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Pressezeit (3): Die Blumendebatte
Eine Online-Kritik von Anis Hamadeh, 2006
Meet the Press (3): The Flowers Debate
An Online Reflection by Anis Hamadeh, 2006
Inhalt

Kapitel 1: Einleitung – Interview mit Fritz Edlinger – Der Antisemitismusvorwurf – Rezensionen – Einige Links
Kapitel 2: Gilad Atzmon – Shraga Elam – Israel Shamir – Reflexion über Rassismus
Kapitel 3: „Blumen aus Galiläa“ – Vorwort (S.10-14) – Warum ich die Rückkehr der Palästinenser unterstütze (S.15-16) – Fixe Idee (S.17-34) – Der grüne Regen von Yassouf (S.35-49) – Der Mythos des gewaltsamen Sieges

Content

Chapter 1: Introduction – Interview with Fritz Edlinger – The Reproach of anti-Semitism – Reviews – Some Links
Chapter 2: Gilad Atzmon – Shraga Elam – Israel Shamir – Reflection on Racism
Chapter 3: "Flowers of Galilee" – Foreword (p.10-14) – Why I Support the Return of Palestinians (p.15-16) – The State of Mind (p.17-34) – The Green Rain of Yassouf (p.35-49) – The Myth of the Violent Victory

- Einleitung -

(25.01.06) Bei der Untersuchung und Diskussion komplexer Fälle ist es manchmal hilfreich, sich der Sache literarisch zu nähern und sie allmählich einzuordnen in das Geflecht von Beziehungen und Emotionen, die damit verknüpft sind und die den Ursprung ihrer Einschätzung als komplexer Fall bilden. Besonders bei sensiblen Themen ist es geradezu unmöglich, objektiv zu sein. Für einen Dichter ist Subjektivität eine Selbstverständlichkeit, in der eigenen Arbeit und in der von anderen. Dies ist nicht a priori gleichzusetzen mit Voreingenommenheit, sondern bedeutet zunächst, die eigenen Wahrnehmungen und Parameter nicht zu verleugnen und sie mit einzubeziehen. Natürlich gilt das auch für Journalisten. Nur stehen Künstlern mehr Ausdrucksmittel und alternative Herangehensweisen zur Verfügung.

Aus dieser Philosophie heraus entstand im September 2004 die Rubrik „Pressezeit/Meet the Press“ auf Anis Online. Das erste Studien-Objekt war die Süddeutsche Zeitung, die drei Wochen lang online begleitet wurde. Es folgten die Kieler Nachrichten im Dezember 2004.1 Dieser dritte Teil weicht von den vorigen insofern ab, als es sich nicht um die Online-Begleitung einer Zeitung handelt, sondern um eine Besprechung des umstrittenen Buches „Blumen aus Galiläa“ von Israel Shamir sowie um die Rezeption des Buches und des Autors in verschiedenen Öffentlichkeiten. Der Titel „Pressezeit/Meet the Press“ mag noch angemessen erscheinen, wenn der Begriff „Presse“ im weitesten Sinne verstanden wird, der auch die Internet-Öffentlichkeit einschließt. Der „Live“-Charakter der Rubrik bleibt insofern bestehen als spontane Kommentare und Reaktionen in die Betrachtung einbezogen werden. Da der Untersuchungszeitraum dieses Mal länger sein wird und die Zwischenergebnisse im Netz stehen werden, scheint dies realistisch zu sein.

Zum Hintergrund der Blumendebatte: Am 30. Dezember 2005 wollte Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, die „Dortmunder Erklärung“ unterschreiben, die besagt, dass Israelkritik nicht mit dem Antisemitismus-Argument verboten werden darf. Dies kam nicht zu Stande, da ihm vorgeworfen wurde, die Übersetzung von Israel Shamirs umstrittenem Buch „Blumen aus Galiläa“ in Österreich herausgegeben zu haben.2

Das Gespräch über diesen Fall stellte sich als schwierig dar. Tatsächlich ist es – was Shamir angeht – auch meiner Meinung nach notwendig, sich von einigen Äußerungen, Einstellungen und Handlungen zu distanzieren, weil sie zu weit gehen. In einer Dämonisierung und totalen Ablehnung steckt allerdings die Gefahr, dass es in der Übertreibung zu autoritären Nebenerscheinungen kommt. Wird sich auf die Abgrenzung vom Bösen berufen, kann es dazu kommen, dass demokratische Grundsätze relativiert werden. Also ist es wichtig, sich mit den Themen auseinanderzusetzen.

Nach mehreren Anläufen folgt daher hier – aus verschiedenen Warten betrachtet – die Blumendebatte.

Fußnoten:
1: Siehe www.anis-online.de/journalismus/review/pressezeit/01.htm und www.anis-online.de/journalismus/review/pressezeit/01.htm (die Süddeutsche auch auf Englisch) (zurück)
2: „Dortmunder Erklärung“ unter www.steinbergrecherche.com/dortmundererklaerung.htm – Zu Edlinger siehe: „Der Standard“ vom 21.12.05 (Herausgeber Edlinger distanziert sich von „antisemitischen Buch-Passagen“: http://derstandard.at/?url=/?id=2281609) und die Stellungnahme von Fritz Edlinger vom 20.12.05 zu den Vorkommnissen im Zusammenhang mit einer Palästinaveranstaltung in Graz (4 Seiten, PDF-Datei): www.saar.at/pdf/Brief201205.pdf (zurück)


- Introduction -

(Jan. 25, 2006) In the examination and discussion of complex cases it sometimes is helpful to approach the issue in a literary way and to gradually range it in the texture of relations and emotions which are connected with it and which, in fact, constitute the root of their assessment as being complex cases. Especially in sensitive cases it is rather impossible to be objective. For a poet, subjectivity is a matter of course in both the own work and the work of others. Subjectivity is not a priori to be equated with bias, but it first and foremost means to not deny the own perceptions and parameters and to include them. This certainly is also true for journalists. Only that artists can resort to a wider range of means of expression and to alternative approaches.

Derived from this philosophy, the rubric "Meet the Press/Pressezeit" was released on Anis Online in September 2004. The first object of study was the German Sueddeutsche Zeitung which was accompanied online for three weeks. It was followed by the newspaper Kieler Nachrichten in December 2004.1 This third part deviates from the earlier parts, because it is not about an online accompanying of a newspaper, but about a review of the controversial book "Flowers of Galilee" by Israel Shamir as well as about the reception of both book and author, in different publics. The title "Meet the Press/Pressezeit" may still appear adequate, if the term "press" is understood in its widest sense, including also the internet public. The "live" notion of the rubric will be maintained in so far as spontaneous comments and reactions will be integrated in the study. As the time span of examination will be longer this time and as interim results will be put online, this structure seems to be a realistic plan.

Background of the Flower Debate: On December 30, 2005, Fritz Edlinger, Gerenal Secretary of the Society for Austro-Arab Relations, wanted to sign the Dortmund Declaration which mainly says that Israel criticism must not be forbidden with the anti-Semitism argument. The signature was denied to him, because he was charged of being the publisher of the translation of Israel Shamir's controversial book „Flowers of Galilee“ in Austria.2

It appeared that a discussion about this case was difficult. Concerning Shamir, indeed it is necessary, also in my opinion, to take a distance from some utterances, attitudes and actions, as they go too far. Nevertheless, a demonization and total rejection bears the danger of authoritarian side effects in the exaggeration. The claim of demarcations from Evil can lead to the relativization of democratic principles. Therefore it is necessary to deal with these subjects.

Here now, after several starts, follows the flowers debate, portrayed from different angles.

Footnotes:
1: See www.anis-online.de/journalismus/review/pressezeit/01.htm and www.anis-online.de/journalismus/review/pressezeit/02.htm (the Sueddeutsche also in English) (back)
2: "Dortmunder Erklaerung" (Dortmund Declaration): www.steinbergrecherche.com/dortmundererklaerung.htm – Concerning Edlinger see newspaper article (in German) in "Der Standard" Dec 21, 2005 (Publisher Edlinger distances himself from "anti-Semitic book-passages", http://derstandard.at/?url=/?id=2281609) and the statement by Fritz Edlinger from Dec. 20, 2005 concerning a Palestine event in Graz (4 pages, in German, PDF file): www.saar.at/pdf/Brief201205.pdf (back)


Kapitel 1

- Interview mit Fritz Edlinger -

AH: Herr Edlinger, wie bekannt wurde, haben Sie Ihre Meinung über das Buch „Blumen aus Galiläa“ nach seiner Herausgabe relevant geändert. Geschah dies auf äußeren Druck hin oder hatten sie Dinge überlesen oder wie kann man sich das vorstellen?

FE: Als ich den englischen Text des Buches zum ersten Mal gelesen habe, hatte ich ein äußerst ambivalentes Gefühl. Zum einen war ich vom Stil Israel Shamirs beeindruckt, mir gefielen auch seine Aufsätze über kulturelle, kulturhistorische und folkloristische Details Palästinas. Zum anderen gefiel mir persönlich die religiöse Schlagseite mancher seiner Beiträge nicht, besondere Probleme machten mir seine mitunter aggressiv anti-jüdischen Aussagen. Nach längeren Überlegungen und Konsultationen mit dem Verleger entschlossen wir uns trotz aller Für und Wider eine deutsche Übersetzung herauszubringen, allerdings ohne einige der massiv anti-jüdischen Passagen. Mich beeindruckten seine Schilderungen des alten von den zionistischen Siedlern inzwischen großteils vernichteten Palästina derart, dass ich mich also zur Herausgabe des Buches entschloss, auch auf die Gefahr hin, dass die eine oder andere Passage dennoch Anstoß erregen wird.

Ich war also auf eine gewisse Aufregung vorbereitet, dennoch hat mich dann das Ausmaß etwas überrascht. In diesem Zusammenhang möchte ich aber doch erwähnen, dass es zunächst monatelang überhaupt keine negativen Reaktionen gegeben hat. Dann hat aber eine massive Kampagne eingesetzt, es wurde eine Reihe von Zitaten kreuz und quer durch Europa geschickt, was letztlich von einigen antifaschistischen und pro-israelischen Organisationen aufgegriffen wurde. Dass – wie bei derartigen Kampagnen üblich – viele der verbreiteten Zitate vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen sind und dass manche der Aktivisten das Buch nie selbst zur Hand genommen hatten, war für mich nicht neu. Es war für mich persönlich, der ich mich seit mehr als 25 Jahren für die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes einsetze, auch nicht neu, als Antisemit diffamiert zu werden. Ich hatte bereits vorher des Öfteren die Wucht der von „politische korrekten“ Lobbyisten geschwungenen Antisemitismuskeule verspürt. Diesmal kam es aber besonders dicht und auch von Seiten, wo ich das nicht erwartet hatte.

Unter all diesen Eindrücken habe ich also den Text nochmals und nochmals gelesen und habe tatsächlich entdeckt, dass manche Passagen eigentlich so nicht akzeptabel sind. Zusätzlich wurde ich im Laufe dieser wirklich unangenehmen und mühsamen Auseinandersetzungen auch mit Aktivitäten und Facetten des Charakters von Israel Shamir konfrontiert, die mir vorher nicht bekannt gewesen sind. Es hat in der Tat manche äußerst fragwürdige politische Verbindungen und dürfte auch persönlich ein eher problematischer Typ sein. Wie Sie ja wissen, habe ich dies öffentlich eingestanden und mich von diesen Passagen distanziert, und auch in meinem eigenen Wirkungsbereich der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen das Buch zurückgezogen. Aus meiner Sicht ist das mehr als genug, ich bin kein Faschist, um öffentliche Buchverbrennungen zu organisieren.

AH: Wie später noch gezeigt werden wird, gibt es sehr scharfe Ablehnungen dieses Buches und seines Autors in der Öffentlichkeit. Es erhält Etiketten wie „Eine der übelsten Hetzschriften nach 1945“. Vor allem der Antisemitismus-Vorwurf erscheint durchgängig bei den Kritikern. Es scheint, als sage die Rezeption mehr aus als das Buch selbst. Finden Sie das auch?

FE: Zum Antisemitismusvorwurf gegen das Buch habe ich bereits Stellung genommen. Ich akzeptiere, dass manche Passagen antisemitisch sind oder zumindest so interpretierbar sind. Ich möchte mich jedoch nicht allzu tief in die Debatte über jüdischen Antisemitismus bzw. jüdischen Selbsthass involvieren. Dafür gibt es weitaus Berufenere.

Sie haben aber sicherlich Recht, dass die Art und Weise der gesamten Kampagne bereits als solches höchst interessant ist. Wie bereits zuvor erwähnt, habe ich mehrfach die Erfahrung gemacht, dass sich Menschen gegen das Buch, dessen Autor, gegen mich und den Verleger gewendet haben, ohne überhaupt das Buch gelesen zu haben. Ja manche haben nicht einmal die selektive Zitatensammlung gekannt sondern nur von parteiischen Journalisten und oder Wissenschaftlern verfasste Pamphlete. Auch der Zusammenhang zwischen der politischen Situation im Nahen Osten und dem (hier geht es vor allem um den sogenannten neuen) Antisemitismus wurde von manchen Debattenteilnehmern schlichtweg geleugnet. Jenes Komitee, welches z.B. gegen meine Teilnahme an einer Veranstaltung an der UNI-Graz mobilisiert hat, hat in einer persönlichen Aussprache mit mir schlichtweg erklärt, dass sie vom israelisch-palästinensischen Konflikt nichts wissen und dazu daher nichts sagen können, sie seien einfach gegen jegliche Art des Antisemitismus, alles andere sei ihnen egal. Auf meinen Hinweis, dass man sich das nicht ganz so einfach machen können, und dass sie Gefahr laufen, eine bestimmte Rolle in der Strategie der israelischen Regierung, welche alle Angriffe gegen ihre völkerrechtswidrige Besatzungspolitik als antisemitisch diffamiert, zu spielen, hat man gebetsmühlenartig immer dieselben Parolen von sich gegeben. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht überraschend, dass die Etikettierung von der „übelsten antisemitischen Hetzschrift seit 1945“ aus der Schreibstube eines absolut pro-israelischen Dokumentationszentrums in Wien stammt.

Also zusammenfassend: In dem Buch finden sich sicherlich antisemitische Passagen oder zumindest solche, die als solcher interpretierbar sein mögen. Derartiges verbreitet zu haben, mag man mir als Fehler anlasten. Dass es aber leider vielen, welche gegen dieses Buch so wie gegen andere israelkritische und/oder anti-zionistische Bücher mobilisiert und polemisiert haben, darum gar nicht geht, ist für mich eine andere unbestreitbare Erfahrungstatsache. Diesen Lobbyisten geht es schlicht und einfach darum, die unhaltbare Politik Israels zu vertuschen und von deren Verbrechen abzulenken.

AH: Warum wollten Sie die Dortmunder Erklärung unterschreiben und was war die Reaktion?

FE: Ich wollte diese Erklärung vor allem deswegen unterschreiben, weil ich damit meine persönliche Solidarität mit jenen Initiativen und Personen in Deutschland, welche genau gegen diese Instrumentalisierung des Antisemitismus im Interesse der israelischen Politik auftreten, zum Ausdruck bringen wollte. Gerade die jüngsten Ereignisse (Prozess Melzer-Broder, Kampagnen gegen Rupert Neudeck und Ludwig Watzal etc.) zeigen doch deutlich auf, wie höchst notwendig es ist, diesem Gesinnungsterror der „Politisch Korrekten“ entschieden entgegen zu treten..

Ich war daher einigermaßen überrascht, als der Promotor der Dortmunder Erklärung mir mitteilte, dass er meine Unterschrift nicht akzeptiere, da er mir im Mindesten die Verbreitung von antisemitischem Gedankengut vorwirft. Ob er zu diesem Zeitpunkt „Blumen aus Galiläa“ selbst gelesen hatte oder sich nur auf Informationen aus zweiter und dritter Hand bezog, entzieht sich meiner Kenntnis. Mich hat diese Ablehnung überrascht, höchst unangenehm berührt hat mich aber der apodiktische Ton sowie die Forderung, wonach meine Unterschrift eventuell doch akzeptiert werden könne, wenn ich eine ausführliche Distanzierung von Israel Shamir und dem Buch „Blumen aus Galiläa“ verfasste. Nun, ich kenne Herrn Steinberg nicht persönlich, aber der Mann scheint doch eine etwas merkwürdige Auffassung von Toleranz, Meinungsfreiheit und Diskussionskultur zu haben. Diese Forderung erscheint mir eine Kreuzung von kirchlichem und parteipolitischem Obrigkeitsdenken zu sein. Ich dachte mir eigentlich, dass beides kulturgeschichtlich bereits hinter uns liegt, zumindest hier in Mitteleuropa.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch über eine Erfahrung berichten, die ich im Laufe der Jahre mehrfach machen musste: Wenn es um Israelkritik geht, habe ich wiederholt festgestellt, dass jüdische Freunde, deren Judentum für sie selbst, aber auch für unsere persönliche Beziehung absolut kein Thema war, sich plötzlich merkwürdig reserviert verhalten. Ich habe dafür einige Erklärungen, die durchaus auch auf nicht-zionistische Juden anwendbar sind. Diese reichen von einem mitunter extrem starken Milieudruck (es ist sicherlich auch für säkulare nicht-zionistische Juden keine Freude, von Zionisten und/oder gläubigen Juden ständig als Verräter oder dergleichen diffamiert zu werden) bis hin zu einer vorauseilenden Selbstzensur. Ich habe auch bei sehr israelkritischen Juden selbst schon die Erfahrung machen müssen, dass sie sehr wohl differenzieren, wer da Kritik an Israel übt. Offensichtlich wird Nicht-Juden (noch dazu wenn diese aus Österreich oder Deutschland kommen) ein niedrigeres Maß an Israelkritik zugestanden als man für sich selbst in Anspruch nimmt. Ich war bereits des Öfteren mit der überraschenden Situation konfrontiert, dass sehr israelkritische Juden meine Kritik zurückgewiesen oder zumindest relativiert haben. Es ist nicht auszuschließen, dass auch diese Zurückhaltung etwas mit einem mehr oder minder bewusst ausgesprochenen Antisemitismusvorwurf bzw. -vorbehalt zu tun hat. Offensichtlich gilt hier das Prinzip „Quod licet Iovi not licet bovi“.

AH: Was sind für Sie die zentralen Fragen in der Blumendebatte?

FE: Für mich gibt es da vor allem zwei zentrale Fragen: Die Auseinandersetzung über Antisemitismus und jüdischen Selbsthass sowie die Frage der politischen Instrumentalisierung des Antisemitismus im Interesse der israelischen Besatzungspolitik.

Zur Frage des Antisemitismus möchte ich dem bereits vorhin Gesagten eigentlich kaum mehr etwas hinzufügen. Aufgrund meiner eigenen politischen Sozialisierung (Ich komme aus der linken Sozialdemokratie und habe im Zuge meiner politischen Schulung in den Sechziger Jahren die radikale Ablehnung von Faschismus jeglicher Art gewissermaßen mit der politischen Muttermilch aufgesogen; ich bekenne mich auch heute noch zu Parolen wie „Wehret den Anfängen“ und „Nie wieder Krieg“ und lehne Antisemitismus und jegliche andere Art des Rassismus auf das Entschiedenste ab!) halte ich mich persönlich eigentlich für ziemlich immun gegenüber jeglicher Art des Antisemitismus, ob alt oder neu. Ich muss aber einschränkend hinzufügen, dass ich doch ziemliche Probleme mit der von den einschlägigen „Fachautoritäten“ in den letzten Jahren entwickelten Theorie des sogenannten neuen Antisemitismus habe. Die einschlägigen Definitionen sind derart vieldeutig und unklar, dass man mehr oder minder je nach Gutdünken den Kreis der neuen Antisemiten sehr weit ausdehnen kann. Man hat das ja vor nicht allzu langer Zeit mit dem vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung vorgelegten Definitionsversuch für Antisemitismus gesehen. Ich plädiere also in diesem Zusammenhang dafür, dass man sich auf die harten Fakten des alten Antisemitismus (also Verherrlichung des Nationalsozialismus, Holocaustleugnung, verschiedene Aspekte des alten christlichen Antisemitismus etc.) beschränkt, und alle anderen neuartigen Definitionen dem Reich der unwissenschaftlichen Spekulation überlässt.

Zur höchst spannenden Auseinandersetzung über jüdischen Antisemitismus und jüdischen Selbsthass kann und will ich nichts sagen. (Obwohl ich als Schüler von Bruno Kreisky, dem man selbst all das vorgeworfen hat, einige Beobachtungen beizusteuern hätte.)

Damit komme ich zur zweiten zentralen Frage, die in der Blumendebatte eine Rolle spielt: Die politische Instrumentalisierung des Antisemitismus. Ich habe bereits einige Male erwähnt, dass dies für mich persönlich die wirklich spannende Frage ist. Denn hier geht es, wenn Sie mir diesen legeren Ausdruck verzeihen, an's Eingemachte. Hier geht es um die politische Realität. Es ist ja inzwischen eine Binsenweisheit, dass das politische Establishment in Israel und ein beträchtlicher Teil der internationalen jüdischen Organisationen den Antisemitismusvorwurf als Waffen gegen alle Kritiker der israelischen Expansions- und Besatzungspolitik verwenden. Selbst dort, wo keine wie immer gearteten antisemitischen Argumentationen verwendet werden, wird – siehe die Theorie des „neuen Antisemitismus“ – sofort die Keule des Antisemitismusverdachtes geschwungen. Da ich seit mehr als 25 Jahren mit Israel/Palästina zu tun habe, kann ich auch bereits einige historische Vergleiche anstellen. Und eine Tatsache steht für mich außer Zweifel: Je ärger die israelische Besatzungspolitik und demzufolge auch ihr Grad an Völkerrechtswidrigkeit wurde, desto stärker wurde die Waffe des Antisemitismusvorwurfes eingesetzt. Nun hat die israelische Landraub- und Besatzungspolitik unter Arik Sharon zweifellos ihren Höhepunkt erreicht, sodass es natürlich auch eines entsprechenden propagandistischen Ausgleichs bedarf. Neben der (weitgehend von Israel geschaffenen und den USA akzeptierten) verbreiteten These, wonach es auf palästinensischer Seite eben keinen Gesprächspartner gäbe, ist das Antisemitismusargument das weltweit wichtigste Vehikel zur Durch- und Umsetzung der israelischen Politik. Es besteht für mich also ein klarer Zusammenhang zwischen Art und Ausmaß der israelischen Politik und der Intensität und Häufigkeit des Einsatzes der „Antisemitismuswaffe“. Dies war für mich auch im Zusammenhang mit der Blumendebatte eindeutig festzustellen.

Noch eine kurze Bemerkung im Zusammenhang mit der merkwürdigen Debatte mit Herr Steinberg: Vieles war ihm wichtig, er präsentierte zuletzt eine bereits kaum mehr übersehbare Liste an Zitaten und Distanzierungsforderungen, aber den Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um das Buch und der israelischen Politik hat er ebenfalls nicht gesehen oder nicht sehen wollen, zumindest hat dies in der Korrespondenz mit mir absolut keine Rolle gespielt.

AH: In einem Ihrer letzten Artikel plädierten Sie für „Dialog statt Ausgrenzung“, auch in Hinsicht auf die Hamas, die die Wahlen gewonnen hat. Welche Art von Dialog meinen Sie damit?

FE: Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass ich ein unbedingter Anhänger des Prinzips bin, politische Konflikte sowohl im innerstaatlichen wie auch im internationalen Bereich mit gewaltlosen politischen Mitteln lösen zu wollen. Ich bin also entschieden gegen Gewalt, von wem immer diese auch ausgeübt wird. Gewalt löst keine Konflikte, sie schafft nur weitere. Und was für den einen legitime Gewaltanwendung für einen „guten Zweck“ ist, stellt für den anderen Terror dar. Das hat auch vor kurzem wieder die ergebnislos verlaufene Debatte im Rahmen der Vereinten Nationen bewiesen. Der israelisch-palästinensische Konflikt ist ein Schulbeispiel dafür, wie man mit Gewalt nur Gegengewalt erzeugt und sich dadurch von einer Lösung der dem Konflikt tatsächlich zugrunde liegenden Fragen nur noch weiter entfernt.

Mit meinem Appell „Dialog statt Ausgrenzung“ habe ich mich zunächst auf die Europäische Union bezogen. Diese hat in ihren ersten Reaktionen auf den überraschend klaren Wahlsieg der Hamas bei den Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat die Hamas gleich mit einigen unabdingbaren Forderungen konfrontiert. Man müsse sich vom Terror distanzieren, das Existenzrecht des Staates Israel anerkennen und mehr oder minder auch gleich Oslo und die Road Map anerkennen. Auf eine ähnlich ultimative Forderung an die israelische Regierung, ab sofort keinen Staatsterror in Form von Luftangriffen auf palästinensische Städte und Dörfer sowie in Form von sogenannten gezielten Tötungen auszuüben, warte ich noch heute. Auch kein einziges Wort darüber, dass Israel sich – den einschlägigen UN-Resolutionen folgend – sämtlich 1967 besetzten Gebiete räumen und damit die Voraussetzung zur Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates schaffen solle. Dies war eine völlig einseitige und provokative Stellungnahme, die dem – angeblich von der EU so hochgehaltenen – Prinzip der friedlichen Konfliktlösung konträr widerspricht. Es ist besteht absolut kein Zweifel daran, dass sich Hamas verändern wird müssen, um einen Friedensdialog führen zu können. Aber das Gleiche gilt für Israel! Man kann keinen Dialog erwarten, wenn man von vorneherein einen der beiden Partner ausgrenzt. Die EU ist damit unglücklicherweise jenem Muster der Ausgrenzung und Schaffung unnötiger Feindbilder gefolgt, welches seit Jahrzehnten für das völlige Scheitern jeglicher israelisch-palästinensischer Friedensgespräche verantwortlich ist. In dem Maße wie sich die Palästinenser ihren Gesprächspartner auf der israelischen Seite nicht aussuchen können, wird Israel und die gesamte Welt nicht umhinkommen, jene Kräfte auf palästinensischer Seite anzuerkennen, welche aus demokratischen Wahlen als Vertreter des palästinensischen Volkes hervorgegangen sind, und dies ist nun einmal – ob uns das passt oder nicht – die Hamas. Sollte man nicht endlich dieses demokratische Grundprinzip anerkennen und dem palästinensischen Volk nicht endlich ein Mindestmaß an Autonomie und Entscheidungsfreiheit einräumen, ist es aus meiner Sicht leider zu erwarten, dass ein neues blutiges Kapitel in der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konfliktes aufgeschlagen wird.

AH: Sehen Sie Beziehungen oder Parallelen zwischen der Blumendebatte und der derzeitigen Karikaturendebatte?

FE: Ohne jetzt allzu sehr in die Tiefe gehen zu wollen, so gibt es doch einige Parallelen. Um nur einige zu nennen: das Vorhandensein von Tabus und das bewusst provokative Brechen derselben, die Schaffung und Vertiefung von Feindbildern, die Schaffung von Doppelstandards oder auch die Nutzung von Fehlern/Fehlentwicklungen der jeweils anderen Seite für eigene Zwecke. Über allem steht aber die Unkultur des Einander-Nicht-Zur-Kenntnisnehmen-Wollens und der Dialogverweigerung.

Als Sozialist liegen mir religiöse Angelegenheiten nicht besonders am Herzen und ich fühle mich den Werten der Aufklärung sehr verpflichtet. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist aber im gegenständlichen Fall nicht der eigentliche Kern des Problems, dieser ist vielmehr eine bewusst herbeigeführte Konfrontation. Die ganze Aktion des dänischen Blattes „Jyllands-Posten“, welches ganz offensichtlich ein ultrarechtes rassistisches Machwerk ist und welches die Veröffentlichung von angeblich antichristlichen Karikaturen abgelehnt hat, stellte eine von langer Hand geplante Aktion dar. Somit versteckt sich hinter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit eine skandalöse rassistische volksverhetzende und ausländerfeindliche Aktion. Und diese ist auf das Schärfste abzulehnen, Meinungsfreiheit und Toleranz hin oder her. Man sollte auch nicht das politische Umfeld außer Acht lassen: Die seit vielen Jahren regierende Rechtsregierung in Dänemark verfolgt wohl eine der ausländerfeindlichsten Politiken überhaupt. Sie ist charakterisiert von der Schaffung von Feindbildern und von bewussten Provokationen. Wenn sich da der dänische Ministerpräsident – viele Monate nachdem die Karikaturen erschienen sind und einige Monate nachdem er das Gespräch mit den arabisch-islamischen Botschaftern abgelehnt hat – für die ganze Aktion entschuldigt, so ist das im höchsten Maße unglaubwürdig. Hier wird eine bewusste Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung betrieben. Insofern gibt es jede Menge Ähnlichkeiten zum israelisch-palästinensischen Konflikt und letztlich auch zur Blumendebatte.

Die gewalttätigen Reaktionen gegen europäische Institutionen in verschiedenen islamischen Staaten stellen eine absolut unverständliche Überreaktion dar und sind daher vehement zu verurteilen. Jene islamischen Politiker, welche diese Aktionen befürwortet ja geradezu provoziert haben, sind aber besonders zu verurteilen. Die meisten davon missbrauchen religiöse Gefühle für eigennützige Interessen der Machterhaltung. In diesem Zusammenhang möchte ich aber betonen, dass sich viele islamische Politiker durchaus verantwortungsbewusst verhalten haben, indem sie die außer Kontrolle geratene Gewalt der Straße scharf verurteilt haben. Ich kann und will aber auch nicht darüber hinweg sehen, dass es auch in Europa genügend skandalöse (hier hat sich der französische Innenminister Sarkozy wieder einmal besonders hervorgetan) aber auch lauwarme, das eigentliche Problem negierende und verharmlosende, Stellungnahmen gegeben hat. Angesichts der monatelangen Vorgeschichte, der fremdenfeindlichen Politik Dänemarks und der klaren Tendenz der gesamten EU zu einer rigideren Fremdenpolitik reichen verbale Entschuldigungen und Appelle zur Mäßigung- wie sie z.B. auch seitens der österreichischen EU-Präsidentschaft gemacht worden sind – einfach nicht mehr aus. Hier steht auch die gesamte Außen-, Sicherheits-, Nahost- und letztlich auch Fremdenpolitik der EU mit zur Debatte. Und diese ist ja wirklich alles andere als tolerant, verständnisvoll und kooperativ. Auch hier wieder eine klare Parallele zur Blumen- bzw. zur Nahostdebatte: Auch hier kann man sich oft des Eindruckes nicht erwehren, dass es sich um einen Dialog von Tauben handelt.

Es gäbe hier noch viel zu sagen, z.B. die Frage inwieweit diese weitgehend doch unkontrollierte Explosion auch Ausdruck eines ganz unreligiösen Minderwertigkeitskomplexes der arabisch-islamischen Menschen ist. Aber eines, auch wenn es unmittelbar mit der Blumendebatte nichts zu tun, möchte ich zum Abschluss – nicht zuletzt auch zur Vermeidung von mehr oder minder bewussten Missverständnissen – doch noch sagen: Natürlich ist es falsch, für diese jüngste Konfrontation die alleinige Schuld bei Europa zu suchen. Einige wenige arabische Kommentatoren haben den Mut gehabt, auch auf die eklatanten Fehler und Schwächen des Islam als Religion bzw. der islamischen Staaten hinzuweisen. Solange sich der Islam in seiner großen Mehrheit als starre und seit Jahrhunderten unveränderte Theokratie darstellt und die ideelle und politische Rechtfertigung für diktatorische Staaten, inhumane Gesetzesauslegungen und terroristische Verirrungen gibt, wird er ein gewisses Maß an Mitschuld an der weitverbreiteten gesellschaftspolitischen und kulturellen Misere in der islamischen Welt nicht von sich weisen können. Und das genau ist die eigentlich spannende Frage: Wann und unter welchen Bedingungen wird der Islam endlich den Ballast an mittelalterlichen Vorstellungen und Vorschriften über Bord werfen und einen Beitrag zur Emanzipation und gesellschaftlichen Weiterentwicklung der Muslime leisten? Dazu gibt es Ansätze in der weltweiten islamischen Gemeinschaft („Umma“) aber mehr noch nicht. Der Westen aber, der sich da in den letzten Tagen und Wochen wieder einmal als geistig und politisch total überlegen geriert hat, sollte sich hier doch etwas zurück nehmen und sich seines hohen Maßes an Mitschuld an der gegenwärtigen Situation im Orient bewusst werden. Deshalb klingen auch die meisten noch so verständnisvoll und ausgleichend klingenden Erklärungen europäischer Politiker so hohl und unglaubwürdig.


Chapter 1

- Interview with Fritz Edlinger -

AH: Herr Edlinger, it appeared in public that you have changed your opinion about the book "Flowers of Galilee" in a relevant way after that you published the German translation. Did this come about out of external pressure or did you miss some bits in the reading or how can this be imagined?

FE: When I read the English text of the book for the first time I had an extremely ambivalent feeling. On the one hand I was impressed by the literary style of Israel Shamir and I also liked his essays on the cultural, historico-cultural and folkloristic details of Palestine. On the other hand, I personally did not like the religious over-emphasis of some of his contributions. Especially problematic for me were his sometimes aggressive anti-Jewish statements. After longer considerations and consultations with the editor we decided to publish a German translation, despite all pros and cons, and yet with the exclusion of some of the massively anti-Jewish passages. His depictions of the old Palestine, which in the meantime has mostly been destroyed by the Zionist settlers, impressed me in such a way that I decided to publish the book, being aware that one or another passage would still be disturbing.

Thus I was prepared for a certain amount of commotion. It was the extend that astonished me a little. Yet I would like to mention in this context that in the beginning there had for months not been any negative reactions, at all. Then a massive campaign set in, a couple of quotations were transmitted throughout Europe and finally caught by some anti-fascist and pro-Israeli organisations. The fact that many of the diffused quotations were completely taken out of context and that some of the activists have never looked into the book themselves was not a new phenomenon to me. It is usual in this kind of campaigns. No news, either, to personally be defamed as an anti-Semite, as I have for more than 25 years been a committed worker for the legitimate rights of the Palestinian people. I had experienced the vehemence of the anti-Semitism club several times before, swung by "politically correct" lobbyists. This time it was especially dense and also from unexpected sides.

So, after these impressions, I read the text over and over again and indeed found that some of the passages actually are not acceptable in this way. Additionally, in the course of this really unpleasant and arduous discussion I was confronted with activities and facets of Israel Shamir's character which I did not know before. He does have some extremely questionable political connections and will be a rather problematic character personally, too. As you know, I have publically admitted that and dissociated from these passages. Besides, I took the book off in my own sphere of action, the Association for Austrian-Arab Relations. In my view this is more than enough, I am not a fascist to organize public burnings of books.

AH: As will be shown later on, there are very sharp rejections of this book and its author in the public. It receives labels like "one of the most evil sedition pamphlets since 1945". Most of all, the reproach of anti-Semitism constantly appears in the critics. It seems as if the reception is more revealing than the book itself. Do you agree?

FE: On the reproach of anti-Semitism against this book I already had a word. I do accept that some passages are anti-Semitic or, at least, can be interpreted this way. However, I do not want to bring myself too much into the debate on Jewish anti-Semitism and Jewish self-hatred, respectively. There are others better suited for this by far.

You certainly are right that the manner of the whole campaign as such already is most interesting. As mentioned, I several times made the experience that people turned against the book, its author, against me and the editor without even having read the book. Some did not even know the selective collection of quotes, but only pamphlets authored by biased journalists and/or scientists. Also, the connection between the political situation in the Middle East and anti-Semitism (in this case mostly the so-called new anti-Semitism) was simply denied by some of the participants of the debate. The very committee, which e.g. had mobilized against my participation in an event at the University of Graz, told me in a personal encounter that they do not know anything about the Israeli Palestinian conflict and thus were unable to talk about it. That they simply were against any kind of anti-Semitism, everything else would not be their concern. I remarked that it was not as simple as that and they can be subject of playing a special role in the strategy of the Israeli government, who defame all attacks against their unlawful policy of occupation as anti-Semitic, but they only repeated the same slogans over and over again. In this context, it is not surprising, either, that the labelling as "the most evil anti-Semitic sedition pamphlet since 1945" originates in the writing-office of an absolute pro-Israeli documentation centre in Vienna.

In summary: there surely are anti-Semitic passages in the book, or at least such which can be interpreted this way. I may have to take the blame for having distributed this. Another empirical fact in my view is that unfortunately many people, who have mobilized and polemized against this book as well as against other books critical of Israel and/or anti-Zionist books, are not really concerned with anti-Semitism. Those lobbyists are simply concerned with hushing up the untenable policy of Israel's and to distract people from their crimes.

AH: Why did you want to sign the Dortmund Declaration and what was the reaction?

FE: Most of all, I wanted to sign this declaration to express my personal solidarity with those initiatives and individuals in Germany, who are active against this very instrumentalization of anti-Semitism on behalf of the Israeli government. Yet, especially the latest events (law-suit between Melzer-Broder, campaigns against Rupert Neudeck and Ludwig Watzal etc.) clearly indicated the necessity to decidedly oppose this terror of opinion by the "politically correct".

Therefore I was rather surprised when the promoter of the Dortmund Declaration told me he does not accept my signature as he blames me, at least, for the distribution of anti-Semitic thoughts. Whether he had read "Flowers of Galilee" himself at that point or whether he was referring to second or third hand information is not known to me. This rejection astonished me, but what touched me most unpleasantly was the apodictic tone as well as the demand according to which my signature might eventually be accepted if I authored an extended dissociation of Israel Shamir and the book "Flowers of Galilee". Well, I do not know Herr Steinberg personally, but the man does seem to have a rather odd understanding of tolerance, freedom of opinion and the culture of discussion. This demand appears to me to be a hybrid of clerical and party-political authority thinking. I was under the impression that both lays behind us, seen from a historico-culturally angle, at least here in Central Europe.

In this context, I would like to report about an experience I had to make several times in the course of the years: when the talk is about Israel I repeatedly noticed that Jewish friends, for whom their Jewishness is absolutely no subject, as well as it is not in our personal relationships, suddenly behaved in a strange and reserved way. I have some explanations for this phenomenon, they are well applicable to non-Zionist Jews, too. They range from a sometimes extremely strong milieu pressure (it surely is no pleasure for secular non-Zionist Jews, either, to continuously be defamed to be a traitor or something like that by Zionists and/or believing Jews) to a self-censorship in the anticipation of doing the right thing. Also in Jews, who are very critical of Israel, I had to make the experience that they do differentiate between the people who criticize Israel. Apparently, non-Jews (especially when from Austria or Germany) are granted a lower degree of Israel criticism than what they grant to themselves. Several times I have been confronted with the surprising situation that Jews, who are very critical of Israel, rejected my criticism or, at least, relativized it. It cannot be excluded that this aloofness, too, has something to do with a more or less consciously articulated reproach or reservation because of anti-Semitism. Apparently, the principle "Quod licet Iovi not licet bovi" is applied here.

AH: What do you think are the central issues in the flowers debate?

FE: For me there are two central issues at the outset: the discussion about anti-Semitism and Jewish self-hatred as well as the question of the political instrumentalization of anti-Semitism on behalf of the Israeli occupation policy.

Concerning the issue of anti-Semitism there hardly is anything I would like to add to what I already said. Due to my own political socialisation (My origin is in left social democracy and in the course of my political education in the sixties the radical rejection of every kind of fascism was, so to speak, my political mother's milk; until today I feel committed to slogans like "nip it in the bud" and "no more war" and I emphatically reject every kind of anti-Semitism and every other kind of racism!) I consider myself rather immune against every kind of anti-Semitism, be it old or new. However, I have to add that I find the theory of the so-called new anti-Semitism, which has been developed in the past years by the relevant "skilled authorities", most problematic. The standard definitions are so ambiguous and vague that the circle of these new anti-Semites can be widely extended at discretion. Not long ago we could witness the attempt of defining anti-Semitism in the Berlin Centre for anti-Semitism Research. In this context I plead for the limitation on the hard facts of old anti-Semitism (i.e. glorification of National Socialism, Holocaust denial, different aspects of old Christian anti-Semitism etc.) and to leave all the other novel definitions to the realm of unscientific speculation.

I cannot and will not contribute to the really interesting discussion about Jewish anti-Semitism and Jewish self-hatred (Although, as a disciple of Bruno Kreisky, who was reproached for all this himself, I have some observations available.)

This leads me to the second central issue in the flowers debate: the political instrumentalization of anti-Semitism. I mentioned before that this is the real stirring issue for me personally. For here we come down to – if you excuse the casual expression – the nitty-gritty. It is about the political reality. For by now it is a truism that the political establishment in Israel and a considerable part of international Jewish organisations are using the reproach of anti-Semitism as a weapon against all critics of the Israeli policy of expansion and occupation. Even in situations, where there is no use whatsoever of anti-Semitic argumentation, the club of anti-Semitism suspicion is swung at once – see the theory of "new anti-Semitism". As I have been dealing with Israel/Palestine for more than 25 years I can even draw some historical comparisons. There is one fact I see without a doubt: the more violent the Israeli occupation policy and with it its grade of violating the law of nations had become the more use was made of the weapon of the approach of anti-Semitism. Now the Israeli policy of land robbery and occupation doubtlessly has reached its peak under Arik Sharon so that there is the natural need for an adequate propagandistic compensation. Next to the known thesis (mostly generated by Israel and accepted by the US), according to which there is no dialogue partner on the Palestinian side, the anti-Semitism argument worldwide is the most important vehicle for the enforcement and implementation of the Israeli policy. Thus, to me there is a clear connection between the manner and extension of the Israeli policy and the intense and abundant use of the "weapon of anti-Semitism". This is an important thing to clearly mention also in the context of the flowers debate.

Another short remark in the context of the odd debate with Herr Steinberg: there were many things important to him, in the end he presented an immense list of quotations and demands for dissociation, but he did not see or did not want to see the context between the discussion about the book and the Israeli policy, either, at least it did not play any role, at all, in our correspondence.

AH: In one of your latest articles you plead for "dialogue instead of exclusion", also in respect to Hamas who won the elections. What kind of a dialogue do you have in mind?

FE: Let me state, first of all, that I am an absolute follower of the principle to solve political conflicts, both on the national and the international levels, with nonviolent political means. Thus I am deliberately against violence, no matter who exerts it. Violence does not solve conflicts, but it only creates new ones. And what is regarded a legitimate use of violence for a "noble cause" by one individual, may be conceived as terror by somebody else. The recent inconclusive debate in the framework of the United Nations proved it once more. The Israeli Palestinian conflict is a textbook example for how violence only generates counter-violence and how violence only moves people farer away from a solution of the factual questions which are the fundament of the conflict.

With my appeal "dialogue instead of exclusion" I have mainly referred to the European Union. The EU in its first reaction on the surprisingly clear election victory of the Hamas in the elections of the Palestinian Legislative Council had immediately confronted Hamas with some indispensable demands. They would have to distance themselves from terror, to acknowledge the existential right of the State of Israel and, more or less, accept Oslo and the Road Map. Until today I am waiting for a similarly ultimate demand for the Israeli government to stop at once all state terror like air-raids on Palestinian cities and villages as well as the so-called targeted killings. Neither was there a word that Israel shall withdraw from all the areas occupied in 1967 – following the relevant UN resolutions – and in such a way create the suppositions for the foundation of a viable Palestinian state. It was a completely one-sided and provocative statement which strongly contradicts the principle of peaceful conflict resolution, allegedly so much promoted by the EU. Yet there is no doubt, at all, about the fact that Hamas will have to change in order to lead a dialogue on peace. But the same is true for Israel! You cannot expect a dialogue when you exclude one of the two partners at the outset. Unfortunately, the EU, with this contribution, followed the very pattern of exclusion and of the creation of unnecessary enemy thinking which for decades has been responsible for the complete failure of any Israeli Palestinian peace talk. To the same amount, to which Palestinians cannot choose their discussion partners on the Israeli side, Israel and the whole world cannot escape to acknowledge those powers on the Palestinian side which emerged from democratic elections as representatives of the Palestinian people, and this is Hamas, whether we like it or not. Should we not finally accept this democratic principle and should we not leave a minimum of autonomy and freedom of decision to the Palestinian people, then to my mind it is to be expected that unfortunately a new bloody chapter will be opened in the history of the Israeli Palestinian conflict.

AH: Do you see any relations or parallels between the flowers debate and the current cartoons debate?

FE: Without wanting to move too deeply into the issue I can say that there are quite some parallels. To name but a few: the existence of taboos and the consciously provocative violation of these taboos, the creation and the strengthening of enemy thinking, the creation of double standards and the exploitation of mistakes/undesirable developments of the respective other party for one's own ends. But above all stands the bad culture of not wanting to take note of the other and of rejecting the dialogue.

As a socialist I am not much concerned with religious matters and I feel very much obliged to the values of enlightenment. In the case at hand, however, the freedom of opinion is not the real core of the issue, it rather is about a consciously provoked confrontation. The whole action of the Danish paper "Jyllands-Posten", which obviously is an ultra-right-wing, racist concoction and which had refused the publication of allegedly anti-Christian caricatures, was a thoroughly planned action. Thus there is a scandalous, racist, criminal action hostile to foreigners which hides behind the guise of freedom of opinion. And this is to be rejected most emphatically, despite freedom of opinion and tolerance. One should not neglect the political environment, either: this right-wing government in Denmark, which has been ruling for many years, pursues one of the most hostile policies towards foreigners, at all. It is characterized by the creation of enemy pictures and by intentional provocations. When the Danish prime minister – many months after the publication of the caricatures and several months after he had refused the dialogue with the Arab-Islamic ambassadors – apologizes for the whole thing, then this is utterly incredible. Here a conscious policy of exclusion and discrimination is followed. In this respect there is a huge resemblance with the Israeli Palestinian conflict and, in the end, with the flowers debate.

The violent reactions against European institutions in different Islamic states pose an absolutely incomprehensible over-reaction and therefore are to be vehemently denounced. Those Islamic politicians, who have approved of these actions or even provoked them, are to be denounced most of all. They mainly misused religious sentiments for selfish interests of maintaining their power. However, I want to stress in this context that many Islamic politicians have by all means behaved in a responsible way by sharply condemning the street violence which had gotten out of control. And yet I also do not want to ignore that in Europe, too, there have been enough scandalous, also lukewarm statements which denied and belittled the actual problem – the French minister of the interior Sarkozy was especially eager in this once again. In view of the month-long case history, the hostile policy of Denmark concerning foreigners and the clear tendency of the entire EU towards a more rigid foreigners' policy verbal apologies and appeals for moderation – as e.g. in the Austrian EU presidency – just do not suffice anymore. For here the whole foreign policy of the EU is concerned, too, the security policy, the Middle East policy and in the end also the policy towards foreigners. Which by no means is tolerant, sympathetic and cooperative. This again is a clear parallel to the flowers and the Middle East debate: one can hardly escape the impression that it is about a dialogue among the deaf.

There would be a lot more to say, e.g. the question in how far this mostly uncontrolled explosion is the expression of a totally unreligious inferiority complex of the Arab Islamic people. But there is one last thing I want to say, in order to avoid more and less conscious misunderstandings: of course it is wrong to blame Europe alone for this latest confrontation. Some few Arab commentators had the courage to also point to the blatant mistakes and weaknesses of Islam as a religion or of the Islamic states, respectively. As long as Islam in its great majority appears to be a rigid theocracy, unchanged for centuries, as long as it provides the spiritual and political justification for dictatorial states, for inhumane interpretations of the law and for terrorist aberrances it will not be able to deny a certain amount of guilt in respect to the widespread socio-political and cultural misery in the Islamic world. And exactly this is the actually interesting question: when and under which conditions will Islam finally throw the ballast of medieval conceptions and rules overboard and contribute to the emancipation and social development of the Muslims? There are some approaches in the worldwide Islamic community ("Umma"), but nothing more until now. The West, however, which in the past days and weeks has once more acted as if it was totally superior both spiritually and politically, should in this case rather step back a little and be aware of its high degree of guilt concerning the current situation in the Orient. This is why most of the statements of European politicians, however sympathetic and balancing they are supposed to be, sound hollow and incredible.


- Der Antisemitismusvorwurf -

(11.02.06) Ich saß am Rechner und übersetzte die letzten Sätze des Interviews mit Fritz Edlinger ins Englische. Es kam mir vor wie die Eröffnung beim Pool-Billard, wenn die Kugeln angestoßen werden und sie sich bunt über den Tisch verteilen. Der wiederkehrende Diskurs über den Antisemitismusvorwurf... Die Menschenrechtlerin Felicia Langer hat in den letzten Jahren oft darüber geschrieben, und vor den Gefahren gewarnt. Jamal Karsli hat ein Buch mit viel Quellenmaterial zu dem Thema verfasst, es liegt mir vor. Die meisten Nahost-Diskursteilnehmer, die ich kenne, inklusive Israel Shamir, thematisieren den Antisemitismusvorwurf und sehen ihn oft als umstritten an. Auch ich habe eine längere Quellenstudie mit 400 Beispielen aus der deutschen Presse angefertigt und in diesem Rahmen Vorträge in Düsseldorf und an der Uni Leipzig gehalten.3

Es scheint nach wie vor nur ein geringes Bewusstsein darüber zu bestehen, dass der Antisemitismusvorwurf (auch) immer dann öffentlich erscheint, wenn die israelische Gewaltpolitik konsequent abgelehnt und kritisiert wird. Als gehöre die Besatzung und die Unterdrückung zum Existenzrecht des jüdischen Staates. So wird der Antisemitismusvorwurf (auch) zu struktureller und kultureller Gewalt im galtungschen Sinne. Auch als Pazifist ist man nicht gegen solche Vorwürfe gefeiht. So steht z.B. über mich im Internet: „Trotz seiner Aktivität für den Friedensprozeß in Nahost bezieht er oft einseitig Stellung für die Palästinenser. Begriffe wie 'Antisemitismus' bereiten ihm Probleme. (Antisemitismus-Essay) Auch hantiert er mit Begriffen wie dem 'Rechtspopulismus', als ob er diese rechtfertigen möchte. Bei ATTAC gehört er zu denjenigen, der mit Verve für eine Verurteilung der Israelis eintritt und sich damit selbst dem Vorwurf des Antisemitismus aussetzte.“4.

Quod licet Iovi ... was dem Jupiter erlaubt ist ... non licet bovi ... ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt ... Israel hat (schon lange) ein Existenzrecht, Palästina nicht. Israel hat eine Armee und Atomwaffen, Palästina nicht. Juden dürfen einwandern, die Millionen palästinensischen Flüchtlinge dürfen trotz UNO-Resolutionen nicht in ihre Heimat zurück. Jüdische Israelis haben eigene Gesetze, Palästinenser nicht. Über Angriffe auf Juden wird berichtet, über Angriffe auf Palästinenser viel seltener. Vergleichen Sie selbst, indem Sie einen Monat lang neben Ihrer Tageszeitung die Schlagzeilen auf www.TheHeadlines.Org lesen.

Es gehört, wie unser amtierender Außenminister soeben wieder formulierte, zur deutschen „Staatsraison“, die Existenz Israels zu sichern, inklusive der Übertretungen von internationalem und Menschenrecht. Man wird von seinen eigenen Politikern dazu verführt, Unrecht mitzutragen. Wenn man dazu nicht bereit ist, wird man leicht als Terrorist oder Antisemit angesehen und behandelt. Wenn aber Israel sich den jüdischen Staat nennt (den Staat aller Juden) und eine jüdische Armee und Regierung hat, dann ist es angesichts der israelischen Einstellung gegenüber Gewaltverübung nicht verwunderlich, wenn es auch judenkritische Statements gibt, nicht nur israel- und zionismuskritische. Wie solche Statements im einzelnen zu bewerten sind, ist eine zweite Frage.

Im Fall Israel Shamirs fallen vor allem die Widersprüche innerhalb seines Buches „Blumen aus Galiläa“ auf. Zum Beispiel finden wir dort den Satz: „Diskriminierung gegen Juden ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch die falsche Strategie.“ (S. 211) Nur zwei Sätze weiter steht da aber: „Wenn die Juden als Banker Erfolg haben, sollte das Bankensystem neu organisiert werden, bis der Erfolg von Bankern Geschichte ist. (...) Wenn Juden in den Medien erfolgreich sind, sollten die Medien demokratisiert werden (...)“. Ich sehe hier einen krassen Widerspruch. Bevor näher auf den Inhalt des Buches eingegangen wird, folgen zunächst einige aktuelle Einschätzungen über das Buch aus der deutschen Presse und der Internet-Presse.


- The Reproach of anti-Semitism -

(Feb. 11, 2006) I sat at the computer translating the final sentences of the Fritz Edlinger interview into English. It seemed to me like the opening in pool billiards, when the balls are kicked off and distributed in all colors over the table. The recurring discourse on the reproach of anti-Semitism... Human rights advocate Felicia Langer has written about it a lot in the last years, warning of the dangers. Former German legislator Jamal Karsli wrote a book with many sources on the subject, I have it here. Most of the participants known to me in the Middle East discourse, including Israel Shamir, are concerned with the reproach of anti-Semitism and in most cases regard it to be controversial. I also produced a longer source study with 400 examples from the German press and in this framework held lectures in Duesseldorf and at the University of Leipzig.3

There still seems to be only a small awareness of the fact that the reproach of anti-Semitism (among other situations) always appears in public whenever the Israeli policy of violence is consequently refused and criticized. As if occupation and oppression was part of the Jewish state's right of existence. In this way, the reproach of anti-Semitism (in parts) becomes structural and cultural violence in the sense Galtung's philosophy. As a pacifist, I am not resistant against such reproaches, either. On the internet, for example, there is a page for me where it reads: "Despite his activity for the peace process in the Middle East he often is one-sided pro-Palestinian. Concepts like "anti-Semitism" pose problems to him (essay on anti-Semitism). He also deals with concepts like 'right-wing populism' as if he wants to justify them. In ATTAC he belongs to those who promotes the condemnation of the Israelis and thus exposed himself to the reproach of anti-Semitism himself."4.

Quod licet Iovi... All that is allowed to Jupiter... non licet bovi... is not necessarily allowed to an ox... Israel (since long ago) has a right to exist, Palestine hasn't. Israel has an army and atomic weapons, Palestine hasn't. Jews may immigrate, the millions of Palestinian refugees, despite UN resolutions, must not go back to their homeland. Jewish Israelis have their own laws, Palestinians haven't. There are reports about attacks against Jews, many more than reports about attacks on Palestinians. Compare for yourself by reading the headlines on www.TheHeadlines.Org next to your usual newspaper for a month.

It is part of the German "reason of state" to secure the existence of Israel, as our present foreign minister recently formulated, including the violations of international law and the human rights. We are seduced by our own politicians to become accomplices in an injustice. If you are not prepared for that you will easily be regarded and treated like a terrorist or an anti-Semite. Yet, when Israel calls itself the Jewish state (the state of all Jews) and maintains a Jewish army and government, then, in view of the Israeli attitude towards the use of violence, it is a small wonder that there also are statements critical of Jews, not only those critical of Israel and of Zionism. It is another question how such statements are to be assessed individually.

A striking feature in the case of Israel Shamir is the contradictions within his book "Flowers of Galilee". For example, we find the sentence: "Discrimination against Jews in not only morally condemnable, but also the wrong strategy." (p. 211 of the German edition, re-translated). But only two sentences further it reads: "When the Jews are successful as bankers the bank system should be re-organized, until the success of bankers is history. (...) When Jews are successful in the media, then the media should be democratized (...)". Here I see a blatant contradiction. Before turning to the content of the book in more details, here first follow some topical assessments of the book from the German press and the internet press.


- Rezensionen -

(18.02.06) Zwei aktuelle Artikel bzw. Rezensionen zum Buch „Blumen aus Galiläa“ und zu seinem Autor Israel Shamir sind in der deutschen Presse zu finden, einmal in der linken Wochenzeitung „Freitag“ von Ludwig Watzal und einmal in der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ von Friedrich Romig, beide sind datiert auf den 10.02.2006.5 Ludwig Watzal schreibt über Shamir: „Mit der zunehmenden Brutalität während der Al-Aqsa-Intifada Ende September 2000 tauchte sein Name 2001 im israelisch-palästinensischen Diskurs auf. Unmittelbar darauf folgten erste kritische Stimmen im Internet, die Shamir eine 'antijüdische', ja sogar 'antisemitische' Einstellung attestierten.“ Ludwig hebt zwar positiv hervor, dass Shamirs Buch philosophischen, theologischen, literarischen und gesellschaftspolitischen Sachverstand zeigt und Einblicke in die palästinensische Kultur und Geschichte gibt, jedoch würden einige Formulierungen „judeophobes, verschwörungstheoretisches und antisemitisches Denken“ offenbaren. Im weiteren folgen Details über Shamirs „fragwürdige Rolle“ im Diskurs. Laut Wikipedia und der Website Answers.com habe Shamir Verbindungen zur Neo-Nazi-Szene und „faschistischen Sympathisanten“ wie Horst Mahler, Martin Webster, David Irving und David Duke. Es wird darüber berichtet, dass Shamir der Organisation „Deir Yassin Remembered“ angehört und dass einige Juden und Araber die Organisation wegen ihm verlassen haben, etwa Michael Warschawski, Lea Tsemel, Jeff Halper. Auch Ali Abunimah (Electronic Intifada) und Hussein Ibish, Pressesprecher des „Amerikanisch-Arabischen Antidiskriminierungskomitees“, haben bereits 2001 vor ihm gewarnt, wegen seiner antijüdischen und rassistischen Statements, zum Beispiel dem Vorwurf des kollektiven Christusmordes. Die in Mailand lebende Journalistin Susanne Scheidt wirft ihm Rechtfertigung und Mystifizierung des Nationalsozialismus und des Hitler-Regimes vor, etwa der Nürnberger Gesetze. Shamir schade dem Anliegen der Palästinenser, weil er seine Zuhörerschaft gezielt desavouiere, indem er sie genau in die Ecke bugsiere, in der sie die israelische Propaganda und ihre US-amerikanischen Unterstützer haben wollten, in der antisemitischen nämlich. Watzal schreibt: „Dass Shamir nicht bereit ist, Fragen zu seiner Identität, seinen Motiven und Kontakten zur rechtsextremen Szene zu beantworten, musste der Autor dieses Artikels feststellen, als er ihm Anfang Oktober 2005 einige Fragen dazu stellte. Barsch wies er sie als 'unverschämt' zurück.“ Am 23. Februar 2005 habe Shamir vor dem „House of Lords“ in London gesprochen und dort die „jüdische Herrschaft“ angegriffen. Der Artikel endet mit den Worten: „Mit diesen anti-jüdischen Obsessionen zeigt Shamir nicht nur seine judeophobe Haltung, sondern fügt auch der progressiven israelischen und palästinensischen Gemeinschaft und ihrem Anliegen großen Schaden zu. Sie jedenfalls haben ihre Zusammenarbeit mit ihm beendet. Wer dies immer noch nicht begriffen hat, sind viele Palästinenser und einige jüdische Intellektuelle.“

Der Artikel legt also nahe, dass man nicht mit Israel Shamir zusammenarbeiten sollte. Dies ist ein zentrales Fazit, das von einer größeren Anzahl von Networkern gezogen, aber selten genauer definiert wird. Was bedeutet „zusammenarbeiten“? Wir kommen später ausführlicher zu diesem Punkt. Zu erwähnen ist, dass Ludwig Watzal acht Monate zuvor eine Rezension des Buches „Blumen aus Galiläa“ im selben Medium veröffentlicht hatte.6 Diese beginnt mit: „Es gibt immer wieder Israelis, die sich aus moralisch-ethischen Gründen dem nationalen Konsens verweigern, indem sie die Menschrechtsverletzungen und die brutale Unterdrückung der Palästinenser mutig anprangern. Zu ihnen gehört Israel Shamir, der 1947 in Novosibirsk geboren wurde und 1969 nach Israel kam. Als Soldat einer Fallschirmjägereinheit kämpfte er im Yom Kippur-Krieg 1973. Lange Zeit verlief sein Leben in Israel unspektakulär. Er übersetzte den Talmud, James Joyce, Homer und andere Klassiker ins Russische. Er arbeitet für das israelische Radio, und schreibt für einige Zeitungen in Israel, Russland und Japan.“ Dass er die Einstaat-Lösung favorisiert, sich gegen den Antisemitismusvorwurf als Waffe ausspricht, dass er die Gewalt der Siedler anprangert, steht da. Auch der Konflikt zwischen Judentum und Christentum wird thematisiert, allerdings moderater: „Shamir vertritt die These, dass sich die Welt zurück ins Mittelalter bewege und Israel dabei seine 'feindselige Haltung gegenüber dem Christentum wieder aufleben lässt'. Als Beleg dafür zitiert er einen Vorfall, bei dem ein Soldat aus seinem Merkava Panzer eine Rakete auf die Madonnenstatue auf der Kirche der Heiligen Familie in Bethlehem abfeuerte.“ Die Rezension endet mit: „Das Buch ist eine freimütige Darstellung Israels und seiner Politik, die viele so nicht sehen und wahrhaben wollen.“ Ähnlich wie Fritz Edlinger distanziert sich Ludwig Watzal also nachträglich von Shamir. Watzal schreibt im oben zusammengefassten Artikel: „Als Rezensent dieses Buches (Freitag 22/2005) war ich überrascht, dass es auch israelische Antisemiten gibt, hatte aber als Deutscher Skrupel, einem Israeli Antisemitismus vorzuwerfen.“

Ganz anders die Rezension in der Jungen Freiheit. Ironischerweise wird Shamir in dieser rechten Zeitung „Israels Michael Moore“ genannt. Sie beginnt mit: „Es gibt wenige Bücher, welche die Tragik des nun bald sechzigjährigen Krieges in Palästina mit soviel spürbarer Wärme, historischem Wissen und einprägsamer, bildhafter Illustration ausleuchten wie die 'Blumen aus Galiläa' von Israel Shamir.“ Der Autor geht darauf ein, dass das Buch umstritten ist und charakterisiert Shamir so: „Shamir sieht im zionistischen Judaismus und seiner Lehre vom 'auserwählten Volk' den eigentlichen Grund für die von Israel am laufenden Band verübten menschen- und völkerrechtlichen Verbrechen.“ Dies scheint mir eines der Scharniere zu sein zwischen erlaubter und unerlaubter Kritik am Judentum, denn was in diesem Zitat gesagt wird, enthält nachprüfbare Elemente und nachvollziehbare Argumente. Man muss dem inhaltlich nicht zustimmen, um anzuerkennen, dass es sich bei diesem Sachverhalt um eine diskutierbare Frage handelt. Romig geht dann auf den Antisemitismusvorwurf ein, den Shamir als eine neue Form des Rassismus bezeichne, etwa in den Kampagnen der Anti-Defamation League. Dann diese ZOG-Geschichte: „Shamir steigert seine Polemik derart, daß er Washington, ähnlich wie das Westjordanland, den Irak oder Afghanistan, sogar zu einem von israelisch-zionistischen Terroristen besetzten Territorium erklärt. Der von ihm für diesen Tatbestand verwendete Terminus 'ZOG' ('Zionist Occupied Government') hat inzwischen auch Eingang in die politische Debatte in den USA gefunden. Im Hebräischen ist 'Zog' überdies der Fürst der Finsternis und der Zerstörung: 'Zog herrscht in ZOG'.“ Dafür wurde Shamir in der Internetgemeinde häufiger – und vielleicht etwas überproportional – angegriffen. Ein weiteres Scharnier zwischen erlaubter und unerlaubter Kritik zeigt sich am Ende der Rezension: „Shamir ist überzeugt – und damit stimmt er in Israel höchstens mit den ultraorthodoxen Juden überein -, daß der Staat Israel als Produkt des Zionismus in Palästina kein Existenzrecht habe. Solange Israel als Staat existiert, gebe es im Nahen Osten keinen Frieden. Shamir hängt der idealistischen, vielleicht sogar naiven Vorstellung an, die ein Zusammenleben von Juden und Palästinensern in einem gemeinsamen Staat für eine friedliche Perspektive hält.“ Hier wird das Signal- und Gebetsmühlenwort des „Existenzrechts des Staates Israel“ explizit genannt ... und bestritten. Ein gewalttätiger Staat habe in dieser Form kein Existenzrecht.

Dass eine rechte Zeitung Shamir nicht so ablehnt wie eine linke, heißt nicht, dass Shamir rechts ist. Man muss hier sehr genau hinkucken. Meiner Einschätzung nach hat sich Shamir vom Links/Rechts-Denken verabschiedet und gehört zu keinem oder zu beiden. Wenn er Lagern zugehörig ist, dann dem „pro-Palästinensischen“, dem „anti-Zionistischen“, dem „anti-Jüdischen“.7 Zumindest sind das Begriffe, mit denen man in diesem Diskurs besser arbeiten kann als mit Rechts und Links. Ich denke auch, dass die „Mystifizierung des Nationalsozialismus“ eher von den Rezipienten ausgeht als von Shamir, nur dass Shamir die automatische Ablehnung und Verteufelung des „Rechten“ nicht mitmacht. Die Behauptung, dass Shamir gemeinsame Sache mit „den Nazis“ macht, sollte man sehr kritisch betrachten. Über David D. Perlmutter, der das Dritte Reich verherrlicht hat, schreibt Shamir: „Solche Tagträumer sollten gewissenhaft aus dem Erziehungssystem entfernt werden, denn sie sind nichts als unbekehrte Nazis.“ (Blumen, S.153) Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das geheuchelt ist. Er meint das so. Gleichzeitig ist er der Meinung, dass heutige rechte Parteien nicht nationalsozialistisch im damaligen Sinne sind, wie er mir gegenüber auf eine Frage aus diesem Bereich geantwortet hatte. Über rechte Positionen weiß man in der deutschen Öffentlichkeit insgesamt eher wenig, da diese selten in den Diskurs gelangen. Meist werden nur Stereotypen transportiert wie Ausländerfeindlichkeit, landesbezogene Identität (Nationalismus) und Nazisymbolik bzw. -Nachfolgerschaft. Heute gibt es zwischen der extremen Linken und der extremen Rechten faktisch einige Berührungspunkte, etwa in der USA-kritischen Einstellung. Auch die Befürwortung von militärischer Gewalt als politischem Mittel existiert bei beiden Extremen. Besonders im vorliegenden Diskurs ist die Betrachtung durch die Rechts/Links-Brille nicht hilfreich, da in zentralen Fragen die jeweiligen Profile verschwimmen.


- Reviews -

(Feb. 18, 2006) Two current articles and reviews on the book "Flowers of Galilee" and its author Israel Shamir can be found in the German press. The first is in the left-wing weekly newspaper "Freitag", by Ludwig Watzal and the second is in the right-wing weekly newspaper "Junge Freiheit", by Friedrich Romig. Both are dated February 10, 2006.5 Ludwig Watzal writes about Shamir: "With the increasing brutality during the Al-Aqsa Intifada at the end of September 2000 his name occurred in 2001 in the Israeli Palestinian discourse. Subsequently, the first critical voices followed on the internet, ascribing an 'anti-Jewish', even an 'anti-Semitic' attitude to Shamir." Ludwig does emphasize in a positive way that Shamir's book shows philosophical, theological, literary and socio-political skills, as well as it provides insights into the Palestinian culture and history, yet some formulations would display "judeophobic, conspiracy-theoretical and anti-Semitic thinking". The article continues with details about Shamir's "questionable role" in the discourse. According to Wikipedia and the website Answers.com Shamir has ties to the neo-Nazi scene and to "fascist sympathizers" like Horst Mahler, Martin Webster, David Irving and David Duke. It is reported that Shamir is a member of the organisation "Deir Yassin Remembered" and that some Jews and Arabs have left the organisation because of him, like Michael Warschawski, Lea Tsemel, Jeff Halper. Ali Abunimah (Electronic Intifada), too, and Hussein Ibish, spokesman of the "American-Arab anti-discrimination committee", have warned as early as in 2001, because of his anti-Jeiwsh and racist statements, for example the reproach of the collective murder of Christ. Milan based journalist Susanne Scheidt blames him for justifying and mystifying National Socialism and the Hitler regime, for instance the Nuremberg laws. Shamir would harm the cause of the Palestinians, as he aims at disavowing his audience by placing them in exactly the corner in which the Israeli propaganda and its US American supporters want to see them, and that is in the anti-Semitic corner. Watzal writes: "The fact that Shamir is not prepared to answer questions on his identity, his motivations and contacts to the extreme right-wing scene, is something that the author of this article had to experience, when he had posed some questions in this field in the beginning of October 2005. He harshly rejected them as 'impertinent'." On February 23, 2005, Shamir is reported to have spoken before the "House of Lords" in London, attacking the "Jewish dominion" there. The article ends with the words: "With these anti-Jewish obsessions Shamir does not only show his Judeophob attitude, but he also harms the progressive Israeli and Palestinian community and their cause a great deal. They, however, have ended their cooperation with him. The only ones who have still not grasped this are many Palestinians and some Jewish intellectuals."

Thus the article suggests not to cooperate with Israel Shamir. This is a central conclusion, drawn by a number of networkers, and yet rarely ever defined in detail. What does "cooperate" mean? We will come back to this point later on. To be mentioned is that Ludwig Watzal had published a review of the Book "Flowers of Galilee" eight months earlier in the same medium.6 It begins with: "From time to time we find Israelis who refuse the national consensus for moral-ethical reasons by courageously denouncing the human rights violations and the brutal oppression of the Palestinians. Belonging to those is Israel Shamir, who was born in 1947 in Novosibirsk and who came to Israel in 1969. He fought in the Yom Kippur war of 1973 as a soldier in a parachute unit. His life in Israel had an unspectacular course for a long time. He translated the Talmud, James Joyce, Homer and other classics into Russian. He worked for the Israeli radio and wrote for some newspapers in Israel, Russia and Japan." We read that he favors the one-state solution, that he speaks against the reproach of anti-Semitism as a weapon, that he denounces the violence of the settlers. The conflict between Judaism and Christendom is also dealt with, only in a more moderate way: "Shamir holds the thesis that the world is moving back into the Middle Ages and that Israel in this process is reviving its 'hostile attitude toward Christendom'. As an indication for this he quotes an event in which a soldier was firing a rocket from out of a Merkava tank on the madonna statue of the Church of the Holy Family in Bethlehem." The review ends with: "The book is a frank account of Israel and its policy which many people do not want to see and acknowledge this way." Thus, similar to Fritz Edlinger, Ludwig Watzal, too, distances himself from Shamir retroactively. Watzal writes in the article summarized above: "As the reviewer of this book (Freitag 22/2005) I was surprised that there are also Israeli anti-Semites, but as a German I had qualms to blame an Israeli for anti-Semitism."

Different is the review in the Junge Freiheit. Ironically, Shamir in this right-wing paper is called "Israel's Michael Moore". It starts with: "There are few books which illuminate the tragic of the almost sixty-year-old war in Palestine with so much perceivable warmness, historical knowledge and memorable, pictorial illustrations as the 'Flowers of Galilee' by Israel Shamir." The journalist deals with the controversy of the book and characterizes Shamir like this: "In Zionist Judaism and its lore of the 'chosen people' Shamir sees the true reason for the crimes against human rights and international law continuously committed by Israel." What is expressed in this quote seems to me to be one of the joints between allowed and not allowed criticism of Judaism, for it contains researchable elements and comprehensible arguments. One does not have to agree with its content to acknowledge that this statement is legitimate and discussable. Romig continues with the reproach of anti-Semitism which Shamir is said to denote as a new form of racism, for instance in the campaigns of the Anti-Defamation League. Then comes this ZOG thing: "Shamir boosts his polemicism so much that he even declares Washington, similar to the West Bank, Iraq or Afghanistan, to be a territory occupied by Israeli Zionist terrorists. The term he uses for this situation is 'ZOG' ('Zionist Occupied Government'), it has meanwhile entered the political debate in the USA. In Hebrew, 'Zog' additionally denotes the prince of darkness and of destruction: 'Zog rules in ZOG'." Shamir has been often attacked for this thought in the internet community... maybe a bit over-proportional. Another joint between allowed and not allowed criticism shows at the end of the review: "Shamir is convinced – and here he can find agreement only in the ultra-orthodox Jews in Israel at the most – that the State of Israel as a product of Zionism does not have a right of existence in Palestine. As long as Israel exists as a state there would not be peace in the Middle East. Shamir clings to the idealistic, maybe even naive idea that regards the cohabitation of Jews and Palestinians in a common state to be a peaceful perspective." Here, the signal and prayer wheel concept of "the State of Israel's right of existence" is explicitly mentioned... and denied. A violent state would not in this way have a right to exist.

The fact that a right-wing paper does not reject Shamir as much as a left-wing paper does not imply that Shamir is right-wing. One has to be careful about that. In my assessment, Shamir has said goodbye to the left/right paradigm and does not belong to either of them, or to both, respectively. If he belongs to a camp then it is the "pro-Palestinian", the "anti-Zionist", the "anti-Jewish".7 At least, these are concepts more adequate for this discourse than right-wing and left-wing. I also think that the "mystification of National Socialism" rather emanates from the recipients than from Shamir, only that Shamir does not participate in the automatic rejection and demonization of "the right-wing". The allegation that Shamir sides with "the Nazis" should be regarded very critically. About David D. Perlmutter, who had glorified the Third Reich, Shamir writes: "Such daydreamers should conscientiously be removed from the education system, for they are nothing but unconverted Nazis." (Flowers, p. 153, retranslated) There is no reason to assume that this is a simulation. He means it this way. At the same time he is of the opinion that current right-wing parties are not National Socialist in the historical sense, as he told me when I asked him a question in this field. All in all, there is rather little known about right-wing positions in the German public, as they rarely enter the discourse. In most cases we only find stereotypes like xenophobia, country-related identity (nationalism), Nazi symbolism and Nazi succession. In fact, today there are some congruencies between the extreme left and the extreme right, for example in their USA critical attitude. The acceptance of military violence as a political means is there in both extremes, too. Especially in the discourse at hand the right-wing/left-wing dichotomy is not helpful, as the respective profiles are blurring in central issues.


- Einige Links -

(25.02.2006) Im Bus las ich weiter in dem fesselnden Buch „Feinde des Friedens. Der endlose Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern“ von Ludwig Watzal (Aufbau Taschenbuch-Verlag, 2. Auflage 2002). Ludwig war überrascht, dass ich ein Autogramm hinein haben wollte, aber er wusste auch nicht, dass ich ein eigenes Regalbrett für Bücher habe, deren Autoren ich persönlich kenne. In den meisten sind Autogramme. Er hielt kürzlich einen guten Vortrag hier an der Uni Mainz, über Palästina nach den Wahlen. Wir sprachen außerhalb des Vortrags auch über Shamir und Ludwig erwähnte seinen bevorstehenden Artikel im Freitag.

Der Bus hielt am Bismarckplatz, ich stieg aus und schlappte die paar Meter bis nach Hause. Warum fiel es mir so schwer, die Blumendebatte weiter zu schreiben? Es war, als schleppte man sich durch kniehohen Schnee, bei widrigem Wetter. Normalerweise gab es bei mir einen Drang zu schreiben. Wenn es überhaupt geschrieben werden soll, dann nichts wie los! Zu Ende bringen! Um schnell wieder für Neues bereit zu sein. Nicht immer ging es so, das stimmte wohl. Die nächsten Seiten der Blumendebatte allerdings waren bereits konzipiert, sie wollten nur nicht heraus ... Ein paar Hintergrundlinks stehen auf dem Plan, dann ein Leserbeitrag, der sich auf Shamir und Gilad Atzmon bezieht, gefolgt von der Auseinandersetzung mit Shraga Elam, der sich vehement dagegen ausgesprochen hat ... wogegen genau, muss erst noch geklärt werden. Meine eigenen Erfahrungen mit Shamir stehen danach auf dem Programm.

Erst später kann das Buch selbst besprochen und untersucht werden. Der Autor ist derart umstritten, dass das Aussprechen seines Namens allein bei manchen Personen ausreicht, um Ablehnung hervorzurufen. DIESES Phänomen muss zumindest annähernd analysiert werden, bevor man sich inhaltlich mit dem Buch auseinandersetzen kann. Hier zunächst einige weitere Links zum Thema:8

Scharfe Kritik am Buch „Blumen aus Galiläa“ und der Veröffentlichung auf Deutsch zum Beispiel bei dem Journalisten Karl Pfeifer bei Hagalil am 22.08.05 Linke Antisemiten gibt es nicht? und in „Die Jüdische“ vom 16.12.2005: Fritz Edlinger von jüdischen Journalisten verfolgt?, auch von Gudrun Eussner, in ihrem Artikel vom 17.09.05: Israel Shamir und andere antisemitische Blumen aus Galiläa [Link erloschen, 2023]. In englischer Sprache bei Oliver Kamm, 12.09.05: „Israel Shamir again“ [Link erloschen, 2023]. Genannt werden häufiger die Rezension von Donja Noormofidi in: Falter 47/2005 [Link erloschen, 2023] und der offene Brief von „Mayday“ an den Rektor der Karl Franzens Universität Graz wg. Edlinger vor dem 10.11.05. Im Netz findet sich auch ein Statement von Hannes Hofbauer vom Promedia Verlag vom 27.07.05 über Israel Shamir, Blumen aus Galiläa/ Antisemitismus[Link erloschen, 2023]. Das Interview bei „Muslim-Markt“ mit Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, 18.9.2005.


Fußnoten:
3: „Der Antisemitismus-Vorwurf in kritischer Betrachtung“ (2004): www.anis-online.de/journalismus/essay/14.htm, dazu Vorträge beim Symposion in Düsseldorf (museum kunst palast, 27.02.05): „Deutschland, Israel und Palästina: Geschichte und Gegenwart kollektiver Verdrängung.“ (Uni Düsseldorf, Prof. Dr. Wolfgang Dreßen) und an der Uni Leipzig (Prof. Georg Meggle, Ringvorlesung „Deutschland, Israel, Palästina“, 30.05.05): „Eine deutsch-palästinensische Identität“. (zurück)
4: http://nahost.mindwiki.de/Anis_Hamadeh – Anm.: Aus Attac bin ich ausgetreten. (zurück)
5: Ludwig Watzal: „Der Journalist und das 'Imperium'. Rätselraten um die Identität des Israel-Kritikers und Sachbuchautors Israel Shamir“, freitag 06, 10.02.2006, URL: www.freitag.de/2006/06/06061502.php; – Friedrich Romig: „Israels Michael Moore. Nahost: Israel Shamir ergreift Partei für die Palästinenser“. Junge Freiheit, Ausgabe 7/06; 10.2.06, Seite 15, www.jungefreiheit.de (zurück)
6: Ludwig Watzal: „'Die echten und die falschen Juden.' Der israelische Publizist Israel Shamir kritisiert sein Land“. Freitag 22, 03.06.2005, www.freitag.de/2005/22/05221501.php (zurück)
7: In dem Artikel „Satanische Bilder“ (2006) schreibt Shamir allerdings an einer Stelle: „wir, die Linken und Liberalen“, siehe www.israelshamir.net/English/Satanic.htm (dt. Üb.: Hanne Pfiz-Soderstrom, www.nationalanarchismus.org) (zurück)
8: Natürlich kann man hunderte weitere Quellen finden. (zurück)
- Some Links -

(February 25, 2006) In the bus I continued reading the fascinating book "Enemies of Peace. The Endless Conflict between Israel and the Palestinians" by Ludwig Watzal (Aufbau Paperback Publishing House, 2nd edition 2002, in German). Ludwig was surprised that I wanted to have an autograph in it. He did not know that I have an extra shelf for books the authors of which I know personally. Most of them contain autographs. Recently, he held a good lecture here in the University of Mainz, about Palestine after the elections. Before the lecture we also talked about Shamir and Ludwig mentioned his impending article in the Freitag.

The bus stopped at Bismarck Square, I descended and shuffled the few meters home. Why was it so difficult to continue writing the flowers debate? It was as if I had to drag myself through knee-high snow, in adverse weather. Normally I had an urge to write. If it has to be written at all, then get it out! Finish it! In order to quickly be ready for new things. Not always it went this way, this was true. Yet, the next pages of the flowers debate were already planned, they just did not want to come out... There are a couple of background links scheduled, then a reader's mail, which refers to Shamir and to Gilad Atzmon, followed by the confrontation with Shraga Elam, who vehemently pleads against it... It must be investigated against what exactly he pleads. Thereafter, my own experiences with Shamir are to be talked about.

The book itself can be reviewed and investigated only later. Its author is controversial to such a degree that the mentioning of his name alone suffices in some individuals to evoke rejection. THIS phenomenon must at least approximately be analyzed, before a confrontation with the contents of the book is possible. Here, at first, some more links on the subject:8

Harsh criticism on the book "Galilee Flowers" and the publication in German for example from the journalist Karl Pfeifer in Hagalil, August 22, 2005: There are no left-wing anti-Semites? (in German) and in "Die Juedische", Dec. 16, 2005: Fritz Edlinger persecuted by Jewish journalists? (in German), also in Gudrun Eussner, in her article from September 17, 2005: Israel Shamir and other anti-Semitic flowers from Galilee (in German) [link expired, 2023]. In English in Oliver Kamm, Sep. 12, 2005: "Israel Shamir again" [link expired, 2023]. Often mentioned in the sources is the German review by Donja Noormofidi in: Falter 47/2005 [link expired, 2023] and the (German) open letter by "Mayday" to the rector of the Karl Franzens University in Graz about Edlinger (before Nov. 10, 2005). On the internet there also is a statement by Hannes Hofbauer from the Promedia publishing house, dated July 27, 2005 on Israel Shamir, Flowers of Galilee/ anti-Semitism (in German) [link expired, 2023]. And the interview in "Muslim-Markt" with Fritz Edlinger (in German), General Secretary of the Society for Austrian Arab Relations, Sep. 18, 2005.


Footnotes:
3: "The Reproach of anti-Semitism in Critical Reflection" (2004): www.anis-online.de/journalismus/essay/14.htm#e (English abstract), and in this context lectures in a symposion in Dueseldorf (museum kunst palast, Feb 27, 2005): "Germany, Israel and Palestine: Past and Present of Collective Repression." (Uni Duesseldorf, Prof. Dr. Wolfgang Dressen) and at the University of Leipzig (Prof. Georg Meggle, Chain Seminar "Germany, Israel, Palestine", May 30, 2005): "A German Palestinian Identity". Translation of speech script at: www.anis-online.de/1/essays/Uni-Leipzig-English.pdf (back)
4: http://nahost.mindwiki.de/Anis_Hamadeh – NB: I resigned from Attac. (back)
5: Ludwig Watzal: "The journalist and the 'Empire'. Guessing game about the identity of the Israel-critic and author Israel Shamir", Freitag 6, February 10, 2006, URL: www.freitag.de/2006/06/06061502.php; – Friedrich Romig: "Israel's Michael Moore. Middle East: Israel Shamir sides with the Palestinians". Junge Freiheit, edition 7/06; February 2, 2006, p 15, www.jungefreiheit.de (back)
6: Ludwig Watzal: "'The genuine and the false Jews.' The Israeli journalist Israel Shamir criticizes his country". Freitag 22, June 03, 2005, www.freitag.de/2005/22/05221501.php (back)
7: In the article "Satanic Pictures" (2006), however, Shamir writes "we, the Left and the Liberals", see www.israelshamir.net/English/Satanic.htm (back)
8: Of course there are hundreds of further sources.(back)
Kapitel 2
- Gilad Atzmon -

(12.03.06) Aufgrund seiner Umstrittenheit werden Äußerungen über das Buch „Blumen aus Galiläa“ stets auch als Bekenntnisse für oder gegen das Buch und seinen Autor gewertet. Das ist auch ein Grund für die zögerliche Entwicklung der vorliegenden Studie. Wirklich interessant ist nämlich nicht das Einnehmen einer Lager-Position, sondern die Betrachtung der Frontlinien und des Umgangs der Diskursteilnehmer miteinander. Auf diese Weise lässt sich der Konflikt überhaupt nur verstehen. Mit einer solchen Einstellung allerdings wird man den bestehenden Erwartungshaltungen kaum gerecht und findet seine Hauptmühe in der Erklärung und Rechtfertigung. Wozu kann eine solche Betrachtung sonst dienen als zur Qualifizierung von Lagern? Nun, zur Überwindung von Konflikten. Selbst wenn sich nämlich eine große Anzahl von Networkern darin einig ist, Shamir und seine Schriften auszugrenzen und zu tabuisieren, ob berechtigt oder unberechtigt, gibt es auch eine Anzahl ernst zu nehmender Personen, die das nicht tut, weil sie Shamir anders liest und durch den Fokus auf andere Merkmale ein unterschiedliches Bild von ihm hat. So entsteht eine Polarisierung. Polarisierungen dieser Art dürfen meiner Ansicht nach nicht einfach so stehen bleiben. Sie referieren immer auf gesellschaftliche Probleme, die überwunden werden können und sollen.

Betrachten wir also einige Leute, die Shamir gegenüber nicht ablehnend sind. Auf der Linkseite von Shamirs Homepage (www.israelshamir.net) steht Gilad Atzmons Homepage (www.gilad.co.uk) ganz oben in der Rubrik „Friendly sites“. Gilad Atzmon ist Jazzmusiker, Schriftsteller und Journalist. Gilad bekennt sich zu seiner Freundschaft zu Israel Shamir und wird öfter in einem Atemzug mit ihm genannt. Die Süddeutsche Zeitung druckte am 08.03.04 eine Rezension von Atzmons erstem Buch „Anleitung für Zweifelnde“ und schrieb über ihn: „Heute ist er einer der führenden Jazz-Saxofonisten weltweit.“ Und: „Atzmon besitzt eine Hassliebe zu Israel.“ Gilad war Soldat in der israelischen Armee (wie auch Shamir) und gehört heute zu den schärfsten Kritikern des jüdischen Staates. Neben seiner künstlerischen Arbeit schreibt er Artikel und Essays zu aktuellen Themen.

Anfang des Jahres erreichte mich ein langes Interview mit, in dem Gilad sich als „Kritiker der jüdischen Identität und des Zionismus“ bezeichnet. Das Interview heißt „Schönheit als politische Waffe“ und wurde im Dezember 2005 von Manuel Talens geführt. Es steht im Netz auf englisch, französisch, italienisch und spanisch. Die deutsche Version steht unter www.israel-palaestina.de/Artikel/Schoenheit-als-politische-waffe-gilad-atzmon.pdf. Darin: „Sind Sie ein Antisemit? GA: Nein, mit Sicherheit nicht. Ich behaupte, dass Israel, als es sich selbst explizit zum Staat des jüdischen Volkes erklärt hat, das auf Kosten der indigenen Palästinenser getan hat. Jede Kriegshandlung gegen Juden kann deshalb unter den Bedingungen des 'politischen Kampfes' verstanden werden. Das heißt nicht, dass eine solche Handlung legitim ist.“ In diesem Statement ist die Frage nach der Existenz und Verantwortlichkeit eines jüdischen Kollektivs angesprochen, eine Frage, die in unseren Öffentlichkeiten weit weniger harmlos ist als Spekulationen über ein muslimisches Kollektiv. Gilad thematisiert auch die Holocaust-Debatte. Hier ein Ausschnitt:

„Ich leugne nicht den Holocaust oder die Judenverfolgung durch die Nazis. Aber ich bestehe darauf, dass Holocaust wie Zweiter Weltkrieg als historisches Ereignis behandelt werden und nicht als religiöser Mythos. Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust ist voller Widersprüche und Diskrepanzen. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet. Warum haben die US-Amerikaner nicht Auschwitz angegriffen? Warum haben sie mit der Invasion der Normandie bis Juni 1944 gewartet? Und haben sie das dann nicht nur getan, weil Stalin nach Europa vorrückte? Warum haben die Alliierten deutsche Städte zerbombt und nicht logistische Einrichtungen oder militärische Ziele? Sie wollten doch nur Hitler nicht dabei stören, Stalin zu bekämpfen. Warum haben die USA Hiroshima und Nagasaki ausgelöscht? Haben sie das nicht getan, weil die Roten gerade Japan den Krieg erklärt hatten und sie das im Pazifik gestört hätte? Es ist klar, dass eine genauere Untersuchung des Zweiten Weltkriegs ans Licht bringen würde, dass aus anglo-amerikanischer Perspektive Stalin die größere Bedrohung war als Hitler. Die Geschichte des Holocaust ist dazu da, diese ebenso einleuchtende wie beunruhigende Interpretation zu unterdrücken. Die entscheidende Frage ist: Warum dürfen wir dieses historische Kapitel nicht mit akademisch-wissenschaftlichen Methoden untersuchen? Die Antwort ist einfach: Der Holocaust wird von den meisten Juden und Anglo-Amerikanern als neue westliche Religion betrachtet.“

Am selben Tag, dem 08.01.06, erreichte mich eine Ankündigung des neuen Buches „Nicht gegen mein Gewissen“ [Link erloschen, 2023] von der bekannten Menschenrechtlerin Felicia Langer. Im Gespräch mit Hans-Dieter Schütt sagt Felicia Langer: „Gottlob hat die Geschichte es geschafft, befangene, vorsichtige Deutsche zu entwickeln. Die Welt hat einen entsetzlich hohen Preis dafür bezahlt. Aber ich möchte Ihnen sagen, dass die Deutschen gerade wegen ihrer Vergangenheit besonders klar und deutlich den Mund dort aufmachen sollten, wo Menschenrechte verletzt werden... Wenn Israel die Kritiker seiner Politik gegenüber Palästinensern in die Nähe des Antisemitismus rückt, dann ist das ein Vergehen an den Opfern des Holocaust. Sie werden unredlich benutzt. So eine Haltung kann den wirklichen Antisemitismus nur fördern. Was eine ganz schreckliche Logik ist.“

Der Leser, von dem ich das Gilad-Interview bekam, schrieb mir: OK, Anis, ich habe deine Blumendebatte gelesen. Wie ich verstehe, fühlst du dich dazu notgedrungen, dich zu „distanzieren“.9 Dabei musst du wissen, wenn du es nicht weißt, dass diese Gudrun Eussner, die übrigens auch in Südfrankreich lebt, eine (...) ist, die alle möglichen Leute lang und breit ganz einfach verleumdet. Ihre Quellen sind die üblichen französischen ultrazionistischen Homepages. (...) Wieso sollen Nicht-Juden geniert sein, da wo nicht nur Shamir und Atzmon, sondern auch Paul Eisen, Jeff Blankfort, Elias Davidsson, Lasse Wilhelmson, Leibovici, Israel Shahak, Moïse Saltiel und viele andere so genannte „self-hating Jews“ überhaupt nicht mehr geniert sind. Als Hannah Arendt über den Eichmann-Prozess in Jerusalem berichtete, war ihre Hauptkritik folgende: Eichmann hätte wegen Verbrechen an der Menschheit prozessiert werden sollen, und nicht wegen Verbrechen an den Juden. Das setzte eine enorme Hetzkampagne gegen sie in Gang von Seiten der Zionisten (sie war doch selber Zionistin), die sie eben als „selbst-hassende Jüdin“ beschimpften.

(...) Was ist mit der Meinungsfreiheit? Wovon genau haben die Leute Angst? Wieso kann jedermann sich total frei über Muslims, über Kommunisten, über die katholische Kirche, über die Türken usw. äußern, nicht aber über Juden?

Deborah Lippstadt, die einen Prozess gegen David Irving gewonnen hat, hat gerade gefordert, dass Irving aus dem Knast freigelassen wird, wo er in Österreich steckt, und zehn Jahre Gefängnis riskiert. Sie meint, dass sie am First Amendment festhält und nicht will, dass Irving ein Märtyrer wird. Also, meine Einstellung ist ganz einfach:
1° – Juden sind keine Sonderkategorie, die von irgendwelcher Kritik absolviert werden sollten, unter dem Vorwand des Holocausts
2° – Die Palästinenser sind letztlich Opfer von Hitler und nicht seine Nachfolger oder gar Komplizen, wie manche Zionisten versuchen zu vermarkten
3° – Es gibt kein jüdisches Volk, keine jüdische Nation und die europäischen Juden sind in ihrer Mehrheit keine Semiten, sondern Khazars. Das hat der Linguist Eugen Weixel nachgewiesen in seinen sehr tiefgehenden Studien zur Yiddischen Sprache.
4° – Was Paul Eisen sagt ist, dass der Holocaust zur neuen Religion der säkularisierten, gottlosen Juden geworden ist. Und was Gilad sagt zu den atheistischen, säkularisierten, meistens linken Juden ist ungefähr das Gleiche. Wie kann man mit einer solcher Selbstklarheit nicht übereins sein? Was ist genant daran? Das heißt wohl nicht gleich, dass man den Holocaust verneint, oder doch?

Bemerkung von Sabine Y.: Es geht nicht, einfach zu sagen: „Es gibt kein jüdisches Volk“. Es mag sein, dass viele Juden keine Semiten sind und dass Juden aus vielen verschiedenen Ländern kommen. Es gibt aber offensichtlich eine Gruppe, die sich als Juden fühlt und offenbar auch als Volk. Und man kann einer Gruppe nicht einfach ihre Existenz absprechen. Man kann diese Gruppe dann natürlich für das, was sie tut, wie sie sich anderen Gruppen und Personen gegenüber verhält, verantwortlich machen und gegebenenfalls kritisieren.


Chapter 2
- Gilad Atzmon -

(March 12, 2006) Due to its controversiality, utterances about the book "Flowers of Galilee" are quickly evaluated as avowals pro or contra the book and its author. This is one of the reasons why the study at hand develops so hesitantly. For the really interesting aspect is not the taking of a camp position, but the examination of the fronts and of the way the participants of the discourse are dealing with each other. This is the only way to understand the conflict, at all. And yet, with such an attitude one will hardly do justice to the existing expectations and the main effort will be to explain and to justify things. What can be the use of such an examination if not the qualification of camps. Well, the use can be the overcoming of conflicts. For even if a great number of networkers agree on redlining and tabooing Shamir and his writings, be it justified or not, there also is a number of people, who have to be taken seriously, and who do not follow this line, because they read Shamir in a different way and have a different image of him, because they focus on different characteristics. In this way a polarization happens. Polarizations of this kind must in my view not be ignored. They always refer to social problems which can and shall be overcome.

So let us regard some people who do not reject Shamir. On the link page of Shamir's homepage (www.israelshamir.net) Gilad Atzmon's site (www.gilad.co.uk) is mentioned on the very top of the rubric "Friendly sites". Gilad Atzmon is a jazz musician, writer and journalist. Gilad is a friend of Shamir's and often mentioned in one breath with him. On March 8, 2004, the Sueddeutsche Zeitung printed a review of Atzmon's first book "Guide to the Perplexed" and wrote about him: "Today he is one of the leading jazz saxophonists worldwide." And: "Atzmon owns a love-hate relationship toward Israel." Gilad was a soldier in the Israeli army (like Shamir) and today belongs to the sharpest critics of the Jewish state. Next to his artistic work he writes articles and essays on topical subjects.

In the beginning of the year a long interview reached me in which Gilad calls himself a "critic of the Jewish identity and of Zionism". The name of the interview is "Beauty as a political weapon". It was conducted by Manuel Talens in December 2005 and is available on the net in English, French, Italian, Spanish and German. The English original can be read e.g. at http://www.redress.btinternet.co.uk/gatzmon14.htm. In it: "Are you an anti-Semite? GA: No, for sure not. I argue that once Israel established itself explicitly as the state of the Jewish people, and did so at the expense of the indigenous Palestinians, any act of war against Jews can be comprehended in terms of 'political struggle'. This is not to say that such an act is legitimate." Subject of this statement is the question of the existence and responsibility of a Jewish collective, a question which in our publics is by far less harmless than speculations about a Muslim collective. Gilad also broaches the issue of the holocaust debate. Here is an excerpt:

"I do not deny the Holocaust or the Nazi Judeocide. But I just insist that both the Holocaust and World War II should be treated as an historical event rather than as a religious myth. The story of World War II and the Holocaust is full of discrepancies and contradictions. Major questions are left unanswered. Why did the Americans not bomb Auschwitz? Why did they wait until June 1944 before raiding the beaches of Normandy? Wasn’t it just because Stalin was advancing into central Europe? Why did the Allies bomb German cities rather than logistic facilities and key military targets? Wasn’t it just because they didn’t want to distract Hitler’s army from fighting Stalin? Why did the Americans nuke Hiroshima and Nagasaki? Wasn’t it because the Reds just declared war against Japan and could interfere with them in the Pacific? Clearly, an historical scrutiny of World War II would reveal the fact that from an Anglo-American perspective, Stalin was the real enemy rather than Hitler. The Holocaust narrative is there to hide this rather convincing yet alarming interpretation. The most crucial question here is why we are not allowed to treat that very historical chapter applying academic methods. The answer is very simple. The Holocaust is now regarded by most Jews and Anglo-Americans as the new Western religion."

On the same day, January 8, 2006, I received a notice about the new book "Not against my Consciousness" [link expired, 2023] (German edition of "Beyond Chutzpah") by the known human rights advocate Felicia Langer. In her conversation with Hans-Dieter Schuett Felicia Langer says: "Thank God, history made it to develop timid, careful Germans. The world has paid a terribly high price for that. But I want to tell you that the Germans, exactly because of their past, should open their mouths very clearly and articulate where human rights are violated... When Israel sets the critics of its policy towards the Palestinians close to anti-Semitism, then this is a delict against the victims of the holocaust. They are being used in a dishonest way. Such an attitude can only promote real anti-Semitism. Which is a completely terrible logic."

The reader, who sent me the Gilad interview, wrote to me: OK, Anis, I have read your flowers debate. I understand that you feel obliged to "distance" yourself.9 But you should know, if you don't know it, that this Gudrun Eussner, who, by the way, is also living in Southern France, is a (...), who uses to simply defame a whole lot of different people. Her sources are the usual French ultra-Zionist homepages. (...) Why should non-Jews be embarrassed, where not only Shamir and Atzmon, but also Paul Eisen, Jeff Blankfort, Elias Davidsson, Lasse Wilhelmson, Leibovici, Israel Shahak, Moïse Saltiel and many other so-called "self-hating Jews" are not embarrassed anymore, at all. When Hannah Arendt reported about the Eichmann trial in Jerusalem, her main criticism was the following: Eichmann should have been sentenced for crimes against humanity and not for crimes against the Jews. This launched an immense hate campaign against her from the part of the Zionists (though she was a Zionist herself) who badmouthed her and called her a "self-hating Jew".

(...) What about the freedom of opinion? What exactly is it that people are afraid of? Why can everybody totally freely talk about Muslims, about communists, about the Catholic Church, about the Turks etc., but not about Jews?

Deborah Lippstadt, who had won a trial against David Irving, just demanded that Irving should be released from jail, where he is in now, in Austria, risking ten years of prison. She says that she clings to the First Amendment and that she does not want Irving to become a martyr. Well, my attitude is very simple:
1° – Jews are not a special category to be spared of any kind of criticism, under the pretext of the holocaust
2° – The Palestinians, in the end, are victims of Hitler and not his successors or even accomplices, like some Zionists try to market it
3° – There is no Jewish people, no Jewish nation, and the European Jews in their majority are not Semites, but Khazars. This was proven by the linguist Eugen Weixel in his very deep studies about the Yiddish language.
4° – What Paul Eisen says is that the holocaust has become the new religion of the secularized, godless Jews. And what Gilad says about the atheist, secularized, mostly left Jews is about the same. How can one not agree with such a self-evident clarity? What is embarrassing about it? This surely does not mean to deny the holocaust, does it?

Remark by Sabine Y.: It is not possible to simply say: "There is no Jewish people". It may be that many Jews are no Semites and that Jews come from many different countries. But obviously there is a group which feels to be Jews and apparently also a people. And one cannot simply deny the existence of a group. Certainly, this group then can be made responsible for what it is doing, for the way it deals with other groups and individuals, and, where appropriate, it can be criticized.


- Shraga Elam -

(21.03.06) Der Bruch mit Shraga im Februar hat mich ziemlich mitgenommen. Shraga Elam ist israelischer Friedensaktivist und Recherchierjournalist in Zürich mit den Spezialgebieten Nahostkonflikt und Zweiter Weltkrieg, Autor von „Hitlers Fälscher“ und Co-Autor von „Die Schweiz am Pranger. Banken, Bosse und die Nazis“.10 Über mehrere Jahre hinweg habe ich „Shraga's Room“ auf Anis Online betreut und seine Web-Bibliografie erstellt. Als er das Interview mit Fritz Edlinger gelesen hat, ließ Shraga kurzerhand seinen Room schließen. Besonders, weil andere Networker das Interview gut fanden. In einer Mail vom 14.02.06 schrieb er an die Networkerin K: „Wenn Edlinger sich als Opfer einer unberechtigten Kampagne ansieht und so lese ich sein Interview, so ist sein halbpatziges 'Geständnis' nicht überzeugend. Seine Behauptung, dass er gegen Rassismus immun sei, ist wirklich übel. Das gibt's gar nicht. Das können nur Rassisten, denen ihr eigener Rassismus nicht bewusst ist, behaupten. Wir müssen uns ständig prüfen und hinterfragen.“ Leider hatte ich nie den Eindruck, dass Shraga sich prüft und hinterfragt. Vielmehr bricht er schnell alle Brücken ab, wenn ihm etwas nicht gefällt und bildet sich seine Selbstreflexion offensichtlich mehr ein als dass er sie tatsächlich lebt. Das ist zumindest meine Erfahrung über die Jahre.

Widersprüchlich dieser Absatz aus derselben Mail: „Vor Jahren war Shamir Mitglied einer internationalen Mailingliste, die hauptsächlich mit antizionistischen Juden besetzt war. Einige meine FreundInnen wollten Shamir loswerden und ich verteidigte sein Recht dort zu bleiben. Dies obwohl schon damals ich seine Linie als widerlich empfand. Es war dort eine Diskussions- und keine Aktionsgruppe.“ Derselbe Shraga Elam, der Networker auf ihre Haltung zu Shamir beobachtet und verurteilt, verteidigt Shamirs Recht, in einer Mailingliste dabei zu sein. Wenn aber andere Shamir nur thematisieren, schreitet Shraga ein.

Über mich schrieb Shraga in einer Rundmail vom 12.02.06: „Anis wollte es nicht kapieren, dass es nicht um Ausrutscher geht. Es sind keine verständlichen wenn auch überflüssigen Übertreibungen wie es beispielsweise Hajo [Meyer, A.H.] macht. Bei Hajo ist für mich keine böse Absicht zu erkennen. Hajo unterscheidet zwischen einer humanistischen Strömung und einer rassistischen schlimmen Strömung im Judentum. Bei Shamir hingegen geht es um pauschale Urteile gegen das Judentum, Talmud usw. Shamir betreibt eine konsequente anti-jüdische Hetze, welche nicht nur in diesem Buch zu finden ist. Diese Tatsache wird übrigens von Edlinger im Unterschied zu Ludwig nicht richtig thematisiert. Es ist eine seltsame Auslegung der Demokratie, die Anis betreibt. Ich will nicht mit solchen Rassisten wie Shamir zu tun haben. Es geht gar nicht um seine Meinungsfreiheit. Es geht um die Frage, ob die Palästina-Solidaritätsbewegung zusammen mit Neo-Nazis und ihren Freunden arbeiten soll, auch wenn nicht alles ihrer Kritik gegen Israel und die zionistische Lobby falsch ist.“

Es geht Shraga aber schon um „Formulierungsunterschiede“ im Zusammenhang mit Aussagen über Juden: „Ich mache viel diese Erfahrung, dass vor allem Nichtjuden diese Unterschiede nicht merken. Ich will diesen Leute dann nicht unbedingt böse und bewusste rassistische Absichten unterstellen, sondern einfach Unkenntnisse und Mangel einer gewissen Sensibilität.“ Non licet bovi ... Ich denke, dass auch für Shraga das Wort eines Juden über Juden prinzipiell mehr zählt als das Wort eines Nicht-Juden. Genau wie Fritz Edlinger es gesagt hat. Nur er als Jude kann demnach richtig einschätzen, was antisemitisch ist. Nichtjuden sind in Unkenntnis und unsensibel. Hier zementiert Shraga die jüdische Diskurshoheit, die andernorts auch zu Menschenrechtsverletzungen führt. Deshalb sage ich, dass dem Diskurs durch Gutmenschen wie Shraga Elam nicht geholfen ist. Er ist, wenn es darauf ankommt, manchmal mehr Teil des Problems als Teil der Lösung.

Und von wegen: „Anis wollte es nicht kapieren, dass es nicht um Ausrutscher geht.“ Ich weiß, dass es bei Shamir nicht um Ausrutscher geht, daher habe ich mich bereits im August 2004 öffentlich sichtbar dahingehend geäußert, dass Shamir Juden diskriminiert und dass ich dies ablehne. An dieser Meinung hat sich nichts geändert. Nein, Shraga möchte die Hoheit des Diskurses für sich. Es ist mehr eine Ego-Sache als alles andere, auch wenn er es geschickt hinter (Schein-)Argumentationen versteckt. Ich glaube nicht einmal, dass Shraga es merkt.

Shraga hat das Blumenbuch nicht gelesen: „Ich muss zugeben. Ich habe Shamirs Buch nicht gelesen und habe es nicht vor. Ich habe dafür genug Texte von Shamir gelesen, um zu wissen, dass er eine antijüdische Hetze betreibt. Hetze, die immer schlimmer wird. Auch wenn dieses Buch keine antijüdischen Passagen beinhaltet hätte, was aber nicht der Fall ist, ist es ein gravierender Fehler ein Buch von solchem Autor herauszugeben. Würdest Du ein Buch von Horst Mahler zu irgendeinem Thema herausgeben?“ Es geht Shraga also nicht in erster Linie um Sachverhalte, sondern um Stigmata. Das ist einfach unsachlich und undemokratisch.

Monatelang habe ich die Blumendebatte aufgeschoben wegen Shraga. Beim ersten Versuch, diese Studie zu schreiben, bekam ich Mails von ihm und auch anderen, die mich eingeschüchtert haben. Ich würde „der Sache“ schaden, hieß es. Ich erinnere ihn an seine Ex-Frau, schrieb Shraga verächtlich und unsachlich. Ich nahm die Texte zunächst wieder aus dem Netz. Heute bin ich froh, dass ich die Blumendebatte schreibe und auch, dass Shraga keinen Einfluss mehr auf mich hat. Wenn es nämlich für ihn wichtig wird, schreckt er auch vor autoritärem Verhalten nicht zurück. Ich habe es ja selbst erlebt. Er hat sich mit Thomas Steinberg gegen Fritz Edlinger verbündet und eine Widerrede wurde unterbunden. Dies halte ich für einen falschen Ansatz. „Ich will wirklich weder mit Anis noch mit Edlinger zu tun haben“, schreibt Shraga, der mich einst für den Satz „Die Juden feiern Hanuka“ rügte, da er rassistisch sei.

Vielleicht bemerken auch andere Networker beim Lesen dieser Zeilen, dass Shraga Elam sie eingeschüchtert und manipuliert hat. Das wäre ein Fortschritt. Seine hervorragenden Gedanken, die er ja auch hat, bleiben davon unberührt.


- Shraga Elam -

(March 21, 2006) Breaking up with Shraga in February battered me. Shraga Elam is an Israeli peace activist and research journalist in Zurich with the special subjects Middle East conflict and World War II, author of "Hitler's Forgers" and co-author of "Switzerland at the pillory. Banks, bosses and the Nazis".10 For several years I had taken care of "Shraga's Room" on Anis Online and developed his web bibliography. When he read the Fritz Edlinger interview Shraga, without further ado, closed down his room. Especially because other networkers liked the interview. In a mail from February 14, 2006, he wrote to the networker K: "If Edlinger regards himself to be the victim of an unjustified campaign – and this is how I read his interview, then his half-snotty 'confession' is not convincing. His allegation that he is immune against racism, is really bad. Such a thing doesn't exist. Only racists, who are not aware of their own racism, can claim that. We continuously have to examine and question ourselves." Regrettably, I never had the impression that Shraga is examining and questioning himself. Rather, he is quick to break down all bridges when there is something against his liking and he apparently is rather imagining his self-reflection than living it. At least, this is my experience over the years.

Contradictory is this part from the same mail: "Years ago, Shamir was a member of an international mailing-list, mostly consisting of anti-Zionist Jews. Some of my friends wanted to get rid of him and I defended his right to stay there. This, although I had regarded his line as being disgusting even then. It was a discussion group and not an action group." The same Shraga Elam, who is observing and adjudging other networkers in respect to their attitude toward Shamir, defends Shamir's right to be in a mailing list. But if others only make Shamir a topic, Shraga intervenes.

About me Shraga wrote in a multi-address email, dated February 12, 2006: "Anis did not want to savvy that this is not about slip-ups. It is not about understandable, even if dispensable exaggerations of the kind e.g. Hajo (Meyer, A.H.) has them. In Hajo I do not recognize evil intentions. Hajo differentiates between a humanist current and a racist bad current in Judaism. In Shamir, on the other hand, it is about across-the board judgments against Judaism, the Talmud etc. Shamir practices a consequent anti-Jewish agitation which is not only to be found in this book. This fact, by the way, is not really covered by Edlinger, but it is by Ludwig. It is a strange interpretation of democracy that Anis is practicing. I do not want to have anything to do with such racists like Shamir. The point is not his freedom of opinion. The point is whether or not the Palestine solidarity movement should work together with Neo-Nazis and their friends, even if not all of their Israel criticism and Zionist lobby criticism is wrong."

And yet, Shraga is concerned with "differences in formulation" in the context of assertions about Jews: "I often make this experience that, most of all, non-Jews do not sense these differences. I do not want to insinuate that these people necessarily have evil and consciously racist intentions, but simply ignorance and a certain insensitivity." Non licet bovi... I think that for Shraga, too, the word of a Jew about Jews is principally higher ranking than the word of a non-Jew. Just like Fritz Edlinger said. Thus, only he as a Jew is really able to assess what is anti-Semitic. Non-Jews have ignorance and insensitivity. Here Shraga cements the Jewish sovereignty of the discourse which elsewhere also leads to human rights violations. Therefore I say that the discourse does not profit much from do-gooders like Shraga Elam. When it comes down to the nitty-gritty, he sometimes is more part of the problem than part of the solution.

And as if: "Anis did not want to savvy that this is not about slip-ups." I know that the Shamir case is not about slip-ups. This is why I have uttered publicly and visibly as soon as in August 2004 that Shamir discriminates against Jews and that I reject that. This opinion has not changed since. No, Shraga wants the sovereignty of the discourse for himself. It is more of an ego thing than anything else, even if he cleverly hides it behind (pseudo-) arguments. I do not even think that Shraga is aware of it.

Shraga did not even read the flowers book: "I must admit. I did not read Shamir's book and I have no intention to read it. But I have read enough of Shamir's texts to know that he is practicing an anti-Jewish agitation. An agitation that gets worse and worse. Even if this book did not contain anti-Jewish passages, which is not the case, it is a serious mistake to publish a book of such an author. Would you publish a book by Horst Mahler of whatever content?" So Shraga in the first place is concerned with stigmata, not with issues. This simply is unobjective and undemocratic.

For months I have postponed the flowers debate because of Shraga. During my first attempt to write this study I received intimidating mails from him and also from others. I would damage "the cause". I would remind him of his ex-wife, Shraga wrote to me in a contemptuous and unobjective way. So I removed the texts from the net at first. Today I am happy to write the flowers debate and happy that Shraga's influence on me has ceased. For when he regards it to be important he does not shy at authoritarian behavior. I experienced it myself. Together with Thomas Steinberg he has allied against Fritz Edlinger and all backtalk was cut off. I regard this to be the wrong approach. "I really do not want to have anything to do with Anis and with Edlinger", writes Shraga who once reproached me for the sentence "The Jews celebrate Hanuka", as it allegedly is racist.

While reading these lines, maybe other networkers become aware that Shraga Elam has intimidated and manipulated them, too. This would be a progress. His brilliant thoughts, which he definitively also has, remain untouched by that.


- Israel Shamir -

(27.03.06) Der Tag fing nicht gerade besonders gut an. In meinen Emails fand ich ein aktuelles Newsweek-Interview mit Chibli Mallat, derzeit Präsidentschaftsanwärter im Libanon. Er war ein Anwalt der Menschenrechte und ich habe ihn unterstützt. Im Interview fand ich dies: „Frage: Für Präsident George W. Bush ist die Verbreitung der Demokratie noch immer der Hauptpunkt seiner Außenpolitik. Stärkt Sie das? Mallat: Ich unterstütze seine Politik mit ganzem Herzen. Wir Aktivisten in der Menschenrechtsgemeinde haben seit Jahren die Demokratie gewollt, und jetzt, wo die Amerikaner sie einbeziehen, werden wir nicht umkehren.“11 Kann mir mal jemand sagen, wie man ein Anwalt für die Menschenrechte sein und gleichzeitig Mr. Guantanamo unterstützen kann? Das ist wie ein Vegetarier, der Fleisch isst. Seufz. OK, sprechen wir über Shamir.

Ähnlich wie Chibli begegnete ich Shamir im Internet. Hintergrund ist, dass Journalismus eine Art Hobby von mir ist. Außerdem ist die eine Sache, die ich am Medienzeitalter wirklich mag, die sofortige Kommunikation. Oft können Leute, die in den Medien auftreten, aufgefunden und angesprochen werden. Einmal hörte ich im Radio einen Bericht über den ägyptischen Professor Nasr Abu Zaid. Während meiner Studienzeit in der Islamwissenschaft hatte ich nur ihn und über ihn gelesen. In der Networking-Phase meines Lebens bemerkte ich eine Atmosphäre von Fortschritt und Optimismus in seiner Stimme. So kontaktierte ich ihn und wir machten ein Online-Interview. Mit Shamir war es ähnlich. Im September 2002 las ich seinen Artikel „Das Märchen von den zwei Staaten“.12 Dies war das erste Mal, dass ich bewusst mit einer Analyse der Ein-Staat-Idee konfrontiert war. Sie hatte eine zwingende Logik. Sie widersprach allem, was ich wusste. Dabei ist der Artikel eine etwas polemische Reaktion auf Uri Avnerys Position der beiden getrennten Staaten, Israel und Palästina. Polemik interessierte mich nicht, sondern die Sache. Die Zwei-Staaten-„Lösung“ schafft nicht die rassistische (oder wie auch immer man sie nennen möchte) Segregation ab, es löst nicht die Situation der fünf Millionen Flüchtlinge, und der vorgesehene „Staat“ Palästina ist nicht lebensfähig. Die Probleme mit den Siedlern und mit dem Wasser sind in einem einzigen Staat leichter angehbar. Auch wenn die Idee des einen demokratischen Staates in diesen Tagen nicht gerade populär ist, bleibt sie doch die einzige umfassende Lösung, die einzige dauerhafte Lösung.

Es war leicht, Shamir zu erreichen und das Interview verlief angenehm und fruchtbar. Ich spürte, dass Shamirs Hintergrund ein ausgesprochen weiter und kreativer war. In diesem Interview, wie zu vielen anderen Anlässen, ist Shamir nicht über Rote Linien gegangen. Aus dem Verständnis des Mainstreams heraus gesehen. Er spricht nicht immer nur über „die Juden“.

Einige Zeit später wurden mir Shamirs Zuweisungen Juden betreffend bewusst. Ein Donnerwetter an Kritik rollte über ihn hinweg. Electronic Intifada – ein moderner Onlinedienst – analysierte, dass er der palästinensischen Sache schaden würde. Shraga sagte das auch und es überzeugte mich. Wichtige Mailinglisten wie al-Awda verbannten ihn. Zunächst hatte ich gedacht: Wahrscheinlich übertreiben die, aber bei genauerem Hinsehen fand auch ich, dass er über Rote Linien geht. Bewusst, meine ich. An diesem Punkt wendeten sich die meisten Networker von ihm ab. Und an diesem Punkt begann ich mich zu fragen, warum dieser Zusammenprall geschieht und was es mit Shamirs Zuweisungen auf sich hat. Immerhin hatte ich ihn positiv erfahren. Es gab für mich keinen Zweifel daran, dass aus seinen Schriften Humanismus spricht, also verstand ich diese Sache mit „den Juden“ nicht. So ging ich im April 2003 wieder auf ihn zu und wir führten eine Online-Diskussion bis zum Juli.13

Das Ergebnis war etwas unbestimmt. Mein Gehirn konnte die Widersprüche nicht auflösen. Die beiden wichtigsten Punkte blieben offen: die Sache mit den Juden und Shamirs Beteiligung oder Nichtbeteiligung an Nazi-Bewegungen. Mittlerweile hatte ich mehr von ihm gelesen und die Argumente gegen ihn verfolgt. Ich machte eine Notiz oben auf die betroffenen Seiten von Anis Online, die besagt, dass ich die Art ablehne, in der er Juden diskriminiert und dass ich ihn nicht in einer verantwortlichen Position sehen möchte. Etwas später verließ ich die Gruppe „Ein demokratischer Staat“, als ich hörte, dass Shamir in den Vorstand gewählt worden war. Da war für mich eine Grenze. Ich tat dies nicht auf äußeren Druck hin, sondern weil ich Teile seines Anti-Judaismus als gefährlich erachte. Sie können manichäische Monster erwecken, Dualismen des Wir/die Anderen. Gleichzeitig habe ich nicht aufgehört, ihn mit „Lieber Shamir“ anzusprechen, da ich auf einer anderen Ebene eine Sympathie spüre, die ich nicht leugnen möchte. Eine andere Grenze. Es ist eine schwierige Situation.

Außerdem verweisen seine anti-jüdischen Äußerungen auf etwas Verstecktes. Etwas jenseits der Politik. So war damals mein Eindruck. Ich wusste, dass der Fall noch nicht abgeschlossen war, dass wir uns wiedertreffen würden. Ich erinnere mich daran, dass ich ganz schön wütend auf Shamir war. Ich fühlte mich betrogen. Hatte Hoffnungen in ihn gesetzt und dann vermasselte er es durch die Verwendung von gemeinen Stereotypen. So verloren wir uns eine Zeit lang aus den Augen. Bis zum Fall Edlinger. Oder nein, da war vorher noch etwas.

Ich entdeckte Alice Miller. Das war letztes Jahr. Seitdem habe ich alle ihre zwölf Bücher gelesen und ihre Homepage unter den Link zu den Menschenrechten verlinkt, auf der Frontseite von Anis Online. Ich halte Alice Miller für die wichtigste Wissenschaftlerin des zwanzigsten und beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts.14 Wenn Sie etwas über die Quellen der Gewalt wissen möchten, lesen Sie ihre Bücher! Als ich davon absorbiert war, begegnete ich auch ihrem Buch „Der gemiedene Schlüssel“. Darin fand ich eine Nietzsche-Analyse, bei der ich unwillkürlich an Shamir denken musste. Alice Miller fragt: Warum hat Nietzsche so viel Schande über die Frauen und die Religion gehäuft? Sie erinnern sich, Sachen wie: „Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht“, und dieser Mist. – Um es kurz zu sagen: Nietzsche war in seiner Kindheit und darüber hinaus von Frauen umgeben, die ihn quälten, die er aber liebte, weil sie seine Familie waren, sein Zuhause, seine Identität. In seinem inneren Selbst konnte er sie nicht kritisieren. Also kritisierte er ALLE Frauen AUSSER seine Familie, die sein Leiden verursacht hatte. Hier dachte ich blitzartig an Shamir, Shamir und die Juden.

Ich weiß nicht, wie er es aufnehmen wird, aber ich konfrontiere Shamir mit dieser Assoziation. Mal sehen, was passiert. Denn ich möchte es verstehen. Leute brauchen Erklärungen. Shamir nennt Dinge, die klar als Hinweise auf Gruppenverhalten identifiziert werden können, besonders auf Machtkonstellationen, jüdisches Verhalten. Wir werden in Kürze detailliert auf diese Dinge eingehen. Ich möchte nur klarstellen, dass die Leute Erklärungen brauchen und dass sie gezwungen sind, Arbeitshypothesen zu haben.

Es ist kein Zufall, dass ich den Begriff der Roten Linien verwendet habe. Ich erinnere mich an eine Szene, wo ich für einige Tage einen anklagenden Text auf der Frontseite meiner Homepage hatte, der an die Regierung von Schleswig-Holstein gerichtet war. Das war, nachdem ich meinen Universitäts-Job verloren hatte. Ich hatte darauf bestanden, über bestimmte Themen zu sprechen, aber das wurde abgelehnt. Heute bin ich mir nicht sicher, ob der erwähnte Text ganz falsch war, aber ich weiß, dass es nicht funktioniert hat. Es hat meine Nerven beruhigt, aber es war nicht erfolgreich, politisch gesehen. Ich erinnere mich genau daran, dass Shamir diese Rebellion gefallen hat, und dass er einer der wenigen war, die mir da folgen konnten. Es war eine Rote Linie, es hat nicht funktioniert und mit etwas Erfahrung lernt man, dass es nicht funktioniert. Man kann immer noch über solche Linien gehen, es ist nicht immer falsch. Aber man weiß dann, was man tut. Man spürt eine Verantwortung.

Am 18.08.2005 wurde Shamir im Fernsehen interviewt, auf Sat1, in der Sendung „Kulturzeit“. Wie ich später hörte, hatten die Redakteure Ludwigs ersten Artikel über Shamir im Freitag gelesen und ihn daraufhin eingeladen. Später erklärten sie öffentlich, dass sie Shamir nicht wieder einladen werden. Es war ihnen peinlich. Das Interview selbst war gut. Ich habe es gesehen. Es war das erste Mal, dass ich Shamir gesehen habe, bis auf zwei Online-Fotos.

Zwischenzeitlich habe ich das Blumenbuch gelesen. Nach einigen abschließenden Bemerkungen und Kommentaren folgt eine Besprechung des Buches in Kapitel 3. Das Ergebnis von Kapitel 3 wird nicht sein, dass es anti ist. Das ist bereits bekannt. Wir werden vielmehr das Buch dazu bringen, uns seine Geheimnisse zu erzählen. Auf der Suche nach einer Erklärung, um den Widersprüchen auf den Grund zu gehen.


- Israel Shamir -

(March 27, 2006) The day didn't exactly start off well. In my emails I found a recent Newsweek interview with Chibli Mallat, current presidential contender in Lebanon. He used to be a human rights advocate and I supported him. In the interview I found this: "Question: President George W. Bush continues to make the spread of democracy the cornerstone of his foreign policy. Does that sustain you? Mallat: I support his policy wholeheartedly. We activists in the human-rights community have been calling for democracy for years, and now that the Americans are embracing it, we won’t turn back."11 Can anybody tell me how someone can be a human rights advocate and at the same time support Mr. Guantanamo? This is like a vegetarian who eats meat. Sigh. Okay, let's talk about Shamir:

Like Chibli, I met Shamir through an interview. Background is that journalism for me is a kind of hobby. Moreover, the one thing I really like about this media age is instant communication. Often people, who appear in the media, can be traced and talked to. Once I listened to a radio feature about Egyptian Professor Nasr Abu Zaid. During my studies (Islamic Studies) I only read him and read about him. In my networking phase of life I sensed this air of progression and optimism in his voice. So I contacted him and we made an online interview. Similarly, it was with Shamir. In September 2002 I read his article "The Tale of Two States".12 It was the first time I was consciously confronted with an analysis of the one-state idea. It was compelling. It contradicted all the things I knew. The article is, in fact, a somewhat polemic reaction on Uri Avnery's position of two separate states, Israel and Palestine. I was not interested in polemics, but in the matter. The two-states "solution" does not abolish the racial (or however you want to call it) segregation, it does not solve the situation of the five million refugees, and the designated "state" of Palestine is not viable. The problems with the settlers and with the water is easier to handle in a single state. Even though the notion of one democratic state is not especially popular these days, it remains the only comprehensive solution, the only lasting solution.

It was easy to contact Shamir and the interview was enjoyable and fruitful. I sensed that Shamir's background was extremely broad and creative. In this interview, as in many other occasions, Shamir did not cross any red lines. In the mainstream sense. He does not always talk about "the Jews".

Some time later I became aware of Shamir's assignments concerning Jews. A thunder of criticism came down on him. Electronic Intifada – a modern online service – analyzed that he damages the Palestinian cause. Shraga also said that, and it convinced me. Important mailing lists like al-Awda banned him. At first I had thought: well, they must be exaggerating, but after a closer reading I also found that he crosses red lines. Consciously, I mean. At that point, most of the networkers turned away from him. And at that point I started to wonder why this clash happened and what Shamir's assignments were all about. After all, I had experienced him in a positive way. There was no doubt for me that his writings display humanism, so I did not understand his Jew thing. So I turned to him again in April 2003 and we had an online discussion until July.13

The result was somewhat undecided. My brains were unable to resolve the contradictions. The two main things remained open: the Jew thing and Shamir's involvement or non-involvement in Nazi movements. By then I had read more of his work and had followed the arguments against him. I placed a note on top of the respective pages on Anis Online saying that I reject the way he discriminates against Jews and that I do not want to see him in a responsible position. A short while later I left the group "One Democratic State", when I heard that Shamir was elected into the board. Here I felt a limit. I did this, not because of external pressure, but because I regard parts of his anti-Judaism as dangerous. They can evoke Manichean monsters, dualisms of we/them. At the same time, I never stopped addressing him "Dear Shamir, for on a different level I feel a sympathy which I do not want to deny. Another limit. It is a difficult situation.

Moreover, his anti-Jewish utterances refer to something hidden. Something beyond politics. Such was my impression then. I knew that the case was not closed yet, that we would meet again. Actually, I remember having been quite angry on Shamir. I felt deceived. I had set hopes in him and for me he blew it by the use of base stereotypes. So we lost sight of each other for a while. Until the Edlinger case. Or no, there was something before.

I discovered Alice Miller. That was last year. Since then I read all of her twelve books and linked her site beneath the link to the human rights on the front page of Anis Online. I regard Alice Miller to be the most important scientist of the 20th and beginning 21st centuries.14 If you want to know about the sources of violence, read her books! In the absorbing process I came across her book "The Untouched Key – Tracing Childhood Trauma in Creativity and Destructiveness". In it I found a Nietzsche analysis which spontaneously made me think of Shamir. Alice Miller asks: Why did Nietzsche heap so much opprobrium on women and religion? You remember, stuff like: "When you go to the woman, don't forget the whip", and all that crap. – To make it short: Nietzsche in his childhood and later years was surrounded by women who tortured him, but who he loved, because they were his family, his home, his identity. In his inner self he could not criticize them. So he criticized ALL the women EXCEPT his family who caused his ailment. This is when I thought of Shamir like in a flash, Shamir and the Jews.

I don't know how he will take it, but I confront Shamir with this association and will see what happens. I want to understand. People need explanations. Things which clearly can be identified as referring to group behavior, especially power group behavior, Shamir calls Jewish behavior. We will come to these things in detail soon. I just want to make clear that people need explanations and they are compelled to have working hypotheses.

It is not by accident that I used the concept "red lines". I remember a scene when for some days I had an accusing text on the front page of my site, addressed to the government of Schleswig-Holstein. It was after I lost my university job. I had insisted to talk about some issues, but it was denied. Today I am not sure, whether the mentioned text was completely wrong, but I know that it did not work. It calmed my nerves, but it was not successful, politically. I remember distinctly that Shamir liked this rebellion, and that he was one of the very few who followed me here. It was a red line, it did not work and with some experience you learn that it doesn't. You can still walk over this line, it is not always wrong. But you will know what you are doing. You will feel a responsibility involved.

On August 18, 2005, Shamir was interviewed on TV, on Sat1, "Kulturzeit". As I heard later on, the editors had read Ludwig's first article on Shamir in the Freitag and so invited him. Afterwards they made a public note that they will not invite Shamir again. They were embarrassed. The interview itself was good. I saw it. It was the first time I saw Shamir, except for two online photos.

In the meantime I read the flowers book. After some concluding remarks and comments the review of the book follows in chapter 3. The conclusion of chapter 3 will not be that it is anti. We know this already. Rather, we will let the book reveal its secrets. Searching for an explanation to find out about the contradictions.


- Reflexion über Rassismus -

(31.03.2006) Man erkennt bereits am Wort, dass „Rassismus“ schwer zu definieren ist. Was ist eine Rasse? Dies ist kein moderner Begriff. Geht es um Diskriminierung? Kein viel besserer Begriff: Diskriminierung ist Griechisch für Unterscheidung. Es handelt sich bei der Sache um ein Paradox, das nämlich, wonach die Leute alle unterschiedlich sind und gleichzeitig alle gleich. Wir sind alle etwas Besonderes, also ist niemand etwas Besonderes. Wir haben eine Identität, aber es ist unhöflich, sie auszuleben. Wir leben in Gruppen, aber wir wollen die Verantwortung nicht tragen. Gesellschaften sind unterschiedlich, aber je mehr man versucht, dieses Phänomen zu analysieren, desto mehr rinnt es einem durch die Finger. Es gibt Stereotypen von vielen Gesellschaften auf dem Markt, Zuschreibungen aller Art. Einige davon sind harmlos, andere können zu gewalttätigen Handlungen aufstacheln, wie wir bei den Muhammad-Karikaturen sehen konnten. Einige der Stereotype bilden das (kulturelle) Fundament klassischen Feinddenkens, von der Antike über die Versklavung Afrikas und allen bekannten Formen des Kolonialismus und Imperialismus, eine Gesellschaft, die über eine andere herrscht oder den Versuch macht, bis zum Kalten Krieg und der derzeitigen Vergewaltigung der arabisch-islamischen Welt unter dem Etikett des Anti-Terrorismus.

Analytisch gesehen braucht das Rassismus-Szenario die folgenden Komponenten:
1. Ein Opfer. Jedes Szenario aus der Domäne der Gewalt ist durch das Opfer charakterisiert. Wo kein Opfer, da keine Gewalt.
2. Eine Zuschreibung. Das Opfer bekommt ein Etikett zugeschrieben. Ein klassisches Beispiel aus der Geschichte ist, dass Juden und Schwarze durch ein Gesetz die Zuschreibung erfahren haben, eine niedrigere Rasse zu sein. Daher wurden sie als Rasse getrennt.
3. Eine Umgebung, in der die Zuschreibung funktioniert. Das kann eine Schulklasse sein, in der die anderen Schüler an die Notwendigkeit der Segregation glauben oder es kann eine Regierung sein, wenn sie die Segregation anordnet. Die Umgebung ist der komplexeste Faktor.
4. Ein Täter. Jemand, der die Zuschreibung äußert. Wenn diese Person oder Gruppe in einer Machtposition ist, steigt sein Wert im Szenario. Zum Beispiel Ahmedinedschad oder Bush, wenn sie über den Westen reden, beziehungsweise über den Terrorismus.

Ein Problem ist, dass es auch harmlose Fälle gibt, die denselben vierteiligen Rahmen aufweisen. Das Quarantäne-Szenario etwa hat dieselbe Struktur. (1) ist der Infizierte, (2) ist die Zuschreibung der Infektion, (3) ist die Öffentlichkeit, (4) ist z.B. ein Arzt. Damit soll gezeigt werden, dass die Struktur dieses Szenarios nicht per se „böse“ ist. In einigen Fällen ist sie gerechtfertigt.

Ein größeres Problem ist, dass – wie wir übereingekommen sind – Gruppen eine Verantwortung tragen. Daher ist diese Verantwortung der Gruppe per Definition zugeschrieben. Zum Beispiel, wenn eine Gruppe einen Mord begeht und dafür zur Rechenschaft gezogen wird. Wenn die Zuschreibung mit der Verantwortlichkeit zusammenfällt, gibt es in dem Szenario kein Opfer mehr.

Darüber hinaus erfasst die oben-genannte Formel die signifikanten Phänomene des Philo-Rassismus nicht hinreichend. Dies sind besondere Fälle, weil das Opfer und der Täter in diesem Szenario versteckt sind. Durch die Zuschreibung von stereotypen positiven Merkmalen zu Gruppen können diese gewalttätige Extreme ausbilden, ohne eine kritische Rückmeldung erwarten zu müssen. Eine solche positive Zuschreibung ist „Gruppe A ist immer zu Unrecht zum Opfer gemacht worden.“ Jetzt wird Gruppe A nicht mehr kritisiert, weil sie sich als Opfer fühlen würde. Die Opfer von Gruppe A bleiben daher unentdeckt.

Zuschreibungen sind nicht immer etwas Schlechtes oder etwas Gutes, sie sind Teil unseres natürlichen Denkens. Um eine Gruppe überhaupt als Identität wahrnehmen zu können, braucht man Aussagen über die Gruppe, und das sind immer Zuschreibungen. Daher liegt die Gefahr eher im Lagerdenken, denn dort werden Zuschreibungen zu Feindbildern. Feindbilder wiederum aktivieren Aggressionen in den vielen Menschen, die sich mit dem entsprechenden Szenario identifizieren. So wird Guantanamo ebenso möglich wie gewalttätige Massenveranstaltungen in arabischen Ländern wegen des Karikaturenstreits.

Für die Öffentlichkeit in meiner Umgebung ist es extrem schwer anzuerkennen, das „der Andere“ nicht notwendig gut oder böse ist. Als ich mit der Rubrik „Pressezeit“ begonnen habe, geschah das aufgrund eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung über „den Araber“. Die Grundaussage war, dass wir im Westen dazu neigten, uns den Araber wie Omar Scharif in dem Film „Lawrence von Arabien“ vorzustellen, was sich aber als falsch herausstellte, sodass wir ihn uns jetzt als Bin Laden vorstellen, denn das ist der einzige andere Araber, den wir kennen ... Es ist anzuerkennen, dass ein solches Denken existiert. Wir können darüber lachen, wir können die Köpfe schütteln, aber wir können es nicht ignorieren. Und wenn solche Vorstellungen über Araber auf dem Markt sind, dann können wir sicher sein, dass dies nicht die einzigen sind, die eine Sonderbehandlung erfahren. Es ist eine bekannte Tatsache, dass Deutschland eine „besondere Beziehung“ zu Juden hat. Im Kontext mit ausgeprägtem Lagerdenken ist das eine gefährliche Sache, egal, ob es sich dabei um Anti- oder Philo-Semitismus handelt.

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(01.04.06) Kommen wir nun zu einigen Kommentaren, die mich inzwischen erreicht haben. Der Journalist aus Hamburg, der freundlicherweise bereits in früheren Pressezeiten Kommentare beigesteuert hat, schreibt: „Lieber Anis, Das ist ein äußerst verwickelter Streit. Der Schamir spielt so absichtlich und unberechenbar mit dem Feuer judenfeindlicher Ressentiments, dass ich im vorgegebenen Rahmen – als Deutscher in Deutschland – keine noch so geringe Gemeinschaft mit ihm möchte. Ich könnte ihm allenfalls zugute halten, dass dort, wo er herkommt – ich meine Russland – viele Juden nichts dabei finden, mit Antisemiten Tee zu trinken und zu diskutieren oder rumzualbern, wie auch umgekehrt. Ich habe von dort die Redensart gehört: 'Menschen sind wir doch alle, und miteinander reden kann man doch immer'. Man findet dort auch nichts dabei, ein bisschen zu provozieren und zu erschrecken, sondern kultiviert dies mitunter geradezu. Ich verkenne nicht einen gewissen Charme dieser Lebensweise, akzeptiere aber für mich, dass wir hier in Deutschland leben und dass es vor diesem Hintergrund sehr wohl auch gute Argumente gibt, jede Gemeinschaft mit judenfeindlichen Provokateuren konsequent zu meiden.

'Die Juden feiern Chanuka' ist rassistisch? Das muss ich mir merken. Natürlich ist es falsch. 'Juden feiern Chanuka' wäre richtig. Manche tun es, manche lassen es. Auch 'Mormonen feiern Chanuka' klingt zwar total daneben, könnte aber dennoch richtig sein. Vielleicht gibt es ja zwei, die es tun. 'Juden feiern Weihnachten' könnte auch stimmen. Der Seligmann zum Beispiel soll nichts dagegen haben. Ich hatte bei Springer eine jüdische Kollegin, die keinesfalls Chanuka, sondern wohl nur Jom Kippur feierte. 'Juden essen Schweinebratwürste' ist übrigens auch richtig: Diese Kollegin jedenfalls tat es, und sicher ist sie damit nicht die einzige. Aber Rassismus setzt doch voraus, dass eine verallgemeinernde Aussage in irgendeiner Weise einen herabsetzenden Inhalt hat. Das vermag ich beim Satz 'Die Juden feiern Chanuka' nicht zu erkennen. Vielleicht fehlt es mir an der nötigen Sensibilität.“

Dieser Journalist, so sollte ich anfügen, gehört zu den wenigen, die in ihren Veröffentlichungen Kritik am Staat Israel präzise formulieren. Auch den Philo-Rassismus kennt er natürlich. Nur geht es im Hanuka-Satz um etwas anderes. Als ich ihn einst als Beispielsatz konstruierte, hatte ich eine Linie im Kopf wie: Die Juden feiern Hanuka, die Christen Weihnachten und die Muslime 'Iid al-Fitr.

Besonders an diesem Beispiel lässt sich zeigen, dass man dem Phänomen von Rassismus besser durch die Prototypen-Theorie versteht als durch definitorische Versuche.15 Stellen wir uns beispielsweise einen Pfau vor, einen Kolibri, eine Amsel, ein Huhn, einen Pinguin und eine Eule. Wenn uns jemand nach einem typischen Vogel fragt, werden wir wahrscheinlich auf die Amsel zeigen. Der Pinguin mag ein Vogel sein, aber kein typischer. Was macht die Amsel zum typischen Vogel? Dies ist die Frage der Prototypen. Sie gilt auch für Rassismus. Es gibt typische Formen von Rassismus und weniger typische. Philo-Rassismus gehört zu den letzteren und wird daher oft übersehen.

Eine befreundete Journalistin aus München schreibt über das Gilad-Zitat: „Das Interview mit Gilad und deine zitierten Stellen gehen mir zu weit, er kritisiert die Anglo-Amerikaner mehr für die Verbrechen des Holocaust als die Deutschen! Allerdings hat Stalin tatsächlich noch ein paar Millionen mehr Leute auf dem Gewissen als Hitler. Bei Hitler waren es, glaube ich, 50-60 Millionen, bei Stalin nooch mal 10 Millionen mehr. Warum kritisiert Gilad nur die Anglo-Amerikaner, nicht die Deutschen und Stalin? Oder die Japaner? Er ist mir zu unsachlich.“ Gilad antwortete darauf in einer Email mit den Worten: „Das ist einfach: Stalin ist tot und Hitler auch, Anglo-Amerikaner sind noch da, im Irak, Afghanistan und hinter Israel.“ Ich denke, dass dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich von Lagerdenken zu lösen und allgemeine Standards als Grundlage der Betrachtung zu nehmen. Dies ist ja auch in der Neuformulierung der Menschenrechte nach dem Zeiten Weltkrieg geschehen, nur dass die Menschenrechte nicht konsequent überwacht werden, sondern innerhalb des Lagerdenkens. Solange nur ein paar Staaten ein paar der Menschenrechte einhalten müssen, bleibt der Diskurs verzerrt.

Fußnoten:
9: Dies bezieht sich auf eine frühere Version der Blumendebatte, wurde aber im Text gelassen, da es zeigt, dass nicht nur mangelnde Distanzierung auf Unmut stößt, sondern auch zu viel Distanzierung. (zurück)
10: Als Jamal Karsli damals von Guido Westerwelle aus der FDP gekickt wurde, war der Anlass eine Email, in der Israel aus Expertenmund „Nazi-Methoden“ vorgeworfen wurde. Jamal hatte diese Mail in den FDP-Vorstand versendet. Der Experte war Shraga Elam. Für einige Zeit stand er mit Jamal in Kontakt. Manche Networker berichteten mir, dass Shraga Elam gern von einem Networker zum anderen zieht und nirgends lange bleibt. Man sollte seine Ex-Frau einmal dazu befragen. (zurück)
11: Newsweek, March 24, 2006: "From Dreamer to Contender. Even though a national election isn't scheduled, human-rights activist Chibli Mallat is running for president. And his chances of winning are looking better all the time." by Stephen Glain. URL: www.msnbc.msn.com/id/11998664/site/newsweek/ Mallat interview on Anis Online: www.anis-online.de/journalismus/interview/chess/mallat2.htm. Nasr Abu Zaid interview: www.anis-online.de/journalismus/interview/chess/abuzayd.htm (zurück)
12: www.israelshamir.net/English/Tale_of_Two_States.htm (zurück)
13: www.anis-online.de/1/m/archiv/2003_israelshamir.htm (zurück)
14: Leider hat Dr. Miller nie über Palästina gesprochen. Ich fragte sie einige Male danach. Nur einmal in einer Email erwähnte sie die Idee, Familien von Selbstmord-Attentätern zu interviewen. Vor einigen Tagen schrieb sie mir, dass sie keine weiteren Bücher schreiben wird und dass sie es als nutzlos erachtet, weitere Interviews zu geben. Daher wird die folgende Interviewfrage nie beantwortet werden: „Ihre Analyse von Hitlers Persönlichkeit ist beeindruckend. Sie argumentieren, dass das 'schwarze' Erziehungssystem im Deutschland des 19ten und frühen 20sten Jahrhunderts es ermöglicht hat, dass sich diese mörderische Persönlichkeit durchsetzen konnte. Auch die unermessliche Gewalt von Deutschen gegen Juden und andere Sündenböcke wurde so möglich. Über die traumatischen Folgen des Genozids schreiben sie in dem Stück 'Margot und Lilka' im Buch 'Abbruch der Schweigemauer', besonders S. 47-52. Dort steht etwas über (israelische) 'Soldaten, die schließlich sterben müssen, weil sich ihre Befehlshaber weigern, sich zu erinnern.' Wenn nun das Trauma des Genozids nach wie vor virulent und nicht überwunden ist, bedeutet das doch, dass auch die Nachfahren der Opfergruppe wieder zu schwerer Gewalt greifen. Warum sind Sie nicht den Schritt gegangen, die palästinensische Tragödie unter diesem Aspekt zu betrachten? Er liegt auf der Hand. Haben Sie Angst davor? Warum?“ (zurück)
15: Siehe zum Beispiel George Lakoff (1990): Women, Fire, and Dangerous Things (zurück)


- Reflection on Racism -

(March 31, 2006) By the word itself one can tell that racism is hard to define. What is a race? This is not a modern concept. Is it about discrimination? Not a much better concept: discrimination is Greek for differentiation and distinction. The whole problem is about a paradox, the one of people being all different and all the same at the same time. We are all special, so none of us is special. We do have an identity, but it is impolite to live it. We do live in groups, but we do not want to take the responsibility. Societies are different from each other, but the more you try to analyze the phenomenon the more it slips through your fingers. There are stereotypes of many societies on the market, assignments of all sorts. Some of them are harmless, others can incite to violent acts, like we saw in the Muhammad cartoons. Some of the stereotypes are the (cultural) fundament of classic enemy thinking, from antiquity over to the enslavement of Africa and all the known forms of colonialism and imperialism, one society ruling over another or attempting to, until the Cold War and the present rape of the Arabic-Islamic world under the label of anti-terrorism.

Analytically, a racism scenario needs the following constituents:
1. A victim. Every scenario of the domain of violence is characterized by the victim. No victim no violence.
2. An assignment. The victim is labelled with the assignment or ascription. A classic example is that in history Jews and Blacks were by law labelled to be a lower race. Therefore they were segregated.
3. An environment where the assignment works. This can be a school-class where the other pupils believe in the necessity of segregation or it can be the authorities when they order the segregation. The environment is the most complex factor.
4. A perpetrator. Someone who utters the assignment. If this person or group is in a power position his value in the framework increases. Like Ahmedinedshad or Bush, when they talk about the West or about terrorism, respectively.

A problem is that there are harmless cases with the same structure as this fourfold framework. The quarantine scenario has the very same structure. (1) is the infected, (2) is the ascription of the infection, (3) is the public, (4) is e.g. a doctor. This is to show that the structure of this scenario is not "evil" per se. It is justified in some cases.

A bigger problem is that – as we agreed – groups have a responsibility. So this responsibility is ascribed to the group by agreement. For example, when a group commits murder and is made responsible for it. As soon as the assignment correlates with the responsibility, there will not be a victim in the scenario anymore.

Further, the above-mentioned formula fails to properly render the significant philo-racism phenomena. They are special cases, because the victim and the perpetrator in this scenario are hidden. By assigning stereotype positive characteristics to groups they can develop violent extremes without critical feedback. Such a positive stereotype can be "Group A has always been victimized without right." Now group A is not criticized anymore, for it would feel victimized. The victims of group A thus go unnoticed.

Assignments not always are something bad or something good, they are part of our natural way of thinking. To be able to perceive a group as an identity we need statements about the groups, and those always are assignments. Therefore, the real danger should be looked for in camp thinking, for here is the place where assignments turn to stereotype images of an enemy. Those images, in turn, activate aggressions in the many people who identify with the respective scenario. In this way, Guantanamo becomes possible and in this way violent mass demonstrations in Arab countries become possible in the cartoons conflict.

For the public in my environment it is extremely difficult to realize that "the other" not necessarily is good or bad. When I started the rubric "Meet the Press" it was because of an article in the Sueddeutsche Zeitung about "the Arab". The basic line was that we in the West used to understand the Arabs in terms of Omar Sharif in the film "Lawrence from Arabia", but now we found out that they are not, so they must be like Bin Laden, as this is the only other Arab we know... It must be acknowledged that this thinking exists in the minds. We may laugh about it, we may shake our heads, but we cannot ignore it. And when such conceptions about Arabs are on the market we can be sure that they will not be the only ones who get a special treatment. It is a known fact that Germany has a "special relationship" with Jews. In the context with a distinct camp thinking this is a dangerous thing, no matter if it is manifest in anti- or in philo-Semitism.

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(April 1, 2006) Let us now turn to some comments that have reached me in the meantime. The journalist from Hamburg, who was so kind as to contribute comments in earlier parts of the Meet the Press series, writes: "Dear Anis, this is an extremely complex controversy. Shamir so consciously and unpredictably plays with the fire of resentments hostile to Jews that I, in the given framework, – as a German here in Germany – do not wish the least companionship with him. The only positive thing I could say is that where he comes from – I mean Russia – many Jews have nothing against drinking tea together with anti-Semites, discussing issues or joking around, and vice versa the same. From there I heard about the saying: 'We all are human beings and why should we not talk with each other.' People there do not object if there is a bit of provocation and of terrifying involved, on the contrary, this sometimes is even cultivated. I do not fail to realize a certain charm about this way of living, but accept for myself that we are living in Germany here and that in this context there positively are some good arguments to consequently avoid any companionship with provocateurs hostile to Jews.

'The Jews celebrate Chanuka' is racist? I have to remember that. Of course it is wrong. 'Jews celebrate Chanuka' would be correct. Some do it, others don't. Also, 'Mormons celebrate Chanuka'. It may sound completely ridiculous, but it could be right. Maybe there are two who do. 'Jews celebrate Christmas' could also be true. Seligmann, for example, is said to have nothing against it. When I worked for Springer I had a Jewish colleague who by no way celebrated Chanuka, but only Yom Kippur. 'Jews eat pork sausages' is true, too, by the way: this colleague did, at any rate, and surely she will not be the only one. Yet racism implies that there is a generalizing assertion of in some way degrading content. I am not able to detect this in the sentence 'The Jews celebrate Chanuka'. Maybe I lack the necessary sensitivity."

This journalist, I should add, belongs to the few who in their publications precisely formulate criticism of the State of Israel. Philo-racism certainly is also known to him. Only that the Hanuka sentence is about something else. When I made up this sentence I had a line in mind like: the Jews celebrate Chanuka, the Christians Christmas and the Muslims 'Eed al-Fitr.

Especially this example shows that an understanding of what racism is can better be understood in terms of the prototyp theory than through definitory attempts.15 Let us imagine a pea-cock, a colibri, a blackbird, a chicken, a penguin and an owl. If somebody asks us about a typical bird, we will probably refer to the blackbird. The penguin may be a bird, but not a typical one. What makes the blackbird a typical bird? This is the question about prototypes. It is also applicable for racism. There are typical forms of racism and less typical ones. Philo-racism belongs to the latter and thus often goes unnoticed.

A journalist friend from Munich writes about the Gilad quote: "The interview with Gilad and the parts you quoted go too far, to my mind. He criticizes the Anglo-Americans more for the crimes of the holocaust than the Germans! However, Stalin indeed has killed a few million more people than Hitler. Hitler killed about 50-60 millions, Stalin had about 10 millions more. Why does Gilad only criticize the Anglo-Americans, not the Germans and Stalin? Or the Japanese? He is too unobjective to me." Gilad answers this in an email with the words: "Simple, Stalin is dead and so is Hitler, Anglo American are still there, in Iraq, Afghanistan and behind Israel." I think that this example shows how important it is to move away from camp thinking and to take overall standards as a fundament of our judgments. This is what actually happened after World War II with the new formulation of the human rights, only that the human rights are not consequently monitored, but only within the framework of camp thinking. The discourse will remain distorted as long as only a few states must comply with only a few of the human rights.

Footnotes:
9: This refers to an earlier version of the flowers debate, but was kept in the text, as it shows that not only a lack of distancing courts some people's resentment, but also too much of distancing. (back)
10: When Jamal Karsli was kicked out of the German liberal party FDP by Guido Westerwelle, the occasion was an email in which Israel was reproached of using "Nazi methods" by an expert. Jamal had sent this mail into the board of the FDP. The expert was Shraga Elam. For a while he had been in contact with Jamal. Some networkers told me that Shraga Elam likes to hop from one networker to another without resting at any place for a long time. Maybe his ex-wife should be inquired about this issue. (back)
11: Newsweek, March 24, 2006: "From Dreamer to Contender. Even though a national election isn't scheduled, human-rights activist Chibli Mallat is running for president. And his chances of winning are looking better all the time." by Stephen Glain. URL: www.msnbc.msn.com/id/11998664/site/newsweek/. Mallat interview on Anis Online: www.anis-online.de/journalismus/interview/chess/mallat2.htm . Nasr Abu Zaid interview: www.anis-online.de/journalismus/interview/chess/abuzayd.htm (back)
12: www.israelshamir.net/English/Tale_of_Two_States.htm (back)
13: www.anis-online.de/1/m/archiv/2003_israelshamir.htm (back)
14: Unfortunately, Dr. Miller never talked about Palestine. I asked her several times. Only once in an email she mentioned the idea of interviewing families of suicide attackers. Some days ago she told me that she writes no more books and that she regards it to be useless to give any more interviews. Therefore, the following interview question will never be answered: "Your analysis of Hitler's personality is impressing. You argue that the 'black' educational system in the Germany of the 19th and early 20th centuries made it possible that this homicidal personality could come to power. It also made possible the immeasurable violence committed by Germans against Jews and other scapegoats. You write about the traumatic effects of the genocide in the piece 'Margot and Lilka' in the book 'Breaking Down the Wall of Silence' (esp. pp 47 – 52 of the German edition). There we can read about (Israeli) 'soldiers who will finally have to die, because their commanders refuse to remember.' Now, when the trauma of the genocide still is virulent and not mastered, then this implies that the successors of the victims group will use heavy violence in turn. Why do you not go the step to see the Palestinian tragedy from this angle? It is obvious. Are you afraid of it? Why?" (back)
15: See, for example, George Lakoff (1990): Women, Fire, and Dangerous Things (back)


Kapitel 3
- „Blumen aus Galiläa“ -

Israel Shamir: „Blumen aus Galiläa. Schriften gegen die Zerstörung des Heiligen Landes“ (ProMedia Verlag, Wien 2005) ist die überarbeitete, ergänzte und gekürzte Übersetzung des Buches: „Flowers of Galilee. The Collected Essays of Israel Shamir“. Die deutsche Version enthält 25 Essays, ein Vorwort und ein Vorwort des Herausgebers, ingesamt sind es 214 Seiten. Die englische Ausgabe (2004, ISBN 1-893302-78-4) enthält 57 Essays auf etwa16 320 Seiten. Bei der deutschen und der englischen Version handelt es sich also nicht um das gleiche Buch.

Die vorliegende Studie geht von der deutschen Ausgabe aus. Im folgenden werden die einzelnen Stücke der Reihe nach besprochen, wobei Shamir und seine Aussagen aus dem Text heraus charakterisiert werden. Die Länge der einzelnen Stücke variiert zwischen 2 und 29 Seiten. Die Titel lauten: Vorwort, Warum ich die Rückkehr der Palästinenser unterstütze, Fixe Idee, Der grüne Regen von Yassouf, Ode an Faris oder Die Rückkehr des Ritters, Unsere Schmerzensmutter, Die Oliven von Aboud, Zu Besuch bei Joseph, Die Mondstadt, Die Stadt der Verehrten, Die Invasion, Die letzten Action-Helden, Die Hügel von Judäa, Die Mauer, Blumen aus Galiläa, Die Zisterne von Mamilla, April ist der grausamste Monat, Ist die Intifada vorbei?, Die Fiesta von St. Fermin, Eine jiddische Medina, Der große Aufbruch, Das Phantom des Terrors, Halloween auf Bali, Der Schatten von Zog, Der weise Rabe ist tot, Sumud und Flux (Der letztgenannte Essay ist nicht im englischen Original, ebenso wie „Ist die Intifada vorbei?“). Da die drei Seiten des Vorworts vom Herausgeber Fritz Edlinger nicht mehr aktuell sind, wird auf eine Besprechung verzichtet, siehe das Interview im ersten Kapitel der Blumendebatte.


Chapter 3
 – "Flowers of Galilee" -

Israel Shamir: "Blumen aus Galiläa. Schriften gegen die Zerstörung des Heiligen Landes" (ProMedia Publishing House, Vienna 2005) is the revised, supplemented and abridged translation of the book: "Flowers of Galilee. The Collected Essays of Israel Shamir". The German version contains 25 essays, a foreword and a foreword of the publisher, on a total of 214 pages. The English edition (2004, ISBN 1-893302-78-4) contains 57 essays on about16 320 pages. Thus, the German and the English versions are not the same book.

The study at hand deals with the German edition. In the following, the individual pieces will be reviewed one by one, in a way that Shamir and his assertions are characterized from within the text. The length of the individual pieces varies between 2 and 29 pages. The titles are: Foreword, Why I Support the Return of Palestinians, The State of Mind, The Green Rain of Yassouf, Ode to Farris, Our Lady of Sorrow, Olives of Aboud, Joseph Revisited, The City of the Moon, The City of the Beloved, the Invasion, The Last Action Heroes, Hills of Judea, The Wall, Galilee Flowers, Mamilla Pool, April is the Cruellest Month, Is the Intifada over? (3 pages, could not be found in the English edition), Fiesta of St. Fermin, A Yiddishe Medina, On the Move, Phantom of Terror, Bali Halloween, The Shadow of Zog, The Wise Raven is Dead, Sumud and Flux (not in the English version). As the three pages of publisher Fritz Edlinger's foreword are not topical anymore, they are not reviewed here. See the interview in the first chapter of the flowers debate.


- Vorwort (S.10-14) -

Das fünfseitige Vorwort für die deutsche Ausgabe schrieb Israel Adam Shamir in Jaffa im Januar 2005. Er thematisiert darin die Beziehung zwischen Deutschen, Juden und dem Land Palästina durch die Geschichte. Dabei fallen drei Motive auf: das Pochen auf Gleichberechtigung zwischen Juden und Nichtjuden, die Anklage von Rassismus und der Zerstörung des Landes und die Beschreibung von Ethnien, die zum Teil romantisch ausfallen. So leitet Shamir seine Rede ein, indem er die vorliegende Ausgabe eine „Liebeserklärung an meine deutschsprachigen Leser aus dem Heiligen Land Palästina“ nennt. Er verwendet auch „deutschsprachig“ synonym mit „deutsch“. Sich selbst – Sohn eines österreichischen Juden – sieht er als einen Eindringling, der vom Land Palästina adoptiert wurde (S.10). Er erwähnt die grimmigen germanischen Krieger unter den Römern, die azurblauen Augen tapferer Ritter, Barbarossa, die deutsche Liebe zur Arbeit. Solche Zuweisungen sind ungewohnt und zum Teil verwirrend für den deutschen Leser, der anhand von Beispielen aus der Presse mit der widersprüchlichen Beziehung zwischen Deutschen und Zionisten in Gegenwart und Vergangenheit konfrontiert wird. Shamir geht davon aus, dass es keine ererbte Schuld gibt und keine legitime ererbte Opferrolle. Er führt an, dass Zionisten in verschiedener Weise Deutsche angreifen und angegriffen haben. Dabei vermisst man den Rekurs auf die Nazigräuel, die nirgends in dem Vorwort vorkommen, die das Bild jedoch vollständiger erscheinen ließen. So klingt es fast, als hätten Juden keinen Grund, um auf Deutsche wütend zu sein. Dies meint Shamir aber nicht, wie später deutlich wird.

Vielmehr geht es um folgendes: „Die Deutschen haben die wichtigste Lektion des Weltkrieges nicht verinnerlicht: Juden und Nichtjuden – seien es nun Deutsche, Polen oder Palästinenser – sollten alle gleich behandelt werden.“ (S.13) In diesem Zusammenhang wird der „eigenartige deutsche 'Kampf gegen den Antisemitismus'“ kritisiert und als Philosemitismus erkannt, ohne dass dieses Wort hier fällt. Zu diesem Kampf bemerkt Shamir spitz: „Es ist kein Kampf gegen antijüdische Diskriminierung, denn diese gibt es nicht; von Moskau über Paris bis New York sitzen auch Menschen jüdischen Glaubens an den Schalthebeln der Macht.“ (S.14) Unter „Diskriminierung“ versteht Shamir hier also die offizielle Ausgrenzung von Gruppen. Es sei auch nicht die Verteidigung einer kleinen, verfolgten Nation, weil die Palästinenser sonst genauso verteidigt werden müssten. Ein Kampf gegen den Rassismus sei es ebenfalls nicht, „denn sie verteidigen das rassistische System der Apartheid in Palästina.“ Das Vorwort schließt mit dem Wunsch nach einem „Gegenmittel für dieses Gift, damit Juden und Nichtjuden wieder gleichberechtigt leben können – in Palästina und anderswo.“


- Foreword (p.10-14) -

Israel Adam Shamir wrote the five pages of the foreword for the German edition in Jaffa in January 2005. In it, he deals with the relationship between Germans, Jews and the land of Palestine through history. Three themes catch the eye: the insistence on equality between Jews and non-Jews, the accusation of racism and the destruction of the country, and the description of ethnic groups, sometimes in a romantic way. Shamir begins his speech, for example, with calling the edition at hand a "declaration of love to my German readers from the holy land of Palestine". He uses the terms "German-speaking" and "German" as synonyms. He regards himself – son of an Austrian Jew – as an intruder, who was adopted by the land of Palestine (p.10).

He mentions the fierce Germanic warriors among the Romans, the azure eyes of brave knights, Barbarossa, the German love for work. Such assignments are unusual and in parts confusing for the German reader, who is confronted with the contradicting relationship between Germans and Zionists in present and past here, on the basis of examples from the press. Shamir formulates the thesis that there is no inherited guilt and no legitimate inherited victim role. He mentions that Zionists in different ways have attacked Germans. In this context one misses the reference to the Nazi atrocities which are not mentioned in the the whole foreword, although it would make the overall picture appear more complete. Here is almost sounds as if Jews had no reason to be angry with Germans. But this is not what Shamir wants to say, as will become clear later on.

The main point rather is this: "The Germans have not internalized the morst important lesson from the World War: Jews and non-Jews – be they Germans, Poles or Palestinians – should all be treated equally." (p.13) In this context the "peculiar German 'struggle against anti-Semitism'" is criticized and recognized as philo-Semitism, without mentioning the word, though. Shamir comments on this struggle sharply: "It is not a struggle against anti-Jewish discrimination, for there is none; from Moscow over Paris to New York there are also people of Jewish faith on the corridors of power." (p.14) Apparently, Shamir defines "discrimination" as the official exclusion of groups here. The struggle would neither be about the defense of a small, persecuted nation, as the Palestinians in this case would have to be defended with the same right. Neither would it be about racism, "because they defend the racist apartheid system in Palestine." The foreword ends with the wish for a "antidote for this poison so that Jews and non-Jews can equally live together again – in Palestine and elsewhere." (Quotes retranslated from the German edition).


Warum ich die Rückkehr der Palästinenser unterstütze (S.15-16)

Die einzelnen Texte lassen sich auch einzeln lesen. Dieser ist gleichzeitig die Einleitung der englischen Originalausgabe. Auf zwei knappen, halb literarischen Seiten erklärt Shamir, dass die Palästinenser die Seele Palästinas sind: „Die Utopie eines rein jüdischen Staates ist mit der Wirklichkeit zusammengeprallt. Wir müssen diesen Wahnsinn beenden.“ (S.16) Dieser Punkt ist zentral in Shamirs Schriften, er sieht das Element des „jüdischen Charakters“ des Landes als einen Irrweg. Fremde aus aller Welt würden ins Land gebracht, die sich auf jüdische Wurzeln berufen, aber keinerlei Beziehung zum Land haben, während „diejenigen, die wirklich die jüdische Tradition darstellen, im jüdischen Staat isoliert (sind) wie zum Beispiel der verstorbene Yeshayahu Leibovich oder eingesperrt wie der marokkanisch-jüdische Rabbi Arye Der'i.“ (S.16) Interessant, dass Shamir doch eine positive Einstellung gegenüber der/einer jüdischen Tradition hat und nicht alles Jüdische ablehnt, wie man bei polemischeren Texten denken mag.

Auf der ersten Seite des Textes werden die Palästinenser romantisch definiert, als Gegenstücke zu den Olivenbäumen, den Quellen, Canyons und Gedenkstätten: „Palästina und die Palästinenser sind untrennbar miteinander verbunden.“ Obwohl sich dieser Gedanke auch in der palästinensischen Folklore widerspiegelt – Shamir nennt den Dichter Mahmud Darwish -, ist er zunächst ein Postulat, ein Konstrukt. Der prototypische Palästinenser ist für Shamir der Landwirt. Die Palästinenser seien keine „obskuren, böswilligen Menschen“, sondern haben den Stern von Ghassul geschaffen, die Bibel geschrieben, Tempel, Paläste, Moscheen, Häfen gebaut, „sind mit Jesus gewandelt, haben Napoleon geschlagen und tapfer in Karameh gekämpft. In ihren Adern fließt das Blut ägäischer Krieger, von König Davids Helden, das der ersten Apostel und der Gefolgsleute des Propheten, jenes arabischer Reiter, normannischer Kreuzritter sowie turkmenischer Kriegsherren und verbindet sich zu einer einzigartigen Mischung.“ (S.15) Er nennt auch „die Weisheit von Edward Said, das unnachahmliche Olivenöl, die inbrünstigen Gebete und den kühnen Mut der Intifada.“ Es handelt sich dabei zumindest teilweise um die Verklärung einer Gesellschaft oder eines Volkes, da das Bild einseitig bleibt und zum Beispiel das Patriarchat, die Korruption und die Rückständigkeit nicht bemerkt, die es ebenfalls in Palästina gibt. Viele moderne Palästinenser, zum Beispiel die Schriftstellerin Sahar Khalifa, haben mit Shamirs Bild wenig zu tun. Aber gut. Er mag also Palästinenser per se.

Aufgefangen wird die Liebeserklärung an die Palästinenser durch Shamirs Vorschlag des gleichberechtigten Zusammenlebens nach dem Vorbild Neuseelands oder Südafrikas oder der Karibik, wo die Kinder „zu einer wunderschönen neuen Rasse verschmolzen sind.“ (S.16) Das provozierende Wort „Rasse“ verliert in dieser naiv-humanistischen Sequenz seinen Stachel. Er will aufbauen und Grenzen abschaffen, will, dass alle zusammenleben: die Kinder Palästinas, die Kinder der ersten Siedler, der Marokkaner und der Russen. Shamirs Welt scheint in einigem unmodern zu sein, doch spricht seine Leidenschaft glaubwürdig von Liebe, wie im Schlusssatz: „Zerreißen wir unsere Erklärungen falscher Unabhängigkeit und verfassen wir eine neue Erklärung gegenseitiger Abhängigkeit und Liebe.“


Why I Support the Return of Palestinians (p.15-16)

The individual texts can also be read without the context of the collection. This one is at the same time the introduction of the original English edition. On two short, half-literary pages Shamir explains that the Palestinians are the soul of Palestine: "Fantasy about a Jewish ingathering has collided with reality. We must end the delusion." (p.16) This point is central in Shamir's writings, he regards the element of the "Jewish character" of the country to be the wrong way. Strangers from all parts of the world would be brought into the country, claiming Jewish roots, but having no relation whatsoever to the country, whereas "those who still hold true to the Jewish traditions are isolated in the Jewish state, as was the late Dr. Yeshayahu Leibovich, or imprisoned like the Moroccan Jewish Rabbi Arie Der'i." (p.16) It is interesting that Shamir does show a positive attitude towards the/a Jewish tradition and that he does not reject all Jewish, as one might assume from the more polemic texts.

On the first page of the text the Palestinians are defined in a romantic way, as counter-parts of the olive trees, the wells, canyons and memorial places: "Palestine and the Palestinians are inseparable." Although this idea is reflected in Palestinian folklore also – Shamir mentions the poet Mahmud Darwish – it is, in the first place, a posit and a construct. The proto-typical Palestinian for Shamir is the farmer and peasant. The Palestinians would not be "an obscure, mean folk", but one that created the Star of Ghassul, composed the Bible, built temples, palaces, mosques, harbors: "They walked with Jesus, defeated Napoleon and bravely fought at Karameh. In their veins the blood of Aegean warriors, Bene Israel, David's heroes, the first Apostles of Christ and the Companions of the Prophet, Arab riders, Norman Crusaders and Turkmen chieftains blend in unique composition." (p.15) He also mentions the "wisdom of the late Edward Said, the perfect olive oil, the fervour of prayers and the valiant courage of Intifada." At least in parts this description can be called an idealization of a society or a people, as the picture remains one-sided and leaves out, for example, the patriarchy, corruption and the backwardness which can also be found in Palestine. Many modern Palestinians, for instance the writer Sahar Khalifa, do not have much in common with Shamir's account. But alright. He tells us that he likes Palestinians per se.

This declaration of love to the Palestinians is balanced by Shamir's proposal of a coexistence in equality like in New Zealand or South Africa or the Caribbean, where children "have blended into a beautiful new race." (p.16) The provoking word "race" loses its sting in this naive-humanist sequence. He wants to build things up and to abolish borders, he wants them all to live together: the children of Palestine, of the first settlers, of the Moroccans and Russians. In some aspects, Shamir's world seems to be old-fashioned, yet his passion credibly speaks of love, like in the closing sentence: "Let us tear up our Declarations of false Independence and write a new one of mutual dependence and love."


Fixe Idee (S.17-34)

Der Essay ist in sechs Teile geteilt und handelt von der fixen Idee eines jüdischen Staates. Wie in anderen Essays sind hier viele historische und zeitgeschichtliche Details eingearbeitet worden. Eine Prüfung dieser Details kann die vorliegende Rezension nicht leisten. Unser Schwerpunkt ist die Gesamteinschätzung des Buches und davon abgeleitet des Autors.

Shamir tritt in „Fixe Idee“ als handelnde Person auf. Zum Teil ist dies ein Stilmittel, da er anhand seiner Reise- und Erfahrungseindrücke lebendig die Geschichte erzählen kann, die er erzählen möchte. Zum anderen Teil erfahren wir etwas über Shamirs persönliche Gedanken, Gefühle und über sein Verhalten. Im einleitenden Teil I. befindet sich der Ich-Erzähler im Wadi Keziv / Wadi Qura'in (er verwendet beide Begriffe) in West-Galiläa und genießt die Natur, während ihm historische Episoden der Gegend durch den Kopf gehen. Auf seinem Fußweg in Richtung Akko begegnet er einem Kibbuznik, der thailändische Arbeiter überwacht: „Ich setzte mich auf eine Zigarette und ein kaltes Glas Wasser zu ihm.“ Und obwohl sich in dem Gespräch der beiden herausstellt, dass sie im Grunde politische Gegner sind, schüttelt Shamir dem Mann am Schluss die Hand und grüßt. Es wäre falsch zu übersehen, dass Shamir hier große Toleranz zeigt. Ebenso in der Episode aus Teil II., als er mit einer Journalistin spricht, die sich damit brüstet, eine Million Russen ins Land geholt zu haben, als sie im Radiosender Moscow Echo ein Pogrom angekündigt hatte. Shamir wird nicht wütend, sondern lässt sie sein. Er denkt bei sich, dass die Aktion ohne Hilfe der „amerikanischen Freunde Israels“ nicht funktioniert hätte.

In Teil III. reist Shamir über Nahariya nach Jaffa. Als er im Zug einen bewaffneten Israeli sieht, denkt er an seine eigene Militärzeit zurück: „Ein junger Fallschirmspringer, stolz auf meine roten Stiefel und meine Uzi-Maschinenpistole. Ich war nicht weit von hier in einem Trainingscamp untergebracht.“ (S.22) Er schreibt nichts über das Jahr, aber aus seiner Biografie geht hervor, dass Shamir 1969 nach Israel kam und bis mindestens 1973 in der Armee blieb. Er nahm als Kämpfer im Yom-Kippur-Krieg teil. Dies ist ein ganz wichtiges Detail: Shamir war existenziell Teil des Konflikts und spricht ganz wesentlich aus eigenen Erfahrungen. Hier erzählt er von einer Begegnung mit einem palästinensischen Bauern, mit dem er erst durch den Maschendrahtzaun, dann am Kaffeetisch kommuniziert. Wieder gibt es keine Berührungsängste, nur dass sich Shamir hier wohler fühlt als bei dem Kibbuznik, wie man zwischen den Zeilen lesen kann. Dabei erfährt man auch mehr über den Hintergrund Shamirs. Er beneidet den Bauern aus Sannur (S.23 f) wegen der kühlen Quelle, dem Weingarten und den Pfaden: „Warum bin ich in einem Stadtghetto 'nur für Juden' gefangen?“

Es ist der konkrete Hintergrund seiner Lebensumstände, der Shamir zum Nachdenken bringt. Wiederholt wird das Motiv zu Beginn von Teil V., als der reisende Ich-Erzähler Zuhause in Jaffa ankommt und von den Nachbarn berichtet. Einem Imam, eine marokkanische Familie, ein Armenier, ein russischer Maler. So ganz „nur für Juden“ ist sein Stadtghetto also nicht. Dennoch bleibt der Vorwurf erhalten, denn eine Vermischung von Juden und Nichtjuden wird von den offiziellen Seiten objektiv zu verhindern versucht. Der Ich-Erzähler tritt in den analytischen Sequenzen weit in den Hintergrund und verschwindet auf den letzten Seiten ganz, wird aber abgelöst von einem sporadischen „Wir“, mit dem er manchmal alle Bewohner des ganzen Landes meint und manchmal „Wir Kinder von Juden“ (S.33).

Inhaltlich handelt es sich bei dem Essay um eine Kontrastierung israelischer Realitäten mit dem „Phantom“ (S.25) des jüdischen Staates. Das Thema wird eingeleitet von der erwähnten Szene mit dem Kibbuznik. Beim Anblick der Szene rekonstruiert der Autor ihre historische Genese. Demnach fing die Geschichte damit an, dass jüdische Truppen vor dreißig Jahren im Gebiet von az-Ziv die ansässigen Bauern vertrieben und zunächst selbst das Land bestellten, bis es Thais für sie taten, bis heute. Überwacht werden sie zum Teil von Russen.

Von den russischen Einwanderern in Maalot handelt Teil II. Es wird die These aufgestellt, dass die unterschiedlichen Gruppen in Israel zum Teil sehr wenig mit dem Judentum zu tun haben. Anhand eines Details bringt Shamir es so auf den Punkt: „Nach der furchtbaren Explosion in der Diskothek 'Dolfi' wurde dies zum sichtbaren Problem: Die jüdisch-orthodoxen Totengräber weigerten sich, die toten russischen Mädchen auf einem jüdischen Friedhof zu begraben, im selben Zug, als die israelische Regierung die Palästinenser bombardierte, um 'jüdisches Blut' zu rächen.“ (S.19) Polemisch folgender Satz: „Man bringt den Russen eine Kurzversion des modernen jüdischen Glaubens und sein einziges Gebot bei: 'Du sollst Araber hassen.'“ (S.21)

Teil III. ist die Begegnung mit dem Palästinenser und daran anschließend eine kritische Betrachtung des Judentums in Relation zum Los der Palästinenser. Der ursprüngliche emanzipatorische Leitgedanke sei die Überwindung des Ghettos gewesen, durch die „Aussperrung“ (S.24) der Palästinenser hätten „wir“ uns wieder dorthin zurückgebracht. Das Szenario, das Shamir hier im Kopf hat, vermittelt er mit Hilfe einer Allegorie zu Mel Brooks filmischer Frankenstein-Parodie. Er erklärt die Gründung des Staates Israel wie folgt: „Die Begründer wollten ein neues Leben beginnen und zu 'Israelis' werden, nur ein weiterer Stamm in Palästina. Sie gaben ihre jüdischen Namen, die jüdische Sprache, die Synagogen und den Talmud auf, begannen die Felder zu bestellen und Waffen zu benutzen. Danach kamen Menschen, die ohnehin niemals einen Bezug zu einer Synagoge gehabt hatten. Aber das jüdische Schicksal holte sie ein und brachte sie zurück ins Ghetto.“ (S.25) Ich gebe zu, dass ich diesen Teil nicht verstehe. Es war doch explizit die Judaisierung des Landes, die mit der Staatsgründung einherging und nicht das Aufgeben der jüdischen Namen, der Sprache etc. Auch die Betonung eines „jüdischen Schicksals“ scheint mir die Argumentation zu verkomplizieren. Es wird nicht ganz deutlich, ob er damit ein Konstrukt meint, weil er es nicht als solches beschreibt. Er sagt, „wir“ fingen dann an, uns dem jüdischen Schicksal gemäß zu benehmen und damit alle Erwartungen eines Antisemiten zu erfüllen. Er nennt als Beispiele Details der Unterdrückung der vor 1948 ansässigen Bewohner des Landes, spricht auch von Geldwäschen, Kooperation mit Diktatoren und hohen Zinssätzen. Hier wird Wut deutlich, Wut auf die eigene Gruppe. Insbesondere, so schließt der Teil, da es sich zu allem Überfluss um ein Phantom handele, dem mit diesem Verhalten nachgejagt würde, und nicht einer realistischen oder gar humanistischen Idee.

Teil IV. enthält die Kernargumentation hinsichtlich Idee und Wirklichkeit des „jüdischen Staates“. Das zionistische Experiment sei praktisch kollabiert (S.27). Shamir fasst die Situation zusammen: Arbeitslosigkeit, massenhafte Einwanderung von Fremden, Einbruch der Tourismus-Industrie, Auswanderungswellen, Gewalt gegen Palästinenser, Zerstörung des Landes. Den größten Teil der Verantwortung sieht er bei den amerikanischen Juden. Er schreibt: „Der jüdische Staat Israel ist eine fixe Idee, die Projektion einer Idee der amerikanischen Juden.“ (S.27) Auf der Seite davor heißt es: „Um diese Illusion aufrecht zu erhalten, unterdrücken amerikanische Juden ihre Angestellten und Mitbürger, sie kürzen die Renten, (...) verlangen die Zerstörung ds Irak, segnen den Angriff auf afghanische Flüchtlinge ab, sorgen dafür, dass Afro-Amerikaner in ihren Ghettos bleiben, untergraben die amerikanische Gesellschaft, machen sich selbst und Amerika Feinde.“ Es ist zwar unbestritten, dass die USA den Staat Israel militärisch und ideell stärker unterstützen als irgendein anderes Land, dennoch stößt diese Passage auf. Es sind sicherlich nicht nur die jüdischen US-Amerikaner, die hier betroffen sind. Dass die jüdischen Amerikaner die Renten kürzen, um das Phantom eines Judenstaates aufrecht zu erhalten, scheint mir eine abwegige Verknüpfung von Thesen zu sein. Dass Juden die amerikanische Gesellschaft unterwandern, halte ich für keine konstruktive These. Hätte Shamir „Zionisten“ geschrieben, könnte ich es nachvollziehen, denn der Zionismus ist eine Ideologie. Natürlich kann man auch das Judentum zu einer Ideologie umfunktionieren, so wie es im Islam, im Christentum und anderen schriftbezogenen Kulturen geschieht, aber Shamir spricht hier nur von „Juden“. Behalten wir das im Hinterkopf und schauen wir, was er noch schreibt.

In Teil V. geht es inhaltlich um die Beschreibung der Stadt Jaffa in Geografie und Geschichte, als Beispiel für die Entwicklung des Landes. Nach einer literarisierten und deskriptiven Stadtbeschreibung erinnert Shamir an den Tag des UNO-Teilungsplanes von 1947. Shamir sagt, diese Teilung sei nicht nötig gewesen und von den allermeisten Beteiligten nicht gewollt. Wieder beharrt Shamir auf das Zusammenleben. Es ist anscheinend dieses Moment, das seine Wut auf amerikanische Juden erklärt, denn er schreibt: „Wir hätten als Brüder zusammenleben und eines Tages eine neue Nation gründen können, in der jüdische Leidenschaft und palästinensische Liebe zu diesem Land vereint sind. Doch amerikanisch-jüdische Organisationen unterstützten Ben Gurion und Golda Meir, beide Fürsprecher einer Trennung.“ (S.29) Wo bleiben die Schwestern? Behalten wir auch dies im Kopf. Die Bombardierung Jaffas und die radikale Dezimierung der einheimischen Bevölkerung von 100.000 auf 5.000 wird als Beispiel für die Folgen dieser Politik benannt. Diese Tragödie bedeutet für den Autor den Verlust des Paradieses: „Unser Jaffa ist eine ständige Erinnerung an ein einheitliches, unzerstückeltes Palästina, das verlorene Paradies.“ (S.29) Den Krieg von 1967 sieht Shamir, dies ist ungewöhnlich, als Chance an: „Als Palästina 1967 wieder vereint wurde, gab es gute Gelegenheit, das Problem zu lösen.“ Er betont, dass durch die Rückholung der Flüchtlinge die alten Streitpunkte hätten geregelt werden können: „Wir wären kein ausschließlich jüdischer Staat, aber wir wären glückliche und zufriedene Menschen.“ (S.30) So weit, so gut. Ist aber die Ursache des Ungleichgewichts im Land so richtig beschrieben: „Würden amerikanische Juden Israelis nicht auf einer breiten Basis bestechen, würden wir einfach die Diaspora vergessen und als einer der vielen Stämme mit dem restlichen Mittleren Osten verschmelzen.“ Geht es im Kern und monokausal um Bestechung? Ich glaube das nicht. Bestimmt gibt es eine Anzahl jüdischer US-Bürger, die mit unlauteren Mitteln die Illusion des jüdischen Zufluchtsorts aufrecht zu erhalten streben, doch es gibt viele weitere Mitspieler. Zudem ist nicht Geld ausschlaggebend für die Zustände im Land, wenn Geld auch eine wichtige Rolle spielt. Ich halte die gruppenbezogenen Zuweisungen an Stellen wie dieser für problematisch. So auch der Schluss des Teils, den Shamir mit den Worten einläutet: „Wir sind Meister der Illusion.“ (S.30) Wenn er schreiben würde: Wir jüdische Israelis haben palästinensische Olivenbäume entwurzelt, dann ist die Selbstkritik nachvollziehbar. „Wir sind Meister der Illusion“ hingegen erzeugt eine Atmosphäre diffuser Zuweisungen mit provokativer Konnotation. Erzählt wird die Anekdote, in der Kibbuzbewohner 1946 für UNO-Besucher kurzfristig frische Blumen gepflanzt hatten, um vor den Gästen den Eindruck zu erwecken, sie könnten die Wüste zum Blühen bringen, ein Verfahren, das bereits vor Churchill in Tel Aviv funktioniert haben soll. Allerdings führt Shamir diese Handlungen als ursächlich mit der Teilung des Landes verbunden auf, er bleibt also auf der argumentativen Ebene. Der Teil endet mit der Erinnerung an die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung.

Teil VI. ist eine Parallele zu Teil II: In Teil II. war die Rede von der Kultur der russischen Einwanderer am Beispiel von Maalot. Im ersten Sinnabschnitt des Schlussteils VI. geht es um die jüdischen Gemeinden Nordafrikas. In beiden Fällen ist es die Absicht des Autors aufzuzeigen, wie die Bevölkerung von vor 1948 durch andere Gruppen ausgetauscht wurde. Ferner wird die hierarchische Gesellschaftsstruktur in Israel an diesen Beispielen erläutert. Eine weitere Parallele findet sich in den Zuweisungen zu diesen Gruppen. Shamir schreibt: „Die nordafrikanischen Juden sind nette, aber gebrochene Menschen.“ (S.31) Sie seien vom Mossad überredet worden, nach Israel einzuwandern und nur wenige blieben in ihren Heimatländern: „Heute sind sie Minister und königliche Berater.“ Andere seien nach Frankreich ausgewandert und „schenkten der Welt Jacques Derrida und Albert Memmi.“ Die nach Israel Ausgewanderten hingegen stellten 75% der Gefängnisinsassen Israels dar. Es erinnert an biblische Gesellschafts-Konzepte. Ähnlich spricht er über die russischen Einwanderer: „Die Russen sind eine nette, hart arbeitende, aber konfuse Gemeinschaft.“ (S.21) Es ist, insbesondere durch die halb-literarische Form der meisten Essays, nicht leicht, solche Klischees zu beurteilen. Ein gewisses konservatives Elitedenken scheint da vorhanden zu sein. Die soziale Diskriminierung der nordafrikanischen Juden beschreibt er dann ausführlicher anhand von Beispielen. Ebenso sei die Kibbuzbewegung im Abwind. Dies alles, so Shamir, belege, dass der Versuch „Palästina so jüdisch zu machen, wie England englisch ist“, gescheitert sei: „Palästina ist so jüdisch, wie Jamaika englisch ist.“ (S.33) Es folgt Shamirs Fazit des gesamten Essays: „Wir Kinder von Juden haben die Qual der Wahl.“ / „Jedes Individuum hat die Wahl.“ (S.33) Er meint damit die Wahl, sich zu der Lebensart und Gruppenidentität zu bekennen, die er will. Gewalt sei dafür nicht notwendig. In diesem Zusammenhang erfolgt eine weitere Attacke: „Wenn amerikanische Juden uns nur für zehn Jahre vergessen könnten, würden wir unsere Probleme selbst regeln und in Palästina wieder ein natürliches Gleichgewicht finden.“ (S.33) Sie können ja den Afroamerikanern finanziell helfen, wenn sie zu viel Geld haben, fügt er an. Noch deutlicher benennt er die seiner Ansicht nach Verantwortlichen für die Zerstörung des Landes ganz am Schluss: „Israelische Killer und deren amerikanische Verbündete.“ (S.34) Es sei eine Ironie, dass „die jüdischen Anführer“ diese Verbrechen umsonst begangen haben, da ihr Ziel eines jüdischen Staates gescheitert sei.


The State of Mind (p.17-34)

The essay is divided into six parts and deals with the "idée fixe" (this is the German title) of a Jewish state. Like in other essays, many historical and political details are interwoven here. The validity of these details cannot be examined within the scope of the review at hand. Our focus is an overall assessment of the book and, derived from that, of the author.

In "The State of Mind" Shamir appears as an acting participant in the text. It is a stylistic devise to a certain extend, because in this way he can vividly tell the story he wants to tell on the basis of his impressions of the journey and experiences. Apart from that, we learn something about Shamir's personal thoughts, feelings and about his behavior. In the introductory part I. the first-person narrator is situated in the Wadi Keziv / Wadi Qura'in (he uses both expressions) in Western Galilee enjoying the landscape, while historical episodes cross his mind. On his walk in the direction of Acre he encounters a Kibbuznik supervising Thai workers: "I joined him for a smoke and a drink of cold water." And although the conversation of the two shows that they basically are political opponents, Shamir shakes the hand of this man at the end and leaves with a greeting. It would be wrong to ignore that Shamir shows great tolerance here. So he does in the episode from part II., when he talks with a journalist who shows off with her bringing one million Russians into the country by announcing a pogrom in the Moscow Echo radio station. Shamir does not get angry, but lets her be. He thinks to himself that this act would not have worked without the support of the "American friends of Israel".

In part III. Shamir travels via Nahariya to Jaffa. When he sees an armed soldier on the train he remembers his own military time: "A young paratrooper pleased with my red boots and Uzi sub-machinegun. I was in training not far away from the places we were passing now." (p.22) He does not say what years this was, but his biography tells us that Shamir came to Israel in 1969, remaining in the army until, at least, 1973. He participated as a fighter in the Yom Kippur War. This is a very important detail: Shamir was existancially part of the conflict and significantly speaks out of his own experiences. Here, he tells the story of the encounter with a Palestinian peasant with whom he communicates through a wire fence at first, and later at the coffee-table. Again there are no reservation or fear of contact, only that Shamir feels more comfortable than with the Kibbuznik, as can be read between the lines. In this context, we learn more about Shamir's background. He envies the peasant from Sannur (p.23 f) for the cool springs, the vineyard and the slopes: "Why have I found myself locked up in an urban ghetto 'for Jews only'?"

It is the concrete background of his circumstances that makes Shamir think and ponder. The motif is repeated in the beginning of part V., when the traveling narrator arrives at his home in Jaffa, describing the neighbors. An imam, a Moroccan family, an Armenian, a Russian painter. Thus his urban ghetto is not completely "for Jews only". Still the reproach is valid, because a mixing between Jews and non-Jews is objectively tried to be prevented by the officials. In the analytical sequences the first-person narrator steps far into the background, disappearing on the final pages, yet is replaced by a sporadic "we", referring to all inhabitants of the country sometimes, and to "we children of Jews" (p.33) at other times.

Concerning the contents, the essay at hand deals with the contrasting of Israeli realities with the "ghost" (p.25) of the Jewish state. The theme is introduced in the mentioned scene with the Kibbuznik. While viewing the scene, the author reconstructs its historic genesis. According to his account, the story started with Jewish troops expelling the local peasants in the area of az-Ziv thirty years ago. At first, they cared for the soil themselves, then came Thais to work for them, until today. They are sometimes supervised by Russians.

Part II. deals with the Russian immigrants in Maalot. The thesis is presented that the different groups in Israel partly have only little to do with Judaism. By way of a detail Shamir summarizes the situation like this: "After the dreadful explosion in the Dolfi discothèque it created a visible problem: the religious undertakers refused to bury the dead Russian girls in a Jewish cemetery, even as the Israeli government was bombing Palestinians 'to avenge Jewish blood.'" (p.19) Polemic is the following sentence about the Russian immigrants: "They are being taught a brief version of the modern Jewish faith and its single commandment: 'Thou shalt hate Arabs.'"

Part III. is about the encounter with the Palestinian and subsequently a critical view of Judaism in relation to the fate of the Palestinians. The original emancipational idea had been the overcoming of the ghetto and by way of "locking Palestinians out" (p.24) "we" came back to the ghetto. The scenario Shamir has in mind here, is conveyed via an allegory to Mel Brook's cinematic Frankenstein parody. He describes the founding of the State of Israel as follows: "The founders wanted to begin their lives anew, to become 'Israelis', another of the tribes of Palestine. They dropped Jewish names, dropped the Jewish language, dropped the synagogue and Talmud, and learned to work the land and use the gun. They were joined by many people who never knew their way to a synagogue in the first place. But the Jewish fate descended upon them all and returned them to the ghetto." (p.25) I admit that I do not understand this part. Wasn't it explicitly the Judeazation of the country which went along with the founding of the state? Rather than the dropping of names, language etc. Moreover, the emphasis of a "Jewish fate" to me seems to complicate the argumentation. It is not really clear whether he talks about a construct, because he does not describe it as a construct. He says, "we" began to live according to the Jewish fate (NB: There is a difference through the translation. In the original it reads: "We began to fulfil the predictions of our enemies.") and thus fulfill every expectation of an anti-Semite. As examples he names details of the oppression of the inhabitants of before 1948, he also talks about laundering cash, cooperations with dictators and high rates of interest. One can conclude that anger is expressed here, anger with the own group. Especially, this is how the part closes, as it is all about a ghost, which is chased with this behavior, and not a realistic or even humanistic idea.

Part IV. contains the main argumentation in respect to idea and reality of the "Jewish state". According to the author, the Zionist experiment has practically collapsed. (p.27) Shamir summarizes the situation: unemployment, massive immigration of strangers, the tourism industry going down, waves of emigration, violence against Palestinians, destruction of the country. He sees the biggest part of the responsibility to be with American Jews. He writes: "The Jewish state of Israel is a state of mind, a projection of the American Jewish mind." On the page before it reads: "For the sake of this spectre, important American Jews squeeze pennies from their employees and countrymen, cut down on pensions to the old (...), demand the destruction of Iraq, bless the bombing of Afghani refugees, keep Afro-Americans in their ghettos, undermine their host society and make enemies for themselves and for America." Although it is undoubted that the USA in military and ideational terms support the State of Israel more than any other country, the passage at hand can put readers off. It surely is not only the Jewish US Americans who are concerned here. That the Jewish Americans cut down on pensions in order to maintain the ghost of the Jewish State seems to be an absurd combination of theses to me. I do not find the thesis constructive that Jews undermine the American society. Had Shamir written "Zionists", I could relate, because Zionism is an ideology. Certainly, one can also use Judaism for ideological purposes, the same way it happens in Islam, in Christendom and other book-related cultures, but Shamir in this passage only talks about "Jews". Let us keep this in mind and see what else he writes.

Content of part V. is the geographical and historical description of the city of Jaffa, as an example for the development of the country. After a literary and descriptive account of the city Shamir commemorates the day of the UN partition plan of 1947. Shamir says this partition was not necessary and not wanted by very most of the concerned people. Again Shamir insists on living together. Apparently, this is the point that explains his anger with American Jews, for he writes: "We could live together as brothers, and eventually create a new nation, uniting Jewish fervour and Palestinian love of the land. But American Jewish organisations supported Ben Gurion and Golda Meyer, advocates of partition." (p.29) Where are the sisters? Let us keep this in mind, too. The shelling of Jaffa and the radical decimation of the indigenous population from 100.000 to 5.000 is mentioned as an example of the effects of this policy. This tragedy means the loss of paradise to the author: "Our Jaffa remained a lingering memory of One Palestine, Complete, the Paradise Lost." (p.29) Shamir regards – this is unusual – the war of 1967 as a chance: "There was a good opportunity for solving the problem in 1967, when Palestine was reunited." He emphasizes that by returning the refugees old quarrels could have been settled: "We would not be an exclusive Jewish state, but we would be happy and content people." (p.30) So far, so good. But is the cause of the imbalance in the country adequately described like this: "If American Jews did not bribe Israelis on a large scale, we would just forget about the Diaspora and dissolve into the hospitable Middle East as another of its tribes." Is bribe indeed the mono-causal core of the matter? I do not think so. There surely is a number of Jewish US citizens who seek to maintain the illusion of the Jewish shelter with dishonest means, but there are many other players in the game. Moreover, money is not the decisive factor for the conditions in the country, although it plays an important role. I regard the group-related assignments in passages like this to be problematic. Likewise in the end of the part which is heralded by Shamir with the words: "We are master-sellers of illusion." (p.30) Had he written: we Jewish Israelis have plucked out Palestinian olive trees, then the self-criticism can be understood. "We are master-sellers of illusion", on the other hand, creates an atmosphere of diffuse assignments with a provocative connotation. He recounts the anecdote in which Kibbuz inhabitants in 1946 had planted fresh flowers on short notice for UN visitors in order to arose the impression they could bring the desert to bloom, a procedure which is said to have been successful in front of Churchill in Tel Aviv before. The author remains on the level of discussion and argument, though, as he recounts the event in the context of the causes of the partition of the country. The part ends with a commemoration of the expulsion of the native population.

Part VI. is a parallel to part II: part II. is about the culture of the Russian immigrants with the example of Maalot. The first half of the final part VI. is about the Jewish communities of North Africa. In both cases it is the intention of the author to show how the population of before 1948 was replaced by other groups. Moreover, the examples are used to elucidate the hierarchical social structure in Israel. A further parallel can be found in the assignments towards these groups. Shamir writes: "The North African Jews are a fine but broken people." (p.31) The Mossad is said to have persuaded them to immigrate to Israel and only few remained in their home countries: "Now they are ministers and advisers to kings." Others moved to France and "gave the world Jacques Derrida and Albert Memmi." Those, who emigrated to Israel, on the other hand, would supply 75% of its jail population. One is reminded of biblical social concepts. He speaks about the Russian immigrants in a similar way: "The Russians are a nice, hard-working but confused community." (p.21) It is not easy, especially because of the half-literary form of most of the essays, to assess such clichès. There seems to be a certain conservative elite thinking. He goes on to describe the social discrimination of the North African Jews in detail, using examples. The Kibbuz movement, too, would descent. All this, says Shamir, indicates that the attempt "of making Palestine as Jewish as England is English" has failed: "Palestine is as Jewish as Jamaica is English." (p.33) It follows Shamir's conclusion of the whole essay: "We children of Jews have a great luxury of choice." / "Personal choice remains in the hands of each individual." (p.33) He means the choice to live the way one wants and to keep up any group identity. Violence would not be necessary for this. In this context, another attack is launched: "If American Jews would forget about us for ten years, we would sort out our problems and reach a new natural equilibrium in Palestine." (p.33) He adds that they could financially support the Afro-Americans, if they had too much money. Even clearer he names those he regards to be responsible for the destruction of the country at the very end: "Israeli killers (and) their American supporters." (p.34) It would be an irony that "the Jewish leadership" had committed these crimes in vain, as they failed in their aim to create a Jewish state.


Der grüne Regen von Yassouf (S.35-49)

Die ersten drei Seiten dieses Essays gehören zu dem stilistisch Gelungensten von dem, was Shamir geschrieben hat. Gleichzeitig begegnen wir im Schlussteil einer Kritik am Judentum, über deren Wirkung sich der Autor im Klaren ist: „'Doch wo bleiben die guten Juden?' fragt der Leser sich. 'Zum Ausgleich'.“ (S.48) – Äußerlich handelt es sich im Ganzen um den Erlebnisbericht einer Olivenernte in Yassouf in der Westbank. In der Eingangsszene beschreibt der Autor eine heile Welt: Bauernfamilien, die zusammen mit Internationalen ihre Oliven ernten. Alles Wissenswerte über Oliven, vor allem ihre Symbolik und Relevanz im Alltag, wird hier aus einer literarischen Perspektive beschrieben, zusammen mit einer Beschreibung der Landschaft und ihrer Geschichte. Seit 4.000 Jahren sei dieses Dorf in Samaria/Salfit ununterbrochen bewohnt. In seiner wechselvollen Geschichte stand es phasenweise auch unter jüdischer Verwaltung. Die meisten der Einheimischen hätten im Lauf der Zeit den christlichen Glauben angenommen. Die jetzigen arabischen Bewohner seien teilweise weit herumgekommen und viele hätten auch Erfahrungen mit israelischen Gefängnissen machen müssen, sodass sie hebräisch verstanden. (S.35-37)

Diese (fast) heile Welt wird nach einem Übergangsteil, in dem hauptsächlich von der Beschlagnahme und Übergabe von Yassoufs Land an jüdische Siedler berichtet wird, extrem kontrastiert durch den zweiten Erlebnisbericht, in dem der Angriff gewaltbereiter jüdischer Eiferer und Soldaten auf die Olivenerntegruppe beschrieben wird (S.40-45). Ein weiterer Teil schließt sich an, in dessen Rahmenhandlung die Erntegruppe weiterarbeitet und sich dabei unterhält. In die Unterhaltung eingewoben sind Hintergrundinformationen und eine Kritik an Israel und am Judentum (S.45-49).

An folgender Stelle musste ich spontan lachen: „Palästinenser sind so freundlich, so offen und kommunikativ.“ (S.39) Shamir argumentiert, dass das Gute auf der Welt aus diesem Grund und anderen wie der „sagenhaften Gastfreundschaft“ an die Palästinenser gegeben werden sollte. Lachen musste ich, weil mir mein eigenes Bild von Palästinensern vor Augen kam. Klar, auch ich habe bei meinen Besuchen eine gewisse Offenheit bemerkt und viel Freundlichkeit, aber das ist nicht das Gesamtbild. Es gehört schon zum Zusammenhang, dass Shamir aufgrund seiner Stellung unter den von ihm Besuchten als Freund und Hoffnungsträger gesehen wird, was sich am Verhalten ihmgegenüber widerspiegeln wird. Wie aber verhalten sich die sagenhaften Palästinenser in Konfliktsituationen innerhalb der eigenen Gruppe? Was ist mit Fällen wie diesen: Nördlich von Yassouf, keine 30 Kilometer entfernt, stritten sich palästinensische Geschwister um das Land-Erbe ihres verstorbenen Vaters. Ein mir unverständlicher Vorgang. Ich lese selbst gern Novalis, aber im journalistischen Zusammenhang können Shamirs Lobgesänge auf die Palästinenser wirklichkeitsfremd erscheinen und vergessen machen, dass es um Menschenrechte geht, nicht um Palästinenser.

Von brutalen Übergriffen jüdischer Siedler auf Olivenbauern und Zivilbevölkerung habe ich schon öfter Augenzeugenberichte gelesen, die ähnlich dem waren, was Shamir präsentiert. Soldaten mit Brooklyner Akzent erscheinen bei den Olivenpflückern und drangsalieren sie durch Steinwürfe und Bedrohungen, um die Ernte zu verhindern. Es folgen drei „junge Männer im jüdisch-rituellen Aufzug“ (S.40) mit Schusswaffen, die die Gruppe vertreiben wollen. Shamir redet mit ihnen und bekommt zur Antwort, dass es sich um das Land der Juden handele und dass die Gojim, Nichtjuden, hier nichts zu suchen hätten. Auch der Antisemitismusvorwurf wird von den Bewaffneten geäußert. Diesen lehnt Shamir rundheraus ab und zählt berühmte Leute auf, die ebenfalls Antisemiten genannt wurden: „Heute bedeutet eher die Tatsache, nicht als Antisemit bezeichnet zu werden, dass man falsch liegt, von Scharon und Soros in den Schwitzkasten genommen.“ (S. 42) Den Antisemitismusvorwurf wertet Shamir demnach lediglich als Teil einer Ideologie.

Die ganze Szene erinnert Shamir an die Morlocks und die Eloi aus „Die Zeitmaschine“ von H.G. Wells. Als die Erntegruppe mit Waffen bedroht wird, schreiten die Soldaten nicht ein, im Gegenteil, die drohen damit, die Erntegruppe zu verhaften. „Die Armee kümmert sich um die Palästinenser und die Polizei um die Siedler – dieser einfache Trick ist eine der besseren Erfindungen des jüdischen Genies.“ (S.42) Während die Ungerechtigkeit in dieser Situation nachvollzogen werden kann, ist der Hinweis auf das „jüdische Genie“ irritierend. Ist das jüdisch? Was daran ist jüdisch? Sagt Shamir nicht selbst, dass es sich bei den Juden um eine sehr heterogene Gruppe handelt? Massive Ungerechtigkeiten MÜSSEN ja durch solche Tricks entstehen, ob in Palästina oder anderswo.

Während die Gruppe die Schuld an den Ereignissen in den jüdischen Siedlern sieht, sind es für Shamir Hintermänner, die die Verantwortung tragen: „An einem Ende der Kommandokette steht ein verrückter Siedler aus Brooklyn mit seinem M-16-Gewehr, am anderen Ende stehen Bronfman, Zuckerman, Sulzberger, Wolfowitz, Foxman und Friedman.“ (S.44) Er differenziert hier sehr genau, was im Kontrast zu allgemeinen Aussagen wie „das jüdische Genie“ steht. Die Ernteszene wird aufgelöst, als die Gruppe die Erlaubnis bekommt, „weiter unten im Tal“ weiterzuarbeiten. Die Szene endet mit einem für Shamir durchaus typischen Satz, der einen allgemeingültigen Humanismus belegt: „Wir sind alle unterschiedlich und das ist eine gute Sache, denn die Welt wird dadurch schöner und bunter – wenn wir dabei nicht die Menschlichkeit vergessen, die uns allen gemein ist.“ (S.45)

Im Schlussteil (S.45-49) geht das Gespräch zwischen Shamir und den Palästinensern weiter. Ein Beteiligter namens Hassan erzählt, wie er früher in Tel Aviv als Anstreicher für einen Juden gearbeitet hat: „Mein jemenitischer Arbeitgeber war ein anständiger Mann.“ (S.45) Das Arrangement, dass Palästinenser zeitweise in Israel Geld verdienten, nennt Shamir „grundlegend ungleich, aber doch tragbar.“ (S.45) Eine prinzipielle Ablehnung aller Juden gibt es bei Shamir also nicht. Es sind politische Entwicklungen, die er kritisiert: „Das Arrangement wurde aufgehoben, als die Juden mit ihrem Landklau begannen.“ (S.46) So auch in Yassouf. „Die Juden“ bezeichnet hier nicht die Gesamtheit aller Juden, sondern die Juden im Gegensatz zu den Einheimischen.

Es folgt eine Kritik am Judentum, die mit der Bemerkung eines Reverends beginnt: „Christus sagte, jeder sei auserwählt. Die Juden antworteten: 'Tut uns Leid, aber nur wir sind auserwählt.' Jetzt sagen die Palästinenser: 'Lasst uns in diesem Land zusammenleben.' Und die Juden antworten: 'Tut uns Leid, aber es gehört nur uns allein.'“ (S.46) Das Auserwähltheits-Argument, das in Israel teilweise wahnhafte Ausmaße hat, scheint mir ein legitimer Kritikpunkt am Judentum zu sein. Die These allerdings, dass „die Palästinenser“ mit den Juden zusammenleben wollen, stimmt nicht für die Mehrheit der Palästinenser. Shamir erzählt dann in der Runde die talmudische Geschichte der zwei Männer, die sich um einen Schal streiten: Der eine beansprucht die Hälfte des Schals, der andere den ganzen Schal. Der Egoist bekommt schließlich drei Viertel zugesprochen: „Das ist also der jüdische Lösungsansatz.“ (S.46) Einer der Palästinenser erwähnt daraufhin die salomonische Geschichte mit den zwei Müttern und dem Kind. Shamir resümiert: „Die Palästinenser waren, genauso wie die wahre Mutter, mit der Teilung nicht einverstanden.“ (S.47) Während ich Shamir darin Recht gebe, dass man das Land nicht sinnvoll aufteilen kann, glaube ich nicht, dass man die Situation so schwarzweiß analysieren kann. Salomon ist aus dem Alten Testament, also auch jüdisch. Den Siedlern wirft Shamir vor, zu viel im babylonischen Talmud und zu wenig in der palästinensischen Bibel gelesen zu haben: „Sie waren bereit zu töten, nur um das Land zu bekommen.“ (S.47, ein Übersetzungsfehler: „They were ready to kill the land in order to possess it.“) Shamir selbst ist zum Christentum konvertiert, dies sollte in diesem Kontext erwähnt werden.

Seine Kritik trifft dabei auch die liberalen Juden, nicht nur die Siedler/Chauvinisten: „Beiden Arten von Israelis ist die Zurückweisung Palästinas gemeinsam.“ (S.48) Die Eroberer hätten es versäumt, sich anzupassen. Den Grund für dieses Verhalten sieht Shamir allerdings im „Jüdischen“, was auf der letzten Seite zum reinen Klischee wird: „Man nehme einen Juden und er wird ein Ghetto bauen.“ Der Palästinenser hingegen wird Olivenbäume pflanzen. Damit wird die Kolonialisierung Palästinas zu einem jüdischen Phänomen erklärt, was mir nicht einleuchtet, da es deutliche Parallelen zur Kolonial-Geschichte Amerikas, Australiens, Afrikas gibt, die auf allgemeine Mechanismen schließen lassen und nicht auf eine vermeintliche Essenz von Völkern bzw. Gesellschaften.

Welche Rollen haben Frauen in diesem Essay? Eine der Erntehelferinnen, die britische Jennifer, stellt sich den Siedlern mutig entgegen („Fuck you!“, S.42). Die palästinensischen Bauern gingen „mit ihren Frauen und Kindern“ (S.42) zur Olivenernte. Die Frauen sind hier also ein Anhängsel, ähnlich wie in der traditionellen arabischen Sicht. Beim Mittagessen erscheint eine Frau, Umm Tarik, sie bringt Brot (S.45) und abends wird von schüchternen Töchtern süßer Pfefferminztee serviert (S.49). Alle anderen handelnden Personen sind Männer.

[An dieser Stelle endet die Buchrezension. Geplant war eigentlich, das Buch bis zum Ende durchzugehen, doch schien es mir hier bereits ausreichend zu sein.]

Fußnoten:
16: Die englische Ausgabe des Buches liegt mir als Word-Dokument vor. (zurück)


The Green Rain of Yassouf (p.35-49)

Stilistically, the first three pages of this essay belong to the best that Shamir has written. At the same time, we meet a criticism of Judaism/Jewry in the final part, a criticism the effect of which is recognized by the author: "'But where are the good Jews?' the reader hastens to enquire. 'For the balance.'" (p.48) – The whole piece is a report about the experiences during an olive harvest in Yassouf in the Westbank. In the opening scene the author describes an ideal world: peasant families who, together with internationals, harvest their olives. Everything worth knowing about olives is described in a literary way, most of all the olive symbolism and imagery and their relevance in everyday life, combined with an account of the landscape and its history. This village in Samaria/Salfit, according to the text, has been permanently populated for 4.000 years. In its changeful history there were also phases where it was under Jewish administration. Most of the native inhabitants are said to have adopted the Christian faith in the course of time. About the present Arab population it is said that parts of them have traveled a lot. Many also had to make experiences with Israeli prisons so that they learned Hebrew. (p.35-37)

This (almost) ideal world is sharply contrasted – after an intermezzo dealing mainly with the confiscation and delivery of Yassouf's land to Jewish settlers – with a second report which describes the attack of Jewish zealots and soldiers on the olive harvesting group (p.40-45). Subsequently, a further part is attached, in the frame of which the harvest group continues its work while having a conversation. There is background information and a criticism of Israel and Judaism/Jewry interwoven in the discussion (p.45-49).

The following passage made me laugh spontaneously: "Palestinians are so friendly, so open, so ready to talk to you." (p.39) Shamir holds the thesis that the good things in the world, for this and other reasons, like the "fabulous hospitality", should be given to the Palestinians. What made me laugh was the contrast to my own idea about Palestinians. Of course, I, too, had noticed a certain openness and a lot of friendliness, but this is not the whole picture. It is necessary in this context to recall that Shamir is regarded as a friend and bearer of hope among those who he visited, and this position will be reflected in the way people deal with him. Bur how do the fabulous Palestinians behave in conflict situations within the own group? Whar about cases like this: North of Yassouf, not even 30 kilometers away, Palestinian siblings had a fight about the soil heritage of their late father. A procedure that is incomprehensible to me. I do enjoy reading Novalis myself, but in the journalistic context Sahmair's canticles about the Palestinians can appear remote from reality and make people forget that the main point is the human rights, not the Palestinians.

I read eye-witness reports about brutal assaults of Jewish setlers on olive-growers and civil population before several times. They were similar to the accounts presented by Shamir. Soldiers with a Brooklyn accent appear before the oliver pluckers and harass them by throwing stones and with threats, in order to sabotage the harvest. They are followed by three "young men in Jewish ritual dress" (p.40), carrying shooting weapons, attempting to expel the group. Shamir talks with them and receives the answer that this would be the land of the Jews and that the Goyim, the non-Jews have no place here. The reproach of anti-Semitism is uttered by the armed men, too. Shamir rejects this reproach in an overall way and names famous people who had been labeled anti-Semites in history: "Nowadays, if one is not called an anti-S, this means one is clearly in the wrong, sandwiched between Sharon and Soros." (p. 42) Thus, Shamir assesses the reproach of anti-Semitism to be merely part of an ideology.

The whole scene reminds Shamir of the Morlocks and the Eloi from "The Time Machine" by H.G. Wells. When the harvesting group gets menaced with weapons the soldiers do not intervene, on the contrary, they threat to arrest the harvesters. "The army takes care of the Palestinians, and the police state will be visited upon us--this simple ruse is one of the more inspired inventions of the Jewish genius." (p.42) While the injustice in this situation can readily be understood, the notion of the "Jewish genius" is confusing. Is this Jewish? What is Jewish about it? Doesn't Shamir say himself that the Jews are a very heterogeneous group? Massive injustice HAS TO come from such ruses, be it in Palestine or elsewhere.

While the group ascribes the guilt of the events to the Jewish settlers, Shamir focusses on the political backers, for him the responsibles: "On one end of the chain of command, there was a crazy Brooklyn settler with an M-16; on the other end, Bronfman and Zuckerman, Sulzberger and Wolfowitz, Foxman and Friedman." (p.44) His differenciation is quite fine, which stands in contrast with general assertions like "the Jewish genius". The harvest scene ends with the group's permission to continue working "in the bottom of the valley". The scene closes with a sentence which is quite typical of Shamir and which proves an overall humanist attitude: "We are made different, and it is a good thing, making the world more beautiful and various, if we remember our common humanity." (p.45)

In the final part (p.45-49) the conversation between Shamir and the Palestinians continues. One of them, called Hassan, tells the group how in former times he had worked in Tel Aviv painting houses for a Jew: "My Yemenite employer was a decent man" (p.45) Shamir calls the arrangement, according to which the Palestinians could earn some money in Israel, "profoundly unequal but bearable." (p.45) Thus there is no principal rejection of all Jews in Shamir. The criticism refers to political developments: "The arrangement was undone, when the Jews began their land snatch." (p.46) And so it happened in Yassouf. "The Jews" does not denote the totality of all Jews, but refers to the Jews in contrast with the native population.

It follows a critique of Judaism, starting with the statement of a reverend: "Christ said: 'everybody is chosen.' The Jews replied: 'sorry, only we are.' Now, Palestinians say: 'let us live together in this land.' And the Jews reply: 'sorry, it is for us only.'" (p.46) The argument of being the chosen people, which in parts of Israel has delusional proportions, seems to me to be a legitimate point of criticism concerning Judaism. Nevertheless is the thesis that "the Palestinians" want to live together with the Jews, not correct for the majority of the Palestinians. Shamir continues by telling the group the talmudic story of the two men who argue about a shawl. One of them claims half of the shawl, the other one wants the whole shawl. The egoist in the end receives three quarters of it: "That is the Jewish approach." (p.46) At that, one of the Palestinians mentions Solomon's judgement in the case of the two mothers and the child. Shamir resumes: "The Palestinians, like the true mother, did not agree to partition." (p.47) While I agree with Shamir in that the country cannot be partitioned in a meaningful way, I do not think that the situation can be analyzed in this black-and-white way. Solomon is from the Old Testament, this is also Jewish. Shamir reproaches the settlers of reading too much of the Babylonian Talmud and too little of the Palestinian Bible: Shamir himself converted to Christianity, this should be mentioned in this context.

His criticism is pointed at the liberal Jews, too, not only the settlers/chauvinists: "Both kinds of Israelis were united in their rejection of Palestine." (p.48) The conquerors are said to have missed to assimilate. Yet the reason for this behavior is seen by Shamir in the "Jewish". On the last page it becomes pure cliché: "Take a Jew and he will create a ghetto." The Palestinian, on the other hand, will plant olive trees. With this, the colonisation of Palestine is declared to be a Jewish phenomenon, something which I do not understand, for there are clear parallels to the colonial history of America, Australia and Africa, a fact that suggests general mechanisms to be active here, and not an alleged essence of peoples or societies, respectively.

What are the roles of women in this essay? One of the harvest helpers, the British Jennifer, courageously confronts the settlers ("Fuck you!", p.42). The Palestinian peasants went "with women and children" (p.42) to the olive harvest. Thus, the women here are a mere supplement, similar to the traditional Arab view. At lunch-time a woman appears, Umm Tarik, she brings bread (p.45) and in the evening shy daughters bring in sweet mint tea (p.49). All other acting characters are men.

[At this point the book review ends. The plan was actually to go through the book to the end, but it seemed to me that it was already sufficient here].

Footnotes:
16: The English edition is available to me as a Word document. (back)


- Der Mythos des gewaltsamen Sieges -

(26.01.2007) Ist das Friedenslager „weiblich, alt und klein“? Stimmt es, dass Gewaltlosigkeit in den Medien sehr gut dargestellt wird? In seinem neuen Artikel „Nonviolence? The Sword of St. Michael“, http://www.israelshamir.net/English/NonViolence.htm vom Januar 2007 behauptet Israel Shamir genau das. „Vielleicht werden wir keinen Frieden haben“, schließt er, „aber wir werden den Sieg haben.“

Klingt interessant. Aber ... Wie süß kann ein palästinensischer Sieg nach hundert Jahren Kampf und Verlust sein, vor allem, wenn nicht einmal Frieden in Sicht ist? Der Ruhm, so Shamir, liegt bei „den Kämpfern mit AK-Maschinengewehren, die durch die engen Straßen von Nablus oder Faluja schreiten.“ Glaubt er wirklich, dass diese Kämpfer militärisch gegen die USA und Israel gewinnen werden? In der Öffentlichkeit wird oft behauptet, Pazifisten seien Träumer, aber was für ein Traum ist ein militärischer Sieg? Es ist schwer zu verstehen, wie sich Shamir das vorstellt. Und selbst wenn sie gewinnen, zum Beispiel die Hisbollah im Libanon gegen die israelische Armee, gibt es immer noch die öffentlichen Meinungen in der Welt, die noch nicht Gerechtigkeit für alle fördert. Deshalb können die Konflikte nur auf der Ebene der Öffentlichkeit gelöst werden und nicht mit Blut auf den Straßen.

Aus diesem Pamphlet lassen sich mehrere lohnende Fragen ableiten. Die erste ist, ob man sich auf gewalttätige biblische oder koranische Bilder berufen sollte, um Gewalt zu rechtfertigen, und zwar nicht nur deshalb, weil gerade Shamirs Gegner auf diese Strategie zurückgreifen, sondern auch wegen des Laizismus. Aber lassen Sie uns hören, worüber Shamir wirklich wütend ist: „Zu oft erwächst Gewaltlosigkeit nicht aus Demut und Selbstaufopferung, sondern aus Selbsterhaltung und Angst.“ Das ist leider richtig. Zu oft ... aber nicht immer. Im Prinzip kann man dem sogar zustimmen: „In diesem Krieg gibt es eine richtige und eine falsche Seite, und wir sind verpflichtet, das Recht gegen das Unrecht zu unterstützen.“ Es ist die Totalität und Absolutheit, die zweifelhaft und für Schwächere auch gefährlich ist. In anderen Texten glorifiziert Shamir Saddam Hussain und trauert der Zeit nach, als es eine militärische irakische Abschreckung gegen das hochgerüstete Israel gab. Während fortschrittliche Menschen einen atomwaffenfreien Nahen Osten und eine Verringerung der Waffen fordern, klammert sich Shamir an Visionen der Vergangenheit, Visionen der Angst.

Wie das Schwert des Heiligen Michael in einer apokalyptischen Schlacht sollen die Unterdrückten sein und wir Menschen sollen die Krieger der edlen Sache bejubeln. Sagt Shamir. Er führt einige Beispiele von Pazifisten an und schließt mit den Worten: „Kurz gesagt, der Pazifismus ist eine seltsame, zweifelhafte und erfolglose Idee“, und seine Vorstellung von Liebe ist, dass sie „uns dazu bringen kann, alles zu geben, einschließlich unseres Lebens, und sie kann uns auch dazu bringen, Leben zu nehmen“. Der Leser mag sich fragen, worauf er hinaus will, denn es gibt das Recht auf Selbstverteidigung, und selbst das Völkerrecht betrachtet gewaltsamen Widerstand nicht als Gewalt im eigentlichen Sinne. Daher sind Shamirs Angriffe nicht präzise und zielen eher auf Windmühlen.

In der menschlichen Geschichte gibt es eine klare Tendenz zur Befriedung der Welt durch Gesetze. Es ist notwendig, die Korrumpierung dieser Gesetze zu bekämpfen und sie weiterzuentwickeln, bis wir eine gerechte Welt geschaffen haben. Wer glaubt, er könne Blut mit Blut wegwischen, wird auch versuchen, Tinte mit Tinte wegzuwischen.

Shamir differenziert nicht ausreichend zwischen Gewalt und Widerstand und begnügt sich damit, Pazifisten und Frauen und andere so zu verallgemeinern, dass seine Frustrationen ein Ventil finden und er sich mit eingängigen Aphorismen wie ein Anti-Mainstream-Held fühlen kann. Das scheint ziemlich trivial zu sein. Das größte Wunder ist ohnehin, dass die militanten Widerstandskämpfer, die in diesem Werk propagiert werden, kaum etwas mit der Art und Weise zu tun haben, wie Shamir sich selbst recht glaubwürdig darstellt. Man erinnere sich an die Beschreibung seiner Reise in den „Galiläa-Blumen“, wo Shamir mit allen Menschen auf seinem Weg spricht, auch mit Zionisten und Menschen, die er eigentlich als Unterdrücker empfindet. Er ist selten wütend, geschweige denn gewalttätig. Also, wo ist das AK-Maschinengewehr?

- The Myth of the Violent Victory -

(01/26/2007) Is the peace camp "female, old and short"? Is it true that nonviolence gets a very good media coverage? In his new article "Nonviolence? The Sword of St. Michael", http://www.israelshamir.net/English/NonViolence.htm from January 2007 Israel Shamir claims just that. "Maybe we won't have peace", he concludes, "but we'll have victory."

Sounds interesting. But... How sweet can a Palestinian victory be after a hundred years of struggle and loss, especially when there is not even peace in sight? The glory, according to Shamir, is with "the fighters with AK machineguns cautiously treading the narrow streets of Nablus or Faluja." Does he really think that those fighters will militarily win against the USA and Israel? In the publics we often find the claim that pacifists are dreamers, but what kind of dream is a military victory? It is difficult to understand how Shamir imagines this to happen. And even if they win, take Hezbollah in Lebanon against the Israeli army, there still are the public opinions in the world that do not foster justice for everyone yet. Therefore the conflicts can only be solved on the level of the publics and not with blood on the streets.

There are several rewarding questions to be derived from this pamphlet. The first one is whether or not one should refer to violent Biblical or Quranic images in order to justify violence, not only for the reason that Shamir's very opponents resort to this strategy, but also because of laicism. But let's hear what Shamir really is angry about: "Too often, non-violence grows not out of humility and self-sacrifice, but out of self-preservation and fear." This, unfortunately, is correct. Too often... but not always. Principally, one can even agree with this: "In this war we have a right and a wrong side, and we are duty bound to support right against wrong." It is the totality and absoluteness which is doubtful and also dangerous for the feeble. Shamir in other texts glorifies Saddam Hussain and mourns the time when there was a military Iraqi deterrence against the highly armed Israel. While progressive people call for a nuclear-free Middle East and a decrease of weapons Shamir clings to visions of the past, visions of fear.

Like the sword of Saint Michael in an Apocalyptic battle the oppressed shall be, and we people are to hail the warriors of the noble cause. Says Shamir. He takes a few examples of pacifists and concludes: "In short, pacifism is a quirky, doubtful and unsuccessful idea", and his notion of love is that it "can cause us to give everything including our life, and it can cause us to take life, as well." Readers may wonder what his point is, as the right of self-defense exists and even international law does not regard violent resistance as violence proper. Therefore Shamir's attacks are not precise and rather aimed at windmills.

In human history there is a clear tendency towards the pacification of the world through laws. It is necessary to fight the corruption of these laws and to bring them further until we have made a just world. Whoever thinks he can wipe off blood with blood will also try to wipe off ink with ink.

Shamir does not sufficiently differentiate between violence and resistance and is content with generalizing pacifists and women and others in a way that his frustrations find a vent and he can feel like an anti-mainstream hero with catching aphorisms. It seems rather trivial. The greatest miracle, anyway, is that the militant resistance fighters promoted in this oeuvre have barely anything to do with the way Shamir portrays himself rather credibly. Remember him describing his journey in the "Galilee Flowers", where Shamir talks to everybody on his way, also to Zionists and people he feels to actually be oppressors. He rarely is angry, let alone violent. Why, where is the AK machinegun?

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