Hier sind die vier Beiträge des Tages:
(1) Beitrag von Stefan B.: Ozzy ist in Hamburg. Ich sah ihn heute vormittag. Mein Name ist Stefan B.. Also, es war so: Ich hatte etwas zu erledigen in der Gegend der Messehallen, und ich kam vom Dammtorbahnhof und ging durch den Park, PLANTEN UN BLOMEN. Am Gewächshaus ging ich die Stufen runter und dann am Wasser längs. Kurz bevor man zu diesem kleinen Wasserfall kommt, ist da so ein Steg, etwas versteckt unter Bäumen. Es ist zwar etwas moosig da, und ein paar Planken sind eingebrochen, aber man kann da sitzen und auf den Teich schauen. Und das tat er auch. Ozzy, meine ich. Erst habe ich so gedacht: Na, ist er das? Ich hatte ihn nur einmal live gesehen und kannte ihn eigentlich nur von Fotos und von seinem einen Fernsehauftritt. Als ich näher kam, drehte er sich zu mir um. Er merkte sofort, dass ich ihn erkannt hatte, und es schien ihn zu irritieren. Er war mit den Gedanken ganz woanders.
Die Gerüchte darüber, dass Ozzy wieder da ist, haben ziemlich schnell die Runde gemacht. Ich weiß es seit Donnerstag, und als ich vorgestern auf dem Kiez war und einen Zug durch die Gemeinde gemacht habe, habe ich es bestimmt sieben Mal, ach was, andauernd gehört. Sogar von den Kids, die ihn gar nicht mehr erlebt haben. Ozzy Balou hatte nichts dagegen, als ich ihn fragte, ob ich mich einen Augenblick dazu setzen könne. Er erzählte mir etwas über Enten. Er schien wirklich weit weg zu sein. Aber er war gleichzeitig sehr wach. Er sah mich lange an. Dann fragte er mich Sachen über mich. Ich habe ihn gefragt, ob er wüsste, dass man über ihn spricht, aber er hörte gar nicht zu. Er hat nicht viel erzählt, eigentlich gar nichts. Dass er seit Dienstag da ist. Er wusste auch nichts von der Chronik. Als ich es ihm erzählt hatte, schaute er für eine Minute oder so aufs Wasser, und dann hat er gesagt, dass er gehen muss. Er war ganz ruhig und grinste mich an, als er ging. Das ist alles, was ich sagen kann.
(2) Christel H.: Ich würde gerne mehr darüber erfahren, wie es damals in der Band gewesen ist, als ihr auf Tournee wart und Platten gemacht habt. Jetzt, wo ihr euch im Netz wiedergetroffen habt, könntet ihr doch ein paar Sachen erzählen, das finden bestimmt auch andere interessant, die das hier verfolgen. Werdet ihr wieder zusammen auftreten? Außerdem möchte ich fragen, was ihr eigentlich genau rekonstruieren wollt. Ich meine, wenn ihr irgendetwas sagen oder fragen wollt, warum tut ihr es dann nicht einfach? Es kommt mir so vor, als würdet ihr etwas um den heißen Brei reden. Worum geht es euch?
(3) Antwort von Maria: Es geht uns darum, herauszufinden, wer damals den Brand gelegt hat. Und ob Ozzy Recht hatte mit dem, was er über Stars in Deutschland gesagt hat. Ob es tatsächlich so war oder ist, dass es gesellschaftliche Mechanismen gibt, die es unmöglich machen, dass hier in Deutschland so etwas wie John Lennon oder Freddie Mercury oder Prince oder oder entstehen kann. Natürlich, es gibt Marius, und es gibt Xavier Naidoo, es gibt die Rapper und HipHop-Stars. Aber es ist nicht wie in England oder besonders Amerika, wo die Leute wirklich groß werden können. So groß konnte bei uns nur ein James Last werden, den Ozzy übrigens sehr schätzte. Er sagte, Hansi (James Last) sei eines der größten musikalischen und menschlichen Genies des 20sten Jahrhunderts. Das hat viele gewundert, als er das sagte.
Als Ozzy damals anfing, über so etwas zu reden, da hat man gesagt: Was glaubt der, wer er ist! Aber er wusste schon, wer er war. Und diese Sache fing an im Frühjahr 1991. über die Frage, ob wir wieder zusammen auftreten werden: Nun, also, darüber machen wir uns wirklich keine Gedanken. Ich musste lachen, als ich es las. Aber von den Platten und Konzerten werden wir bestimmt mehr erzählen.
(4) Oliver Marx: Es wurde da in den letzten Tagen diese Messiasgeschichte auf den Tisch gebracht, und ich möchte darauf hinweisen, dass dies ein zentraler Punkt ist. Wir hatten bis zum Frühjahr 91 keine Probleme mit so etwas. Es war jedem klar, dass er etwas Besonderes hatte, denn er schrieb diese ganzen Songs und hatte diese Power und alles. Das musste ja irgendwo herkommen. Er las viele Biografien, besonders von Popstars, denn er wollte selber verstehen, was ihn von den anderen unterschied.
So weit, so gut. Irgendwann fing er dann mit diesem Buddha-Kram an. Er sagte Sachen wie „Jeder Mensch ist ein Buddha“ oder „Jeder hat die Buddhaschaft“. Und dann unterschrieb er Briefe mit „The Buddha“, und er hatte auch ein T-Shirt, wo es draufstand. Die Fans fanden das witzig, aber auch nicht alle. Michael, der Gitarrist, fand es zunehmend nervig. Er sagte Ozzy, er solle jetzt nicht abdrehen, weil er sich selbst so geil findet. Das hat ihn beleidigt. Seitdem ging es langsam bergab. Auf den Tourneen, die auf die Platte POISON folgten, wurde es schon deutlich. Trotzdem dauerte es noch bis April 92, bis es zum großen Streit kam. Da war ja auch Mike schon raus. Bis dahin hatten wir alle versucht, die Gruppe zu retten. Ja, ich glaube, so könnte man das sagen. Fast wie bei FLEETWOOD MAC.
Mir war es nicht ganz geheuer mit dem Buddha. Ich merkte, dass Ozzy wuchs, aber ich hatte Angst davor. Seine Songs wurden immer besser, das ist jedenfalls meine Meinung, aber seine Persönlichkeit wurde mir immer fremder. Er isolierte sich und schien das gar nicht zu merken. Michael nannte ihn am Ende nur noch „Boy George Buddha“ oder „Der Erhabene“. So konnten wir natürlich keine gute Musik machen.
Allerdings, um nicht ungerecht zu werden, es nahm nie irgendwelche Ausmaße an. Ozzy ist also jetzt nicht in Sandalen zum Rathausplatz gelaufen und hat dort das Wort verkündet. So war es nicht. Es waren nur ein paar Bemerkungen und manchmal diese Der-Buddha-muss-das-jetzt-so-machen-Einstellung. Klar, er war der Frontmann, und er wusste auch, was gut und was in war, aber wir verstanden seine Realität nicht mehr und wollten es auch nicht, denn das hatte nichts mehr mit Musik zu tun, wie Michael sagte. Aber Ozzy konnte das nicht ausblenden, es beschäftigte ihn.
Solange es nur in die Songs und in die Bühnenshows floss, war es ja auch okay. Es war auch nicht so schlimm wie bei John Lennon damals. Der hat ja mal wochenlang tatsächlich gedacht, er sei Jesus Christus. Er ist zu den anderen BEATLES hingegangen und hat gesagt, er habe herausgefunden, dass er Jesus ist. Oder davor, als er im Fernsehen sagte, die Beatles hätten mehr Einfluss auf die Kids als Jesus. Man hat in Amerika daraufhin BEATLES-Platten verbrannt.
So war es bei den BULLETS jedenfalls nicht. Als Xavier Naidoo aufstieg, hatte ich den Eindruck, Ozzy ein bisschen besser verstanden zu haben. Ich denke heute, dass es bestimmt die religiöse Suche war, die ihn so werden ließ. In der Anfangsphase hatten wir das alle, aber es war mehr eine Mode, so wie man BEAVIS AND BUTTHEAD kuckt oder Ray Cokes. Für Ozzy war es aber mehr, es verstärkte sich mit der Zeit. Ich habe übrigens auch kürzlich mit Michael gesprochen, aber er hat kein Interesse mehr an der Geschichte.
Redaktion in Kiel, 08.10.01
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