(1) Ozzy: „You may call me anything, no matter what you say. You're still gonna have to serve somebody. Yes indeed, you're gonna have to serve somebody. It may be the devil or it may be the Lord, but you're gonna have to serve somebody.“ You may even call me a mad cat.
(2) Doris M.: Sag mal, spinnt ihr? Ich verfolge die Chronik und habe schon so an mancher Stelle gedacht, dass wohl leicht übertrieben wird, aber beim letzten Mal war es echt zu viel. Was bildet ihr euch eigentlich ein? Was soll denn das heißen, dass Ozzy die Presse beeinflusst? Wie soll denn das gehen? Entweder sie schreiben über ihn, oder sie schreiben nicht über ihn. Und wenn sie nicht über ihn schreiben, dann ist das wohl reines Wunschdenken von diesem Autonomen und von Ozzy, so etwas zu sagen. Ihr lebt doch nicht mehr auf dieser Welt. Kommt mal zurück auf den Teppich! Meiner Ansicht nach wollt ihr Ozzy hier zum Sündenbock stilisieren für Dinge, die mit der Presse und mit Ozzy gar nichts zu tun haben.
Damals war es doch auch so. Wie gesagt, ich habe im BLUESLAND gekellnert. Ich hatte auch damals schon das Gefühl, dass Ozzy sich da einiges eingebildet hatte, besonders, was seinen Einfluss anging. Er hat alles immer sofort auf sich bezogen und Dingen eine besondere Bedeutung zugemessen, was anderen nicht eingeleuchtet hat. Nein, Ozzy will einfach mit voller Kraft durch die Wand und versucht alles, um Aufmerksamkeit zu bekommen oder sich wichtigzumachen. Das alles hat weder etwas mit dem BLUESLAND zu tun, noch mit Demokratie. Das ist einfach eine exhibitionistische Egonummer mit erhobenem Zeigefinger. Ich melde mich noch mal wieder, wenn Ozzy geschrieben hat, dass er die Umlaufbahn des Mondes beeinflusst.
(3) Klaus K.: Ich bin nicht ganz sicher, wen der Autonome und Ozzy meinen, wenn sie sagen, dass sie die Presse beeinflussen. Also, wenn sie denken, es sei das HAMBURGER BLATT, dann irren sie sich jedenfalls. Es stimmt schon, man redet hier ab und zu von Ozzy, aber er ist nicht so wichtig, dass sein Name in den Redaktionssitzungen fallen würde. Natürlich werden in dieser Chronik viele Themen angesprochen, die auch in der Zeitung vorkommen. Die ganze Chronik ist ja fast wie eine Zeitung. Deshalb ist es klar, dass es Überschneidungen gibt. Und viele von den Fragen, die hier kontrovers diskutiert werden, sind Fragen, die auch die Gesellschaft kontrovers diskutiert, also die amerikanische Politik, Schilys Pakete oder die NS-Vergangenheit.
Man sollte sich eine Zeitung auch nicht so einheitlich vorstellen. Eine Zeitung ist keine Gemeinschaft. Das sind alles nur Leute, die ihren Job machen. Die Chefredakteure sind da vielleicht etwas anders, aber die haben auch die Verantwortung und kriegen mehr Geld. Für eine Zeitung zu schreiben, heißt auch nicht, dass man die Zeitung unbedingt selbst liest. Nun ja, man sollte schon, aber faktisch haben viele auch keine Lust, die Zeitung zu lesen. Es ist eben Arbeit. Insofern ist es auch bestimmt nicht so, dass sich da irgendjemand gegen Ozzy verschworen hätte. Das wäre zu viel Mühe. Wenn der Herr Sunbird sagt, dass die deutsche Presse machtlos gegen den internationalen Rock'n'Roll sei, dann stimmt das auch nicht ganz. Die Presse hat schon Macht. Aber war ein netter Versuch!
Es stimmt aber schon, dass die Presse schwankt. Die Weltlage schwankt ja auch. Meine Güte, Ozzy knallt da ganz schön rein! Der hat aber auch Nerven, der Typ. Ich musste echt lachen, als ich das da gestern gelesen habe. Naja, es ist auf jeden Fall ein klarer Standpunkt. Vielleicht wird Ozzy aber doch mehr von der Presse beeinflusst als umgekehrt. Ozzy schwankt ja auch in dem Sinne, dass er mal aggressiver auftritt, mal weniger.
Es fällt mir schwer zu widersprechen, wenn Ozzy sagt, dass faschistische und autoritäre Strukturen noch immer da sind in der Gesellschaft. Auch im Fernsehen werden ja immer wieder Sendungen darüber gezeigt, dass zum Beispiel Nazitäter nach dem Krieg in hohen Positionen blieben und weiterhin wirken konnten. Wenn man das weiterdenkt, heißt das natürlich im Resultat, dass das Nazidenken nicht überwunden wurde und jetzt noch da ist. Aber so würde das keiner ausdrücken. Außer Ozzy natürlich. Von Theorien scheint der nicht viel zu halten.
(4) Simon: Das war schon eine schöne Nachricht, dass unser Bundeskanzler dem großen Pazifisten Gandhi seine Referenz erwiesen hat. Dieses Bild sollte man sich gut im Kopf behalten, tiefer noch, als des Kanzlers Entscheidung, bei den Chinesen dieses Mal nicht so sehr auf die Menschenrechte zu pochen, aber schon auf die Meinungsfreiheit. Nein, bleiben wir bei Gandhi. Der lebte in seiner Zeit und seiner Kultur und war, wie Ozzy schon gesagt hat, einer der wenigen Politiker, die keine autoritäre Gewalt benutzten, sondern den gewaltlosen Widerstand. Sehr unbequemen und starken Widerstand übrigens.
Heute würde Gandhi nicht funktionieren. Bei uns jedenfalls. Die Leute kannst du nur überzeugen, wenn du sie besiegst. Vorher hören die gar nicht zu! Naja, sie haben es sich ja selbst so ausgesucht. Wenn jemand in den Hungerstreik treten würde, um darauf hinzuweisen, dass unsere Welt aus den Fugen geraten ist, dann würde man ihn sterben lassen. Da machen wir uns mal nichts vor! Man würde ihn nicht verstehen und ihn einfach ignorieren. Wahrscheinlich würde man noch einen Michael Kohlhaas aus ihm machen und ihn auslachen, wie blöd der sein kann, weil er nicht versteht, dass hier das Gesetz des Dschungels herrscht, wo der Stärkere überlebt. So, und wenn man sich jetzt noch mal die Schrödernummer an Gandhis Grab vorstellt, dann brauche ich das auch schon gar nicht weiter zu kommentieren.
Selbst wenn Jesus wieder auf die Welt kommen würde, würde es niemanden mehr geben, der es glaubt. Ein Motiv, das ja schon öfter literarisch verarbeitet wurde. Das sind alles historische Figuren, die gibt es alle gar nicht mehr. Das war alles früher, heute gibt es nur diese mittelmäßigen unentschlossenen kaltherzigen Knallchargen. Was denn? Wenn Jesus auf die Welt zurückkäme und sich zeitgemäß kleiden würde, so, wie er damals zeitgemäß gekleidet war, und zur nächsten Kirche gehen würde, was wäre denn dann wohl los? Ein unrealistisches Szenario, sagen Sie? Dann glauben Sie wohl nicht an Jesus? Ach so, Sie würden es nicht ausschließen. Na also!
Meine Fahnen stehen jedenfalls auf Kampf. Seit Ozzy wieder in meinem Leben ist, habe ich mich verändert. Bob Dylan singt heute: „If you have something to say speak now or hold your peace“. Das ist eine Botschaft, die ich annehme. Ich habe mich nämlich daran erinnert, dass es Botschaften gibt und nicht nur Nachrichten. (01.11.01)
(5) Maja B.: Wenn man den Begriff der Ignoranz auf die Gewaltfrage überträgt, könnte man sagen, dass die Leute verdrängen, dass sie selbst ständig mit Gewaltsituationen leben. Es kommt einfach in ihrer Vorstellung nicht vor. Sie können von vornherein nicht an einem Unrecht beteiligt sein, weil Recht und Unrecht in ihrer Welt eine ziemlich komplizierte Sache ist. Da muss man meistens oben noch mal nachfragen.
Auch Strafen werden deshalb oft gar nicht als solche erkannt. Man nimmt es so hin. Schicksal. Ich glaube, es ist normal in einer Gesellschaft oder Familie oder Gruppe, dass es Bestrafungen gibt. Denn Fehlverhalten gibt es bestimmt, egal, ob es Krawallmacher sind oder das Establishment, alle machen Fehler, alle machen sich mal schuldig. Es gibt kleine Schuld und große Schuld. Dafür werden sie von den anderen bestraft. Man kann das moralisch betrachten oder faktisch, das spielt keine Rolle. Wichtig bleibt, welcher Art die Bestrafungen sind. Oft sind auch die Bestrafungen gewalthaltig, dann macht sich der Bestrafende wiederum schuldig und die Gewaltspirale wird nicht durchbrochen.
Mit der Schuld ist das so eine Sache. Der Begriff wird meiner Ansicht nach überbewertet. Wichtiger für die Gesamtsituation ist der Quell der Schuld, also die Gewalt. Nachdem ich jetzt länger darüber nachgedacht habe, glaube ich, dass Schuld immer aus Gewalt erwächst, dass die beiden in einem unmittelbaren Verhältnis zueinander stehen. Gewalt führt immer zu Schuld. Und Gewalt führt immer zu Gegengewalt, ebenso wie Liebe auf Gegenliebe stößt. Das sind meiner Ansicht nach Gesetze, die unabhängig von uns bestehen. Das klingt harmlos. Aber als ich zu dieser Meinung gekommen war, hat mich das ziemlich umgehauen. Ich denke nämlich nicht, dass unsere Gesellschaft vor Liebe überstrotzt. Und wenn engagierte Leute gesellschaftlich so isoliert werden können, die auf der Seite der Liebe stehen, dann ist das erschreckend. Ich hatte während des Nachdenkens zwischenzeitlich so ein Gefühl, wie ein Flackern, dass Liebe und Gewalt genaue Gegenteile sind. So wie Licht an und Licht aus. Das Licht kann entweder nur an sein oder aus sein, dazwischen ist nichts.
Wenn man den Faden jetzt weiterspinnt und Ozzy hört, der keine Halbherzigkeiten mag, dann passt das dazu. Liebe duldet keine Gewalt, auch nicht ein bisschen. Es ist auf jeden Fall ziemlich konsequent, dass er die Latte so hoch legt, denn sonst wird gar nicht klar, wie viel Liebe es eigentlich bei uns geben könnte. Dass im Umkehrschluss der Level der Gewalt in der Gesellschaft hoch sein muss, erklärt wiederum, dass Ozzy nicht überall so sehr beliebt ist. Es ergibt sich aus der Tatsache.
Redaktion in Kiel, 02.11.01
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