnesty-todesstrafe.de/files/ACT50-001-2013_bericht.pdf (zurück)
2. Dieser Trend hat auch Schattenseiten, siehe z.B. World Council of Churches, 13.05.2009, Conscientious objection sees positive global trend but serious problems remain: www.oikoumene.org/en/press-centre/news/conscientious-objection-sees-positive-global-trend-but-serious-problems-remain (zurück)
3. Siehe https://georgelakoff.files.wordpress.com/2011/04/metaphor-and-war-the-metaphor-system-used-to-justify-war-in-the-gulf-lakoff-1991.pdf. (zurück)
4. George Lakoff, 11.0.2013, Obama Reframes Syria: Metaphor and War Revisited: www.huffpost.com/entry/obama-reframes-syria-meta_b_3879335. (zurück)
5. Ich stand direkt daneben im Hörsaal, als Nonkilling-Professor Paige aus Hawaii ihm die Frage stellte. Es muss so 2009 oder 2010 gewesen sein. (zurück)
6. Donald Schön (1993), Generative metaphor: A perspective on problem-setting in social policy, p. 140f. In: Andrew Ortony, Metaphor and Thought, 2nd ed., pp 137-163, available online (zurück)
7. James C. Cone (1991): Martin and Malcolm and America: A Dream or a Nightmare? NY, 358 S. Siehe R. Drew Smiths kurze Rezension im Journal for the Scientfic Study of Religion (01.01.1992, S. 552) unter www.academia.edu/621112/Martin_and_Malcolm_and_America_A_Dream_or_a_Nightmare_review_ (zurück)
8. Democracy Now, 30.01.2015, "Vanguard of the Revolution": New Film Chronicles Rise of Black Panthers & FBI’s War Against Them: www.democracynow.org/2015/1/30/vanguard_of_the_revolution_new_film, zum Teil übernommen von der jungen Welt am 28.02.2015 (zurück)
9. Siehe den Eintrag "Black Panthers" von Carol Oyster in: Gregg Lee Carter (Hg.) (2002): Guns in American Society. An Encyclopedia of History, Politics, Culture and the Law. Vol. 2 (A-L), S. 63f, Santa Barbara, Cal. (auch unter Google Books) (zurück)
10. Islamische Zeitung, 11.03.2015, Bewusste Entscheidung für Gewaltverzicht: Interview mit Saeed Amireh über den Versuch der Bauern von Ni'lin, Ungerechtigkeit anders zu beenden. Von Muhammad Sameer Murtaza: www.islamische-zeitung.de/?id=18910 (zurück)
11. Siehe z.B. Mazin Qumsiyeh (2011): Palestinian Popular Resistance: A History of Hope and Empowerment. 304 S. , Pluto Press, mehr unter http://qumsiyeh.org/popularresistanceinpalestine (zurück)
12. Hier sind drei zentrale Quellen: das Handbook for Nonviolent Campaigns von War Resisters' International (232 S. , 2. Aufl. Juni 2014) unter www.wri-irg.org/system/files/wri_handbook_2014_inner_AMENDED.compressed.pdf; Michael Nagler (2014): The Nonviolence Handbook: A Guide for Practical Action, 84 S. , rezensiert von Ken Butigan unter https://wagingnonviolence.org/2014/04/way-way-nonviolence-handbook/; eine hilfreiche Linkliste steht auf Lisa Fithians "Action Resources"-Seite unter www.organizingforpower.org/action-resource/ (zurück)
13. Siehe z.B. https://ifamericansknew.org/stat/usaid.html (zurück)
14. Diese alternativen Nachrichten bestätigen auch periodische UN-Dokumente wie die auf www.ochaopt.org (zurück)
15. Siehe z.B. die WP vom 1.03.2015 unter www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2015/03/10/israeli-foreign-minister-says-disloyal-arabs-should-be-beheaded/ (zurück)
16. Press TV (10.09.2014): EU Delegation: Israel has committed genocide: www.presstv.ir/detail/2014/09/10/378256/eu-delegation-israel-has-committed-genocide/; Den Begriff „Genozid“ verwenden in diesem Zusammenhang auch die mehr als 350 Überlebende und Nachfahren von Überlebenden und Opfern des Nazi-Genozids in ihrem offenen Brief, in dem sie Israels Angriff auf den Gazastreifen verurteilen: http://ijsn.net/gaza/survivors-and-descendants-letter/ (zurück)
17. Siehe https://my-road.de/info/durchschnittsalter-nach-laendern/ (zurück)
18. Ägypten, Geburt einer Großmacht, 2010, Teil 1, Dokumentarfilm, 90 Min., gezeigt auf Arte am 02.04.2011, Minute 44:38, https://youtu.be/apTRQyK9nKg (zurück)
19. Siehe z.B. Neues Deutschland, 17.03.2012, Aert van Riel: Israelkritik mit Folgen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sucht nach Apartheid-Vergleich Gespräch mit Zentralrat der Juden: www.nd-aktuell.de/artikel/221598.israelkritik-mit-folgen.html (zurück)


Footnotes:
1. See www.amnesty-todesstrafe.de/files/ACT50-001-2013_bericht.pdf (back)
2. This trend also has flaws, see e.g. World Council of Churches, May 13, 2009, Conscientious objection sees positive global trend but serious problems remain: www.oikoumene.org/en/press-centre/news/conscientious-objection-sees-positive-global-trend-but-serious-problems-remain (back)
3. See https://georgelakoff.files.wordpress.com/2011/04/metaphor-and-war-the-metaphor-system-used-to-justify-war-in-the-gulf-lakoff-1991.pdf. (back)
4. George Lakoff, June 11, 2013, Obama Reframes Syria: Metaphor and War Revisited: www.huffpost.com/entry/obama-reframes-syria-meta_b_3879335. (back)
5. I was standing right next to the scene when nonkilling-Professor Paige from Hawaii asked him the question. It was in 2009 or 2010, if I remember correctly. (back)
6. Donald Schön (1993), Generative metaphor: A perspective on problem-setting in social policy, p. 140f. In: Andrew Ortony, Metaphor and Thought, 2nd ed., pp 137-163, available online for free (back)
7. James C. Cone (1991): Martin and Malcolm and America: A Dream or a Nightmare? NY, 358 pp. See R. Drew Smith's short review in the Journal for the Scientfic Study of Religion (Jan 1st, 1992, p 552) at www.academia.edu/621112/Martin_and_Malcolm_and_America_A_Dream_or_a_Nightmare_review_ (back)
8. Democracy Now, Jan. 30, 2015, "Vanguard of the Revolution": New Film Chronicles Rise of Black Panthers & FBI’s War Against Them: www.democracynow.org/2015/1/30/vanguard_of_the_revolution_new_film (back)
9. See the entry "Black Panthers" by Carol Oyster in: Gregg Lee Carter (ed.) (2002): Guns in American Society. An Encyclopedia of History, Politics, Culture and the Law. Vol. 2 (A-L), pp 63f, Santa Barbara, Cal. (also Google Books) (back)
10. Taken from the original email exchange. Source: Islamische Zeitung, March 3, 2015, (Deliberate decision for renunciation of violence: interview with Saeed Amireh about the attempt of the peasants of Ni'lin to end injustice is a different way. By Muhammad Sameer Murtaza: www.islamische-zeitung.de/?id=18910 (back)
11. See e.g. Mazin Qumsiyeh (2011): Palestinian Popular Resistance: A History of Hope and Empowerment. 304 pp, Pluto Press, details at http://qumsiyeh.org/popularresistanceinpalestine (back)
12. Here are three major sources: the Handbook for Nonviolent Campaigns by War Resisters' International (232 pp, 2nd ed. June 2014) at www.wri-irg.org/system/files/wri_handbook_2014_inner_AMENDED.compressed.pdf; Michael Nagler (2014): The Nonviolence Handbook: A Guide for Practical Action, 84 pp, reviewed by Ken Butigan at https://wagingnonviolence.org/2014/04/way-way-nonviolence-handbook/; a helpful link list is on Lisa Fithian's Action Resources page at www.organizingforpower.org/action-resource/ (back)
13. See e.g. https://ifamericansknew.org/stat/usaid.html (back)
14. This alternative news largely concurs with periodical UN documents like the ones on www.ochaopt.org (back)
15. See e.g. the WP from March, 10, 2015, at www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2015/03/10/israeli-foreign-minister-says-disloyal-arabs-should-be-beheaded/ (back)
16. Press TV (Sep. 10, 2014): EU Delegation: Israel has committed genocide: www.presstv.ir/detail/2014/09/10/378256/eu-delegation-israel-has-committed-genocide/; The term "genocide" was also used in this context by more than 350 survivors and descendants of survivors and victims of the Nazi genocide in their open letter condemning Israel's assault on Gaza: http://ijsn.net/gaza/survivors-and-descendants-letter/ (back)
17. See www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/fields/2177.html (back)
18. Ägypten, Geburt einer Großmacht (Egypt, Birth of a Great Power), 2010, Part 1, Documentary, 90 mins, shown on arte on Apr. 2, 2011, minute 44:38, https://youtu.be/apTRQyK9nKg (back)
19. See e.g. Neues Deutschland, March 17, 2012, Aert van Riel: Israel Criticism with Consequences. SPD-Chief Sigmar Gabriel after apartheid comparison seeks the dialogue with Central Council of the Jews (in German): www.nd-aktuell.de/artikel/221598.israelkritik-mit-folgen.html (back)

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