Es hat eine Zeit gegeben, in der die Menschen dachten, dass Blitz und Donner Ausdruck eines göttlichen Zorns sind, Phänomene, die sich anders nicht erklären ließen als durch die Macht einer Instanz, die so weit überlegen war, dass man ihr nur mit starrer Ehrfurcht begegnen konnte. Dinge spielten sich da ab, in den höheren Sphären, über die nicht gesprochen werden konnte, weil man sie nicht verstehen konnte. Allein der Mensch will immer verstehen, und kann er es nicht, so lässt er die Bilder des Eindrucks fest in sich wirken, wartend, bis die Ereignisse und Erlebnisse sich verdichtet haben, um sie einen geordneten Platz im Gedächtnis einnehmen zu lassen, dass sie Ruhe geben mögen. Alle Mythen sind so entstanden – die unverstandenen Elementargewalten des individuellen und des kollektiven Lebens haben hier ihre eigene Geschichte geschrieben. Nicht etwa auf Papier, sondern in die Kollektivgedächtnisse. So entstanden die Geschichte, die Geschichtsschreibung, Dichtung und Wahrheit. Und der Aberglaube.
Aberglaube ist im Grunde der übertriebene Glaube und das Vertrauen in nicht begründete Vorzeichen oder Omen, seien sie nun positiver oder negativer Art, in den Fällen, wo das Wissen fehlt und man eine Erklärung braucht. Bei Blitz und Donner etwa. Spätestens seit es den Begriff „Aberglaube“ gibt, hat sich die Gesellschaft aber auch schon davon distanziert. Die Höheren Mächte wurden abgelöst von den exakten, von den wissenschaftlichen Mächten. Die waren kompetenter geworden, denn sie konnten die Welt besser erklären, sie hatten bessere und viel ausführlichere Argumente, die man (endlich) nachvollziehen und hinterfragen konnte.
- Hitlers Irrtum -
Dann kam das Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir wurden zurückgeworfen in die Zeit des Aberglaubens, denn wir erfuhren Dinge über uns, die so grausam waren, dass sie zu einem einzigartigen und unvergleichbaren traumatischen Erlebnis wurden. Hier ging es nicht nur um Deutsche und Juden, es ging um homo faber ganz allgemein. Wie hatte so etwas geschehen können? Wie war es einer Gesellschaft möglich, einer anderen Gesellschaft derart grausam zu begegnen, einen Weltkrieg loszureißen, und eine Wüste des Todes und der Scham zu hinterlassen? Siegestrunken, berauscht von der Persönlichkeit Adolf Hitlers und seines Medientrosses, zu allen Opfern entschlossen im Irrglauben an einen Endsieg, und dann der tiefe Fall der sich führend glaubenden Kulturnation ins kulturelle Nichts. Abhängig, wie ein Kind, vom neuen Befreier USA. Dringend neue Werte suchend. Sich selbst nicht mehr vertrauend. Und das aus gutem Grund.
Bis heute ist der Irrtum Hitlers nicht verarbeitet worden. Man weiß das auch. Zu unfassbar waren die Ereignisse. Dinge spielten sich da ab, in den höheren Sphären, über die nicht gesprochen werden konnte, weil man sie nicht verstehen konnte. Allein der Mensch will immer verstehen, und kann er es nicht, so lässt er die Bilder des Eindrucks fest in sich wirken, wartend, bis die Ereignisse und Erlebnisse sich verdichtet haben, um sie einen geordneten Platz im Gedächtnis einnehmen zu lassen, dass sie Ruhe geben mögen. So entstand zum Beispiel die Außerirdischen-Theorie (siehe dazu FR 26.01.02), nach der die Nazis die anderen waren. Sie kamen und gingen so plötzlich wie Außerirdische, und niemand weiß Genaueres. Zurückzuführen sei dieses Denken auf die Kluft zwischen dem familiären und dem offiziellen Deutschland, sagte Sozialpsychologe Professor Harald Welzer der Zeitung.
Aus der Psychologie wissen wir, dass traumatische Erlebnisse zu Verdrängungen führen, und dies gilt auch für Kollektive. Es handelt sich hierbei nicht um einen Mangel, sondern um eine Notwendigkeit im Heilungsprozess. Sie führen erst dann zum Mangel, wenn sie von der Notwendigkeit in eine nachlässige Gewohnheit übergehen. Als Herr von Dohnanyi in seiner Münchner Rede davon sprach, dass die 68er-Generation noch nicht die nötige historische Distanz zum Ereignis hatte und dass die Aufarbeitung jetzt erst geschehen könne, kannte er diesen Hintergrund. Aber was überhaupt ist der Nachteil der Verdrängung, was passiert da Merkliches? Es ist der politische Aberglaube. Die Angst, erneut in diese Situation zu geraten, in der man eine solche Schuld aufgeladen hat, dass einem noch sechzig Jahre später davon übel ist. Eine Situation, die man nicht kontrollieren kann, die einen mitreißt. Und wenn man die Situation nicht richtig verstanden, also verarbeitet hat, ist die Angst umso größer. Überwachsam wird man sein und verkrampft, gewisse Handlungen und Worte vermeidend, um nicht in den Bereich dessen zu kommen, was gefährlich werden könnte. Es gibt ja auch viele andere, harmlose Bereiche. Auf der anderen Seite werden Überreaktionen stehen, man wird seine Mängel hektisch im politischen Gegner finden, analysieren und bekämpfen.
Sind diese Gedanken einseitig? Will ich hier die Kranzniederlegungen für überflüssig erklären, und die Besuche in Yad Vaschem? Keineswegs. Natürlich ist das richtig und wichtig. Es ist ein Teil des Ganzen, wenn auch im Öffentlichen weit verbreiteter als im Privaten. Eher schon stören mich die linken Politiker, die sich gegen rechten Extremismus engagieren und die gebetsmühlenhaften Solidaritätsbekundungen Deutscher gegenüber Juden und dem Existenz- und Verteidigungsrecht des jüdischen Staates. Meine Frage jedoch zielt nicht in dieses Feld, sie ist grundsätzlicher: Wie kann es sein, dass ein Land wie Deutschland nach seinen Erfahrungen keinen Ekel vor dem Krieg bekommen hat? Mit Recht geht diese Frage auch an Israel: Warum lebt Israel nach den Erfahrungen der Juden mit dieser Gewalt, die die Welt und vor allem die Palästinenser beunruhigt? Mir scheint der politische Aberglaube die einzig mögliche Antwort zu sein.
- Der politische Aberglaube -
So glauben viele Menschen heute, dass im Bewusstsein schweigender Mehrheiten nicht nur unausgesprochene Wahrheiten liegen, sondern auch schlummernder Wahn. Man fürchtet Entfesselungen, die außer Kontrolle geraten und zu bösartigen Hirngespinsten werden, wenn man das Bewusstsein schweigender Mehrheiten anspricht. (DIE ZEIT heute S. 33: Jan Ross, Was ist politisch korrekt?). So einzigartig seien Hitler und die Nazis, dass ein Teil der deutschen Geschichte sich jedem Vergleich entzieht, jede Relation zur Weltgeschichte – und damit ein Stück eigener Identität, so traurig sie auch sein mag – von sich weist und verliert. Was bleibt, ist ein Glauben daran, dass der Deutsche in seinem tiefsten Inneren nach Experiment böse ist, und dass dieses tiefste Innere daher auf ewig verschlossen bleiben müsse. Immerhin erfreulich, dass sich die kreative Epoche der deutschen Romantik lange vor dieser Problematik abgespielt hat. Weniger erfeulich, dass die deutschen Geister heute das Selbst-Bewusstsein großer Menschen wie etwa das eines Bach oder gar eines Goethe nicht mehr nachvollziehen können.
„Überall lauert der Antisemitismus“, brüllt die ZEIT im Namen der American Jewish Community heute auf Seite 8, und es ist die genaue Umkehrung von „Überall lauert der Jude“. Hier wird im Kern gesagt, dass Scharon nicht mit Hitler verglichen werden darf. Würde ich bei einer der Zeitungen arbeiten, die die AJC untersucht, würde ich mich vermutlich genötigt sehen, mich nur sehr vorsichtig und möglichst gar nicht über Israel zu äußern. Es besteht ein „Sonderverhältnis“ zu Israel, das auf der Geschichte gründe, zu welcher der Holocaust gehöre. So Herr Fischer auf der Titelseite der ZEIT. Und weiter: „Die Opferpose, weil man sich nicht frei äußern dürfe, wirkt daran gemessen geradezu lächerlich.“ Es gebe einen „Grundkonsens“, so Stoiber im selben Artikel, der in Richard von Weizsäckers Rede vom 08. Mai 1985 formuliert sei.
Bemerkenswert in der jetzigen Zeit ist, dass die deutsche Presse bereits weiß, dass sie falsch liegt. Den Verdacht, dass es heute die Medien sind, die den politischen Aberglauben von der Höheren Ordnung schüren und bewahren, spricht die ZEIT selbst aus, ohne ihn hinreichend relativieren zu können: „In der Tat gibt es das Phänomen der reversed discrimination, der Benachteiligung des eben noch Privilegierten, des reflexhaften Weiterkämpfens gegen Gefahren, die längst gebannt sind, und gegen Feinde, die mittlerweile schon am Boden liegen.“ (S. 33). Und ergänzend, hier aber nicht genannt, die Bevorzugung des eben noch Benachteiligten.
So hocken die Deutschen in ihrer Geschichte. Jede Bemerkung über Israel wird nur im historischen Kontext gesehen und anhand der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs abgeglichen. Im Jahre 1952 wurde ein FDP-Politiker verhaftet, weil er sagte: „Ob man eine liberale Partei am Ende in eine NS-Kampftruppe umwandeln (...) kann, möchte ich bezweifeln, wir müssen es aber auf einen Versuch ankommen lassen“. (DIE ZEIT, S. 82) Heute reicht es aus, wenn ein Politiker amüsiert-ironisch sagt, die Erfolge der Rechtspopulisten seien weder ein Rechts- noch ein Links-Trend, sondern die Emanzipation der Demokraten, indem sie die anderen Parteien abgewählt haben, schon wird er für unanständig erklärt und diffus eines „diffusen Extremismus“ bezichtigt (DIE ZEIT, S. 1, s.a. Ozzy 50.1).
Mit allen Mitteln möchte man zeigen, dass ein solcher Politiker den hitlerischen Wahn innehaben muss, dass zumindest die Gefahr besteht. Auch, dass er sich mit dem in ihm erkannten Haider in Verbindung bringen lassen muss. Das kann eine solche Form annehmen: „Tatsächlich sind die Gemeinsamkeiten zur FPÖ des Jörg Haider oder zur niederländischen Partei des ermordeten Pim Fortuyn kaum zu übersehen: Verachtung des herkömmlichen politischen Diskurses bis zur Opferrhetorik, sobald nur ein Fünkchen Kritik aufkommt.“ (DIE ZEIT S. 2), wobei der Teil mit der Opferrhetorik auch auf diese ZEIT-Ausgabe passt. Der zweite Vergleich (S. 33 ende) besagt im Kern, dass sich jemand verdächtig macht, der sich um „Volkssorgen“ kümmert, weil nicht nur „Sozialbetrug“, sondern auch Haiders „Überfremdung“ als Volkssorge identifiziert werden könne. Faktisch haben wir es also bereits mit Relativierungen von Volkssorgen zu tun.
Dafür gibt es allerdings einen weiteren Grund. Der Begriff „Volk“ hat einen Schatten bekommen durch die außerirdische Phase des Nationalsozialismus, als das Volk nämlich auf dem Holzweg war. Auch der Begriff „Nationalismus“ ist seitdem ein Reizwort, weil es an die Epoche erinnert, als die Deutschen sich eine Zeit lang sehr nahe waren, bis sie merkten, dass sie träumten, und unsacht auf einem Massengrab stehend sich wiederfanden. So wurde – und das ist tragisch – jeder Versuch zur nationalen Einheit suspekt, es sei denn, ja, es sei denn, die da oben machen das. Die den Blitz und den Donner zu deuten wissen.
- Warum nicht? -
Was aber ist so schlimm daran, wenn wir uns sträuben wollen, den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust zu verstehen, und wenn wir stattdessen einfach nett zu den damaligen Opfern sind? Dazu möchte ich sagen, dass ich mich seit langem mit dem Holocaust beschäftige. Ich habe viele Augenzeugenberichte im Fernsehen gesehen und es schreckt mich nicht zu versuchen, mich in die Situation der einzelnen Menschen zu versetzen, um zu verstehen. Die einzige Konsequenz, die ich daraus ziehen kann, ist die Gewaltlosigkeit, und an dieser Beschäftigung mit dem Holocaust und anderen Gewalttaten habe ich meine Normen und Werte ausgerichtet. Das Problem mit dem Sträuben besteht wohl auf drei Ebenen:
Zuerst einmal schadet es der deutschen Gesellschaft. Sie kann sich nicht von der Vergangenheit lösen, sagt, sie will es auch nicht, darf es nicht, doch weiß sie nicht, was sie mit ihr machen soll. Sie denkt, sich lösen hieße vergessen, nicht verarbeiten. Verarbeiten aber heißt genau, über Vorurteile und Schuld zu sprechen, und zwar der eigenen. Es heißt, die Kluft zwischen dem Familiären und dem Offiziellen, von der die FR gesprochen hat, zu überwinden. Es heißt, den Wunsch nach der Wahrheit nicht geringer zu schätzen als die Angst vor dem Wahn. Es heißt, wieder vertrauen zu lernen und zu lernen, dieses Land wieder als eine Einheit zu sehen, in der man nicht wegschaut, und in der man kollektive Wünsche zu verwirklichen sucht, um dem Geschenk des Lebens gerecht zu werden. Dafür brauchen wir einen klaren und mitfühlenden Blick auf die Vergangenheit und keinen entfremdeten, überempfindlichen, verklärenden.
Eine ehrliche Bewältigung der Gräuel ist zum zweiten eine Reverenz an die Opfer des Holocaust und ihre Angehörigen, Nachfahren und Freunde. Das Wissen, dass die Täter ein Bewusstsein über ihre Taten erlangt haben, muss eine Genugtuung für sie bedeuten. Wenn aber Hitler und die Taten der Nazis so hoch gehängt werden, dass niemand mehr heranreichen kann, wenn keinerlei Vergleich gilt, wenn der Holocaust völlig einzigartig und ohne Bezugsmöglichkeiten bleibt, dann ist das faktisch ein Tabu. Die Schuld der Täter wird dann so unermesslich, dass sie aus dem Rahmen fällt ebenso wie das Leid der Opfer. Es ist zu groß. So werden beide, Täter und Opfer, verklärt, und können nicht mehr erfasst werden. Für die politische Realität Israels und Deutschlands bedeutet das eine Identitätslücke, die mit einer Werte-Lücke einhergeht.
Auf der dritten Ebene sehe ich die Palästinenser und auch die Araber und Muslime im weiteren Sinne als benachteiligt durch die Tabuisierung der Nazizeit, die ich an dieser Stelle als erwiesen betrachte. Es gibt pro-jüdische und pro-israelische Vorurteile in unserer Gesellschaft, die allen Unkenrufen zum Trotz unübersehbar sind. Hier ist ein Schock: Die Judaisierung der Welt ist ein fester Bestandteil jüdischer Weltanschauung. Warten Sie! Ich weiß, dass dieser Satz anti-semitisch ist. Der Satz lautet auch anders, und er ist gar nicht von mir, sondern von Herrn Professor Bassam Tibi: „Die Islamisierung der Welt ist ein fester Bestandteil islamischer Weltanschauung“ (DIE ZEIT, S. 9). Hier wird auch das Wort vom „Euro-Islam“ im Mund geführt und von der Blutrünstigkeit des Dschihad erzählt, um schließlich eine „Gleichberechtigung der Religionen“ zu fordern. Bezeichnend, dass Herr Tibi den rechtsradikalen Politiker Pim Fortuyn im Beginn desselben Artikels zu einem Helden stilisieren darf, der sich für die Rechte der Homosexuellen eingesetzt hatte und daher ein Buch „Gegen die Islamisierung unserer Kultur“ schrieb. Tibi ist hinsichtlich des Vorwurfs der Rechtsradikalität gänzlich unverdächtig durch seine Distanzierung von islamischen Dingen (, außer der für den Diskurs notwendigen Floskel, selbst als Muslim zu sprechen).
Schon manches Mal habe ich mich gefragt, was die Opfer des Holocaust im Himmel zum Level der Gewalt in der israelischen Gesellschaft sagen würden, und ich weiß nicht einmal, ob ich berechtigt bin, eine solche Frage angesichts der Einzigartigkeit des Holocaust überhaupt zu denken. Kann man mir diese Frage als Antisemitismus auslegen? Und wenn ich frage, ob die Deutschen heute ein glückliches Volk sein dürfen, setze ich mich dann über die Geschichte hinweg? Warum heiligen wir Deutschen die Geschichte durch repetierende Darstellungen in Politik und Presse, anstatt sie zu bewältigen? (Wobei ich die Vielzahl hervorragend gemachter Dokumentationsfilme nicht unerwähnt lassen will, die allerdings nicht zu einer sichtbaren Veränderung vor allem des privaten Kollektiv-Bewusstseins geführt haben.) Darf der Mensch nicht aus seiner Schuld heraustreten wollen? Ist er verdammt dazu, miesepetrig und schuldig durch die Welt zu laufen? Sind wir alle schuldig? Eine zweite Erbschuld, nachdem Jesus schon die erste abschaffen wollte?
- Heuschrecken -
Das Problem mit dem politischen Aberglauben ist, dass er dunkle Flecken hat, die nur durch autoritäre Gewalt verdeckt werden können. Das ist zwar ein innerer Widerspruch, denn es geht ja gerade darum, Gewalt zu vermeiden, doch ist es, wie gesagt, verdeckt, und kann meist nur von außerhalb des herrschenden Denk-Systems, also durch Tabu-Brüche, aufgezeigt werden. Der politische Aberglaube führt zum doppelten Maß. In der Außenpolitik, in der Innenpolitik und in der Familie. Das alles, weil die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland von 1933 bis 1945 die Zeit der Außerirdischen war, wie die FR treffend bemerkt hat, und weil die damaligen Geschehnisse so furchtbar waren, dass wir sie niemals verstehen und damit beschreiben und damit bewerten können, sondern nur diffus ablehnen. So mäht man die Wiese kahl, um keine Angst mehr vor Heuschrecken haben zu müssen.
In einer Zeit, in der man des Haiderismus verdächtigt werden kann, wenn man nur den herkömmlichen politischen Diskurs verachtet (DIE ZEIT S. 2), muss man offenbar viel Humor haben und gut aufpassen, was man sagt und was man tut, damit dieser Aberglaube am Leben bleiben kann. Versucht man beispielsweise, seine Persönlichkeit einzusetzen, um für seine Meinung zu werben, so muss man berücksichtigen, dass Hitler es ähnlich getan hat, und dass dem Unternehmen also nicht viel Erfolg zuzumessen ist. Auch wer Bilder malt, muss sich fragen lassen, ob er es vielleicht aus Neigung zum Führer tut. Wie wirkt in diesem Zusammenhang die Frage des palästinensischen Intifada-Kindes aus Jenin nach der Lächerlichkeit der freien Meinungsäußerung hinsichtlich des Holocausts in Fischers erwähntem „Sonderverhältnis“?
Vielleicht. Vielleicht muss man heute besonders aufpassen, was man sagt. Doch bin ich der Überzeugung, dass man schon bald viel mehr darauf aufpassen muss, worüber man schweigt.
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