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Die Süddeutsche Zeitung Eine Online-Kritik von Anis Hamadeh, 2004 |
The Sueddeutsche Zeitung An Online Reflection by Anis Hamadeh, 2004 |
Es gibt Dinge, die angenehmer sind, als die Süddeutsche Zeitung zu analysieren. Chuck-Berry-Platten hören zum Beispiel. Oder in einem fremden Land über den Wochenmarkt spazieren. Oder im Winter Schlitten fahren. Es geht hier aber um die Süddeutsche Zeitung aus München. Die Aufgabe ist, diese Zeitung für eine Weile zu begleiten und zu beobachten. Früher war es ja so, dass man kaum auf Augenhöhe mit einer Zeitung diskutieren konnte. Wo hätte man das tun sollen? Klar, man konnte sich im Park auf eine Kiste stellen, allerdings hätte das die Presse vermutlich nur mäßig beeindruckt. Man kann seine Meinung natürlich auch in anderen Medien mitteilen, allerdings muss man da erst mal reinkommen. Immerhin lebten wir bis vor kurzem in einer fast reinen Frontal-Öffentlichkeit. Das bedeutet, dass jeder, der öffentlich etwas sagen oder tun wollte, dafür – außer in Ausnahmefällen – die Erlaubnis von jemand anderem brauchte, jemandem, der zu solchen Menschen gehört, die darüber bestimmen, wer überhaupt in die Öffentlichkeit darf und als was. Zum Beispiel der Redakteur einer Zeitung. Oder der Sponsor einer Veranstaltung. Oder der Politiker, der sich dafür einsetzt, dass eine Person oder Meinung gehört wird. Oder der Chef einer Plattenfirma, der einer Band einen Vertrag und einen Vertrieb gibt. Der Verleger, der ein Buch annimmt oder ablehnt. Die Veranstalterin eines öffentlichen Auftritts. Oder die Professorin, die sich für eine Person oder Meinung einsetzt. In anderen Ländern – teilweise auch in Deutschland – sind es zudem Geistliche, die ihren Segen dafür geben, dass eine Person oder Meinung gehört wird, sodass sie in der Öffentlichkeit erscheint. So war es früher... |
There are things more pleasant than to analyze the Sueddeutsche Zeitung. Like to listen to Chuck Berry records, for example. Or to stroll over a market-place in a foreign country. Or to go out on a sled in winter. But this here is about the Sueddeutsche Zeitung from Munich. The task is to accompany and to observe this newspaper for a while. In former times it had hardly been possible to have a discussion with a newspaper on eye level. Where should one have done that? Of course, you could stand on a box in the park, yet this would presumably impress the press only limitedly. There also is the possibility of expressing your opinion in another media, only that first you have to enter this media. Remember that until recently we had lived in an almost pure frontal public. This means that everybody, who wanted to say or do something publically, (with some exceptions) needed somebody else's permission for this, this somebody belonging to those people who decide who may enter the public to begin with, and as what? For example the editor of a newspaper decides that. Or the sponsor of a performance. Or the politician who supports that an individual or an opinion is heard. The publisher who accepts or refuses a book. Or the boss of a record company who provides a contract and a retail system for a band. The organizer of a public event. Or the professor who favors a certain individual or opinion. In other countries, partly also in Germany, there are clerics who give their blessings for an individual or an opinion to be heard so that it appears in the public. This is how it used to be ... |
- Frontale und freie Öffentlichkeit - (05.09.04) Es gibt Dinge, die angenehmer sind, als die Süddeutsche Zeitung zu analysieren. Chuck-Berry-Platten hören zum Beispiel. Oder in einem fremden Land über den Wochenmarkt spazieren. Oder im Winter Schlitten fahren. Es geht hier aber um die Süddeutsche Zeitung aus München. Die Aufgabe ist, diese Zeitung für eine Weile zu begleiten und zu beobachten. Früher war es ja so, dass man kaum auf Augenhöhe mit einer Zeitung diskutieren konnte. Wo hätte man das tun sollen? Klar, man konnte sich im Park auf eine Kiste stellen, allerdings hätte das die Presse vermutlich nur mäßig beeindruckt. Man kann seine Meinung natürlich auch in anderen Medien mitteilen, allerdings muss man da erst mal reinkommen. Immerhin lebten wir bis vor kurzem in einer fast reinen Frontal-Öffentlichkeit. Das bedeutet, dass jeder, der öffentlich etwas sagen oder tun wollte, dafür – außer in Ausnahmefällen – die Erlaubnis von jemand anderem brauchte, jemandem, der zu solchen Menschen gehört, die darüber bestimmen, wer überhaupt in die Öffentlichkeit darf und als was. Zum Beispiel der Redakteur einer Zeitung. Oder der Sponsor einer Veranstaltung. Oder der Politiker, der sich dafür einsetzt, dass eine Person oder Meinung gehört wird. Oder der Chef einer Plattenfirma, der einer Band einen Vertrag und einen Vertrieb gibt. Der Verleger, der ein Buch annimmt oder ablehnt. Die Veranstalterin eines öffentlichen Auftritts. Oder die Professorin, die sich für eine Person oder Meinung einsetzt. In anderen Ländern – teilweise auch in Deutschland – sind es zudem Geistliche, die ihren Segen dafür geben, dass eine Person oder Meinung gehört wird, sodass sie in der Öffentlichkeit erscheint. So war es früher. |
- Frontal and Free Public - (September 5, 2004) There are things more pleasant than to analyze the Sueddeutsche Zeitung. Like to listen to Chuck Berry records, for example. Or to stroll over a market-place in a foreign country. Or to go out on a sled in winter. But this here is about the Sueddeutsche Zeitung from Munich. The task is to accompany and to observe this newspaper for a while. In former times it had hardly been possible to have a discussion with a newspaper on eye level. Where should one have done that? Of course, you could stand on a box in the park, yet this would presumably impress the press only limitedly. There also is the possibility of expressing your opinion in another media, only that first you have to enter this media. Remember that until recently we had lived in an almost pure frontal public. This means that everybody, who wanted to say or do something publically, (with some exceptions) needed somebody else's permission for this, this somebody belonging to those people who decide who may enter the public to begin with, and as what? For example the editor of a newspaper decides that. Or the sponsor of a performance. Or the politician who supports that an individual or an opinion is heard. The publisher who accepts or refuses a book. Or the boss of a record company who provides a contract and a retail system for a band. The organizer of a public event. Or the professor who favors a certain individual or opinion. In other countries, partly also in Germany, there are clerics who give their blessings for an individual or an opinion to be heard so that it appears in the public. This is how it used to be. |
Als ich die Medienkritik zweisprachig verschickt hatte, setzte ich mich erst mal hin. So ein Artikel kurz vor der Frankfurter Buchmesse (Ehrengast Arabische Welt)... Ob die Leute in der Redaktion gar nicht über solche Fragen nachdachten? Dann geschah diese fürchterliche Geiselnahme in Beslan. Am Donnerstag, dem 02.09.2004 war die SZ-Redaktion vollständig überfordert. Der wichtigste Artikel bei der SZ steht immer auf der Seite 4 oben links, es ist der Kommentar des Tages. Stefan Kornelius schrieb ihn an diesem Tag. „Der entfesselte Terror“ hieß die Geschichte, voll die Panikmache. Manche Journalisten verwenden ihre Überschriften in einer Art, die sie persönlich psychisch entlastet. Der Mann hat sich besser gefühlt, als er seine Überschrift da sah. Nach dem Motto: Ich zeige euch die Wahrheit, derentfesselteterror. Lesen wir mal in den letzten Absatz hinein: |
When I had forwarded the media review in two languages I sat down for a moment. Such an article shortly before the Frankfurt Bookfair (Guest of Honor: The Arab World)... Don't people in newspaper offices consider these things? Then the terrible hostage taking in Beslan happened. On Thursday, September 9, 2004, the SZ editors were completely overcharged. The top article in the SZ always is on page 4 left above, it is the commentary of the day. Stefan Kornelius wrote it on that day. "The unchained terror" was the name of the story, like causing panic. Some journalists use their titles in a way that gives them a personal psychic relief. This man felt better when he saw his own title. As if saying: I show you the truth, theunchainedterror. Let's have a small read in the final paragraph: |
(07.09.04) Ich liebe Kollektiv-Psychen! Sie sind so saftig wie frische Mangos. Zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung. Wenn ich sie lese – und das ist ja meine derzeitige Aufgabe, die ich möglichst unlangweilig verbringen möchte -, habe ich manchmal das Gefühl, sie wolle mir etwas sagen. Vielleicht ist es auch umgekehrt, dass ich der SZ etwas sagen möchte, aber das ist sowieso klar. Sonst wäre ich jetzt auf Barbados. |
(September 7, 2004) I love collective psyches! They are as juicy as fresh mangos. The Sueddeutsche Zeitung for example. When I read it – and this is my current task which I intend to spend as unboringly as possible -, I sometimes have the feeling as if the paper wanted to tell me something. Maybe it is the other way around, that I want to tell something to the SZ, but this is obvious, anyway. Otherwise I would be on Barbados now. |
(07.09.04, spät nachts) Was tat ich hier überhaupt? Wer war ich? Warum saß ich hier und analysierte die Süddeutsche Zeitung? Ich ging zum Spiegel und sah hinein. „Es ist völlig sinnlos, was du tust“, sagte das Gesicht im Spiegel. Als hätte ich es geahnt. „Man wird dir Vorwürfe machen.“ Na toll. „Was sollte zum Beispiel diese Deanna-Troi-Nummer mit dem 'Ich spüre deutlich Ihre Ratlosigkeit'?“ Ja, weil es so war. Ich reagiere eben anders auf Zeitungen als andere Leute. Mir fallen eben bestimmte Sachen mehr auf. Ich sehe auch die Menschen, die dahinterstehen. Ich überlege immer, was das für Leute sind, die das machen. Das ist genauso wichtig wie die Artikel. Mindestens. Und den Leuten bei der SZ geht es nicht gut. Sie sind nicht glücklich, sie sind nicht zufrieden, und das drückt sich in ihrer Arbeit aus. Sie senden Impulse aus, die ich registrieren kann, und sie setzen der Bevölkerung seltsame Gedanken in den Kopf und stecken sie an mit ihrer Depression. „Aber glaubst du“, fragte mich das Gesicht, „dass die bei der SZ damit etwas anfangen können, wenn du das so sagst?“ Ja, ich glaube schon. Ich glaube, die merken auch, dass ich ihnen nichts Böses will. Andererseits zeigen sie ja selbst, dass sie im Wesentlichen nur auf Schock reagieren. Also musste ich sie schocken. „Sie werden es dir natürlich übel nehmen.“ Glaube ich eigentlich nicht. Vielleicht in den ersten Tagen... Außer, sie lesen nicht, was ich zu sagen habe. Außerdem entwickelt sich die Diskussion hervorragend. Das Gesicht im Spiegel sah mich unwillig an. Nun gib der Sache mal eine Chance! sagte ich. Das ist ein soziologisches Experiment. Zum Beispiel in der folgenden Ausgabe, der vom Dienstag, dem 07.09.04. Da sagt die SZ implizit aus, dass sie gar nicht über Terror diskutieren möchte, sondern die anderen, die muslimischen Gesellschaften, sollen ihn stoppen. Das ist ganz interessant ... |
(September 7, 2004, late in the night) What the heck was I doing here? Who was I? Why did I sit here analyzing the Sueddeutsche Zeitung? I went to the mirror and looked into it. "It is completely immaterial what you are doing here", said the face in the mirror. Oh yes, of course, I could have guessed that. "They will blame you." Oh yes, this was really boring. "What, for instance, was this Deanna Troi number with this 'I can clearly feel your perplexity'?" Yeah well, because it was true. I react differently on newspapers than other people, that's all. Certain things just attract my attention. Also, I look at the people behind it. I always ponder what people these are who do that. This is as important as the articles. At least. And the people at the SZ are not happy. They are not content and this reflects in their work. They are sending impulses which I can receive and they put strange thoughts into the heads of the population and infect them with their depression. "But do you think", asked the face, "that the people at the SZ are able to make something out of this, when you say it like that?" Yes, I think so. I think they realize that I do not want them harm. On the other hand they show themselves that they mostly react on shock. So I had to shock them. "They will certainly blame you for that." No, I don't actually believe that. Maybe in the first days... Except they don't read what I have to say. Besides, the discussion is developing in a very positive way. The face in the mirror looked at me unwillingly. Now, give this thing a chance! I said. It is a sociological experiment. The following issue, for example, the one from Tuesday, September 7. There the SZ implicitly says that it does not even want to discuss terror, but the others, the Muslim societies, are to stop it. This is quite interesting... |
Der Artikel des Tages 07.09.2004 ist der Kommentar von Rudolph Chimelli auf der Seite 4: „Immer im Spiegel des eigenen Leids. Trotz der Grauen von Beslan relativiert die islamische Welt den Terror – und entschuldigt ihn damit.“ Schreckensbilder der Medien sorgen demnach in Algerien und im Iran dafür, dass die Grausamkeit der Russen in ihren sadistischen Einzelheiten verbreiteter seien als im Westen. Von Aufrechnungen tschetschenischer Kinder und der Kinder von Beslan wird berichtet, die von einem Tschetschenenführer ausgingen und die im Nahen Osten einen „empfindlichen Nerv“ treffen. Am Ende geht es dann um die Arabische Halbinsel: „Das Mitleid mit den Tschetschenen ließ bisher auf der Arabischen Halbinsel die Hilfe für die Opfer reichlich fließen. Kein Frommer beauftragt einen Buchprüfer, um zu erfahren, ob das Geld nur Witwen, Waisen und Elenden zugute kommt – oder ob dafür auch Waffen gekauft werden.“ Fangen wir mit der Überschrift an.
Sie passt nicht recht zum Text. Von der islamischen Welt wurde gar nicht berichtet, sondern von ein paar Ländern, und darunter waren noch zwei als typisch gekennzeichnete Zitate aus Ägypten, die das Gegenteil von dem aussagten, was der Titel suggeriert. Dann würde ich gern wissen, woher Herr Chimelli weiß, dass sich „kein Frommer“ von der Arabischen Halbinsel für den Zweck seiner Spenden interessiert. |
The article of the day September 7, 2004, is the comment by Rudolph Chimelli on page 4: "Always in the mirror of the own suffering. Despite the horror of Beslan the Islamic World is relative about the terror – and thereby excuses it." According to this article, pictures of horror in the Algerian and Iranian media would lead to a widespread knowledge of Russian cruelties in its sadistic details, more so than in the West. There is a report about the comparison of casualty accounts between Chechenian children and the children of Beslan, made by a Chechenian leader, and this would touch "a sensitive nerve" in the Middle East. The finish is about the Arab Peninsula: "The compassion with the Chechenians on the Arab Peninsula has made the support flow richly for the victims. No pious individual orders an accountant in order to know whether the money only is for the benefit of widows, orphans, and miserable people – or whether there also are weapons bought with it." Let's start with the title. It does not really fit the article. There was no report about the Middle East at all, only about a couple of countries. Moreover we find two quotes from Egypt which are denoted as typical and which say the opposite of what the title suggests. Then I would like to know from where Herr Chimelli knows that "no pious individual" from the Arab Peninsula is interested in the purpose of their donations. |
Der erste Artikel, der mir in der SZ vom 08.09.2004 aufgefallen ist, ist der über die indische Schriftstellerin Arundhati Roy. „Von der Märchenprinzessin zur Teufelin“ sind die ersten Worte des Titels. Noch bevor ich den langen Artikel auf der Seite 3 las, dachte ich über diese Worte nach. Von der Märchenprinzessin zur Teufelin... Im Supermarkt hatte ich auf dem Titelblatt der Illustrierten Stern etwas sehr ähnliches gesehen, ein Foto von Herrn Hartz und dazu der Titel: „Vom Erlöser zum Buhmann“. Eine Kaskade von Erinnerungen kam über mich. 2002 hatte ich in dem 400-seitigen Online-Buch „Rock'n'Roll. Nachricht von Ozzy Balou“ die These ausgeführt, dass es in unseren (frontalen!) Öffentlichkeiten kaum mehr Stars, Helden, Persönlichkeiten gibt: Die Öffentlichkeit hat nach 1945 ihr Vertrauen in den Menschen zunehmend verloren. In der amerikanischen und britischen Gesellschaft kam der Wendepunkt 1977 mit Elvis' Tod und dem Beginn des Punk. Bereits in der vorigen Ausgabe der SZ sahen wir, wie sich über einen Verfechter des Humanismus, Stefan Zweig, lustig gemacht wurde und wie er als Versager dargestellt wurde. Es wurde deutlich, dass Jesus, würde er heute unter uns wandeln, in den deutschen Frontalmedien nicht die geringste Chance hätte. Schauen wir nun, was Stefan Klein über Arundhati Roy sagt. |
The first article that attracted my attention in the SZ from September 8, 2004 is the one about the Indian author Arundhati Roy. "From the fairytale princess to the she-devil" are the first words of the title. I pondered about these words before I read the long article on page 3. From the fairytale princess to the she-devil... In the supermarket I had seen something very similar, on the title of the magazine Stern, it was a photo of Herr Hartz with the title: "From savior to boo-man". A cascade of memories came over me. In 2002, in the 400 pages online book "Rock'n'Roll. Message from Ozzy Balou", I had elaborated on the thesis that in our (frontal!) publics there hardly are stars, heroes, personalities anymore: the public has increasingly lost its faith in the human being after 1945. In the American and the British societies the turning-point came in 1977 with Elvis's death and the beginning of punk. In the previous issue of the SZ we already saw how an advocate of humanism, Stefan Zweig, was ridiculed and presented as a failure. It became clear that Jesus, was he among us today, would not have the least chance in the German frontal public. Let's see now what Stefan Klein says about Arundhati Roy. |
Die heutige Ausgabe ist ruhiger als die vorigen. Aufgeräumter. Keine Feindbilder, keine extremen Schwankungen. Man hätte das bei der (schlechten) Schlagzeile nicht unbedingt vermutet: „Russland will Terroristen weltweit jagen.“ Auch der Israelbeitrag von Herrn Schmitz war von gewohnter Art. Es gibt aber nicht viel zu tun für mich. Hm. |
Today's issue is more calm than the ones before. More relaxed. No stereotype images of enemies, no extreme poles. One would not necessarily have guessed that in view of the (bad) headline: "Russia wants to chase terrorists worldwide." Also the Israel contribution by Herr Schmitz was of the usual kind. Yet there is little to do for me. Hm. |
- 10.09.2004: Projektionsfläche Terror - Der Vorteil einer Zeitung gegenüber einer Frau ist, dass die Zeitung nicht weglaufen kann. Sie erscheint immer wieder. Sie ist treu. Wobei es natürlich auch treue Frauen gibt. Der Nachteil hingegen... na gut, lassen wir das. Der SZ-Artikel des Tages 10.09.2004 steht auf Seite 13 und heißt: „Der unmögliche Tausch. Warum die Geiselnahme die wirksamste aller terroristischen Waffen ist“. Er ist von Burkhard Müller. Der zentrale Satz lautet: „Der Staat ist gegen terroristische Gewalt so hilflos wie ein Adliger früherer Zeiten gegen die Beleidigung seiner Ehre.“ Dies ist ein weiterer Feuilleton-Artikel der Art, die vom Terror ausgeht und über seine Struktur philosophiert. Hier geht es speziell um das Verhältnis zwischen Terror(isten) und dem Staat. |
- 9/10/2004: Terror as a Field for Projections - The advantage of a newspaper compared with a woman is that the newspaper cannot run away. It appears over and over again. It is faithful. Of course there also are faithful women. The disadvantage, however, is... ok, let's leave that. The SZ article of the day 9/10/2004 is on page 13 and it is called: "The impossible exchange. Why hostage-taking is the most effective of all terrorist weapons". It was written by Burkhard Müller. The central sentence is: "In view of terrorist violence the state is as helpless as an aristrocrate in former times was in view of insults against his honor." This is another feuilleton article of the kind which starts with terror and philosophizes about its structure. The focus here is on the relation between terror(ists) and the state. |
Heute ist der dritte Jahrestag des Massakers vom Elften September. In der Wochenendausgabe der SZ ist im Feuilleton wieder ein Terrorartikel, wieder geht es um den Staat. „Der Tod des Leviathan. Die Lehre des 'Monsters von Malmesbury': Wenn der Staat das Leben seiner Bürger nicht mehr gewährleisten kann, ist es dahin“ von Volker Breidecker. Die Argumentation geht so: Seit der islamistische Terror da ist, ist Thomas Hobbes' (1588-1679) Vorstellung (=Szenario) vom absoluten staatlichen Willen wieder aktuell. Ich stellte ja bereits fest, dass sich die SZ in die böse Vergangenheit trollt, wenn ihr alles zu viel wird, aber dass sie so weit in die Vergangenheit zurückgeht, ist doch etwas überraschend. Leviathan ist ursprünglich ein biblisches Ungeheuer, der Philosoph Hobbes meint damit den Staat. Er war der Ansicht, dass ein absolutistischer Staat die einzige Möglichkeit sei, um dem „Krieg aller gegen alle“ zu entgehen, freilich nicht ohne dass Kriege zwischen Staaten Normalität bleiben. Diese vorindustrielle Philosophie wird nun von der SZ zur Terrorbekämpfung bemüht. Dem „globalen Terrorismus des neuen Jahrhunderts“ wird vorgeworfen, er habe das Prinzip der menschlichen Selbsterhaltung verlassen und könne damit nicht mehr wirksam bekämpft werden durch das „Gleichgewicht des Schreckens“, der Philosophie des vorigen Jahrhunderts. Heute gebe es „Selbstmordarmeen“. Diese Kritik am Terrorismus wird dann ausgeweitet auf eine allgemeine Religionskritik, da in der Religion „selbst der gewaltsame Tod“ nicht das größte Übel sei. |
Today is the third anniversary of the massaker of September 11. In the weekend edition of the SZ there is another terror article in the feuilleton, again it is about the state. "The death of Leviathan. The lore of the 'Malmesbury monster': when the state can no longer guarantee the lives of its citizens it is gone" by Volker Breidecker. The argumentation is like this: since the beginnings of Islamist terror Thomas Hobbes' (1588-1679) conception (=scenario) of the absolute state is topical again. I did mention before that the SZ sometimes toddles off into the evil past when it all gets too much, but that it goes back so far into the past indeed is a bit of a surprise. Leviathan originally is a Biblical monster, the philosopher Hobbes means the state with it. He was of the opinion that an absolutist state is the only way to escape the "war of everybody against everybody", yet not without the normalty of wars between states. This pre-industrial philosophy now is taken by the SZ for the fight against terror. "Global terrorism of the new century" is blamed for having abandoned the principle of human self-preservation. Therefore it could not effectively be fought with the "balance of horror", the philosophy of the previous century. Today we would find "suicide armies". This criticism of terrorism then expands to a general critique of religion, as in religion "even violent death" would not be the biggest evil. |
Schwer zu sagen, was von der heutigen Ausgabe, der vom 13.09.2004, zu halten ist. Thema des Tages auf Seite 2 ist, dass die demokratischen Parteien entdecken, wie gefährlich die Wählerflucht nach rechts werden könnte. Heribert Prantl weist darauf hin, dass der „Kampf gegen Rechtsextremismus“ keine Saisonarbeit sei. In diesem Artikel („Augen auf, Augen zu“) gibt es eine interessante Metapher. Herr Prantl vergleicht nämlich Rechtsradikalismus mit Naturereignissen und schreibt mit Verweis auf geheimnisvolle „Beobachter der politischen Szene in Deutschland“: „Sie verweisen darauf, dass rechtsradikale Parteien die Bundesrepublik durchziehen wie Gewitter: Sie ziehen auf, donnern, ziehen wieder ab.“ Wie wir wissen, kann man mit Naturphänomenen wie Gewittern nicht diskutieren, sie entziehen sich dem Diskurs. Der von Herrn Prantl geforderte „Kampf gegen Rechtsextremismus“ ist strukturell vergleichbar mit dem Kampf gegen „den Terrorismus“: Man geht letztlich von einem entmenschlichten Phänomen als Gegner aus. Die NPD wird in einem anderen Artikel auf derselben Seite eine „Zeitbombe“ genannt. |
Hard to say what to make of today's issue, the one from 9/13/2004. Topic of the day on page 2 is that the democratic parties are discovering how dangerous the escape of the voters towards the right-wing could become. Heribert Prantl notes that the "struggle against right-wing extremism" is not a seasonal work. In this article ("Eyes shut, eyes open") there is an interesting metaphor. Herr Prantl compares right-wing extremism with natural phenomena and writes with reference to mysterious "observers of the political scene in Germany": "They note that right-wing extremist parties would traverse the Federal Republic like thunderstorms: they draw on, roar, and leave again." As we know one cannot lead a discussion with natural phenomena like thunderstorms, they are beyond the discourse. The "struggle against right-wing extremism", which Herr Prantl is demanding, in its structure is comparable with the struggle against "terrorism": in the end the opponent is conceptualized as a dehumanized phenomenon. The right-wing party NPD in another article on the same page is called a "time bomb". |
Es gibt Hoffnung. Evelyn Roll schreibt auf Seite 3 am 14.09.2004 über den Patienten Deutschland. Es ist der zweite Teil einer Trilogie, die am Freitag ihren Abschluss finden soll. Hier der volle Titel: „'Patient Deutschland (II) – die Diagnose der Psychologen: 'Alles, was seit dem Krieg passiert ist, war nur Verdrängung.' Eine Reise zum Mandelkern der Angst. Mutlosigkeit, Selbsthass, Panikattacken – das Land scheint das Opfer seiner vergessenen, aber nie wirklich betrauerten Geschichte zu sein.“ Das ist der beste Artikel, den ich seit der Französischen Revolution in der SZ gelesen habe. Rücken wir zunächst den Titel zurecht, damit wir vor lauter Freude nicht auf das falsche Gleis geraten. Deutschland hat seine Geschichte vergessen und ist unfähig zu trauern UND FOLGLICH sich grundsätzlich zu verbessern! Vergessen wir mal sofort die Sache mit dem Opfer!! Nun ein progressives Zitat: „Wenn ein Mensch ein furchtbares Verbrechen begangen hat und weiter leben will, lautet die Frage: Wohin mit dem Bösen? Im krassen Fall spaltet er dann das Böse ab. Und so war es dann ja auch mit Deutschland. Die Abspaltung in Ost und West. Die Bösen, das waren jeweils die anderen. Alles, was seit dem Krieg passiert ist (...) war nur Verdrängung.“ Die 68er hätten nur die Symptome bekämpft. „German Angst“ übrigens ist eine Wort aus dem ersten Teil. Ein gutes Wort. Allerdings ist es nichts spezifisch Deutsches. Das gibt es überall. Nur dass Deutschland aufgrund seiner Geschichte ein besonderes Verhältnis zur Angst hat. |
There is hope. Evelyn Roll writes on 9/14/2004 on page 3 about the patient Germany. It is the second part of a trilogy which is to be completed on Friday. Here is the full title: "'Patient Germany (II) – the diagnosis of the psychologists: "Everything that has happened since the war was nothing but psychological shifts.' A journey to the almond core of fear. Couragelessness, self-hatred, panic attacks – the country seems to be the victim of its forgotten, but never really mourned history." This is the best article I have read in the SZ since the French Revolution. Let's just adjust the title first so we don't get on a wrong track for all that joy. Germany has forgotten its history and is incapable of mourning AND THUS of fundamentally improving! Let's immediately forget this thing about the victim!! Now for a progressive quote: "When an individual has committed a terrible crime and wants to live on the question is: where to put the evil? In crass cases he subsequently splits off the evil. And this is how it went with Germany. The splitting off into East and West. The evil ones were the respective others. Everything that has happened since the war (...) was nothing but psychological shifts." According to this the 68ers only fought the symptomes. "German Angst", by the way, is a word out of the previous part. A good word. And yet it is nothing specifically German. You can find it everywhere. Only that Germany because of its past has a special relation to fear. |
Eine gute Ausgabe. Der Artikel des Tages steht im Feuilleton auf Seite 14 und heißt: „Alle Götter sind eins! Das Unbehagen in der Religion“. Er stammt von Professor Jan Assmann, einem Ägyptologen aus Heidelberg. Ein ausgesprochen anregender Artikel, sogar ein Dialog. Herr Assmann stellt die These auf, dass der weltverändernden Idee des Monotheismus ein ausschließender Wahrheitsbegriff zu Grunde liegt, er sich also wesentlich durch Abgrenzung definiert. Kein Gott außer Gott! bedeute demnach in den drei monotheistischen Religionen den Ausschluss alternativer Glaubenssysteme: „Allen drei Religionen ist nun einmal ein starker Begriff des Anderen gemeinsam, den sie, auf jeweils verschiedene Weise, verfolgend, umwerbend, missionierend, unterwerfen oder einfach nur ausschließend als goyim, gentiles, pagani, Ungläubige, Häretiker von sich abgrenzen.“ Es gehe beim Monotheismus um die Abgrenzung, nicht um die Eins, sagt Professor Assmann, und daher sei er exklusiv. Er spricht als reflektierender Historiker und Autor des Buches „Moses der Ägypter“ vom Prinzip der Übersetzbarkeit von Werten in einem „inklusiven Monotheismus“, in dem alle Götter eins sind und nennt dies „interkulturelle Transparenz“, in der der andere in seinem Anderssein verstanden werden kann. Großartiger, fortschrittlicher Artikel! |
A good edition. The article of the day is in the feuilleton on page 14 and it is called: "All Gods are one! The discomfort in religion" It was written by Professor Jan Assmann, an Egyptologist from Heidelberg. A stimulating article, even a dialogue. Herr Assmann poses the thesis that the idea of monotheism, which changed the world – is based on an excluding concept of truth, meaning that it defines itself via demarcation by nature. No god but God! in the three monotheistic religions therefore means the exclusion of alternative belief systems: "For all three religions accord in a strong concept of the other against whom they define themselves, in different ways, by persecution, by courting, missionary action, subjection or simply by excluding them as goyim, gentiles, pagani, unbelievers, heretics, respectively." Monotheism would be about demarcation, not about the one, says Professor Assmann, and therefore it would be exclusive. As a reflecting historian and author of the book "Moses the Egyptian" he speaks about the principle of the translatability of values in an "inclusive monotheism" in which all gods are one and he calls this an "intercultural transparency" in which the other can be understood inherently in his own terms. Great, progressive article! |
Einer der wichtigsten Grundsätze in der Literaturkritik der Imagisten, einer vor knapp hundert Jahren wirkenden anglo-amerikanischen Gruppe um Ezra Pound, ist: „Keine Didaktik!“. Das Belehrende und das Schöne passen nicht so recht zusammen. Leider ist Ezra später auf politische Abwege geraten, als Kritiker jedoch ist er bewundernswert. Das Problematische an dieser humanistischen Forderung „Keine Didaktik!“ ist, dass sie didaktisch ist. Das Didaktische nimmt immer auch Freiheit weg. Auch die Zeitung ist didaktisch. Sie gibt den Lesern Freiheit durch Wissen, Analyse und Kommentar und sie nimmt ihnen Freiheit zum Beispiel durch die Auswahl der Themen und Meinungen. Wenn ich mich in dieser Form mit der Zeitung auseinandersetze, nehme ich ihr vielleicht teilweise auch Freiheit weg. Es ist manchmal paradox, aber gegen Paradoxien kann der Mensch nichts tun. Sie sind auch nicht so schlimm. Gewalt ist schlimm. |
One of the most important principles in the literary critique of the Imagistes, an Anglo-American group around Ezra Pound, about one hundred years ago, is: "No didacticism!" The teaching and the beautiful do not really fit together. Unfortunately, Ezra later went a bad way politically. Yet as a literary critic he is worth admiration. The problematic thing about this humanistic demand of "No didacticism!" is that it is didactic. The didactic always also takes away freedom. The newspaper is didactic, too. It gives the readers freedom through knowledge, analysis and commentary and it takes away freedom for example by the choice of subjects and opinions. When I concern myself with the newspaper in this way I may also partly take away its freedom. Sometimes it is paradoxical, but there is nothing one can do about paradoxes. They are not so bad, anyway. Violence is bad. |
Vielleicht irre ich mich, aber ich habe den Eindruck, eine Bewegung zu spüren. Die Menschenrechte scheinen in der SZ aufgewertet worden zu sein, wäre ja schön. Kofi Annan hat bestimmt dazu beigetragen mit seiner Feststellung, dass der Irakkrieg illegal war. Mal sehen, wie die SZ in den nächsten Krisensituationen sein wird, in der letzten Zeit jedenfalls erschien mir das Niveau überdurchschnittlich hoch. Das heißt nicht, dass ich grundsätzlich übereinstimme, zum Beispiel, was diese Konferenz in Berlin angeht: |
Maybe I am wrong, but I have the impression that there is a kind of movement going on. The human rights seem to be valued up in the SZ, a nice thing if it is so. Surely Kofi Annan has contributed to this with his assertion that the war on Iraq was illegal. We have to see how the SZ will be in the next situation of crisis, concerning the recent past the level seemed to me to be much higher than on average. This does not mean that I principally accord, for example regarding this conference in Berlin: |
Eine Leserin in Vietnam hat mich gestern gefragt, ob ich wirklich glaube, dass es in Palästina/Israel ohne Knall zum Guten kommen kann. Ja, ich glaube in der Tat, dass dies möglich ist. Es ist eine Frage der Bewusstmachung. Die meisten Gesellschaften nach 45 sind so erzogen worden, dass sie nicht mehr wirklich nach Glück streben. Nach dem Holocaust scheint es ja fast pervers, glücklich sein zu wollen. Unbeschwert, unschuldig sein zu wollen. Dennoch ist dies die menschliche Natur, wir alle streben unterbewusst nach Unschuld, auch die Opfer unter/in uns, und auch die Täter. Und es ist der richtige Weg, danach zu streben, denn es ist der Weg der Erfüllung und Entfaltung, weg von der Gewalt auf natürliche Weise. Den Grund für Kriege sehe ich bereits auf dieser Ebene. Es gibt eine Aggressivität in den Menschen, die schnell aktiviert ist, ein Kontrolldrama mit starken Verlust- und Sicherheitsängsten. Dies führt auch zu Kriegen. Ein weiterer Punkt ist, dass man sich beim Frieden-Machen selbst auch verändert, davor haben viele Leute Angst, weil sie einen Identitätsverlust fürchten, und so verharren sie lieber im Konflikt. |
A reader in Vietnam yesterday asked me if I really believe that things in Palestine/Israel can turn to the good without a bang. Yes, indeed I believe that this is possible. It is a matter of bringing things to awareness. Most societies after 45 have been educated in a way that they do no longer really strive after happiness. After the Holocaust it almost seems perverted to want to be happy. To want to be unburdened, innoscent. But despite all this it is human nature, we all subconsciously strive after innoscence, also the victims among/in us, and also the perpetrators. And it is the right way to strive after it, for it is the way of fulfilment and unfolding, away from violence in a natural way. The reason for wars I see already on this level. There is a quickly activated aggressivity in the people, a control drama with severe fears of loss and safety. This also leads to wars. Another point is that in the process of peace-making you are changing yourself, too. Many people are afraid of this, because they fear a loss of identity. So they rather remain in the conflict. |
- 20.09.2004: Traumsequenz - Und wohin soll die Reise denn gehen, fragte Tobbi den Roboter neben sich im Cockpit. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen. Klick, sagte die sympathisch schnarrende Stimme. Tobbi sah aus dem Fenster nach unten. Baumwipfel huschten unter ihnen hindurch. Der Himmel war klar. Ich möchte Musik hören, sagte der Junge. Okay. Der Roboter nahm eine Hand vom Steuer und steckte sie um. Eine CD-Schublade öffnete sich. Tobbi legte Bob Dylan's CD „Desire“ hinein. Geigenklänge beendeten die Monotonie der dröhnenden Rotorblätter. Der Junge wippte mit dem Kopf rhythmisch nach rechts und links. Mach es auch! sagte er. Es ist nicht schwer. Versuch's mal. Es ist wie Mathematik, bloß besser. Okay. Rechts, links, rechts, links. Klick. Unsere erste Aufgabe besteht darin... Sieh doch, ein Wasserfall! ...die richtigen Fragen zu finden. Aber das ist leicht! Wohin mit dem Bösen? Du musst hier abbiegen. |
- 9/20/2004: Dream Sequence - And where shall the journey go then? Tobbi asked the robot next to him in the cockpit. We have a mission to accomplish. Click, said the sympathetically rattling voice. Tobbi looked down from out of the window. Tree tops were slipping away underneath them. The sky was clear. I want to listen to some music, said the boy. OK. The robot took one hand from the steering and plugged it into another place. A CD slot opened. Tobbi put in Bob Dylan's CD "Desire". Sounds of violins ended the monotony of the roaring rotating wings. The boy rocked his head rhythmically to the right and to the left. You do it also! he said. It is not difficult. Have a try. It is like mathematics, but better. OK. Right, left, right, left. Click. Our first task is... Look-a there, a waterfall! ...to find the correct questions. But this is easy! Where to with the evil? You gotta branch off here. |
Lawrence von Arabien nahm ich von der Wand und legte ihn zu den Akten. Die Aufgabe war erfüllt. Ich öffnete das Fenster. „Ach so?“ fragte die Amsel. „Jetzt, wo es langsam eine Struktur bekommt.“ Eine Routine, sagte ich, es bekommt Routine. Ich nahm die Maske ab und hängte das Cape in den Schrank. Feierabend. Aus dem Kühlschrank holte ich ein Malzbier. „Hal-lo!“ sagte die Stimme im Spiegel, „das kann ja wohl nicht dein Ernst sein.“ Doch, natürlich. „Du sagtest, ein paar Monate.“ Ich sagte: Veränderung. Ich sagte: Begleitung für eine Weile. „Ach Mann, jetzt, wo es so schön wird!“ Japp. Ich nahm einen langen Zug aus der Flasche. „Und was ist, wenn sie wieder Lagerdenken machen?“ Müssen sie selber wissen. Ich bin kein Kindermädchen. „Und wie war die Zeitung heute?“ Super. „Im Ernst?“ Japp. „Sag wenigstens den Artikel des Tages.“ He, weißt du eigentlich, wie müde ich bin? „Nur den Artikel des Tages.“ Also gut. Er heißt: 'Auferstanden aus Ruinen. Wie aus Depression Aufbruchstimmung wird: Katastrophen und therapeutische Gemeinschaften', es ist eine Buchbesprechung, von Olaf B. Rader. „Und sonst?“ UNO. Cohen. Selbstkritik. „Und was ist mit Herrn Schmitz?“ Herr Schmitz will auch Frieden. Alle wollen Frieden. „Aber es sind noch so viele Fragen offen.“ Ja. Viele Fragen. |
Lawrence of Arabia I took from the wall and put it into the archive. The mission was accomplished. I opened the window. "Oh really?" asked the blackbird. "Now that it is beginning to get a structure." A routine, I said, it is getting routine. I took off the mask and hung the cape into the cupboard. Job finished. From the fridge I got myself a malt beer. "Hel-lo!" said the voice in the mirror, "you cannot be serious." Yes, sure. "You said: a couple of months." I said: change. I said: company for a while. "Oh man, now that it is getting so beautiful!" Yapp. I took a long swallow from the bottle. "And what if they get into this camp thinking again?" They gotta know by themselves. I am not a nanny. "And how was the paper today?" Super. "Really?" Yapp. "Say at least what the article of the day was." Hey, do you know how tired I am? "Only the article of the day." Well ok. It is called: 'Resurrected from ruins. How depression becomes a feeling of optimism: catastrophes and therapeutic communities', it is a book review, by Olaf B. Rader. "And apart from that?" UNO. Cohen. Self-criticism. "And what about Herr Schmitz?" Herr Schmitz also wants peace. All want peace. "But there are still so many questions open." Yeah. A lot of questions. |
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