- Geschichtsbuch –
Die Inseln des vorweggenommenen Friedens können sich nur bilden, wenn die auf Unwissenheit gegründeten Hemmschwellen bei den konstituierenden Individuen überwunden sind. Wenn solche Prototypen des Friedens sich mehren und sich in der Öffentlichkeit durchsetzen, kann ein Glaube an den Frieden entstehen. Frieden ist nur da möglich, wo man an ihn glaubt. Wenn die Öffentlichkeit an den Frieden glauben kann, kann sie ihn durch einen Ring von Argumenten und legitimierten Personen nach innen, zum Zentrum der Gewalt hin, durchsetzen und dem Krieg dadurch den Boden entziehen, dass sich immer weniger Leute an ihm beteiligen.
Es ist wahr, dass der Palästina-Israel-Krieg eine lange und schreckliche Tradition hat. 35 Jahre lang hat es kaum Bewegung gegeben, das ist entmutigend. Jedoch haben sich in diesen 35 Jahren anderswo Veränderungen ergeben. Die Entstehung einer neuen Art von Welt-Öffentlichkeit durch das Internet, die sich erst jetzt, in diesen Jahren durchsetzt, scheint mir die wesentlichste Veränderung zu sein. Aber auch der Elfte September setzte neue Maßstäbe und machte uns klar, dass die Welt schwere Konflikte unter der Oberfläche getragen hat und trägt.
Es ist nicht notwendig und nicht förderlich, diese Konflikte mit Gewalt auszutragen. Wichtig ist, den Konflikt benennen und genau beschreiben zu können. Das ist gar nicht so schwierig. Es braucht nur einen Palästinenser und einen Israeli, die zusammen ein Geschichtsbuch schreiben. Da wird sofort klar werden, wo die Konflikte liegen, und Deutschland und die USA sowie weitere Länder werden merken, dass sie weit mehr mit dem Konflikt zu tun haben, als ihnen lieb ist. Lasst uns also dieses Geschichtsbuch schreiben und öffentlich diskutieren. Es kostet auch nicht so viel, wie Krieg zu führen. Solchen konstruktiven Lösungsansätzen steht nichts im Weg, besonders, wenn die israelische Besatzung Palästinas aufhört, für die es keinerlei völkerrechtliche Basis gibt.
Wir leben in einer Welt, in der der Glaube an das Paradies verloren gegangen ist. Was uns bleibt, ist der Glaube an die Hölle. Denn der Krieg ist real, und prüfen Sie selbst, welcher Stimme Sie mehr Vertrauen geben, der Stimme, die sagt, dass es keinen Ausweg aus dem Krieg gibt und dass er sich aufgrund seiner Komplexität und Tradition auf unabsehbare Zeit ausdehnen und vermutlich noch schlimmer werden wird, oder der Stimme, die sagt, dass es Lösungen für diesen Krieg gibt, und dass man selbst etwas dafür tun kann.
Diese Mentalität nehme ich allerdings nicht zum Anlass, meinen Glauben an das Paradies zu schmälern oder aufzugeben. Ein großer Wunsch braucht Formulierung, Manifestierung und den Glauben an sein Eintreten. Eine große Hoffnung besteht darin, dass die Mehrheit der Palästinenser und die Mehrheit der Israelis diesen Krieg nicht wollen.
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