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ROCK'N'ROLL
Nachricht von Ozzy Balou
Eine Rekonstruktion
von Anis Hamadeh
ROCK'N'ROLL
Message from Ozzy Balou
A Reconstruction
by Anis Hamadeh
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Im Folgenden gebe ich den Brief von Maria Zegovia wieder, der mich heute Morgen per Email erreichte. Sie bat mich darum, etwaige stilistische Mängel auszugleichen, da sie keine professionelle Schreiberin sei. Ich habe aber so wenig Änderungen wie möglich vorgenommen, um die Individualität des Textes weitestgehend zu erhalten. Einige wenige Sätze habe ich ausgelassen, da mir scheint, dass sie nicht wirklich an die Öffentlichkeit gerichtet sind. Doch wird Maria dies lesen und sich gegebenenfalls noch einmal mit mir abstimmen, wenn sie Veränderungen wünscht. Da sie selbst schreibt, dass die Zeit drängt, habe ich mich für diese Arbeitsweise entschieden. Maria schreibt im Einzelnen:

Ich kannte Ozzy zwischen 1988 und 1992, in der Hamburger Zeit. Ich spielte damals Keyboards in einer Jazz-Band, und Ozzy sprach mich nach einem Konzert an und fragte mich, ob ich mit ihm spielen wolle. Ich musste lachen, aber ich verstand schon, was er meinte. Ich hatte von Ozzy gehört und wusste, dass er eine Band gründen wollte und Leute suchte. Ich sagte zu ihm: „Du meinst, ob ich für dich spiele?!“ und er zog eine Grimasse. „Auch“, erwiderte er, „aber mit ist hier wirklich das präzisere Wort.“ So haben wir uns kennengelernt. Vier Wochen später war die erste Probe mit der Band, den BULLETS. Das muss so im November 88 gewesen sein. Niemand hätte gedacht, dass wir ein Jahr später einen so großen Erfolg haben würden. Niemand außer Ozzy. Denn der schien immer so, als hätte ihn das keineswegs überrascht. Ozzy und ich kamen zusammen im Januar 89.

1989 war das Jahr für uns. DEBUT war im Herbst des Jahres fertig, gefolgt von mehreren Tourneen. Wir spielten sehr oft im BLUESLAND, bestimmt 100 Mal, eher öfter. Es gab viel Stammpublikum. Wir haben dort gespielt, geredet, gegessen, ferngesehen, es war unser Zuhause. 1991 folgte die Platte POISON. Es war eine gute Platte, sie gefiel mir besser als die erste. Wir hatten glücklicherweise Mike Roberts von STAMP RECORDS kennengelernt, ein Multitalent aus New York. Mike hat uns gemanagt, aber vor allem gesponsort. Ozzy hat nämlich manchmal ganze Tage im Studio verbracht; er hat oft im Studio komponiert und arrangiert. Das war nicht billig. Mike war wirklich sehr geduldig und gab ihm alles, was er zum Arbeiten brauchte. Ozzy nannte ihn nur „den Colonel“ oder „Colonel Parker“.

Auch 1991 waren wir wieder auf Tournee, allerdings nicht in den Staaten, was Ozzy sehr bedauert hat. Eigentlich fingen die Schwierigkeiten da schon an. Man merkte das nur in der Band und im BLUESLAND noch nicht so. Ich jedenfalls hatte seit dem Sommer 91 Veränderungen bei Ozzy bemerkt. Zwar hat ihn der Humor nie verlassen, doch wirkte er zunehmend ernst und verschwiegen, als hätte er ein Geheimnis, das ihn bedrückte. Kurz vor Weihnachten kam es zum Bruch zwischen Ozzy und dem Colonel. Die dritte Platte war gerade konzipiert und der Colonel war mit den Texten nicht einverstanden. Es wurden damals viele Gründe genannt, warum es zum Bruch kam, doch weiß ich sicher, dass es letztlich um die Lyrics eines ganz bestimmten Songs ging, den wir schon seit einiger Zeit im Repertoire und öfters im BLUESLAND gespielt hatten. Alle anderen Begründungen treffen nicht den Kern. Natürlich gab es andere Dinge, aber letztlich war es der Song.

Im Januar 1992 trat die Band wieder auf. Wir produzierten eine Single und hatten nach wie vor gute Gigs. Schon im Frühjahr aber gab es Differenzen zwischen Ozzy auf der einen Seite und Michael und Oliver auf der anderen Seite. Das waren der Gitarrist und der Bassist. Carl, der Drummer, und auch ich waren nicht vollständig darüber informiert, was zwischen den Dreien war, und wir haben es auch bis heute nicht ganz genau erfahren. Denn Ozzy zog sich auch von mir mehr und mehr zurück.

Die Katastrophe geschah am 10.09.1992. Das BLUESLAND wurde zum Ziel eines fürchterlichen Anschlags. Es brannte völlig aus. Man hat nie herausgefunden, wer es war. Einige haben gesagt, dass Ozzy es war, aber das war nicht Ozzy. Ich kenne ihn gut genug, um das sagen zu können. Ozzy würde so etwas niemals tun. Er war niemals gewalttätig, schon gar nicht gegen unschuldige Personen. Es war ein Riesenglück und Zufall, dass damals niemand gestorben ist. Es waren sechs oder sieben Verletzte, einige hatten schlimme Verbrennungen. Der Tresenmann bekam einen herunterstürzenden Balken in den Rücken und bleibt für immer gelähmt. Alles war zerstört. Es war unsere Heimat. Ich hielt mich außerhalb der Stadt auf und sah es in den Nachrichten. Ich stand wochenlang unter Schock. Das Ende der Band kam schnell, offiziell im November, und kurz darauf war Ozzy weg. Das letzte Mal gesehen habe ich ihn am fünfzehnten Dezember. Das Letzte, das er zu mir gesagt hat, war: „Irgendwann komme ich wieder. Das kannst du glauben. Wenn die Zeit reif ist. Never kill a rock'n'roller.“ Er sagte auch noch etwas darüber, dass das Wetter im Moment nicht so gut sei, oder so ähnlich. Natürlich kenne ich noch mehr Details. Aber dies sind die wichtigsten Fakten aus meiner Sicht.

Am 01.10.2001 hat sich Ozzy Balou nach neun Jahren wieder gemeldet. Ich bin sicher, dass der Anschlag in New York etwas in ihm ausgelöst hat. Man muss wissen, dass Ozzy Balou nicht irgendein Sänger ist. Er ist  ... Ozzy Balou. Es erscheint mir wichtig, den Hintergrund der Geschichte jetzt aufzudecken, denn ohne diese Vergangenheit wird man nicht so gut verstehen können, was Ozzy tun wird. Es war auch damals schon jedem klar, der ihn kannte, dass der Fall Ozzy Balou mit seinem Weggang nicht abgeschlossen war. Jemand wie er verschwindet nicht einfach so auf Nimmerwiedersehen. Das bedeutet für alle, die ihn gekannt haben und die mit ihm zu tun hatten, dass die Geschichte weitergeht. Und Ozzy, falls du das hier liest, ich hatte neun Jahre Zeit, um über alles nachzudenken, und ich kann heute einiges verstehen, was mir damals fremd erschien. Ich wünsche dir viel Glück. Maria.

Redaktion in Kiel, 02.10.01

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+++ ROCK'N'ROLL +++ NACHRICHT VON OZZY BALOU +++

Below I reproduce the letter from Maria Zegovia that reached me by email this morning. She asked me to make up for any stylistic deficiencies, since she is not a professional writer. However, I have made as few changes as possible in order to preserve the individuality of the text as much as possible. I have omitted a few sentences, as it seems to me that they are not really addressed to the public. But Maria will read this and, if necessary, consult with me again if she wants changes. Since she herself writes that time is pressing, I have decided to work this way. Maria writes in detail:

I knew Ozzy between 1988 and 1992, during the Hamburg period. I was playing keyboards in a jazz band at the time, and Ozzy approached me after a concert and asked me if I wanted to play with him. I had to laugh, but I understood what he meant. I had heard about Ozzy and knew that he wanted to start a band and was looking for people. I said to him, "You mean do I play for you?!" and he grimaced. "Also," he said, "but with really is the more accurate word here." That's how we met. Four weeks later was the first rehearsal with the band, the BULLETS. That must have been around November of '88. Nobody would have thought that a year later we would have such a big success. Nobody except Ozzy. Because he always seemed like he wasn't surprised at all. Ozzy and I came together in January 89.

1989 was the year for us. DEBUT was finished in the fall of that year, followed by several tours. We played in the BLUESLAND very often, probably 100 times, no, even more often. There was a lot of regular audience. We played there, talked, ate, watched TV, it was our home. In 1991 the record POISON followed. It was a good record, I liked it better than the first one. We had fortunately met Mike Roberts of STAMP RECORDS, a multi-talented guy from New York. Mike managed us, but most of all he sponsored us. Ozzy actually sometimes spent whole days in the studio; he often composed and arranged in the studio. That wasn't cheap. Mike was really patient and gave him everything he needed to work. Ozzy just called him "the Colonel" or "Colonel Parker."

In 1991 we were on tour again, but not in the States, which Ozzy regretted very much. Actually, that's when the trouble started. You just didn't notice it in the band and in the BLUESLAND yet. I, for one, had noticed changes in Ozzy since the summer of '91. Although the humor never left him, he seemed increasingly serious and secretive, as if he had a secret that weighed him down. Shortly before Christmas there was a break between Ozzy and the Colonel. The third record had just been planned, and the Colonel did not agree with the lyrics. There were many reasons given at that time to determine why the break happened, but I know for sure that it was ultimately about the lyrics of a specific song that we had already had in our repertoire for some time and had often played in the BLUESLAND. All other reasons do not hit the core. Of course there were other things, but in the end it was the song.

In January 1992 the band performed again. We produced a single and still had good gigs. But already in spring there were differences between Ozzy on one side and Michael and Oliver on the other side. That was the guitarist and the bassist. Carl, the drummer, and also I were not fully informed about what was going on between the three of them, and we didn't find out exactly until today. Because Ozzy also withdrew from me more and more.

The catastrophe happened on 10.09.1992. The BLUESLAND became the target of a terrible attack. It burned out completely. They never found out who did it. Some have said Ozzy did it, but it wasn't Ozzy. I know him well enough to say that. Ozzy would never do anything like that. He was never violent, and certainly not against innocent people. It was a huge stroke of luck and coincidence that no one died at the time. There were six or seven injured, some had bad burns. The bartender got a falling beam in his back and remains paralyzed forever. Everything was destroyed. It was our home. I was staying out of town and saw it on the news. I was in shock for weeks. The end of the band came quickly, officially in November, and shortly after that Ozzy was gone. The last time I saw him was on the fifteenth of December. The last thing he said to me was, "I'll be back someday. You better believe it. When the time is right. Never kill a rock'n'roller." He also said something about the weather not being so good right now, or something like that. Of course, I know more details. But these are the most important facts from my point of view.

On 01.10.2001 Ozzy Balou contacted me again after nine years. I am sure that the attack in New York triggered something in him. You have to know that Ozzy Balou is not just any singer. He is ... Ozzy Balou. It seems important to me to uncover the background of the story now, because without that past, you won't be able to understand what Ozzy is going to do. Even then it was clear to everyone who knew him that the Ozzy Balou case was not closed with his departure. Someone like him doesn't just disappear never to be seen again. For everyone who knew him and had dealings with him this means that the story continues. And Ozzy, if you're reading this, I've had nine years to think about it all, and I can understand some things now that seemed strange to me then. I wish you the best of luck. Maria.

Edited in Kiel, 02.10.01

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